narr STUDIENBÜCHER
Heike E. Jüngst
Audiovisuelles Übersetzen
Ein Lehr- und Arbeitsbuch
Prof. Dr. Heike E. Jüngst lehrt Fachübersetzen an der Fachhochschule Würzburg-Schweinfurt und hat langjährige praktische Erfahrung auf dem Gebiet der audiovisuellen Übersetzung.
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© 2010 · Narr Francke Attempto Verlag GmbH + Co. KG
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ISSN 0941-8105
ISBN 978-3-8233-6502-0
eBook-Herstellung und Auslieferung:
Brockhaus Commission, Kornwestheim
Inhaltsverzeichnis
Danksagung
Ein Buch schreibt man nie allein. Ich bin vielen Menschen zu Dank verpflichtet.
An erster Stelle danke ich meinen Eltern, die mich bei dieser Arbeit ununterbrochen unterstützt und ermutigt haben.
An zweiter Stelle stehen die vielen Studierenden und ehemaligen Studierenden, die an meinen Seminaren zur audiovisuellen Übersetzung teilgenommen und mir viele Anregungen gegeben haben. Namentlich möchte ich nennen: Katrin Pieper, Katharina Hinderer, Susanne Hezel und Silke Nagel, deren Diplomarbeiten ebenfalls zu einem schönen Buch geworden sind.
Danke auch an die Mitarbeiter von Digital Images in Halle, besonders Julia Szymanski, und an den Toningenieur Sven Beyer, die immer ein offenes Ohr für Praxisfragen hatten. An das Team von der ZDF-Live-Untertitelung, bei dem ich einen ergiebigen Tag verbracht habe, besonders an Christiane Müller. An Daniel Wolf und Daniel Frei, deren lehrreichen Film Die Kunst des Spickens ich für Screenshots benutzen durfte.
Dank geht auch an die anderen, die mir Abdruckgenehmigungen erteilt haben. An erster Stelle ist hier das Yleisradio Finnland zu nennen, mit Stefan Forsman, Juri von Bonsdorff, Nina Svahn und Sofia Schwarzenberg. Für die Abdruckgenehmigungen zum Thema Gebärdensprache danke ich Olaf Fritsche von und Knut Weltlich von Bertelsmann.
Susann Herold danke ich für ihre Hilfsbereitschaft, mit der das Team-Teaching im audiovisuellen Übersetzen eine neue Dimension gewonnen hat.
Für die Möglichkeit, in der Forschungsgruppe Hörfilm mitzuarbeiten, geht ein besonderer Dank an Frau Univ.-Prof. Dr. Ulla Fix von der Universität Leipzig.
Für die Workshops, die mir Einblick in den Hörfilm verschafft haben, danke ich Bernd Benecke, Joel Snyder und Anke Nicolai, für den Workshop zu SDH-Untertiteln Joselia Neves und für den Voice-over-Workshop Pilar Orero.
Und natürlich danke ich dem Team vom Narr-Verlag: Christina Esser, die sich für das Projekt hat begeistern lassen. Amelie Sareika vom Lektorat und Karin Burger von der Herstellung, die stets geduldig auf meine Fragen geantwortet haben und immer gute Verbesserungsvorschläge hatten.
Ich hoffe, dass ich niemanden vergessen habe. Viel Spaß beim Lesen und Arbeiten!
Würzburg, den 21.07.2010
Heike Elisabeth Jüngst
Das Buch ist für eine heterogene Leserschaft gedacht. Das bedeutet, dass nicht jeder das gesamte Einführungskapitel lesen wird (oder muss). Da ich selbst aus der Übersetzungswissenschaft und -praxis komme, werden hier eher die Defizite der Übersetzer aufgefangen, mit denen ich aus der Praxis vertraut bin. So ist der angehängte Exkurs zur Filmgestaltung vor allem für diejenigen interessant, die sich noch nie mit Filmanalyse auseinandergesetzt haben. Kapitel 1.5 zu Unterrichtsmaterialien wendet sich an Dozenten und an alle, die Material zum Selbstlernen suchen. Wer von einem Dozenten versorgt wird, braucht dieses Kapitel nicht zu lesen.
Für all diejenigen, die lieber einfach loslegen möchten, gilt: Gehen Sie zum Kapitel Ihrer Wahl und fangen Sie an.
Unter audiovisueller Übersetzung versteht man allgemein das Übersetzen von Medienformaten, die einen sichtbaren und einen hörbaren Teil haben. Bei der audiovisuellen Übersetzung wird das ursprünglich vorliegende Material verändert. Teile dieses Materials bleiben, anders als bei vielen anderen Formen der Übersetzung, erhalten und werden ergänzt oder mit neuen Materialteilen kombiniert. Als erstes denkt man dabei an die Übersetzung von Filmen und Fernsehserien. Mit diesem Kernbereich der audiovisuellen Übersetzung befasst sich dieses Buch. Es soll jedoch nicht verschwiegen werden, dass das audiovisuelle Übersetzen noch andere Bereiche berührt. So hat das Dolmetschen visuelle und auditive Anteile. Die Übersetzung bestimmter Bestandteile von Internetseiten und von Computerspielen gehört ebenfalls in den Bereich der audiovisuellen Übersetzung. Hier spielt auch die Technik der Lokalisierung bei der Übersetzung eine herausragende Rolle. Von der Film- und Fernsehübersetzung lässt sich trotzdem viel auf diese Bereiche übertragen.
Die Konzentration auf den Dialogfilm stellte die verbale Sprache und ihre Übertragbarkeit in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit. (Wahl 2003: 9)
Die audiovisuelle Übersetzung ist dennoch kein völlig eigenständiges Verfahren. Sie ist anderen Übersetzungsverfahren in vielerlei Hinsicht verwandt:
La traduction audiovisuelle (TAV) relève de la traduction des médias qui inclut aussi les adaptations ou éditions faites pour les journaux, les magazines, les dépêches des agences de presse, etc. Elle peut être perçue également dans la perspective de la traduction des multimédias qui touche les produits et services en ligne (Internet) et hors ligne (CD-ROM). Enfin, elle n’est pas sans analogie avec la traduction des BD, du théâtre, de l’opéra, des livres illustrés et de tout autre document qui mêle différents systémes sémiotiques. (Gambier 2004: 1)
In den letzten Jahren hat das Interesse an der audiovisuellen Übersetzung in Ausbildung und Berufspraxis aus mehreren Gründen zugenommen. Das Aufkommen der DVD mit ihrem riesigen Speicherplatz, der für mehrere Synchronspuren und Untertitelungsspuren genutzt werden kann, hat ein neues Bewusstsein für die Existenz der audiovisuellen Übersetzung geschaffen. Wer früher nie eine Kinovorstellung mit Untertiteln besucht hätte, kann jetzt einfach ausprobieren, wie so etwas aussieht. Der Zugang zur Originalversion des jeweiligen Films ist einfach und so beginnen auch Laien, Originalfassung und Übersetzung parallel anzusehen und zu vergleichen. Hörfilme für Blinde und Untertitel für Hörgeschädigte sind immer noch weit weniger bekannt als es wünschenswert wäre, doch auch sie finden langsam den Weg in das Bewusstsein der Öffentlichkeit. Das Internet bietet eine neue Plattform für audiovisuelle Übersetzungen und ein Betätigungsfeld für Profis wie auch für Laien. Zum Thema audiovisuelle Übersetzung und Globalisierung informiert Georgakopoulou (2006).
Bis in die 1990er war es außerdem ausgesprochen aufwändig, für Forschungen zur audiovisuellen Übersetzung Filmfassungen aus verschiedenen Ländern zu importieren. Im Normalfall bat man Freunde im Ausland, die Videokassetten zu besorgen. So bekam man aber fast nie deutsch untertitelte Filme. Aus Synchronländern kamen synchronisierte Filme, aus Untertitelungsländern untertitelte. Das bedeutete, dass man oft monatelang auf Materialjagd war. Was man heute auf einer einzigen DVD bekommt, musste man sich zusammensuchen. Das hielten nur echte Aficionados durch. Heute ist es so einfach, an das Ausgangsmaterial zu kommen, dass viel mehr Arbeiten dazu geschrieben werden.
Die Formen der audiovisuellen Übersetzung unterscheiden sich durch den Zieltext. Er kann schriftlich sein oder mündlich, schriftlich für eine mündliche Darbietung, schriftlich für eine fixierte mündliche Darbietung; er kann in derselben Sprache verfasst sein wie der Ausgangstext oder in einer anderen und er kann eine Ergänzung zum Ausgangstext darstellen.
Die Form der audiovisuellen Übersetzung, mit der die meisten Fernsehzuschauer in den deutschsprachigen Ländern am besten vertraut sind, ist die Synchronisation. Bei der Synchronisation wird die Dialogspur des Originalfilms durch eine zielsprachliche Dialogspur vollständig ersetzt. Man sieht den Film, als wäre er in der Zielsprache gedreht worden, und kann beim Zuschauen vergessen, dass man eine Übersetzung sieht.
Bei der Untertitelung unterscheidet man zwischen interlingualen und intralingualen Untertiteln. Interlinguale Untertitel sind in einer anderen Sprache abgefasst als der Film; es handelt sich also um eine Übersetzung des Originaltextes in eine Sprache, die das Zielpublikum versteht. Man sieht und hört gleichzeitig den Film in der Originalsprache und liest die Untertitel in der Zielsprache. Interlinguale Untertitel wurden lange Jahre mit Filmen für ein spezielles cineasti- sches Publikum in Zusammenhang gebracht. Wenn auf einem Filmplakat „OmU“ (Original mit Untertiteln) stand, dann lief dieser Film vermutlich im Rahmen einer Filmwoche, kam aus einer für uns eher exotischen Sprachgegend (zum Beispiel aus der Mongolei) und wurde in einer Universitätsstadt in einem Filmkunst- theater oder einem Hörsaal aufgeführt. Auch heute beschränken sich Aufführungen untertitelter Filme im Kino weitestgehend auf bestimmte Kinos und auf Filmfestivals. Auf handelsüblichen DVDs finden sich jedoch fast immer Untertitel in unterschiedlichen Sprachen. So sind untertitelte Filme heute auch einem breiteren Publikum zugänglich, und vor allem beschränken sie sich nicht mehr auf spezielle künstlerische Filme.
Auf den DVDs findet man aber auch intralinguale Untertitel. Hier sind die Untertitel in derselben Sprache abgefasst wie der Film. Meist handelt es sich dabei um Untertitel für Hörgeschädigte. Denkbar sind aber auch Untertitel für Sprachlerner.
Hörfilme, bzw. Filme mit Audiodeskription, sind für Blinde und Sehgeschädigte gedacht. In der Audiodeskription beschreibt ein Kommentator zusätzlich zum Filmtext, was man im Bild sieht.
Die Voice-over-Übersetzung fristet eher ein Schattendasein. Hier hört man den Originalton des Films noch ganz leise, während der zielsprachliche Text darüber gesprochen wird. Voice-over wird in Deutschland nicht für Spielfilme eingesetzt, sondern für Dokumentarfilme.
Das Filmdolmetschen ist eine sehr spezielle Form der audiovisuellen Übersetzung, die man ausschließlich im Kinosaal bei Festivals antrifft. Hier wird der Film live gedolmetscht. Das Publikum kann die Verdolmetschung entweder über Lautsprecher oder über Kopfhörer hören. Der Originalton wird nicht verändert, d.h. man hört ihn zusätzlich zum gedolmetschten Ton.
Manchem kommt es befremdlich vor, dass all diese Verfahren als Übersetzung bezeichnet werden. Der prototypische Übersetzer beschäftigt sich mit interlingualen Übersetzungen.
In der übersetzungswissenschaftlichen Forschung wird in diesem Zusammenhang gern auf Roman Jakobsons Definition der verschiedenen Verfahren der Übersetzung verwiesen (Jakobson 1971: 261). Jakobson spricht von der intralingualen, der interlingualen und der intersemiotischen Übersetzung. Die interlinguale Übersetzung entspricht unserer prototypischen Vorstellung der Übersetzung von einer Sprache in die andere. Die intralinguale Übersetzung ist eine Form der Bearbeitung. So wird ein Text z. B. für eine neue Zielgruppe vereinfacht, die Sprache wird jedoch nicht gewechselt. Untertitel für Hörgeschädigte stellen eine spezielle Form der intralingualen Übersetzung dar. Bei der auch als Transmutation bezeichneten intersemiotischen Übersetzung wird das Zeichensystem gewechselt. Ein klassisches Beispiel der intersemiotischen Übersetzung ist die Bildbeschreibung, bei der das bildlich Dargestellte in Sprache wiedergegeben wird. Die Audiodeskription fällt in den Bereich der intersemiotischen Übersetzung.
In manchen Ländern ist es üblich, dass Filme, die in Kino und Fernsehen gezeigt werden, interlinguale Untertitel erhalten. In anderen Ländern werden Filme synchronisiert. Deutschland ist ein typisches Synchronisationsland. Bis auf extrem wenige Ausnahmen werden alle Fernseh- und Kinofilme synchronisiert. Das Publikum ist vollkommen an diese Situation gewöhnt. Untertitelung wird als Ausnahme wahrgenommen und mit Ausnahmesituationen verknüpft. So kann man interlinguale Untertitel bei Opernaufführungen in den Kulturprogrammen (3sat, Arte) erwarten oder außerhalb des Fernsehens bei Filmfestivals.
Warum ein Land zu einem Synchronisationsland wird, hat unterschiedliche Gründe. Oft leitet man diese Entwicklung aus der Geschichte der betreffenden Länder her. Spanien, Italien und Deutschland, drei typische Synchronisationsländer, haben eine faschistisch-totalitäre Vergangenheit. Wenn man einen Film synchronisiert, kann man besser lügen und unliebsame, beispielsweise pazifistische Inhalte verfälschen. Außerdem wird bei der Synchronisation die Nationalsprache eingesetzt.
Doch auch andere große Länder sind Synchronisationsländer, zum Beispiel Frankreich. Die Menge der Zuschauer, die den fertigen Film sehen werden, spielt eine sehr große Rolle dabei, ob ein so teures Verfahren eingesetzt wird. Eine Synchronfassung lohnt sich erst, wenn vierzig oder mehr Kopien eines Films in den Kinos laufen (Hinderer 2009: 271). Zweitens ist das kleine Portugal schon immer ein Untertitelungsland – und der Beweis dafür, dass in einer Diktatur auch in den Untertiteln verfälscht und gelogen wird (ausführlich dazu Pieper 2009). Abgesehen vom Englischen, das heute viele Menschen einigermaßen gut verstehen, sind die Fremdsprachenkundigen in jeder Kultur weit verstreut und der Großteil des Publikums ist ausschließlich auf die Untertitel oder die synchronisierte Fassung angewiesen. Und drittens wird in Synchronisationen auch unabhängig von Diktaturen gelogen. Casablanca erreichte Deutschland erst nach dem Zweiten Weltkrieg. Trotzdem wurden alle Hinweise auf das Dritte Reich so gut wie möglich getilgt, um den Erfolg des Films auch bei deutschen Zuschauern zu sichern (siehe Kapitel Synchronisation).
Untertitelungsländer sind Länder mit einer kleinen Sprachgemeinschaft. Die skandinavischen Länder sind Untertitelungsländer, ebenso Benelux. Gerade bei Ländern mit mehreren Landessprachen bietet sich die Untertitelung an, entweder in zwei Fassungen oder in einer Fassung mit doppelten Untertiteln. Eine Synchronisation in beiden Landessprachen wäre schon aus Kostengründen unmöglich.
Der Wandel von einem zum anderen ist bisher nirgends belegt. In Deutschland werden immer wieder Stimmen laut, die Untertitelung statt Synchronisation fordern. Meist geschieht dies im Zusammenhang mit der Hoffnung auf eine flächendeckende Verbesserung der Fremdsprachenkenntnisse (eigentlich geht es dabei nur um Englischkenntnisse, an einer flächendeckenden Verbesserung beispielsweise der Finnischkenntnisse in Deutschland scheint kein gesteigertes Interesse zu bestehen). Künstlerische Erwägungen sind ein Minderheitenargument. Die Synchronisationsindustrie in Deutschland ist jedoch riesig. An Filmsynchronisationen hängen viele Arbeitsplätze. Und niemand hat ein Interesse daran, diese zu gefährden.
Die Synchronisationsländer werden also vermutlich Synchronisationsländer bleiben. Mit dieser Prognose kann ich aber auch völlig falsch liegen, da DVDs die Sehgewohnheiten massiv verändern und die junge Generation sich vielleicht schon völlig an untertitelte Fassungen gewöhnt. Gambier weist darauf hin, dass die Einteilung in Synchronisations- und Untertitelungsländer durch die Vielzahl an neuen Sendern ins Wanken geraten ist, und dass für manche Filme sowohl eine untertitelte als auch eine synchronisierte Fassung vorliegen:
Aujourd’hui, l’Europe est trop souvent divisée entre pays du doublage (France, Italie, Allemagne, Espagne, etc.) et pays du sous-titrage (pays scandinaves, Finlande, Grèce, Pays-Bas, Portugal, Pays de Galles, Slovénie, etc.). C’est une division trop simpliste, d’une part parce que le nombre de chaînes, par exemple, est passé de 47 en 1989 à plus de 1500 en 2002, dans l’Europe des 15, et qu’aucun pays n’a un ensemble de directives communes ou un code unique de bonne conduite ; d’autre part, parce que les solutions sont désor-mais multiples et flexibles. Ainsi Malcom X (1998) a d’abord été sous-titré pour quelques salles à Paris, mais devant le succès obtenu, les distributeurs ont vite commandé une version doublée pour un public jugé peu familier de l’ecoute de l’anglais américain ou de la lecture de deux lignes sur l’écran. (Gambier 2004: 6)
Die englischsprachigen Länder sind weder echte Synchronisations- noch echte Untertitelungsländer. Hier erreichen nur sehr wenige fremdsprachige Filme ein größeres Publikum; diese werden im Normalfall untertitelt. Um einen erfolgreichen fremdsprachigen Film einem englischsprachigen Publikum nahe zu bringen, ist das amerikanische Remake nach wie vor das Mittel der Wahl.
Was Osteuropa betrifft, so gibt es den Sonderfall der „slawischen Synchronisation“, der im Kapitel Synchronisation ausführlich dargestellt wird.
Welche Übersetzungsmethode vom Publikum bevorzugt wird, hängt stark von der Gewöhnung an die betreffende Methode ab:
When viewers are accustomed to one adaptation method they seem not to worry about the disadvantages that go with the method. In addition, they seem to dislike the other method. Dutch viewers will be annoyed by all the shortcomings of dubbing when they watch dubbed programmes, whereas German viewers will demonstrate the same type of aversion when watching subtitled programmes. The effect of habituation should also be taken into account in the interpretation of the results of studies which explicitly compare subtitling and dubbing. (Koolstra et al. 2003: 347)
Zu einem vergleichbaren Ergebnis kam man bei der Auswertung einer europaweiten Untersuchung:
In den Ländern, in denen Untertitel üblich sind, ist die Zustimmung zum Ansehen ausländischer Filme und Programme in der Originalsprache ausgesprochen hoch. Dies gilt für 94% der schwedischen und dänischen, und 93% der finnischen Befragten. Es lässt sich feststellen, dass diese Länder zu den Mitgliedstaaten gehören, in denen Bürger eher in mehreren Sprachen geübt sind.
Im Durchschnitt erklären 10% der EU-Bürger, dass sie Filme in ihrer Originalfassung als Möglichkeit genutzt haben, eine Fremdsprache zu lernen. Die Mehrheit der Europäer (56%) sieht jedoch lieber synchronisierte ausländische Filme und Programme an, als die Originalfassung mit Untertiteln zu hören. Dies gilt insbesondere für Ungarn (84%) und die Tschechische Republik (78%). (Eurobarometer Spezial: Die Europäer und ihre Sprachen. Februar 2006)
Diese konservative Haltung beim Publikum zeigt sich besonders dann, wenn Versuche mit anderen Verfahren der audiovisuellen Übersetzung gemacht werden:
Quelques enquêtes ont certes confirmé que les publics aiment ce à quoi ils sont habitués. Ainsi les Polonais ont refusé dans les années 1990 la transformation de leur voice over en sous-titrage ; en novembre 2001, les chaînes publiques norvégienne et finlandaise ont tenté de doubler une série américaine: devant les protestations des téléspectateurs, elles sont revenues en moins de deux semaines aux sous-titres. (Gambier 2004: 9)
Ob sich diese überall verbreitete konservative Haltung ändert, muss man abwarten.
Hier soll kurz auf typische Anforderungen und Formen der Arbeitsteiligkeit eingegangen werden, bevor in den Unterkapiteln die spezifischen Anforderungen der einzelnen Verfahren erläutert werden. Zu Ausbildung und Arbeitsmarkt werden nur kurze Anmerkungen gemacht. Die Rahmenbedingungen verändern sich ständig und entsprechende Angaben sind schnell veraltet.
Die audiovisuelle Übersetzung ist in jeder Form arbeitsteilig. Diese Tatsache muss man sich immer wieder ins Bewusstsein rufen. Die Arbeitsteilung hat einen sehr starken Einfluss auf das endgültige Produkt. Je besser der Informationsaustausch zwischen den Beteiligten funktioniert, desto besser funktioniert auch die Qualitätssicherung für das fertige Produkt.
Schon an der Produktion eines Films ist eine Vielzahl von Menschen beteiligt. Darauf kann hier nicht weiter eingegangen werden. Es gibt Handbücher zur Einführung ins Filmemachen und Arbeiten über die Filmindustrie, die entsprechende Informationen bieten. Weitere Informationen findet man auf den Websites der Filmförderungsanstalten der jeweiligen Bundesländer. Schließlich lohnt es sich, einmal nach dem Film auch den gesamten Abspann anzusehen (falls er im Kino nicht zu schnell läuft; besser geht es mit einer DVD).
Die audiovisuelle Übersetzung gehört jedoch nicht in den Bereich der Produktion, sondern in jenen der Postproduktion. Man könnte fast schon von Post-Postproduktion sprechen, denn schon die Bearbeitung des Filmmaterials (Schnitt, Tonmischung) wird als Postproduktion bezeichnet. Die audiovisuelle Übersetzung beginnt erst, wenn der Film schon als Ganzes vorliegt. Die wenigsten, die an dieser Postproduktion beteiligt sind, tauchen namentlich im Abspann des übersetzten Films auf. Eigentlich werden sie nur erwähnt, wenn es sich um bekannte Schauspieler oder sonstige Promis handelt, die eine Synchronrolle übernommen haben. Alle anderen werden unter dem Namen des bearbeitenden Studios zu- sammengefasst. Das gilt für jede Form der audiovisuellen Übersetzung.
Ohne Übersetzer keine Übersetzung – das klingt zwar banal, aber für viele Filmschaffende sind die Übersetzer ein kleiner Fremdkörper. Dies gilt besonders für die Synchronisation, bei der nur sehr wenige Studios eine untypische Arbeitsteilung pflegen, die Rolle des Übersetzers aufwerten und ihn insgesamt partnerschaftlich behandeln. Dazu mehr im betreffenden Kapitel.
Bei der Untertitelung hat der Übersetzer heute dagegen weitgehende Aufgaben, die auch die technische und ästhetische Seite der Untertitelung berühren. Die Zeiten, als der Unterthier nur eine Textdatei mit den Untertiteln an den Auftraggeber lieferte, sind vorbei. Die Arbeit ist dadurch deutlich anspruchsvoller und zeitraubender geworden. Wenn Gottlieb die für einen Unterthier notwendigen Eigenschaften zusammenfasst, hat man das Gefühl, dass ohnehin niemand den dafür nötigen Anforderungen gerecht werden kann, denn der Untertitler benötigt:
… das musikalische Ohr eines Dolmetschers, die nüchterne Urteilsfähigkeit eines Nachrichtenredakteurs und den Sinn eines Designers für Ästhetik … Um die Untertitel auch synchron mit dem Leinwandgeschehen zu präsentieren, braucht er überdies die sichere Hand eines Chirurgen und das Zeitgefühl eines Schlagzeugers. (Gottlieb 2002: 211)
Eine besondere Situation liegt bei der Audiodeskription vor. Eine ernstzunehmende Audiodeskription für einen Hörfilm kann nur in einem Team aus einem Blinden und einem Sehenden erstellt werden. Sonst besteht schnell die Gefahr, dass der Sehende der eigentlichen Zielgruppe seine Vorstellungen aufdrückt. Diese Teams arbeiten gleichberechtigt zusammen.
Der Arbeitsablauf bei Voice-over-Übersetzungen entspricht über weite Strecken dem bei Print-Übersetzungen. Bei einer Voice-over-Übersetzung wird der Text zunächst Korrektur gelesen. Das erfolgt in der Form, die man auch aus den Printmedien kennt. Fehler und Inkonsistenzen werden ausgemerzt, der Stil geglättet. Eventuell erfolgen Rückfragen an den Übersetzer. Die übersetzte und korrigierte Fassung geht an den Toningenieur. In kleineren Firmen übernimmt dieser auch die Rolle des Synchron- oder Voice-over-Regisseurs. Die Sprecher für die Rollen werden ausgewählt, Termine gemacht und dann die neue Dialogspur oder Kommentarspur aufgenommen. Auch der Toningenieur bzw. der Synchronregisseur bearbeiten den übersetzten Text oft noch. Manchmal zeigt sich erst während der Aufnahme, ob der Text zu lang oder zu kurz ist, oder vorher übersehene Fehler werden jetzt erst erkannt.
Bei Untertiteln wird der fertig untertitelte Film am Computerbildschirm Korrektur gelesen. Oft werden ästhetische Änderungen durchgeführt, die dem Laien minimal erscheinen, dem geübten Auge aber nötig. Ein Beispiel: Bei vielen Untertitelungsprogrammen wird beim Zeilenumbruch in der ersten Zeile am Schluss ein Leerzeichen gelassen. Anfänger bemerken es oft nicht und löschen es daher auch nicht. Wer oft Untertitel liest, merkt es sofort.
Und dann gibt es noch all diejenigen, die an der endgültigen Gestaltung der übersetzten DVD arbeiten (z. B. an der Kapitelaufteilung), die Bauchbinden in den Film einfügen oder die bei Filmen die Untertiteldatei in je eine Datei pro Filmrolle aufteilen (vgl. Hinderer 2009: 278). Diese Aufgaben können unterschiedlich verteilt sein. In jedem Fall aber sieht man an diesen wenigen Beispielen, dass der audiovisuelle Übersetzer im Team arbeiten muss. Audiovisuelle Übersetzung ist ungeeignet für Einzelgänger und für diejenigen, die ihre fertige Übersetzung als unverrückbar in Stein gemeißelt ansehen.
Im deutschsprachigen Raum gibt es keine spezifisch auf die audiovisuelle Übersetzung ausgerichteten Studiengänge, weder an den Universitäten noch an den Fachhochschulen. Die meisten Institute bieten aber im Rahmen eines translatorischen BA oder MA Module zur audiovisuellen Übersetzung an.
Im europäischen Ausland gibt es dagegen Studiengänge, bei denen eine Konzentration auf das audiovisuelle Übersetzen möglich ist. Die meisten dieser Institute liegen in Großbritannien oder in Spanien. Links zu den einzelnen Ausbildungsinstituten finden sich auf der Seite der Organisation ESIST (European Association for Studies in Screen Translation, ) sowie auf .
Unter den heute tätigen audiovisuellen Übersetzern sind noch viele Autodidakten. Die führenden Untertitelungsunternehmen schulen ihre Übersetzer weitgehend selbst. Bis Mitte der 1980er Jahre lag die Ausbildung der Untertitler noch ganz in der Hand dieser Unternehmen (Nagel 2009: 37), die daher auf eine lange didaktische Erfahrung zurückblicken können. Die Praktika bei diesen Unternehmen wie auch die Arbeitsplätze sind von begrenzter Anzahl und sehr begehrt ().
Der Arbeitsmarkt für audiovisuelle Übersetzungen ist im Moment relativ groß, vor allem im Bereich Untertitelung. Das liegt daran, dass derzeit enorm lange Backlists abgearbeitet werden: Jede noch so abwegige Fernsehserie der vergangenen Jahrzehnte, die vielleicht einen oder zwei Fans hatte, wird heute untertitelt und als vollständige Staffel auf DVD angeboten. Dasselbe gilt für Filme, und dazu kommen noch die DVD-Releases, also Filme, die es nie ins Kino geschafft haben und direkt auf DVD vermarktet werden.
Dieser Arbeitsmarkt wird vielleicht schrumpfen. Irgendwann sind alle alten Filme und Serien aufgebraucht. Die Produktionsfülle der Fernsehsender ist zwar derzeit auch sehr groß, aber so etwas kann sich ändern. Daher sollte sich niemand darauf versteifen, ausschließlich in der Filmübersetzungsbranche arbeiten zu wollen. Die großen Untertitelungsfirmen haben einige wenige fest angestellte Mitarbeiter; alles andere wird von Freiberuflern übersetzt, die auch mit anderen Übersetzungsaufträgen ihr Geld verdienen. Einsätze für Filmdolmetscher sind selten; wer Filme dolmetscht, absolviert auch andere Dolmetscheinsätze. Es ist besonders für Studierende wichtig, die Verhältnisse klar im Blick zu behalten und sich keine Illusionen zu machen. Überdies wird man mit dieser Tätigkeit nicht reich. Untertitler z. B. werden nur nach Auftrag bezahlt. Das bedeutet, dass sie keine Tantiemen aus der Filmverwertung erhalten (vgl. Nagel 2009: 100).
Dazu kommt, dass die Branche über Praktikanten oft preiswert an Arbeitskräfte kommt. Dies ist ein zweischneidiges Schwert: Es ist jedem zu einem Praktikum zu raten, der in diesem Bereich arbeiten möchte. Während eines Praktikums möchte man anspruchsvolle Aufgaben haben, macht also „echte“ Arbeit. Für die Ausbildung der Praktikanten ist dies wichtig und richtig; man kann aber nicht übersehen, dass es die Preise drückt und die Vergabe von Aufträgen an Freiberufler einschränkt (vgl. auch Nagel 2009: 43-44).
Gleichzeitig gibt es Untersuchungen, die ein optimistischeres Bild vermitteln:
Die Untertitelung zählt zum Bereich der audiovisuellen Übersetzung, stellt einen eigenständigen Beruf dar und unterscheidet sich insofern von anderen Formen der Übersetzung, als sie einen starken Kontextbezug aufweist. Sie setzt beim Übersetzer eine ausgeprägte Fähigkeit voraus, die zentrale Botschaft zu vermitteln. Es gibt Anhaltspunkte dafür, dass ein Mangel an Untertitlern besteht. Europäische und internationale Vereinigungen mit einem besonderen Interesse an der Ausbildung von Sprachmittlern sollten versuchen, die jetzige Lage in der Union einzuschätzen und die Entwicklung und Bereitstellung neuer Ausbildungswege im Bereich der Untertitelung zu fördern, um mögliche Lücken im Bildungsangebot zu schließen. (EU: Offene Ausschreibung Referenz EA- CEA/2009/01 „Studie über den Einsatz von Untertiteln“ Das Potenzial von Untertiteln zur Förderung des Fremdsprachenlernens und zur Verbesserung der Fremdsprachenbeherrschung. 11)
Ein wenig anders ist die Lage bei den kompensatorischen Methoden der audiovisuellen Übersetzung, die Behinderten die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben ermöglichen sollen. Die Untertitelung für Hörgeschädigte und die Audiodeskription für Blinde sollten aber eigentlich einen noch viel größeren Platz in unserer Welt einnehmen. Das bedeutet hoffentlich auch mehr Arbeit in diesem Bereich, sobald entsprechende Direktiven umgesetzt werden.
Ebenfalls anders ist die Lage bei denjenigen Übersetzungen, die zwar Kenntnisse des audiovisuellen Übersetzens verlangen, jedoch nicht zum Filmübersetzen im klassischen Sinn gehören. Firmenvideos, Filme auf Firmenwebsites und Industrievideos werden immer häufiger hergestellt und übersetzt und bieten dem audiovisuellen Übersetzer neue Tätigkeitsfelder.
In jedem Fall lohnt sich der Arbeitsaufwand, der mit dem Erlernen der audiovisuellen Übersetzungstechniken verbunden ist. Man lernt dabei vieles, was auch bei anderen Übersetzungen, z. B. bei der Softwarelokalisierung, nützlich ist. Und die Arbeit mit Filmen macht den meisten Übersetzern und Dolmetschern einfach Freude. Auch der Bewunderungs- und Neidfaktor, den eine Tätigkeit als audiovisueller Übersetzer mit sich bringt, sollte als Motivation nicht unterschätzt werden. Man wird völlig anders von der Umwelt wahrgenommen als ein Übersetzer, der „normale“ Texte übersetzt, ganz gleich, wie anspruchsvoll diese sein mögen.
Die Tätigkeit des audiovisuellen Übersetzers ist in jedem Fall stark von engen Deadlines geprägt, die das Übersetzen erschweren:
Stringent deadlines in combination with decoding problems often present screen translators with difficulties and lead to misunderstandings, errors and inaccuracies. They repre- sent considerable decoding constraints and are bound to have a negative impact on the quality of the translation. And when the audience has access to the Source Language dia- logue, a high degree of translation accuracy is required. (Tveit 2009: 92)
Nicht jeder Übersetzungs- oder Kommunikationswissenschaftler ist an einer praktischen Tätigkeit in der audiovisuellen Übersetzung interessiert. Die Forschungsarbeiten zur audiovisuellen Übersetzung haben sich im letzten Jahrzehnt vervielfacht. Vor allem haben sie sich in den übersetzungswissenschaftlichen Raum hinein bewegt, während frühere Arbeiten vorzugsweise in den Kommunikationsund Medienwissenschaften entstanden. Es finden in kurzen Abständen Fachkongresse ausschließlich zur audiovisuellen Übersetzung statt, so dass sich Gelegenheiten zum wissenschaftlichen Austausch bieten. In den letzten Jahren entstanden auch Forschungsgruppen auf europäischer Ebene. Allein 2008 und 2009 erschienen zwei umfassende Überblicksbände zur audiovisuellen Übersetzung (auf Englisch) sowie eine Reihe von Kongressbänden. Dazu kommt, dass zunehmend auch auf nicht so speziell orientierten Kongressen Beiträge zur audiovisuellen Übersetzung geboten werden.
Wer im Unterricht audiovisuelle Übersetzungsverfahren einüben oder analysieren möchte, hat eine große Menge an Material zur Verfügung. Viele der audiovisuellen Übersetzungsverfahren kann man ohne großen technischen Aufwand imitieren. Man bekommt dann zwar kein perfektes, professionelles Ergebnis, aber man erkennt sehr schnell, wo die speziellen Probleme liegen. Wenn man keine hundertprozentige und professionelle Vertrautheit mit diesen Verfahren erreichen will, ist ein solcher Erkenntnisgewinn oft schon das Ziel.
Die geringsten technischen Voraussetzungen benötigt das Filmdolmetschen. Hier genügen der Film und der Dolmetscher. Auch Audiodeskriptionen für Blinde kann man live einsprechen. Bei Theateraufführungen wird das ohnehin gemacht, es ist also keine Verfälschung der Tätigkeit. Für die anderen Verfahren gibt es einerseits professionelle Software, andererseits kann man Einführungskurse zum audiovisuellen Übersetzen problemlos mit Freeware durchführen.
Literatur zur Didaktik der audiovisuellen Übersetzung liegt vor mit Brondeel (1994), Diaz Cintas (2008) und Diaz Cintas / Remael (2007) speziell zur Untertitelung.
Zunächst benötigt man Filme als Material für die Analyse der verschiedenen Verfahren. Beim Einsatz kommerzieller Filme muss man allerdings auf die herrschenden Rechtsvorschriften achten. Beim Kauf von DVDs als Anschauungsmate- rial sollte man immer die Ausgabe wählen, die die größte Auswahl an Untertite- lungs- und Synchronspuren bietet. Ein großes Problem stellen deutsche DVDs von schwedischen Filmen dar, da man dort die Originalfassung nur mit deutschen Untertiteln aufrufen kann.
Filme, mit denen man praktisch arbeiten möchte, müssen rechtsfrei oder für die Bearbeitung genehmigt sein. Eine Zusammenarbeit mit Studierenden aus Fächern wie Film- oder Medienwissenschaft, die selbst semi-professionelle Filme drehen, ist besonders praktisch, da man in diesem Fall auch Zugang zu Drehbüchern etc. bekommt, den Regisseur bei unklaren Stellen befragen kann und weil die Übersetzung vielleicht einmal im Rahmen einer Studenten-Filmwoche läuft und so tatsächlich ein Publikum findet.
Falls so eine Zusammenarbeit aber nicht möglich ist, bleibt das Internet als Quelle für rechtsfreie Filme. Die beste Quelle für freie Downloads ist . Man muss auch dort unbedingt auf die Anmerkungen zu den einzelnen Filmen achten; die Rechtslage ist in jedem Land unterschiedlich und bezieht sich gewöhnlich auf die Rechtslage in den USA. bietet Filme jedweden Genres und jeder Länge, auch Werbefilme, Dokumentarfilme und Filme in anderen Sprachen als Englisch. Da die Filme zumindest in den USA alle rechtsfrei sind, sind sie fast alle alt. Gerade bei Dokumentarfilmen stimmen viele Sachinformationen nicht mehr. Das kann man natürlich auch als Grundlage für eine Umarbeitung nehmen.
Die Online-Zeitschrift Netzwelt () bietet immer wieder legale kostenlose Downloads von künstlerisch anspruchsvollen Trickfilmen an. Diese meist textfreien, kurzen bis sehr kurzen Filme eignen sich gut für viele Einstiegsarbeiten.
YouTube ist nicht als Quelle für Film-Downloads gedacht. Wenn es allerdings der Schöpfer selbst ist, der einen Film bei YouTube eingestellt hat, kann man ihn kontaktieren und um eine Kopie bitten. Es gibt mit YouTubeEdu eine weitere Ausnahme: Manche Universitäten bieten Vorlesungen und Gastvorträge zum Download an. Aber auch in diesem Fall sollte man vor einer Weiterbearbeitung eine höfliche Anfrage stellen.
Was den Text betrifft, kann man bei allen Verfahren der audiovisuellen Übersetzung direkt von der Tonspur des Filmmaterials ausgehen. Oft arbeitet man im Unterricht nur mit kurzen Ausschnitten, so dass der hörbare Ton ausreicht. Da dieser aber nicht immer von bester Qualität ist, und da manche Menschen undeutlich sprechen, kann es hier zu Missverständnissen kommen.
Wenn man Textbücher, Drehbücher oder Dialoglisten der Filme zur Verfügung hat, soll man sie nutzen. Man kann so längere und kompliziertere Texte bearbeiten. Man unterscheidet hier Präproduktionsskript und Postproduktionsskript. Das Postproduktionsskript sollte den Textzustand des fertigen Films wiedergeben und kann so ohne dauernde Kontrolle des Films als Basis für eine Untertitelung oder eine Synchronfassung genutzt werden. Postproduktionsskripte bekannter Filme kann man kaufen. Verschiedene Verlage wie Faber & Faber in Großbritannien oder Suhrkamp in Deutschland bieten Texte aktueller oder klassischer Filme
Präproduktionsskripte stellen einen Arbeitsschritt dar, den der Film schon hinter sich gelassen hat. Sie sind eher eine Art Entwurf, bevor der Film gedreht und nachbearbeitet wird und sind im Allgemeinen fehlerhaft. Entweder enthalten sie Szenen, die später gestrichen wurden, die Szenenreihenfolge stimmt nicht oder manche Szenen fehlen ganz. Manchmal sind noch Figuren enthalten, die im fertigen Film nicht mehr vorkommen. Entsprechend sind Präproduktionsskripte für Übersetzer zwar interessant, aber wenig hilfreich. Dazu kommt, dass man eher zufällig über Produktionsfirmen an sie gelangt.
Auch audiovisuelles Übersetzen ist Übersetzen. Das klingt ungemein banal. Doch die Konzentration auf das fesselnde Medium Film mit all seinen Eigenheiten und der Umgang mit interessantem technischem Equipment führen oft dazu, dass man nicht mehr so sehr ans übersetzerische Handwerk denkt.
Alles, was man jemals im Übersetzungsunterricht gelernt hat, kann man bei der audiovisuellen Übersetzung anwenden. Das betrifft den größeren Rahmen aus Zielgruppe, Skopos, Textsorten und Äquivalenzfragen ebenso wie Detailfragen zu Soziolekten / Dialekten, Stil überhaupt, Satzbau etc. Auf übersetzungswissenschaftliche Grundbegriffe wird in diesem Buch nicht eingegangen. Auch eine Kurzeinführung ist in diesem Rahmen nicht zu leisten.
Die klassischen übersetzerischen Hilfsmittel benötigt man bei der audiovisuellen Übersetzung ebenfalls. Selbstverständlich sind Wörterbücher wichtig, und zwar jede Art von Wörterbuch (auch in gedruckter Form). Bildwörterbücher (einsprachig und mehrsprachig) sind bei der Arbeit mit Filmen ebenfalls nützlich. Das gilt auch für Fachwörterbücher und Glossare. Oft merkt man erst beim Übersetzen, dass viele Unterhaltungsfilme einen hohen Fachwortanteil haben (nicht nur Krankenhausserien). Terminologiedatenbanken sind für geübte Übersetzer, die im Team an einer audiovisuellen Übersetzung arbeiten, eine echte Hilfe, besonders bei Dokumentarfilmen. Dazu kommen Thesauri der Zielsprache und Lexika.
Für die Untertitelung benötigt man ein Untertitelungsprogramm. Hier steht man vor der Wahl, ob man ein Freeware-Programm oder ein professionelles Programm einsetzen möchte.
Die gängigsten Freeware-Programme sind Subtitle Workshop und Media Subtitler. In Universitäten wird meist Subtitle Workshop eingesetzt. Die Ergebnisse, die mit diesen Programmen erzielt werden, sehen professionell aus. Der Leistungsumfang ist weit geringer als bei professioneller Software, aber man kann alle Arbeitsschritte üben, die mit der Übersetzung selbst, den Standzeiten und der Textgestaltung zu tun haben. Die Software kann aus dem Netz heruntergeladen werden. Es gibt aber sehr unterschiedliche Vorlieben für einzelne Softwareprodukte, auch für solche, die nicht mehr besonders aktuell sind. Sie können sich folgende Produkte anschauen:
Als Beispiel für eine Freeware soll hier Subtitle Workshop dienen. Auf dem Screenshot zu Subtitle Workshop sieht man im schwarzen Fenster oben den Film und kann im Fenster unten die Untertitel eingeben. Die blauen Punkte unter dem Filmbild stellen Bedienelemente dar, ähnlich wie bei einem klassischen Kasset- tenrekorder. Man kann damit den Film starten und anhalten und man kann damit Untertitel einfügen.
Diese Software ist nicht schwer zu bedienen, hat aber manchmal Probleme mit Codecs (De- und Enkodierungsprogrammen für bestimmte Filmformate).
Professionelle Untertitelungssoftware wird oft als Demoversion im Internet angeboten. Allerdings empfiehlt es sich weniger, sich in eine solche Software einzuarbeiten und dann darauf zu vertrauen, dass man immer und unbegrenzt Demoversionen herunterladen kann. Firmen können ihre Politik schnell ändern. Wenn eine Ausbildungsstätte in eine Klassenraumversion einer professionellen Software investieren kann, sollte sie das auch tun. Ein großer Vorteil liegt in der meist guten Kundenbetreuung bei Problemen und in der hohen Benutzerfreundlichkeit. Die vollständige Software ist allerdings meist teuer. Sie können sich folgende gängige Produkte anschauen:
Ein Screenshot von EZTitles wird hier als Beispiel für eine professionelle Untertitelungssoftware gezeigt. Man sieht, dass der Untertitler unten sowohl die Bild- als auch die Tonspur verfolgen kann; auf der rechten Seite können die einzelnen Untertitel aufgerufen werden. Man schreibt hier die Untertitel direkt ins Bild.
Abbildung 1: Oberfläche der Freeware Subtitle Workshop. © Urusoft.
Abbildung 2: Oberfläche der Untertitelungssoftware EZTitles. © ELF Software.
Wer mit einem Textverarbeitungsprogramm umgehen kann, kann sich problemlos in Untertitelungssoftware einarbeiten. Allerdings gilt auch hier (und auch für Dozenten), dass man üben muss, bevor man routiniert mit dem Programm und allen möglichen Widrigkeiten arbeiten kann. Dozenten, die mit Computern und Software eher auf dem Kriegsfuß stehen, können die damit zusammenhängenden Fragen an technikaffine Studenten delegieren. Die Technik ist Mittel zum Zweck; es macht allerdings Spaß, mit diesen Programmen zu spielen.
Für die Aufnahme von Voice-over und Audiodeskription benötigt man eine Software, die eine zusätzliche Tonspur aufzeichnen kann, eine so genannte Kommentarspur. Diese Möglichkeit bietet z. B. der Windows Movie Maker, der im Lieferumfang von Windows enthalten ist. Auch ältere Dozenten haben in ihrer Jugend Mixtapes mit dem Kassettenrekorder erstellt und sollten sich vom Erstellen einer Kommentarspur nicht abschrecken lassen – so stark unterscheidet sich die Technik nicht. Wer lieber eine Freeware nutzen möchte, kann auf das leistungsstärkere Virtual Dub zugreifen. Der Movie Maker ist allerdings deutlich einfacher zu bedienen.
Die Filmsynchronisation kann mit den normalerweise verfügbaren technischen Mitteln nur sehr unvollkommen imitiert werden. Hier fehlen Sprechprofis (auch wenn man immer wieder Studierende mit guten Sprechstimmen findet) und Tontechniker, die den richtigen Raumklang erzeugen. Außerdem ist es bei Filmen, die man aus dem Internet bezieht, normalerweise nicht möglich, Dialogtonspur und Atmo zu trennen (siehe Unterkapitel Filmgestaltung). Das heißt, entweder man behält die Tonspur, um die Atmo nicht zu verlieren. Dann bleibt aber auch ein Restton der Dialogtonspur erhalten, so dass nicht die Illusion erzeugt wird, der Schauspieler spreche wirklich Deutsch. Oder man erzeugt eine vollständig neue Tonspur. Dann fehlt die Atmo und man muss sich mit selbst gemachten Geräuschen behelfen. Das kann sehr lustig sein, eignet sich aber gerade deswegen für viele Genres nicht.
Viele Übersetzer haben sich noch nie mit Fragen der Filmgestaltung und Filmanalyse befasst. Einige grundsätzliche Begriffe sind aber wichtig, wenn man sich über Filme verständigen möchte.
Die visuelle Seite des Films ist nicht nur als Hilfe für den Übersetzer eine wichtige Komponente bei der audiovisuellen Übersetzung. Die Übersetzung darf nie den Film stören; bei Untertiteln kann das schnell passieren, wenn man sich nie mit Filmgestaltung beschäftigt hat. Man sollte daher zumindest die gängigsten Kameraeinstellungen kennen. Erstens kann man nur so mit den anderen Teammitgliedern oder Forschern präzise über Filme und über manche Probleme der audiovisuellen Übersetzung sprechen. Und zweitens wird der Blick auf den Film geschärft, was einer professionellen Übersetzung ebenfalls gut tut.
1.6.1.1 Einstellungsgröße
Die Einstellungsgröße definiert, was man im Bildausschnitt sieht. Ist die Kamera nah dran am Geschehen oder ist sie eher weit entfernt? Sehen wir kleine Menschen in einer weiten Landschaft oder ein bildschirmfüllendes Gesicht? Unterschiedliche Kameraeinstellungen machen unterschiedliche Vorgehensweisen bei den Verfahren der audiovisuellen Übersetzung notwendig. Als Beispiel sei nur die Nahaufnahme eines Gesichts genannt. Hier sieht der Zuschauer jede Lippenbewegung in vielfacher Vergrößerung. Die Synchronisation muss also sehr genau sein. Aber auch für die Untertitelung birgt die Nahaufnahme Tücken: Die Untertitel sollen möglichst wenig von einem ausdruckstragenden Gesicht verdecken, schon gar nicht die Mundpartie, und Übertitel gehören nicht auf die Augen.
Im Allgemeinen werden im deutschsprachigen Raum heute acht Einstellungsgrößen genutzt und so auch im Drehbuch markiert. Ein Großteil der Literatur zur audiovisuellen Übersetzung ist jedoch englischsprachig und die englischen Begriffe werden auch gern im Deutschen genutzt. Daher sollte man sie zumindest passiv kennen, auch wenn man mit anderen Sprachen arbeitet. Die Verwendung von deutschen und englischen Begriffen parallel kann problematisch sein, denn je nach Quelle werden die einzelnen Einstellungen unterschiedlich gegeneinander abgegrenzt: