Lyrik nach dem Expressionismus nach Hermann Korte, Hanser Sozialgeschichte .. Exkurs: Die Sachlichkeit von Tucholsky oder Kästner steht in Opposition zu der Naturlyrik und der Suche einer Ordnung hinter den Dingen, wie sie für die Autoren des Kolonne- Kreises typisch ist. Gegen die kosmische Tendenz und das Magische betonen Tucholsky und Kästner politisch und soziale aktuelle Themen, wobei sie vom bürgerlichen Pessimismus durchdrungen sind. Becher und Brecht verlassen das Partielle dieser Diagnosen und vermitteln eine umfassende Weltanschauung des Marxismus. Iwan Goll eigentl.: Isaac Lang, * 29. 3. 1891 St. Dié/Vogesen, † 27. 2. 1950 Paris. - Lyriker u. Erzähler. »I. G. hat keine Heimat: durch Schicksal Jude, durch Zufall in Frankreich geboren, durch ein Stempelpapier als Deutscher bezeichnet [...].« So beschrieb G. seine Herkunft. Der Sohn eines Elsässer Fabrikanten u. einer Lothringerin besuchte das Gymnasium in Metz. In Straßburg studierte er Jura (1912-1914). Obwohl das Französische seine Muttersprache war, schrieb er zunächst in dt. Sprache. Nach Ausbruch des Ersten Weltkriegs ging G. als überzeugter Kriegsgegner in die neutrale Schweiz, nach Lausanne, wo er sein Studium (1915-1918) fortsetzte u. in Pazifistenkreisen u. a. mit Romain Rolland, Henri Barbusse, Stefan Zweig, Franz Werfel, René Schickele u. Hermann Hesse verkehrte, aber auch der Zürcher Dadaistengruppe (Arp, Ball, Tzara) nahestand. Mit der Übersiedlung nach Paris im Nov. 1919 wandte sich G. vom Expressionismus ab. Er kritisierte dessen polit. Wirkungslosigkeit u. typisch dt. Neigung zur Sentimentalität (in: Der Expressionismus stirbt. 1921) u. verfaßte surrealistische Gedichte in dt. Sprache: Reportagenhafte Reibung, paradoxe Bildverschränkung, Montagetechnik sind die formalen Merkmale in der Lyriksammlung Der Eiffelturm (Bln. 1924). In Manifest des Surrealismus (1924) erklärte er: »Bis zu Beginn des Zwanzigsten Jahrhunderts entschied das Ohr über die Qualität eines Gedichts; Rhythmus, Klang, Kadenz, Stabreim, Vers: alles für das Ohr. Seit zwanzig Jahren triumphiert das Auge. Wir sind im Jahrhundert des Films. In Prosa u. Drama befaßte sich G. mit gesellschaftl.u. sozialen Problemen. Der Roman Le Microbe de l'Or (Paris 1927) ist eine kaustische Abrechnung mit seinem Elternhaus. In den Romanen Die Eurokokke (Bln. 1928) u. Der Mitropäer (Basel 1928) diagnostiziert er den Zerfall der europ. Kultur u. Moderne u. karikiert in Sodome et Berlin (Paris 1929. Dt. Bln. 1985) die spätbürgerl. Zivilisation am Beispiel Berlins. [Autoren- und Werklexikon: Goll, Yvan, S. 3. Digitale Bibliothek Band 9: Killy Literaturlexikon, S. 6705 (vgl. Killy Bd. 4, S. 266)] 1917: Sing Hymnen, schrei Manifeste, mach Programme für den Himmel und die Erde. 1921 Expressionismus ist ein verkrachter[1] Kriegsschieber. 1926 Niemand leugnet mehr, dass von allen Kunstformen die verlassenste und die verkannteste heute die Lyrik ist. 1927 (Die literarische Welt) Er fordert eine neue Mythologie, eine aus Dynamo. Aeroplan, Affenkraft, weißer Kohle, schwedischer Gymnastik, Weltrevolutionen, einfach Zweckdichtungen, die mitten ins Leben führen sollen und nicht bloß in die Literatur Lion Feuchtwanger Dieser neuen Mythologie der Schnelligkeit und der Technikeuphorie kommt Lion Feuchtwangers PEP-Lyrik (1928) mit dem Untertitel „J. L. Wercheeks amerikanisches Liederbuch“ nahe. pep [pep] AM slang. s vzpruha; verva, energie, elán; šťáva, říz, šmrnc ? ~ pill pilulka k povzbuzení energie; 2 dodat šťávy čemu, vyštafírovat (~ up songs for foreign tastes), podepřít (the actors ~ped the play) Kopf hoch! Kurasche! Statistik Wieviel Kalorien ein normaler Mensch zu Wasser und zu Lande Sommers und Winters braucht wieviel Autos pro Stunde fabriziert werden, wieviel Selbstmorde ermittelt wieviel Zigaretten Europa, Amerika, Asien raucht, wieviel Nigger in Revuen tanzen, wieviel Hände Präsident Coolidge schüttelt: Gott der Herr hat das alles genau gezählet. Desgleichen das Staatsamt für Statistik und deren wissenschaftliche Ausdeutung. Gott der Herr, damit ihm davon nichts fehle, das statistische Amt zum Zweck der möglichst intensiven Wirksamkeitsausbeutung. Herr B. W. Smith erkannte mit geschäftsmäßig geschultem Blick, dass das statistische Amt eine äußerst wichtige Tätigkeit entfalte. Manchmal allerdings schien ihm belanglos, vor allem beim Anhören von Musik, wieviel Prozent er, gestorben, verwertbarem Phosphor enthalte. Eine irritierende Aktualität suggeriert, so unpoetisch wie möglich, eine unsentimentale Sachlichkeit. Die Aura traditioneller Erlebnislyrik wird destruiert. So im Gedicht Rheinfahrt aus derselben Sammlung Ist man traurig, so suche man zunächst methodisch die Gründe herauszukriegen. Hat man sie, so sage man „Pep“ und such sie zu killen. Findet man keine, so wird es an gestörter Verdauuung liegen. Dagegen nützen Wood & Sons erstklassige Abführpillen Bertolt Brecht Während Feuchtwangers Gedichte die auf Verwertung und Nützlichkeit gerichttete Realität bejahen und dadurch provozieren, ist Brechts Balalden und Lieder der Hauspostille auf Verweigerung bürgerlicher Lebensformen gerichtet und auf eine vitalistische Negation der bürgerlichen Werte wie Altruismus, Demütigkeit, Frömmigkeit: Gegen die Verführung Last euch nicht betrügen! Dass Leben wenig ist. Schlürft es in vollen Zügen! Es wird euch nicht genügen Wenn ihr es lassen müsst! Lasst euch nicht verträsten! Ihr habt nicht zu vierl Zeit! Lasst Moder den Erlösten! Das Leben ist am größten: Es setht nicht mehr bereit. Die Hauspostille ist aber keine echte Praxisanweisung für Tanz und Rausch, sie ist immer in einen literarische Diskurs eingebunden, mit dem sie polemisiert. Eine echte Gebrauchslyrik schreibt Brecht erst seit 1930: Lob der illegalen Arbeit, Lob der Partei, das Streiklied bzw. das Solidaritätslied. Dann ist das revolutionäre Pathos wieder an alte lyrische Traditionen gebunden. Die Hauspostille enthält eigentlich noch Brechts lyrischste Nummern und reagiert auf literarische Themen mit ihrer vitalistischen Destruktion. Wir können es an dem sentimental klingenden Gedicht Erinnerung an die Marie A. zeigen: Es entstand wohl zur Klampfe, als Parodie und greift in Text u. Melodie auf einen populären Schlager der Zeit zurück. B. wünschte sich seine Lyrik in den Köpfen, nicht auf dem Papier. Die erste Sammlung parodiert das lutherische Vorbild in Anordnung (Einteilung in »Lektionen« mit den Gedichten als »Kapiteln«) u. Thematik (nihilistisch-vitalist. Grundhaltung). Mit ihr zog B. die Summe seines lyr. Frühwerks. Die Texte wurden in der Regel distanziert u. versachlicht präsentiert, indem B. die Strophen durchzählte u. im Vortrag die Strophenkennziffer als Ordinalzahl mitsprach. Viele seiner Gedichte publizierte B. als Lieder mit Noten. Wenn er sie nicht selbst vertonte, schrieb er sie häufig zur Vertonung oder sie wurden unabhängig von ihm mit Kompositionen versehen. Seine wichtigsten Komponisten waren Franz S. Bruinier (Erinnerung an die Marie A.), Kurt Weill (Das Lied vom Surabaya-Johnny), Hanns Eisler (Die Ballade vom Wasserrad), Paul Dessau (Der Mann-ist-Mann-Song) u. Rudolf Wagner-Régeny (Lied der Melinda). Kästner, Erich K. hat, zumal in den Ende der 20er, Anfang der 30er Jahre publizierten Gedichtbänden (Herz auf Taille. Lpz./Wien 1928. Lärm im Spiegel. Ebd. 1929. Ein Mann gibt Auskunft. Stgt./Bln. 1930. Gesang zwischen den Stühlen. Ebd. 1932. Alle Neudr. Mchn. 1988), die (Alltags-) Wirklichkeit des »kleinen Mannes« zur Sprache gebracht. Thematisch u. stilistisch zeichnet diese Bände eine weitgehende Einheitlichkeit aus, die K. auf den Begriff der »Gebrauchslyrik« gebracht hat. Kästners Programm der Gebrauchslyrik: Verse, die von den Zeitgenossen nicht in irgendeiner Weise zu brauchen sind, sind Reimspielereien, nichts weiter. /…/ Mit der Sprache seiltanzen, das gehört ins Varieté. /er verlangte wieder/ Lyriker, die wie natürliche Menschen empfinden und die Empfindungen und Ansichten und Wünsche, in Stellvertretung ausdrücken. Mit ihrem Kult der Oberfläche, ihrem Sinn für Amüsement, Zerstreuung, Lebensgier einerseits und ihren entfremdeten, melancholischen ja brutal-aggressiven Situationen andererseits wirbt er wieder für neue Leser. Er schämt sich nicht dafür, sich zu einer aufrichtenden Kraft des Gedichts zu bekennen: Es gibt wieder Verse, bei denen auch der literarisch unverdorbene Mensch Herzklopfen kriegt oder froh in die Stube lächelt. *Kästner. Prosaische Zwischenbemerkung Ein scharfer Kritiker dieser Haltung war Walter Benjamin: "Kurz, dieser linke Radikalismus ist genau diejenige Haltung, der überhaupt keine politische Aktion mehr entspricht." "Nie hat man in einer ungemütlichen Situation sich's gemütlicher eingerichtet" "Gequälte Stupidität: das ist von den zweitausendjährigen Metamorphosen der Melancholie die letzte" - In einer von Klassenkämpfen und Straßenschlachten aufgewühlten Zeit, 1931, veröffentlichte Walter Benjamin seine Besprechung von Erich Kästners drittem Lyrikbändchen Ein Mann gibt Auskunft unter dem Titel »Linke Melancholie« in der Gesellschaft. Benjamin spricht darin von den »linksradikalen Publizisten vom Schlage der Kästner, Mehring oder Tucholsky«, in deren Haß auf »das kleine Bürgertum« er »selbst einen kleinbürgerlichen, allzu intimen Einschlag« erkennt. Er identifiziert eine »Haltung, der überhaupt keine politische Aktion mehr entspricht.« Zwar bescheinigt er vor allem Kästner »eine große Begabung«, hält ihm aber eine deutliche Borniertheit vor, mehr noch, wie es im letzten Satz der harschen Kritik heißt, eine »Dumpfheit«, von der allenfalls noch »Großverdiener« profitieren, »jene traurigen schwerfälligen Puppen, deren Weg über Leichen geht.« So weit, so schlecht. Vielleicht ist aber das, was Benjamin politisch bedenklich erschien, heute das Merkmal, warum man diese Gedichte immer wieder neu auflegt und liest. An dem Gedicht "Eine Mutter zieht Bilanz" bemängelt er die schiefe Ökonomie, während es doch zum Himmel schreit, daß es Kästner nicht um die "nächtlichen Gedanken einer Proletarierfrau" zu tun ist, wie Benjamin insinuiert, sondern um die die Seele beruhigende Verarbeitung seiner eigenen, höchst problematischen Mutterbindung. Mit dem Sieg des Faschismus 1933 gehen die Lichter aus - auch für das junge Talent Erich Kästner, das sich eben in seinem neuerworbenen Ruhm einzurichten beginnt. Trotz Publikationsverbots und Bücherverbrennung bleibt er in Deutschland, er wird notgedrungen leiser, sucht nach Nischen, aber er lässt sich nicht einspannen, wandelt mit List und Intelligenz auf dem schmalen Grad zwischen Widerstand und Unauffälligkeit, und er überlebt. Und das ist viel angesichts des braunen Terrors, auch wenn manche Kritiker heute gerne etwas mehr Heldenmut und politische Entschiedenheit von ihm gesehen hätten - eine billige Forderung aus der sicheren Distanz ihres eigenen ungefährdeten Lebens ! Tucholsky, Kurt auch: Kaspar Hauser, Peter Panter, Theobald Tiger, Ignaz Wrobel (vereinzelt auch: Paulus Bünzly, Theobald Körner, Old Shatterhand, in der Forschung umstritten: Hugo Grotius), * 9. 1. 1890 Berlin, † 21. 12. 1935 Göteborg T. war von großbürgerl. Herkunft. Zeichen des gesellschaftl. u. ökonomischen Erfolgs seiner assimilierten jüd. Familie ist der rasche Austieg des Vaters Alex Tucholsky vom Buchhalter zum Direktor in der Bank »Berliner Handelsgesellschaft«. Schon als 15jähriger verlor T. den Vater - die Mutter überlebte den Sohn u. starb als Opfer Hitler Deutschlands im Konzentrationslager Theresienstadt 1943. Seit 1907 veröffentlichte T. Texte in den Feuilletons der dt. Presse, zunächst oft im sozialdemokratischen »Vorwärts«, seit Anfang 1913 insbes. in Siegfried Jacobsohns »Schaubühne« (seit 1918 »Weltbühne«). T. avancierte rasch zum Starautor dieses spannendsten literarisch-polit. Blatts der späten Kaiserzeit u. der Weimarer Republik. Mit allen seinen Pseudonymen: als Theobald Tiger lyrisch, als Peter Panter feuilletonistisch, als Ignaz Wrobel politisch u. als Kaspar Hauser gleichsam metaphysisch trug er in literarisch-journalistischer Formen- u. Themenvielfalt entscheidend zum Charakter der »Weltbühne« bei, die Diskussionsstoff u. -forum der demokratischen Intellektuellen u. Künstler in der ersten dt. Republik war. Ernüchtert vom Kriegserlebnis hatte sich T. vom Kunst- u. Theaterkritiker zum linksorientierten polit. Schriftsteller gewandelt. Jacobsohn. Dieser schickte ihn - nach einem Intermezzo als Privatsekretär eines Berliner Bankdirektors während der Inflation - im April 1924 als Korrespondent der »Weltbühne« nach Paris; freilich schrieb T. mit festem Vertrag auch für die »Vossische Zeitung« u. das »Prager Tagblatt« u. als freier Mitarbeiter weiterhin für alle dt. Blätter mit guten Honoraren. Im schwed. Exil zählte er sich rückblickend zu den »bestbezahlten deutschen Journalisten«: Geistige Arbeit war nach T.s Auffassung entsprechend ihrer Qualität zu entlohnen. Nach dem Tod Jacobsohns 1926 sah sich T. gezwungen, in Berlin die ungeliebte Tätigkeit als Redakteur der »Weltbühne« zu übernehmen, die er im Okt. 1927 Carl von Ossietzky übergab. Zunächst wieder in Paris, lebte T. seit April 1929 in Schweden. Er reiste oft: nach Dänemark, Frankreich, England, Österreich, immer wieder auch nach Deutschland, u. a. zu intensiver politisch-literarischer Vortragstätigkeit. Sein letzter Text für die »Weltbühne« erschien am 17. 1. 1933; Auf Hitler reagierte T. mit Boykott. Er veröffentlichte nichts mehr, entzog sich auch der gegen Hitler publizierenden Emigrantenszene. Publizistischen Kampf von außen gegen die mit Hitler sympathisierende Bevölkerungsmehrheit in Deutschland hielt er für eitel u. aussichtslos. Am Ende ohne Geldquelle in Schweden, aus Verzweiflung an Deutschland, nicht mehr zu trösten von seiner Freundin Hedwig Müller in Zürich u. der ihn umsorgenden Sekretärin Gertrude Meyer im schwed. Hindås, wählte T. den Freitod. Er starb nach der Einnahme von Gift im Sahlgrenschen Krankenhaus in Göteborg. T.s Buchveröffentlichungen: die kleinen, heiter-iron. Romane Rheinsberg (Bln. 1912) u. Schloß Gripsholm (ebd. 1931), der politisch-polemische Text-Bildband Deutschland, Deutschland über alles (zus. mit John Heartfield. Ebd. 1929) Das K. T. Chanson Buch. Texte u. Noten. Hg. M. Gerold-Tucholsky u. Hans Georg Heepe. 1983. Den Text, den Herr Adam, bei der letzten Langen Nacht vorgetragen hat, habt ihr wohl noch in guter Erinnerung: Ideal und Wirklichkeit *Reclam, Neue Sachlichkeit, 78 - 79 Gottfried Benn * 2. 5. 1886 Mansfeld/Kreis Westprignitz, † 7. 7. 1956 Berlin Aus der radikalen avantgardist. Erneuerung des Vokabulars in der Lyrik ist zum Ende der 20er Jahre ein eher sanfter Ton geworden, das Vokabular traditionell. B. litt an Depressionen, »körperlich u. seelisch äußerst apathisch u. abgekämpft, von geradezu krankhafter Menschen- Unterhaltungs- u. Eindrucksflucht« (an Gertrud Zenzes, 4. 9. 1926). Die Praxis ging schlecht, er bewarb sich vergeblich um eine Stelle als Stadtarzt. Gleichzeitig gewann er an literar. Geltung im Berliner Geistesleben. Seine Sammlungen Schutt (1924). Betäubung (1925), Die Dänin (1925) und Spaltung (1925) ergaben 1927 seine Gesammelten Gedichte (Bln.). 1928 erschien auch seine Gesammelte Prosa (Bln.) erschienen waren. Literarische Diskussionen u. Polemiken entzündeten sich an seinem Werk. 1929 war er wegen Urgesicht von Johannes R. Becher u. Egon Erwin Kisch angegriffen worden, die ihm vorwarfen, aus jeder Zeile seiner Prosa stänke »widerliche Aristokratie«. In seiner Replik Über die Rolle des Schriftstellers in dieser Zeit (GW 4, 205-212) lehnte B. die Forderung nach sozialist. Engagement schroff ab u. setzte seinen tragischheroischen Geschichtspessimismus dagegen. Benns Gedichte remythisieren das Reale und feiern das rauschhaft Barbarische. Schödelstätten, Begriffsmanie, kein Zeitwort zu retten noch Historie – allem Vergessen. allem Verschmähn, dem Unermessen Panathenaen[2] – in Heiligtumen tyrrhenisher See Stier unter Blumen an Danae, in Leuenzügen Mänadenklang, und Götter fügen den Untergang. Seine Auffassung , innerhalb des allgemeinen europäischen Nihilismus, innerhalb des Nihilismus aller Werte, gibt es nur eine einzige Transcendenz, nämlich die der schöpferischen Lust, ließ ihn vor dem Hintergrund des aufkommenden Traditionalismus den Anspruch einer künstlerischen Avantgarde bewahren. In der Antinomie von Hirn und Blut, war für ihn Blut das Primäre. Durch Instinkt, Trieb und Rausch verdrängt dere Blutdrang die gehirnlich überlagerte Oberschicht und verhilft dadurch einem zu einer besonderen Lebensintensität. R. M. Rilke (1875 – 1926) Seine Lyrik in den Nekrolog als eine Dichtung charakterisiert, mit der eine Epoche *von RMR, Hofmannsthal und George) zu Ende geht. Heinrich Eduard Jacob nennt ihn den Orpheus einer vergangenen schönen und musischen Jugend, … zornlosen Jugend. Klaus Mann: Dank der Jugend an Rainer Maria Rilke (in Die literarische Weltr, Jg. 3) tröstlich, hilfreich dadurch, dass seine Lyrik der Zeit der Synthesen fremd gegenüberzustehen schien. Er zitiert die beiden Terzette des XXII Sonets an Orpheus Knaben o werft den Mut nicht in die Schnelligkeit, nicht in den Flugversuch Alles ist ausgeruht: Dunkel und Helligkeit, blume und Buch. Rilkes Formel Gesang ist Dasein verleiht dem Dichter seine Aura: Ist er ein Hoiesiger? Nein, aus beiden Reichen erwuchs seine weite Natur. (6. Sonett) War die Moderne eigentlich eine Dekonstruktio von Sinn- und Ordnungsmustern der Epoche, so stellt Rilke einen Versuch um deren Rekonstruiktion dar. Gegen Nietzesch Kunstbegriff des Bluffs und der Maskerade, eine Rückkehr zu den sagbaren Dingen der Erde. Stefan George 1868, Büdesheim, near Bingen, Hesse—gest. Dec. 4, 1933, Minusio, near Locarno, 1928 Das neue Reich keine Sympathie für den Nationalsozialismus, gegen das saturierte Bürgertum, gegen die abgewirtschaftete Aristokratie, die Revolution ist ein sumpf erlogener brüderei Das Gedicht Der Dichter in Zeiten der Wirren (Dem Andenken des Grafen Bernhard Uxkull) ein stilisiertes Selbstporträt: Der dichter heisst im stillern gang der zeit Beflügelt kind das holde träume tönt Und schönheit bringt ins tätige getrieb. Doch wenn aus überln sich das wetter braut Das schicksal pocht mit lauten hammerschlägen Klingt er wie rauh metall und wird verhört… (Kassandra vs. die tollgewordne menge, c die nur das Pferd sieht und in den Tod rast.) Mit Verachtung spricht er da vom geilen markt, dünnem hirngewebe, giftigem flitter, er sagt aber – ireführend – eine lichtere zukunft, in der Herr wieder herr, zucht widerum zucht sein wird. Der letzte Zyklus des Buches , Das Lied, wirkt fast wie eine Zurücknahme der monumentalen Eingangsverse So lernt ich traurig den verzicht: Kewin ding sei wo das wort gebricht. (Das Wort) Klaus Mann: mit ihm fühlten wir einen Teil unserer Hoffnung verknüpft. Insbesondere die Gruppen der Jugendbewegung sahen in ihm eine Führergestalt und pflegten selbst die Zeremonien ewklusiver Zirkel Naturlyrik um 1930 der Kollonne-Kreis um Martin Raschke, geb. 1905. Die Kolonne (1929- 1932) Elisabeth Langsässer, Peter Huchel, Günter Eich die programmatische Abgrenzung zur Neuen Sachllichkeit: Allein der Angst, den Anschluss an eine Wirklichkeit zu verlieren, die aus sich einer gelobten Zukunft zuzustreben scheint, ist das Entstehen einer Sachlichkeit zuzuschreiben, die den Dichter zum Reporter erniedrige und die Umgebung des proletarischen Menschen als Gefühlsstandard modernen Dichtens propagierte. Und es fanden sich genügend Stimmen, die überall das Dichten als leicht erlernbaren Beruf ausschrieen, spottend über Intuitionen und Gnade .. Aber noch immer leben wir vom Acker und Meer und die Himmel, sie reichen auch über die Stadt. Noch immer lebt ein großer Teil der Menschheit in ländlichen Verhältnissen, und es entspringt nicht müßiger Traditionsfreude, wenn ihm Regen und Kälte wichtiger sind als ein Dynamo, der nie das Korn reifte. Peter Huchels Gedicht Der Totenherbst zeichnet Momente existentieller Erschütterung nach. Er mißtraut der Sprache aller politischen und sozialen Diskurse und sucht eine „Natursprache“: gegen die aufgeklärten Zeiten und ihre Begriffssprache: Das Wort ist seines Kernes beraubt, und man spricht mit Worthülsen. … die Ahnung, das die Namen tiefer bestimmt sind als durch einen zufälligen Anblick Der Dichter gibt den Wörtern wieder ihren Sinn, er spricht die Sprache erst wirklich. (romantische Sprachphilosophie) ________________________________ [1] gescheiterter [2] At the Great Panathenaea, representatives of all the dependencies of Athens were present, bringing sacrificial animals. After the presentation of a new embroidered – vyšívané - robe to Athena, the sacrifice of several animals was offered. The great procession, made up of the heroes of Marathon, is the subject of the frieze of the Parthenon.