Intertextualität in literarischen Übersetzungen Als Text-Text-Bezug und als Systemreferenz (gattungspoetische Codes, Epochencodes, Stilkonventionen) Abgewandelte Zitate. Grenzen des Übersetzbaren außerhalb der Literatur Einer für alle, alle für Einem. Anlässlich der Maifeiern der Sozialdemokratischen Partei 1995 wurde von den Demonstranten ein Spruchband mit diesem Indirektzitat zu Dumas’ Drei Musketieren mitgeführt. Sein Bezug zum Namen des österreichischen Innenministers Kaspar von Einem wird nur einem Kenner der Österreichischen Politik bewusst. Der Leitspruch der drei Musketiere in A. Dumas’ gleichnamigem Roman wurde zuvor in der Wahlwerbung der Freiheitlichen verwendet, ungefähr im Sinne Haider setzt sich in Wien für alle Kärtner, alle Kärtner sollen deshalb Haider wählen. Fišer, 170 John Keats: 40. Ode to a Nightingale. Oh for a beaker full of the warm South, Full of the true, the blushful Hippocrene, With beaded bubbles winking at the brim, The first proalcohol message in the history für einen Becher voll von den warmen Süden … ein rötlicher heiliger Quell perlend an dem Rand Fišer, bzw. Kussmaul, 2000, 135 Der erfreut des Menschen Herz, so heißt es in der Bibel. Vermutlich hat der Psalmist nicht an seine Arterien gedacht, aber heute, nach 2500 Jahren beschäftigen sich Mediziner mit dem seit jeher beliebten Getränk. In der Geschichte der Gesundheitspolitik der U. S. A. wurde zum ersten Mal etwas Positives über den Wein gesagt. Intertextuelle Phänomene. Gliederung Markiert / nicht markiert Modifiziert / nicht modifiziert betreffen den Gesamttext / nur eine Passage Teil des kommunikativen Gehalts / marginal stimmen dem Prätext zu / gegen den Prätext gerichtet Voraussetzungen für Berücksichtigung der Reminiszenzen Wie tragen sie zur Sinnbildung bei? Inwieweit sind die Rezipienten mit der Ausgangskultur vertraut? werden Sie die Anklänge an die Werke und Kontexte der Ausgangskultur nachvollziehen können? Ist das Werk des Autors in der Zielsprache so repräsentativ vertreten, um die Selbstreferenz des Autors auf schon vorhandene Übersetzungen stützten zu können? Sind die Referenzen noch heute aktuell? Ist der intertextuelle Bezug für die ästhetische Struktur des Textes ausschlaggebend? Aufnahme durch Leser und Übersetzer •Im Ausgangstext wird eine Textreferenz verwendet, um Zensurbestimmungen zu unterlaufen (chiffrierende Intertextualität) •Auseinandersetzung mit einem anderen Autor der Ausgangsliteratur •Bezug auf eigene Texte des Autors (das Gesamtwerk ist als intertextuell vernetzter Makrotext zu verstehen) Herausforderungen an Übersetzer •Intertextuelle Bezüge im Ausgangstext identifizieren Entscheiden, ob und wie sie in die Zielliteratur übertragbar sind (Who's Afraid of Virginia Woolf? ein Stück von Edward Albee, Broadway, Billy Rose Theater, 1962.). Kennt der tschechische Theaterbesucher Virginia Woolf, die damalige Ikone der amerikanischen Intellektuellen? •Anspielung auf das Lied"Who's Afraid of the Big Bad Wolf?", das im Walt Disneys Film The Three Little Pigs vorkommt •2009: das Ostrauer Theater Aréna spielt das Stück von Albee unter dem Titel Kdo se bojí Virginie Woolfové, während das Stück kurz nach seiner New Yorker Uraufführung in Prag (Divadlo Stanislava Kostky Neumanna, 1963) unter dem Titel Kdopak by se Kafky bál? gespielt wurde. Der neue Titel ging auf Jan Werichs Einwand zurück: Who's Afraid of Virginia Woolf? ein Stück von Edward Albee, Broadway, Billy Rose Theater, 1962 Jan Werich: “Tu Woolfovou tady nikdo nezná, Kafku jo.” Luba Pellarová, Rudolf Pellar veröffentlichten den Text zweimal: Kdo se bojí Virginie Woolfové? in: Hry, Praha, Orbis 1964; Kdopak by se Kafky bál? Praha, Dilia 1964. Herausforderungen an Übersetzer •Ist die Anspielung, Zitat dem tschechischen Lese- bzw. Theaterpublikum (kulturell) zumutbar? •Wird das zielsprachige Publikum imstande sein die Deutungsangebote umzusetzen? •Überlagerung von Referenzen Intertextualität und Übersetzung bei Cees Nooteboom am Beispiel von Paradijs verloren (2004), Paradies verloren (2005), Perdu le paradis (2006) und Lost paradise (2007) Marieke FRENKEL-KLOOSTERMAN: Das Geschriebene umgruppieren. Intertextueller Dialog als poetisches Verfahren in drei Romanen von Cees Nooteboom und deren Übersetzungen ins Deutsche, Englische und Französische Zwei junge Brasilianierinnen suchen im Australien der Aborigines nach dem Garten Eden. In Perth erleben sie ein kurioses Engel-Festival, das Miltons Paradise lost feiern soll. Die Teilnehmer dieses Happenings begegnen Statisten, die Engel spielen und Phantasie beflügeln sollen. Erik Zondag, ein alter niederländischer Literaturkritiker, ist in eine von ihnen verliebt, und die australische Begegnungen zwischen Alma und Erik Zondag widerholt sich nach Jahren in Österreich, ohne die Intensität von damals zu haben. Es gibt kein Paradies auf Erden. NOOTEBOOM, Cees, 2005 : Paradies verloren, Roman, aus dem Niederländischen von Helga van Beuningen, Frankfurt am Main, Suhrkamp. Ein bildungshuberisches Buch? Cees Nooteboom: Ráj ztracený. Praha: Paseka, 2008 překladatelka Magda de Bruin-Hüblová, 100 Vpředu byl citít z Rilka. Engel (sagt man) wússten oft nicht, ob sie unter Lebenden gehn oder Toten. Následujícíc citát byl ze Ztraceného ráje a začínal takto: In either hand the hast´ning Angel caught / Our ling´ring Parents … Eine Musterarbeit •Ivana Vízdalová •Intertextualität und Übersetzung. Über einen Aspekt der übersetzerischen Interpretation eines literarischen Textes am Beispiel des Romans Die letzte Welt (tsch. Poslední svět) von Christoph Ransmayr.. () /149-162/ In: Germanoslavica – Zeitschrift für germano-slawische Studien IV (1997), No. 1 Eine Musterarbeit •Univ.-Prof. Dr. Brigitte Schultze •In Zusammenarbeit mit Fritz Paul: •Zitat, Allusion und andere redegestützte und nichtverbale Referenzen in Dramenübersetzungen. Dargestellt an polnisch-deutschen und polnisch-englischen Übersetzungsfällen des 20. Jahrhunderts. — In: Literatur und Theater. Konventionen und Traditionen als Problem der Dramenübersetzung. Herausgegeben von Brigitte Schultze, Erika Fischer-Lichte, Fritz Paul und Horst Turk. Tübingen 1990. Gunter Narr Verlag. (Forum Modernes Theater. Schriftenreihe. 4.) S. 161-210. Text-Text-Bezüge •Zitat, Halbzitat, Kryptozitat (or not to be) •Quasizitat (syntaktische Struktur, rhythmische, klangliche Merkmale) •Zitatparaphrasen (eine sinngemäße Wiedergabe) •Allusion (prägnantes Wortmaterial/marker, ein dem Prätext ähnlicher Kontext) •Reminiszenz (die Frage, ob es eine intentionale Referenz sei, muss dahingestellt bleiben) Bachmann als Quasizitat (Bachmann, aus:Die gestundete Zeit, 1952) •Fall ab, Herz vom Baum der Zeit, •fallt, ihr Blätter, aus den erkalteten Ästen, die einst die Sonne umarmt', •fallt, wie Tränen fallen aus dem geweiteten Aug! Fliegt noch die Locke taglang im Wind um des Landgotts gebräunte Stirn, unter dem Hemd preßt die Faust schon die klaffende Wunde. http://www.gedichte.vu/ Bachmann Drum sei hart, wenn der zarte Rücken der Wolken sich dir einmal noch beugt, nimm es für nichts, wenn der Hymettos die Waben noch einmal dir füllt. Denn wenig gilt dem Landmann ein Halm in der Dürre, wenig ein Sommer vor unserem großen Geschlecht. Und was bezeugt schon dein Herz? Zwischen gestern und morgen schwingt es, lautlos und fremd, und was es schlägt, ist schon sein Fall aus der Zeit. Friedrich Hölderlin: Die Wanderung (aus Hymnen, 1801) Glückselig Suevien, meine Mutter, •Auch du, der glänzenderen, der Schwester •Lombarda drüben gleich, •Von hundert Bächen durchflossen! •Und Bäume genug, weißblühend und rötlich •Und dunklere, wild, tiefgrünenden Laubs voll, •Und Alpengebirg der Schweiz auch überschattet •Benachbartes dich; denn nah dem Herde des Hauses •Wohnst du, und hörst, wie drinnen •Aus silbernen Opferschalen •Der Quell rauscht, ausgeschüttet •Von reinen Händen, … Hölderlin … am vielgepriesnen Hymettos, Die blühten zuletzt; doch von Parnassos Quell bis zu des Tmolos Goldglänzenden Bächen erklang Ein ewiges Lied Hölderlin: Die Kürze Wie mein Glück, ist mein Lied. - Willst du im Abendrot Froh dich baden? hinweg ists! und die Erd ist kalt, Und der Vogel der Nacht schwirrt Unbequem vor das Auge dir. Xxx Xx / x Xxx Xxx Xx Xx / x Xx Xx Xxx Xxx Xx / x X Xxx Xx Xxx Der Tonfall: freie, eigengesetzliche Rhythmen, die z. B. an die Odenmaße erinnern, nie aber aber dren Regelmäßigkeit aufweisen. Fliegt noch die Locke taglang im Wind um des Landgotts gebräunte Stirn, unter dem Hemd preßt die Faust schon die klaffende Wunde. Xxx Xx Xxx X Xx Xxx Xx X Xxx X Xx X Xx Xxx Xx Der Tonfall Anapäst ___ ___ _/_ (steigend, wie in: "Wie mein Glück, ist mein Lied" (Hölderlin: Die Kürze, 2. Strophe) die harte Form der zäsurreichen asklepia-deischen Strophe, hypotaktische Syntax, gehobene Sprachgebung, »Wechsel der Töne« Zitatparaphrase Bachmanns lautlos und fremd erinnert an Hölderlins Sprachlos und kalt, [im Winde Klirren die Fahnen.] Allusion und Reminiszenz Thomas Mann bezeichnete in einem Brief an Theodor W. Adorno vom 30. Dezember 1945 seine Schreibweise als eine "Art von höherem Abschreiben". Die Verarbeitung des Sinnangebots der zitierten, fremden Texte entzieht den einen Sinnkern [in der Novelle Der Tod in Venedig], da in ihm immer andere darunter liegende Textfolien erkennbar werden. Die Offenheit des Textgewebes bedingt gleichzeitig eine grundlegende Instabilität der Lektüre. (Axel Schmidt über Hans Rudolf Vaget, 2004) Der Tod in Venedig sein Gedächtnis warf uralte, seiner Jugend überlieferte und bis dahin niemals von eigenem Feuer belebte Gedanken auf. Amor fürwahr tat es den Mathematikern gleich, die unfähigen Kindern greifbare Bilder der reinen Formen vorzeigen: So auch bediente der Gott sich, um uns das Geistige sichtbar zu machen, gern der Gestalt und Farbe menschlicher Jugend, die er zum Werkzeug der Erinnerung mit allem Abglanz der Schönheit schmückte und bei deren Anblick wir dann wohl in Schmerz und Hoffnung entbrannten. Vgl. Plutarch : „Über die Liebe“ (Amatorius) Für Eingeweihte wohl eine Anspielung auf ein anderes Zitat aus demselben Werk: The noble lover of beauty engages in love wherever he sees excellence and splendid natural endowment without regard for any difference in physiological detail." Der Tod in Venedig, inspiriert von Plutarch And as geometricians, in the case of boys who cannot yet be initiated into the perception of incorporeal and impassive substance, convey their ideas through the medium of spheres, cubes, and dodecahedrons, so celestial Love has contrived beautiful mirrors of beautiful things, and exhibits them to us glittering in the shapes colours and appearances of youths in all their flower, and calmly stirs the memory which is inflamed first by these. Consequently some, through the stupidity of their friends and intimates, who have endeavoured by force and against reason to extinguish the flame, have got no advantage from it, but filled themselves with smoke and confusion, or have rushed into secret and lawless pleasures and ingloriously wasted their prime. dvanáctistěn (dodekaedr) Finnegans Wake (Plačky nad Finneganem) als Grenzfall des Übersetzbaren Joyce prägt eine eigene Sprache, indem er englische Wörter neu zusammenfügt, umbaut, trennt, oder auch mit Wörtern aus Dutzenden anderen Sprachen mischt. Roland McHugh: Annotations to Finnegans Wake. Baltimore: Johns Hopkins University Press 1980. Anna Livia Plurabella (1932 česky od Adolfa Hoffmeistera, Vladimíra Procházky a Marie Weatherallové, nachgedruckt in Verlag Dauphin, 1996) . Wortschatz aus 40 verschiedenen Sprachen, Grundsprache Englisch Hans Wollschläger, Wolfgang Hildesheimer (Kapitel Anna Livia Plurabelle, erschienen unter diesem Titel bei Suhrkamp, Frankfurt), Dieter H. Stündels Finnegans Wehg. Kainnäh ÜbelSätzZung des Wehrkess fun Schämes Scheuss (erschienen bei Jürgen Häusser, Siegen 1993, und Zweitausendeins, Frankfurt a.M. 1993). James Joyce: Finnegans Wake, 1939 Arno Schmidts Essay Der Trition mit dem Sonnenschirm Lesbarmachung, nicht Übersetzung, nicht Übertragung In den Augen Arno Schmidts sah Finnegans Wake aus wie eine "Zerrgestalt", die das nötig hatte, was Schmidt eine "Entzerrung ins Deutsche” nennt. Friedhelm Rathjen, entwickelte eine Methode, den ‚verzerrten‘ Urtext ohne Rücksicht auf mögliche interpretatorische Festlegungen möglichst ‚unverfälscht‘ zu übertragen. Rathjen versucht mithin, eine „Transzerrung“ ins Deutsche. Arno Schmidt und als es dann After-dem war, stürzte er ein letztes Endchen hinter, schnuck´lig* gestopft, im Nachgang zu kaltgewordener Kalbslende, und mehr Kohl, und, in ihrem jungen unschuldigen Zustand, gewissermaßen unterröckig, einen Sternhaufen Erbsen als Letztes ... *durch seine Kleinheit Gefallen erregend, Entzücken hervorrufend; reizend; hübsch Pantocracy pantisocracy: a utopian community where all are equal and all rule. “Hosen=Verrückt”, Schmidts Endfassung “Hosen=Wildheit”. Joyce’s neologism “cropse” (FW 55.08), a blending of “crop” and “corpse.” Kartoffel(n) Kadaver Körner vs. Körper : “Körnper” Kombination von Text-Text-Bezügen •Textreferenzen aus mehreren Prätexten, indem ein kanonischer Text mehrere Prätexte in sich aufgenommen hat. •Finnigans Wake von James Joyce (1939) •Sprachspiele mit Generierung neuen Sinns durch Umstellung oder Austausch eines einzigen Buchstabens •Aktive Fortführung / polemische Distanzierung Übersetzerische Verfahren •Auslassung •Direktübernahme (fremdsprachig Einlagerung) •Direktübersetzung (ein Hamlet-Zitat im dt. Text) •Adaption •Substituierung (Keats / Psalm über Wein) •Paraphrasierung •Auflösung (sowohl die Struktur als auch da Sinnangebot getilgt) •Zielseitige Zitatschaffung (Allusionen, die im Ausgangstext fehlen) •Referenzselektion (bei Überlagerung mehrerer Textxreferenzen: Bibel, Shakespeare, Gegenwarts-literatur) Übersetzerische Lösungen •Stanislav Ignacy Witkiewicz: Kurka wodna (1921) – nevermore – hier immer wider, Ksiezna Alicja of Nevermore •Slawomir Mrozek: Tango (1964): Slowa, slowa, slowa, sagt der Vater des Phrasendreschers Arthur Übersetzerische Lösungen Witold Gombrowicz: Ślub / Die Trauung •Intertext. Bezüge zu Hamlet und Faust •I, 5. V. 170 •How strange or odd soe´er I bear myself •Wie fremd und seltsam ich mich nehmen mag •ať už se chovám sebepodivněji Gombrowicz - Shakespeare Shakespeare: shall think meet / To put an antic disposition on dienlich scheint / Ein wunderliches Wesen anzulegen uznám za vhodné/ chovat se trochu bláznivě I divně Während sich Shakespeares Hamlet absichtlich verstellt, erfolgt das künstliche Reden spontan, unfreiwillig. Polonius und Hamlet •Hamlet. Laßt sie nicht in der Sonne gehen. Gaben sind ein Segen: aber da eure Tochter empfangen könnte – seht euch vor, Freund. Polonius. Wie meint ihr das? (Beiseite.) Immer auf meine Tochter angespielt. Und doch kannte er mich zuerst nicht; er sagte, ich wäre ein Fischhändler. Es ist weit mit ihm gekommen, sehr weit! Und wahrlich, in meiner Jugend brachte mich die Liebe auch in große Drangsale, fast so schlimm wie ihn. Ich will ihn wieder anreden. – Was leset ihr, mein Prinz? Hamlet. Worte, Worte, Worte. Polonius. Aber wovon handelt es? Hamlet. Wer handelt? Polonius. Ich meine, was in dem Buche steht, mein Prinz. Polonius und Hamlet Hamlet. Verleumdungen, Herr; denn der satirische Schuft da sagt, daß alte Männer graue Bärte haben; daß ihre Gesichter runzlicht sind; daß ihnen zäher Ambra und Harz aus den Augen trieft; daß sie einen überflüssigen Mangel an Witz und daneben sehr kraftlose Lenden haben. Ob ich nun gleich von allem diesem inniglich und festiglich überzeugt bin, so halte ich es doch nicht für billig, es so zu Papier zu bringen; denn ihr selbst, Herr, würdet so alt werden wie ich, wenn ihr wie ein Krebs rückwärts gehen könntet. Systemreferenz St. Balbus: Między stylami. Kraków 1976. Poetik eines Künstlers, einer Gruppierung, Strömung, Epoche Strukturelle Intertextualität Bei Mikrostrukturen drei Transfermodi: Direktübersetzung Substituierung (Once upon a time / Es war einmal) Referenzwechsel (auf einen anderen gattungspoetischen Code oder auf die individuelle Poetik eines anderen Autors). Voraussetzungen für Parodie bzw. Travestie die Existenz des parodierten Genres bzw. des parodierten Gestus in der Zielkultur Intertextuelle Bezüge im Literaturverzeichnis z. T. zugestanden. Aufstand der Kritik gegen eine ausufernde Intertextualität Michael Stavaric' Roman Magma, Dezember 2008 Hegemann, Helene: Axolotl roadkill. 2010. přel. Eva Dobrovolná, Praha, Euromedia-Odeon, 2011 Copy – paste-Methode des Schreibens Der Romanserstling der 17jährigen Helene Hegemann 2010 zum Preis der Leipziger Buchmesse nominiert. Blogger Airen ausgeraubt, Grass und Christa Wolf unterschrieben die „Leipziger Erklärung zum Schutz geistigen Eigentums“ - gegen Plagiate Stromšík o G. Grassovi, který dbá, aby překladatelé nepřekládali v rozporu s jeho autorským záměrem Zajímavý případ je Grass. To už dnes není jen velký autor, ale také velký podnik, instituce. Nakladatelství Steidl ke každé jeho nové knížce pořádá několikadenní semináře pro překladatele z celého světa. Na jejich otázky odpovídá buď přímo Grass, nebo odborníci za Grassovy účasti. Nevím, od koho ta iniciativa přišla, zda od nakladatelství, nebo od Grasse, ale skoro bych řekl, že od něj. On má vysloveně zájem o to, jak se zachází s jeho knihami v cizích jazycích – i když jistě v tomto ohledu není tak citlivý, nebo spíš přecitlivělý, jako Kundera. Plav, http://www.svetovka.cz/archiv/2008/10-2008-rozhovor.htm Christian Weiss: "Der Wikipedia-Mephisto" "Gibt man bei Wikipedia und der Deutschen Enzyklopädie die Begriffe "Titanic", "1855", /.../ ein, erscheinen wie durch böse Zauberhand Romanbruchstücke aus Stavaričs Werk. Manchmal im Wortlaut, manchmal ohne den lapsen Erzähstil des Autors." In: Die Zeit, 29.12.2008. über Michael Stavarič , Magma Martina Frolcová zähflüssige Aneinanderreihung „alter Seemanshantys, zerstrückelter Zitatfetzen“ aus Literatur, Bibel, Umgangssprache und Geschichte wirken. Weiss bezeichnet den Erzähler als einen „Geschichtendieb“, nicht als einen Geschichtenerzähler, wie ihn Bruno, sein Goldhamster, insgeheim im Roman nennt. Geschichtendieb nennt er ihn, weil Stavarič Vieles (als Beispiel erwähnt Weiss das Kapitel von Robert Flegel oder Báthory) aus der Deutschen Enzyklopädie oder gegooglet und ohne Quellenangabe übernommen habe und in den Mund des Erzählers gegeben haben soll. Helene Hegemann "Das sind diese Plagiatsvorwürfe - also wie das juristisch ist, weiß ich leider nicht so genau. Inhaltlich finde ich mein Verhalten und meine Arbeitsweise aber total legitim und mache mir keinen Vorwurf, was vielleicht daran liegt, dass ich aus einem Bereich komme, in dem man auch an das Schreiben von einem Roman eher regiemäßig drangeht, sich also überall bedient, wo man Inspiration findet. Helene Hegemann Originalität gibt’s sowieso nicht, nur Echtheit. Und mir ist es völlig egal, woher Leute die Elemente ihrer ganzen Versuchsanordnungen nehmen, die Hauptsache ist, wohin sie sie tragen. Von mir selber ist überhaupt nichts, ich selbst bin schon nicht von mir (dieser Satz ist übrigens von Sophie Rois geklaut) – ich habe eine Sprache antrainiert gekriegt als Kind und trainiere mir jetzt immer noch Sachen und Versatzstücke an, aber mit einer größeren Stilsicherheit. Helene Hegemann Das sind Formulierungen und Weltanschauungen und auch einfach bestimmte Floskeln, die mich prägen und weiterbringen in dem, was ich äußern und vermitteln will, und da beraube ich total schonungslos meine Freunde, Filmemacher, andere Autoren und auch mich selbst. [...] Es gibt da ziemlich viel, was mit meinen Gedanken korrespondiert und sich in mein Gehirn einschreibt, dadurch aber gleichzeitig auch etwas komplett anderes wird. Helene Hegemann Ich bin nur Untermieter in meinem eigenen Kopf. Airen, von dem ich insgesamt eine Seite, ohne sie groß verändern zu müssen, regelrecht abgeschrieben habe, ist ein großartiger Schriftsteller, dessen Blog im Internet einen Teil der alternativen Lebensweise, über die ich berichten wollte, auf den Punkt gebracht hat, und mit dem ich über das Buch auch ein Stück weit versuche, in Kommunikation zu treten. Siv Bublitz, Ullstein "Natürlich haben wir Helene Hegemann vor Drucklegung ihres Buches gefragt, ob sie Quellen oder Zitate verwendet hat. Sie verwies lediglich auf ein Zitat von David Foster Wallace, für das wir eine Abdruckgenehmigung eingeholt haben. Offenkundig hat sie die Tragweite dieser Frage unterschätzt und ist auf Quellen und Zitate aus dem Netz - wie etwa den Blog von Airen - nicht eingegangen. Bublitz Über die Verantwortung einer jungen, begabten Autorin, die mit der "sharing"-Kultur des Internets aufgewachsen ist, mag man streiten. Die Position des Ullstein Verlages ist eindeutig: Quellen müssen genannt und ihre Verwendung muß vom Urheber genehmigt werden. Wir haben uns bereits an den SuKuLTuR Verlag gewandt, um diese Genehmigung nachträglich zu erlangen. Sollte es weitere betroffene Rechteinhaber geben, werden wir auch sie kontaktieren und die Genehmigung zum Abdruck einholen." Josef Haslinger, DER STANDARD/Printausgabe, 27./28.02.2010) Die Erkenntnis, dass die Literaturgeschichte und das den Autor umgebende Sprachverhalten an seinem Text mitschreiben, ist jedoch keine Aufforderung, von nun an die Texte der Kollegen gezielt als Baumaterial für die eigenen Kathedralen zu verwenden. Julia Kristeva spricht nicht von "copy and paste", sondern von Absorption und Transformation fremder Texte in eigene. Der Einfluss durch andere Werke ist nicht nur zulässig und erwünscht, er ließe sich auch gar nicht verhindern. Er ist der Gewinn für unsere Teilnahme an einer gemeinsamen Kultur. Die Sprachen anderer Werke in einen neuen literarischen Remix zu bringen, ist eine genuin literarische Tätigkeit. Martina Frolcová Biblische Intertextualität in deutschen Romanen seit 1990: Verwendung, Funktion und Bedeutung Zum Schluss des Romans gibt Zimmermann eine alttestamentliche Stelle (Jes 11,6) wieder – zwar kursiv als Zitat markiert, jedoch mit einem Wortwechsel: 357Lewitscharoff: Pong, 32012, S. 84/85. 141 Die Wölfe werden bei den Lämmern liegen und die Pardel bei den Böcken wohnen, wuste im Moment allerdings nicht, bei wem liegen. Vielleicht sollte ich mit dem Bauch meiner Eule vorlieb nehmen und sie zu meiner einzig wahren Geliebten erklaren. 358 Vlk bude pobývat s beránkem, levhart s kůzletem odpočívat. Tele a lvíče i žírný dobytek budou spolu a malý hoch je bude vodit. Sprüche 27:22: Amon Oz, Judas.Roman Lutherbibel 1912 Wenn du den Narren im Mörser zerstießest mit dem Stämpel wie Grütze, so ließe doch seine Narrheit nicht von ihm. Bys blázna i v stupě mezi krupami zopíchal, neodejde od něj blíznovství jeho Vladimír Šrámek: I kdyby blázna paličkou v hmoždíři tloukl jak špaldu, pošetilosti z něho nevytlučeš.