Lessing: Nathan der Weise http://www.swr.de/swr2/programm/sendungen/hoerspiele/swr2-hoerspiel-am-sonntag-nathan-der-weise/-/i d=660014/did=14529718/nid=660014/1rqpjp7/index.html erschienen 1779, 1783 in Berlin uraufgeführt Warum entstand das dramatische Gedicht? Warum entstand das dramatische Gedicht? lDer Durchleuchtigste Fürst und Herr (Titul. Sereniss.) lassen dem Hofrat und Bibliothekar Lessing […] hiermit die Resolution erteilen, […], dass er in Religionssachen, so wenig hier als auswärts, auch weder unter seinem noch anderen angenommenen Namen, ohne vorherige Genehmigung des Fürstl. Geheimen Ministerii ferner etwas drucken lassen möge, ... lHerzog von Braunschweig-Wolfenbüttel Gotthold Ephraim Lessing am 17.August 1778 Wie reagierte Lessing auf das Verbot? lPastor Johann Melchior Goeze lLessing an Elise Reimarus: ,,Ich muss versuchen, ob man mich auf meiner alten Kanzel, auf dem Theater, wenigstens noch ungestört will predigen lassen ...“ lFragmente eines Ungenannten (Teile einer Schrift von Hermann Samuel Reimarus) lDass Reimarus der Autor der "Fragmente" gewesen ist, kommt erst 1813 ans Licht, da ist seine Witwe schon längst nicht mehr am Leben. Wie auch Johann Melchior Goeze, der 1786 in Hamburg stirbt. Wie unterscheidet sich die Ringparabel in Boccacios Dekameron und bei Lessing? III. Novelle des ersten Buches: Melchisedech Melchisedech ist reich und klug, aber sehr geizig und verleiht Geld auf Zinsen - er spiegelt so auch Züge des negativen Bildes vom Juden, das in der christlichen Welt als Stereotyp überliefert war. Lessing entwirft mit seinem Nathan ein positives Gegenbild. Der Jude Melchisedech entgeht durch eine Geschichte von drei Ringen einer großen Gefahr, die ihm Saladin bereitet hat. Melchisedech lordnete er an, daß derjenige unter seinen Söhnen, der den Ring, als ihm vom Vater übergeben, vorzeigen könnte, für seinen Erben gelten und vor allen anderen als der vornehmste geehrt werden sollte. Der erste Empfänger des Ringes traf unter seinen Kindern eine ähnliche Verfügung und verfuhr dabei wie sein Vorfahre. Kurz, der Ring ging von Hand zu Hand auf viele Nachkommen über. Endlich aber kam er in den Besitz eines Mannes, der drei Söhne hatte, die sämtlich schön, tugendhaft und ihrem Vater unbedingt gehorsam waren, daher auch gleich zärtlich von ihm geliebt wurden. Die Jünglinge wußten, welche Bewandtnis es mit dem Ringe hatte, und da ein jeder der Geehrteste unter den Seinigen zu werden wünschte, baten alle drei einzeln den Vater, der schon alt war, inständig um das Geschenk des Ringes. Melchisedech Der gute Mann liebte sie alle gleichmäßig und wußte selber keine Wahl unter ihnen zu treffen. So versprach er denn den Ring einem jeden und sann über ein Mittel nach, um alle zu befriedigen. Zu diesem Ende ließ er heimlich von einem geschickten Meister zwei andere Ringe fertigen, die dem ersten so ähnlich waren, daß er selbst, der doch den Auftrag gegeben hatte, den rechten kaum zu erkennen wußte. Als er auf dem Totenbette lag, gab er heimlich jedem der Söhne einen von den Ringen. Nach des Vaters Tod nahm ein jeder Erbschaft und Vorrang für sich in Anspruch, und da einer dem andern das Recht dazu bestritt, zeigte jeder, um seine Forderung zu begründen, den Ring vor, den er erhalten hatte. Da sich nun ergab, daß die Ringe einander so ähnlich waren, daß niemand erkennen konnte, welcher der echte sei, blieb die Frage, welcher von ihnen des Vaters echter Erbe sei, unentschieden, und bleibt es noch heute. Melchisedech So sage ich Euch denn, mein Gebieter, auch von den drei Gesetzen, die Gottvater den drei Völkern gegeben und über die Ihr mich befraget. Jedes der Völker glaubt seine Erbschaft, sein wahres Gesetz und seine Gebote zu haben, damit es sie befolge. Wer es aber wirklich hat, darüber ist, wie über die Ringe, die Frage noch unentschieden. Wie ist Nathans Gesinnung über alle positive Religion? Wie ist Nathans Gesinnung über alle positive Religion? positive – geoffenbarte, keine Vernunftreligion Entwürfen einer Vorrede: Nathans Gesinnung gegen alle positive Religion ist von jeher die meinige gewesen. Aber hier ist nicht der Ort, sie zu rechtfertigen. Wenn man sagen wird, dieses Stück lehre, daß es nicht erst von gestern her unter allerlei Volke Leute gegeben, die sich über alle geoffenbarte Religion hinweggesetzt hätten, und doch gute Leute gewesen wären; dergleichen Leute in einem wenigen abscheulichen Lichte vorzustellen, als in welchem der christliche Pöbel sie gemeiniglich erblickt; so werde ich nicht viel dagegen einzuwenden haben. Worin sieht Lessing – in Nathan der Weise und in Die Erziehung des Menschengeschlechts – die positive Rolle einer Religion? Positive Religion Rohe Völker schneller zur Vernunft, Toleranz und uneigennützigem Handeln zu erziehen Positive Religion Genre: das analytische Drama Die Vorgeschichte, in der ein Ereignis stattfindet, dessen Folgen zwar bis in die Bühnengegenwart reichen, das aber zu Beginn der Darstellung noch nicht bekannt ist (dem Publikum auch deswegen, weil es nicht auf der Bühne gezeigt wird) sind im Nathan die verwandtschaftlichen Beziehungen, die es zwischen Recha, dem jungen Tempelherrn und Sultan Saladin gibt, obwohl Recha vom Juden Nathan, der junge Tempeherr als Christ und der Sultan als Verteidiger des Islams erzogen wurden. Tempelherr Der Tempelherr ist der Sohn Assads, des verschollenen Bruders Saladins, der zum Christentum übergetreten war, den deutschen Namen Wolf von Filnek angenommen hatte. Nach seinem Vater, den er offenbar selbst nicht mehr kannte, erhielt er den Namen Leu von Filnek, wuchs aber, von seinem Onkel aufgezogen, unter dem Adoptivnamen Curd von Stauffen auf. Der junge Christ ist erst kürzlich aus Deutschland von seinem Orden als Verstärkung nach Palästina geschickt worden (V,8). Wie gelingt es Nathan, die weniger Toleranten auf sein Niveau emporzuheben? im zweiten Aufzug, fünfter Auftritt: Tempelherr. Ich muß gestehn, Ihr wißt, wie Tempelherren denken sollten. Nathan. Nur Tempelherren? sollten bloß? und bloß Weil es die Ordensregeln so gebieten? Ich weiß, wie gute Menschen denken; weiß, Daß alle Länder gute Menschen tragen. Tempelherr. Mit Unterschied, doch hoffentlich? Nathan. Jawohl; An Farb', an Kleidung, an Gestalt verschieden. Tempelherr Sehr wohl gesagt! - Doch kennt Ihr auch das Volk, Das diese Menschenmäkelei zuerst Getrieben? Wißt Ihr, Nathan, welches Volk Zuerst das auserwählte Volk sich nannte? Wie? wenn ich dieses Volk nun, zwar nicht haßte, Doch wegen seines Stolzes zu verachten, Mich nicht entbrechen könnte? Seines Stolzes; Den es auf Christ und Muselmann vererbte, Nur sein Gott sei der rechte Gott! - Ihr stutzt, Daß ich, ein Christ, ein Tempelherr, so rede? Nathan Nathan. Ha! Ihr wißt nicht, wie viel fester Ich nun mich an Euch drängen werde. - Kommt, Wir müssen, müssen Freunde sein! - Verachtet Mein Volk so sehr Ihr wollt. Wir haben beide Uns unser Volk nicht auserlesen. Sind Wir unser Volk? Was heißt denn Volk? Sind Christ und Jude eher Christ und Jude, Als Mensch? Ah! wenn ich einen mehr in Euch Gefunden hätte, dem es gnügt, ein Mensch Zu heißen! Sentenzenhaftigkeit Nathan bewundernd zum Derwisch Al-Hafi: Der wahre Bettler ist doch einzig und allein der wahre König. 79 – Sittah Der Löwe schämt sich freilich, wenn er mit dem Fuchse jagt: - des Fuchses, nicht der List. Sentenzenhaftigkeit S. 83-84 (7. Auftritt) /.../ Ich bin Auf Geld gefaßt, und er will Wahrheit. Wahrheit? Und will sie so – so bar, so blank, als ob Die Wahrheit Münze wäre? der süße Wahn, in dem sich Jud´und Christ und Muselmann vereinigen Er führt Recha auf dem Weg des vernunftvollen Denkens durch überzeugende Argumente und Erregung ihres Mitgefühls vom „süßen Wahn" des übernatürlichen Wunder- und Engelglaubens zur „süßeren Wahrheit" der natürlichen Wunder und des menschlichen Handelns (1,1+2). Pascal, Pensée, 1670: Engel als das geistige Prinzip im Menschen, im Unterschied zu dem Körperlichen, dem Teuflischen im Menschen. Wim Wenders: Engel über Berlin. 1987 antikirchlich Patriarch – Titel des Bischofs von Jerusalem – will den Tempelherrn für Kundschafterei gewinnen antikirchlich: Klosterbruder: Nur – meint der Patriarch – sei Bubenstück Vor Menschen nicht auch Bubenstück vor Gott