Was ist das plötzlich für eine Geschichte, Nathan? In der dritten Person? Warum sagen Sie nicht »ich«? Ich wollte Distanz gewinnen! Das ist das Ziel doch Man kann nie ein Ziel erreichen, wenn man Distanz gewinnen will!1 Er hatte einen Traum, den er – nein! Warum schreibe ich plötzlich in der dritten Person? Ich, natürlich, ich hatte einen Traum, den ich noch schlafwarm Christa erzählte.“2 „Und ich selbst bin mir in diesem Traum so eigentümlich fremd gewesen – weil ich so objektiv ich war, dass ich mich geradezu als einen anderen sah. Schwer zu erklären. Ich war nicht »ich«, sondern »der Typus Ich«.“3 „Irgendwann – dachte ich, oder hoffte ich, oder glaube ich, dass ich damals dachte -, irgendwann werde ich der Nächste sein.“4 „Plötzlich standen drei Frauen unmittelbar vor mir, zwischen der ersten Reihe und der Bühne. Sie beachteten das Kind nicht, das da saß und das jetzt nicht mehr die Bühne sah, sondern ihre Pobacken.“5 „Hier ist ein Exkurs nötig. Es sind immer Exkurse nötig, daher also zunächst ein Exkurs über Exkurse:“6 „Ich wusste schon während des Essens nicht mehr, wie das hieß, was ich aß. Jetzt, beim Schreiben, bin ich auf die Homepage vom »Latour« gegangen.“7 Ja, haben Sie denn keine Zärtlichkeit empfunden, fragte Hannah. Ja, schon, natürlich, aber das ist wahrscheinlich das Problem: dass ich schon damals irgendetwas erwartet oder ersehnt habe, das 1 Menasse, Robert: Don Juan de la Mancha. S. 246. 2 ebd. S. 100. 3 ebd. S. 100. 4 ebd. S. 21. 5 ebd. S. 22. 6 ebd. S. 9. 7 ebd. S. 190. weit darüber hinausgeht. Liebe, Nathan? Nein. Was immer es ist, es ist das, was ich Lust nenne.8 „Das erste Mal. Ist es das Alter, Hannah, dass ich in letzter Zeit immer wieder an erste Male denke?“9 Jetzt, wenn wir so darüber reden, denke ich: Ich möchte gern ins Hebenstreit gehen, wenn es überhaupt noch existiert, und schauen, wie die Uschi heute aussieht. Warum, Nathan?10 Ich konnte ihr erzählen, was ich wollte, Erinnerungen erfinden, Erlebnisse ausschmücken, seelische Schmerzen übertreiben – was heißt übertreiben? Behaupten! Nur weil sie erzähltechnisch die logische Konsequenz einer Erfahrung waren, die ich auf Hannahs Sofa phantasiert hatte. […] Für sie waren meine Lügen objektiv existierendes Material, das sie interpretierte und analysierte […]. Wie sollte da jemals die Wahrheit an den Tag kommen?11 „Na und? Alles, was du erzählst, phantasierst, erfindest, sagt etwas über dich aus. Weil nur du es so erfinden kannst. Das ist das Objektive daran. […] Du bist, was du erzählst.“12 Er stand an der Theke, […] sprach mit einer Frau. Er sagte etwas, die Frau lachte auf. Er war ein sehr gut aussehender Mann, attraktiver als die berühmten Männer, über die er schrieb. Ich nahm all meinen Mut zusammen und ging zu ihm hin. Papa! Er war irritiert. Ich habe noch zu tun!, sagte er. Siehst du nicht? […] Ich schämte mich bereits dafür, dass ich Vater gestört hatte. […] Ich lief weg, wusste, dass mein Vater sich jetzt für mich genierte. Weil ich nicht so selbstsicher und gewandt war wie er.13 Ich hatte es nicht leicht. Alle glaubten, dass ich nur durch Intervention meines Vaters die Stelle bekommen hatte. Prohaska schenkte mir nichts. Aber ich bestand. Eines Tages sagte er zu mir: Du 8 ebd. S. 39. 9 ebd. S. 18. 10 ebd. S. 138. 11 ebd. S. 75. 12 ebd. S. 75 f. 13 ebd. S. 19 f. bist sehr gut. Bald wird man deinen Vater fragen, ob er seine Tratschkolumne nur deshalb schreiben durfte, weil du für ihn interveniert hast.14 „Ich dachte sofort: Vater! Jetzt hat er erfahren, dass ich entlassen worden bin, »seinen« Job verloren habe.“15 Er hatte mich gezeugt, der, anders als die Silbers, wusste, dass es am Ende darum ging, etwas zu hinterlassen, das blieb. Nicht in der Familie. Welche Familie? Sondern in der Welt. Ich hatte an diesem Nachmittag die Verantwortung für das Nachleben übernommen. Die Todesangst verschwebte. Aber leichtlebiger machte mich das nicht.16 „Es war in dieser Nacht das erste Mal, dass ich im Gedanken an eine Frau an mir herumdrückte und rieb. Ich dachte an eine bestimmte Frau: an sie, die Frau an der Seite meines Vaters.“17 „Vor dem Standesamt hatte Vater mich noch gefragt: Ist sie deine Erste? Nein, hatte ich gesagt. Er: Und eindeutig nicht deine letzte! Du weißt, was du tust? Ich: Mach dir keine Sorgen!“18 Er hat gesagt, dass er zu seinen Eltern fahre, man solle ihn dort anrufen, wenn das Kind da ist. Natürlich ist er nicht gleich zu seinen Eltern, nach Mitternacht, nein, er hat noch schnell ein Flittchen getroffen und ist mit ihr in ein Hotel, das Schwein, in der Nacht deiner Geburt!19 „Mein Vater hat den Tod in einem Stundenhotel gefunden. In den Armen einer siebzigjährigen Frau.“20 Du weißt, was ein Liebesdienst ist? Ja. Du weißt, was ein Geschäft ist? 14 ebd. S. 105. 15 ebd. S. 191. 16 ebd. S. 27. 17 ebd. S. 20. 18 ebd. S. 68. 19 ebd. S. 224. 20 ebd. S. 195. Ja. Du weißt, was ein Synonym ist? Ja. Alles klar? Nein. Wenn Liebesdienst und Geschäft kein Synonym sind, dann hast du einen Konflikt. In der Gesellschaft sind Konflikte schlecht für die Liebe und schlecht für das Geschäft. Das ist die einzige unwiderlegbare Wahrheit in deinem Job.21 Ich wollte, dass die Welt noch eine Zeit lang so blieb, wie ich sie kennengelernt hatte. Nur die Väter sollen irgendwann, bald, abtreten. Aber sonst sollte die Welt bleiben, wie ich sie kannte. Wie sollte ich sonst in ihr die Herrschaft übernehmen, wenn ständig alles anders wurde?22 „Was mich interessiert, sagte Hannah, ist, ob Sie auch eine Mutter haben. Oder hat Ihr Vater ganz allein Sie als Bube auf den Kartentisch gewixt?“23 Ein Junge in deinem Alter, der dauernd zu Hause herumsitzt, das ist doch nicht normal. […] Du gehst jetzt ins Voom Voom. Und wehe, du belügst mich! Auf dem Weg in die Disco dachte ich, dass Mutter wahrscheinlich Recht hatte. Ich sollte wirklich endlich lernen – was? Erfahrungen mit dem anderen Geschlecht.24 „Sie erzählte mir, dass sie vor zwei Wochen im Voom Voom gewesen und dort als »Oma« verspottet worden sei. Ich fand das ungerecht. Sie hatte nichts von einer Oma. Sie hatte etwas Mütterliches.“25 Eigentümlicherweise vertraute ich Frau Dr. Singer. Ich dachte, sie passte zu mir. […] Sie war wie meine Mutter. Mehr noch: Sie war der Inbegriff einer jüdischen Mamme. Hannah sah aus wie eine Mamme, redete wie eine Mamme, aber im radikalen Gegensatz zu einer Mamme versuchte sie nicht, mir Schuldgefühle einzuimpfen, sondern im Gegenteil, sie mir zu nehmen. Ich erzählte ihr von meinen Affären wie ein kleiner Junge, der seiner Mutter beichtet, dass er etwas angestellt habe. 26 21 ebd. S. 216. 22 ebd. S. 24. 23 ebd. S. 27. 24 ebd. S. 32 f. 25 ebd. S. 35 f. 26 ebd. S. 15. „Hannah. Jetzt erst fiel mir die Ähnlichkeit zwischen den beiden Frauen auf. Mamme. Ich habe damals Piroska von Niki Nosseck erzählt, und von Steffi Slama. So wie ich Hannah wohl von ihnen erzählen werde.“27 Ich glaubte, einen Trick gelernt zu haben, wie man eine Frau glücklich machen konnte. Noch dazu die begehrenswerteste von allen, meine Mutter. Vom Sommerferienlager schickte ich ihr Ansichtskarten, in denen ich sie als »Fräulein« ansprach und die ich mit »Dein Dich liebender Sohn Nathan« unterschrieb.28 „Gern hätte ich sie einmal in Netzstrümpfen gesehen. Und mit aufgeklebten Wimpern. Einmal sagte ich es. Sie lachte. Ich bin doch nicht so eine, sagte sie.“29 Er war nicht nur das einzige Kind seiner Mutter gewesen, sondern auch sehr früh, nach der Trennung seiner Eltern, und dann sehr lang auch ihr einziger Mann, der Ersatzmann. Natürlich nicht im Vollzug, nur praktisch. Bis zu seinem siebzehnten Lebensjahr hatte er im Bett seiner Mutter geschlafen, eigentlich das Ehebett, es hatte kein anderes gegeben.30 „Jedenfalls hatte der Sachverhalt, dass er bis siebzehn im Bett seiner Mutter geschlafen hatte, für ihn nichts Unangenehmes oder Problematisches – wenn es nicht die Konsequenzen gehabt hätte, unter denen er litt, allerdings schmerzlos litt.“31 „Ich fühlte mich mit Beate so glücklich, so geglückt und in meinem Glück bestätigt, dass ich nachträglich nicht verstehe, warum ich so lange brauchte, bis ich auf den Gedanken kam: Ich will hinein in ihren Geburtskanal.“32 Die erste Empfindung eines jeden Menschen, die erste Erfahrung auf der Welt ist die Unlust: im Moment seiner Geburt. Alles weitere dient zunächst nur der Vermeidung von Unlust. Zärtlichkeit keine Rede von Lust, sondern: damit das Kind nicht schreit. Körperkontakt, damit es nicht weint. 27 ebd. S. 228. 28 ebd. S. 85. 29 ebd. S. 92. 30 ebd. S. 243 f. 31 ebd. S. 244. 32 ebd. S. 254. Schaukeln, damit es schläft.33 Die ganze Kindheit ist eine Ausbildung zum perfekten Kindsein, am Ende der Kindheit wird man aus dieser Ausbildung entlassen und soll, als ausgebildetes Kind, kein Kind mehr sein. Das ist, als würde man nach Jahren des Fußballtrainings die Lizenz zum Bobfahren bekommen. Und runter den Eiskanal. Ich habe Angst! Warum? Du bist doch erwachsen?34 „Man kann stundenlang in diesem Bad liegen, ohne dass seine Finger oder Füße verschrumpeln und runzelig werden. Embryos haben ja bekanntlich auch keine aufgedunsene Haut wie Wasserleichen. Ich lag in der Badewanne und war glücklich.“35 Du solltest das auch einmal probieren, sagte ich. Es ist unglaublich, aber es funktioniert. Nie im Leben ist ein Mensch glücklicher als im Fruchtwasser. Das ist wissenschaftlich erwiesen. Du bist krank. Du brauchst einen Arzt. Du hast eine schwere Depression.36 „Wie es sein muss, ein Mann und glücklicher Verführer zu sein, lernte ich von den Männern meiner Mutter nicht. Sie hatte viele Verehrer. Aber keiner war ein Vorbild.“37 „Aber die wirklichen Probleme entstanden durch die Männer, mit denen sie Verhältnisse hatte.“38 Er lehnte es ab, seinen Frust mit »dem anderen schönen Geschlecht« - für solche Kalauer war er im Freundeskreis bekannt - »aufzuarbeiten«, wie es damals hieß. Er hatte Arbeit genug. Außerdem war er der Meinung, dass man für Arbeit bezahlt werden und nicht bezahlen sollte. Und eine solche »Aufarbeitung« würde, das war ihm klar, zu nichts anderem führen als zu einer psychoanalytischen Therapie, diese wieder zu einer Sezierung seiner Mutter-Beziehung, mit anderen Worten bloß dazu, über seinem Leben einen Dom zu errichten, in dem Riten exerziert werden, die ihn langweilten.39 Ich begriff erst später, dass es damals dazugehörte, verächtlich zu wirken, gelangweilt, erhaben. 33 ebd. S. 268 f. 34 ebd. S. 24. 35 ebd. S. 204. 36 ebd. S. 218. 37 ebd. S. 84. 38 ebd. S. 85. 39 ebd. S. 245. Ständig musste man sich an Orte begeben, um dort zu demonstrieren, dass man es nicht nötig hatte, hierherzukommen. Es war eine Scheißzeit. Was waren das für Ängste, die sich hinter dieser demonstrativen kalten Gelangweiltheit versteckten? Ich sah die Ängste der anderen nicht, ich spürte nur meine eigenen.40 Wir alle hier waren Matrjoschkas, bunte Figuren, in denen immer noch eine andere steckte, eine gnadenlose, die als erste zum Vorschein kommt, wenn man die äußere öffnet, eine beengte, die sich befreien will, aber fest umschlossen ist von einer ängstlichen, in der ein Graf oder eine Gräfin steckt, voller Sehnsucht nach Kitsch und Tränen, darin ein gebrochener Sohn oder eine verletzte Tochter, schon ziemlich klein ein neugieriges Kind, und ganz im Innersten steckte eine winzige Puppe, die leer war.41 „»Leben« war vor neununddreißig, nach neunundvierzig war nichts mehr, neunundvierzig markierte die eiserne, die absolut dichte Grenze.“42 „Achtes Jahr: zwei Autos. Beate: der neue Mini Cooper. Ich: Landrover, weil: Kauf des Hauses in Groß-Schweinskreutz. Zwei Kredite. Bett: Ausweichen. Chronische Müdigkeit.“43 Als ich jung war, war das Glück alt. In der Werbung gab es nur Alte. Alle möglichen Formen des Glücks wurden von graumelierten oder weißhaarigen Männern in der Reife ihrer Jahre beglaubigt, saubere Wäsche, aromatische Kaffees, heiterer Alkoholismus […]. Wie weit entfernt mir als Kind damals das Glück erscheinen musste![…] Als ich endlich vorrückte zur Möglichkeit, Teilhaber des Glücks zu sein, waren alle Glücklichen, die das Glücklichsein in der Werbung ausstellten, dreißig Jahre jünger. An der sauberen Wäsche erfreuten sich plötzlich Zwanzigjährige, […] selbst der Alkohol gehörte jetzt den Jungen, […] die nach einem Schluck Bacardi-Rum sofort ausgelassen auf einem Palmenstrand tanzten. Wie weit zurückliegend und versäumt mir heute das Glück erscheinen muss!44 Sie schälte mir mit den Nägeln die Haut vom Rücken, ich blutete, sie: gutigutiguti! Wieso habe ich das zugelassen? Wieso habe ich das ausgehalten? Die Zähne zusammengebissen, volle Konzentration auf die Aufrechterhaltung der Erektion, gutigutiguti. Ich wollte – was? Funktionieren. Doppelt: Ich wollte von den Frauen die Bestätigung, dass ich es gut gemacht hatte […].45 40 ebd. S. 33 f. 41 ebd. S. 143 f. 42 ebd. S. 111. 43 ebd. S. 263. 44 ebd. S. 9 f. 45 ebd. S. 210. Es gibt wahrscheinlich keinen Antrieb, der so gewaltig ist wie der, der in einem Mann zu glühen beginnt, wenn er die Lust verloren hat in einer Gesellschaft, die nicht einmal einen Liter Mineralwasser verkaufen kann, ohne diese Ware erotisch zu besetzen.46 Ich schüttete laufend Glückshormone aus, aber die Muskeln brannten schon, nie würde ich es ins Ziel schaffen. Hundert Liegestütze waren die Höchststrafe in der Schule gewesen, noch jeder ist unter dieser Anforderung zusammengebrochen. Hatte diese Strafe ein Training für die Liebe sein sollen? Für das Leben lernen wir? Ich weinte.47 „Wir sind im Kino gewesen. Fellinis Casanova. Ich hatte bei der Entscheidung, welchen Film wir uns ansehen, keinen taktischen Hintergedanken gehabt. Uns interessierte Fellini, allenfalls noch Donald Sutherland, nicht Casanova.“48 Für mich war dieser Film eine historische Studie über die wachsende Potenz bürgerlicher Verkehrsformen im Schoß des Feudalismus. Wie viel erregender der bürgerliche Leistungsgedanke war, im Vergleich zu dem feudalen Anspruch auf Lust, der sich nur von einer privilegierten Geburt ableitete und in Langeweile münden musste. In Casanovas Sexualverhalten kündigte sich bereits die Fabrikdisziplin an, letztlich der Taylorismus, und damit der definitive ökonomische Sieg des Bürgertums über die alten Produktionsweisen.49 „Da droht die Sonne unterzugehen, Konrad Bayer legt das Banjo weg, nimmt ein Gewehr, sagt »Sonne halt!«, schießt – und der Film friert ein im Standbild der durch die Kugel an den Himmel angenagelten Sonne.“50 Das Lustzentrum der Frau sei die Klitoris, die von dem eindringenden Penis gar nicht stimuliert werde. Die Klitoris müsse mit der Handstimuliert werden, gleichberechtigter Sex, gemeinsame Lust sei also nur durch den wechselseitigen Gebrauch der Händegewährleistet, reine Handarbeit. Hand, lateinisch Manus, Handarbeit: Manipulation, sagte ich.51 46 ebd. S. 8. 47 ebd. S. 36 f. 48 ebd. S. 37. 49 ebd. S. 37 f. 50 ebd. S. 67. 51 ebd. S. 156. „Die schlanken starken Arme von Alice. Später, allein zu Hause im Bett, onanierte ich, und dachte dabei an diese Arme. Da begann schon das Verhängnis.“52 Ich hatte plötzlich diese riesigen Hände vor meinem Gesicht. […] Ich bin kein Publizistikstudent, sagte er und streckte mir die Handflächen entgegen. […] Ich studiere auf der Akademie, Bildhauerei. Verstehst du? Ich haue Steine und nicht Menschen!53 „Sie sagen es, sagte der Taxifahrer, das hier ist die Hölle, hier kocht die Scheiße.“54 „Heute ist die Hölle.“55 Dazu empfahl der Maitre »Buttermilch gespritzt«. Zwei Drittel Buttermilch, etwas Flor de Sal (optimal wäre Flor de Sal d´Es Trenc), dann mit Mineralwasser aufgießen, am besten San Pellegrino. Kein Perrier? Siehst du, sagte Helmuth, du brauchst einen Überraschungsfaktor. Weißt was, schreib Gasteiner.56 „Ich hatte über eine Stunde auf sie gewartet, in der Bar des Hotels »Zur Spinne«, in dem wir uns verabredet hatten. Ich habe noch schnell Netzstrümpfe gekauft, sagte sie. Hast du dir doch gewünscht. Schau mal.“57 „Nie wieder wollte ich mich in ihre Hände begeben, die Hände einer Frau.“58 „Wenn das ein Film wäre, dachte ich, müsste er nun einfrieren in diesem Bild. Standbild und aus!“59 52 ebd. S. 135. 53 ebd. S. 145. 54 ebd. S. 173. 55 ebd. S. 182. 56 ebd. S. 184. 57 ebd. S. 23. 58 ebd. S. 8. 59 ebd. S. 273. Die Schönheit und Weisheit des Zölibats verstand ich zum ersten Mal, als Christa Chili-Schoten zwischen den Händen zerrieb, mich danach masturbierte und schließlich wünschte, dass ich sie – um es mit ihren Worten zu sagen – in den Arsch ficke. […] Ich hatte Wasser in den Augen. Ich glaube nicht, dass ich in einem brennenden Haus größere Panik empfunden hätte. […] Ich saß in der Badewanne, fror und brannte.60 Weißt du das Wort noch? Welches Wort? Mit Meerrettich den Arsch ficken. Auf Altgriechisch. […] Sie lächelte. Rieb die Wurzel. […] Raphanidoein. Gut. Weißt du, was das Witzige daran ist? Männer und Frauen haben gegiert danach. Sie haben sich selbst angezeigt deswegen. Selbst angezeigt? Ja, sagte Christa. Es war in Athen die Strafe für den Ehebruch.61 „Man muss sich Nathan als einen glücklichen Mann vorstellen.“62 Sie lebten wie in einer Gelddruckerei, das Geld war ihres – aber auf den Scheinen waren andere abgebildet. Ich wollte lieber der sein, der auf einem Geldschein abgebildet ist, als der, dem die Taschen vom Geld überquellen.63 Ich saß in Marx- und Reich-Arbeitskreisen, und wissen Sie, was das Entsetzlichste ist, Hannah? Ich fürchte, dass ich damals die Weltrevolution sogar als Voraussetzung für einen Orgasmus sah: Erst wenn alles Unglück der Welt beseitigt ist, wird mein Glück nicht relativ, sondern absolut sein können.64 60 ebd. S. 7 f. 61 ebd. S. 272. 62 ebd. S. 242. 63 ebd. S. 26. 64 ebd. S. 48 f.