322 4. Das ländliche Siedlungswesen im frühmittelalterlichen Mitteleuropa. Der Osten und der Westen: Ähnlichkeiten und Unterschiede In den vorangegangenen Kapiteln haben wir uns mit der Größe, den Formen und der inneren Struktur frühmittelalterlicher offener Siedlungen befasst. Große Aufmerksamkeit haben wir auch einigen wichtigen Komponenten, wie den Häusern, handwerklichen Produktionsobjekten, mit landwirtschaftlichen Tätigkeiten verbundenen Objekten und Brunnen, gewidmet. Im folgenden Abschnitt werden die wichtigsten Erkenntnisse zusammengefasst, wobei die Hauptmerkmale der Siedlungen aus den germanisch-deutschen Gebieten im Westen mit den vor allem durch Slawen besiedelten Gebieten im Osten verglichen werden. Die Aussagen stützen sich dabei überwiegend auf Ergebnisse, die mit archäologischen Untersuchungsmethoden gewonnen wurden. Man muss deshalb immer berücksichtigen, dass die archäologische Forschung mit nur mehr oder weniger fragmentarisch erhaltenen Spuren menschlicher Aktivitäten arbeitet und die resultierenden Schlüsse oftmals nur hypothetischen Charakter haben. Da aber die Archäologie über die breiteste Quellenbasis zu den Fragen des frühmittelalterlichen Siedlungswesens verfügt, ist es klar, dass den Resultaten archäologischer Forschung besondere Aufmerksamkeit geschenkt werden sollte, zumal auch die Ergebnisse anderer Fächer zu diesem Thema in enger Zusammenarbeit mit der Archäologie entstanden sind. Abgesehen von unterschiedlichen Prospektionsmethoden können nur archäologische Ausgrabungen den Quellbestand durch den Gewinn neuer Funde und Befunde erweitern, auch wenn diese im weiteren Fortgang der Untersuchungen dann von Forschern anderer Fächer bearbeitet und analysiert werden können bzw. müssen. Die äußere Erscheinung der frühmittelalterlichen Siedlungen wurde von unterschiedlichen historischkulturellen, wirtschaftlichen, sozialen und naturräumlichen Faktoren beeinflusst. Eine wichtige Rolle spielte dabei sicher auch die ethnische Herkunft der Bewohner und ihre Traditionen. Bei ethnisch verwandten Gruppen der Bevölkerung sind die genannten Faktoren nämlich oft gleich oder zumindest sehr ähnlich. Diese Voraussetzung ist der Grund, warum das gesamte betrachtete Gebiet in zwei ethnisch unterschiedliche Territorien geteilt werden kann. Wenn wir bei der ethnischen Teilung bleiben: Germanen im Westen und Slawen und nomadische Völker im Osten, dann sind wir fähig, alle grundlegenden Differenzen im Bau- und Siedlungswesen zwischen diesen beiden geographischen Gebieten zu unterscheiden und zu analysieren. Wenn wir aber in Gebiete mit einerseits ethnisch unterschiedlichen Bevölkerungsgruppen, andererseits aber mit gleicher materieller Sachkultur und vor allem Baukultur geraten, wie es z. B. im Karpatenbecken oftmals der Fall ist, dann muss die ethnische Deutung der Befunde im Hintergrund bleiben. Dies ergibt sich daraus, dass Ethnie und archäologische Kultur nicht völlig miteinander gleichzusetzen sind. Beispielsweise waren die auf dem Gebiet des awarischen Staates lebenden Völker verschiedenen Ursprungs, jeweils einem anderen Ethnikum angehörend, übernahmen aber dadurch, dass sie in einer gemeinsamen Machtsphäre, in einem gemeinsamen Produktions- und Verbraucherkreis lebten, die materielle Kultur der Awaren. Die Masse der awarenzeitlichen Kultur bedeutet also die archäologische Kultur der Völker des awarenzeitlichen Staates und nicht nur jene von einem Ethnos (Kiss 1979, 190, 191). Derartige Regionen müssen als Kulturkreise mit gleicher Baukultur betrachtet werden, in deren Einzelheiten vielleicht auch zahlreiche ethnisch geprägte Unterschiede gefunden werden können, die jedoch eine detaillierte Erforschung und eine ausreichend breite Materialbasis erfordern. Dieser Problematik haben sich bereits zahlreiche Autoren gewidmet, und um sie hier erneut zu eröffnen, würden wir ein neues Kapitel aufschlagen, ja eine neue Arbeit beginnen müssen. Es sei deshalb nur auf einige wichtige Arbeiten hingewiesen – so zu den ethnischen Verhältnissen zwischen Germanen und Slawen (Donat 1980; 2003; Haberstroh 1998; Herrmann 1985; Losert 1993b) und zu den ethnischen Deutungen der Siedlungen im Karpatenbecken (Bóna 1973; Kiss 1979; 1988; Pohl 1988; Szőke 2000; Takács 1998). Das wichtigste Bauelement in jeder Siedlung bildeten die zum Wohnen dienenden Objekte – die Häuser. Ihr Aussehen wurde während einer langen historischen Entwicklung geprägt und wurde dabei durch vielfaltige historisch-kulturelle, ökonomische, soziale, ethnische und naturräumlichen Faktoren beeinflusst. Wenn man die Wohnhäuser aus dem westlichen Mitteleuropa mit jenen aus dem östlichen Mitteleuropa vergleicht, stellen wir auf den ersten Blick beträchtliche Unterschiede fest. Die Häuser in beiden Gebieten unterscheiden sich voneinander in fast allen wichtigen Merkmalen, die für ein Haus charakteristisch sind: in der angewendeten Bautechnik, der Konstruktion, dem Grundriss und der Größe. Lediglich das verwendete Baumaterial, in beiden Fällen fast ausschließlich Holz und Lehm, darf als gemeinsames Element erwähnt werden. Der frühmittelalterliche Hausbau im germanischdeutschen Siedlungsgebiet knüpft an ältere Bautraditionen der römischen Kaiserzeit und der Völkerwanderungszeit an und zeichnet sich grundsätzlich durch das Festhalten an der ebenerdigen Pfostenbauweise aus. Das Bild des germanischen Hauses im Frühmittelalter ist sehr mannigfaltig. Im westlichen Mitteleuropa findet man zahlreiche regionale und chronologische Unterschiede. Die typische Hausform des niederländischnordwestdeutschen Raums stellt das Wohnstallhaus dar. 323 Für Mittel- und Süddeutschland sind uns aus archäologischen Ausgrabungen vor allem reine Wohnbauten bekannt. Mehrere Unterschiede im Aussehen der Häuser aus dem westlichen Mitteleuropa lassen sich auch in ihrer chronologischen Entwicklung verfolgen, so dass wir von einer merowingerzeitlichen und einer karolingerzeitlichen Bautradition sprechen können. Im östlichen Mitteleuropa lassen sich grundsätzlich zwei Gruppen von Wohnhaustypen unterscheiden. Im Verbreitungsgebiet der Prager Kultur dominieren quadratische Grubenhäuser. In weiter nördlich gelegenen Gebieten waren ebenerdige Blockhäuser die bestimmende Wohnhausform. Zwischen diesen beiden Hausformen liegt keine scharfe geographische Grenze und in mehreren Gebieten kommt es zu einer Vermischung beider Formen. Beträchtliche regionale oder chronologische Unterschiede in der Hausform werden bei beiden Haustypen nicht beobachtet. Nach den archäologischen Forschungen besaß das slawische Haus im Frühmittelalter ein hohes Maß an Stabilität und Kontinuität. Form, Größe und Konstruktion der slawischen Häuser erlebten in dieser Zeit keine wesentlichen Veränderungen. Im Allgemeinen unterscheidet sich das „typische germanische Haus“ von dem „typischen slawischen Haus“ fast in allen bautechnischen Merkmalen ganz beträchtlich. Auf die Einzelheiten bezüglich der Konstruktion der Häuser, die bereits in Kapitel 2.1 beschrieben worden sind, soll hier nicht nochmals eingegangen werden. Wir widmen uns an dieser Stelle vielmehr der Frage, wie sich das alltägliche Leben, die Wirtschaftsweise und die sozialen Verhältnisse der Bewohner auf das Aussehen ihrer Häuser auswirkten bzw. umgekehrt diese historischen Faktoren aus den archäologischen Befunden erschlossen werden können. Wie bereits P. Donat (1980, 147-149) andeutete, waren es nicht nur ethnische Traditionen, die die Form des Hauses prägten. Das Wohngebäude musste nämlich vor allem jene Anforderungen erfüllen, die die Bauern und ihr landwirtschaftlicher Betrieb an das Haus stellten. Anders lässt sich die langfristige Bevorzugung der einräumigen Grubenhäuser und einräumigen ebenerdigen Blockbauten bei den Slawen und der mehrteiligen langen Pfostenhäuser bei den germanischen Völkern nicht erklären (Donat 1980, 147-149). Eines der wichtigsten (sofort erkennbaren) Merkmale beim Betrachten der Wohnbauten ist ihre Größe. Die Bauten aus dem germanisch-deutschen Siedlungsgebiet weisen wesentlich größere Ausmaße auf als die Häuser des slawischen Raums. Die Unterschiede in der Größe der Bauten in beiden Regionen sind bereits am Anfang des Frühmittelalters (6. Jahrhundert) festzustellen und reichen weit über das Ende der uns interessierenden Zeitspanne am Ende des Frühmittelalters (10. Jahrhundert) hinaus. Beide Hausgruppen haben also ihre Wurzeln in der Art und Weise des Lebens, des Wohnens und des Wirtschaftens in den vorangegangenen historischen Perioden. Die Ausmaße eines bäuerlichen Hauses konnten aber auch innerhalb des germanisch-deutschen Gebietes sehr unterschiedlich sein. Neben recht kleinen Hausgrundrissen mit nur einigen Quadratmetern Grundfläche tauchen in untersuchten Siedlungen recht große Bauten mit Grundflächen von über 100 m2 auf. Die Ausmaße der Mehrheit der Wohnhäuser bewegten sich zwischen 5 m – 7 m in der Breite und 10 m – 25 m in der Länge. Die Unterschiede in der Hausgröße im slawischen Siedlungsgebiet sind nicht so erheblich. Bei ebenerdigen Bauwerken lassen sich die Ausmaße der Hausflächen jedoch nur ungefähr bestimmen. Das gilt besonders bei jenen Hausbefunden, von denen uns lediglich Reste in Form von unterschiedlich gestalteten Gruben erhalten geblieben sind. Sie müssen mindestens etwas größer gewesen sein als die Gruben selbst. Man könnte sie daher auf ungefähr 10 bis 25 m2 schätzen. Die Hausflächen der Grubenhäuser lassen sich hingegen ganz sicher bestimmen. Sie liegen im Durchschnitt zwischen 10 und 15 m2 . Was sagen uns aber die unterschiedlichen Hausgrößen in den einzelnen Regionen Mitteleuropas? Auf keinen Fall lassen sich aus diesen generelle Schlüsse zur sozialen Stellung ihrer Bewohner ziehen. Eine solche Interpretation kann erst dann in Erwägung gezogen werden, wenn die Stellung des untersuchten Hauses im Vergleich zu anderen Häusern derselben Siedlungsgemeinschaft geklärt ist (Steuer 1982, 107). In solchen Fällen darf man dann einige Interpretationsversuche für den germanisch-deutschen Siedlungsraum, bei denen kleinere Häuser als Wohnbauten von Abhängigen gesehen haben (z. B. Donat 1980, 93), nicht grundsätzlich ablehnen. Ebenfalls dürften dann im Rahmen einer Siedlung mit Wohnstallhäusern die Häuser mit mehr Viehboxen einen höheren Rang des Hauses und seiner Bewohner im Vergleich zu seinen Nachbarn mit weniger Viehboxen anzeigen. In den slawischen Gebieten ist eine soziale Differenzierung der Siedlungsbewohner aufgrund der Größen der Grubenhäuser überhaupt nicht durchführbar. Wenn wir aufgrund der Wohnhäuser die sozial-ökonomische Differenzierung der slawischen Gesellschaft trotzdem betrachten wollen, so kommen wir dann zu dem eindeutigen Resultat, dass es eine solche Differenzierung dort nicht gegeben hat. In einzelnen Siedlungen kommen zwar Häuser mit unterschiedlichen Ausmaßen mehrfach vor; wir haben jedoch keine Belege dafür, dass diese Unterschiede mit einer sozialen Differenzierung der Anwohner der Siedlungen zu tun hätten. Besonders große Häuser finden wir im östlichen Mitteleuropa nur selten. Die Vorteile, die ein kleines und somit besser beheizbares Grubenhaus geboten haben dürfte, waren für die Hausbewohner offensichtlich wichtiger als ein größeres Raumangebot. Mit Sicherheit hängt die geringe Größe der slawischen Wohnhäuser nicht mit unzureichenden zimmermannstechnischen Fertigkeiten ihrer Erbauer zusammen. In Holz erhaltene Brücken- und Befestigungsbauten beweisen im Gegenteil eine hohe zimmermannstechnische Kompetenz bei der Ausführung auch komplizierterer und aufwendigerer Bauwerke. Das germanische Haus war also schon auf den ersten Blick im Vergleich zu dem Haus in den slawischen 324 Siedlungsgebieten größer. Wenn wir uns dieser Problematik aber näher widmen, so stellen wir fest, dass die eigentliche Wohnfläche, über die die Hausbewohner verfügten, bei beiden Hausgruppen nicht so beträchtlich unterschiedlich war. Erstens lässt sich nicht ausschließen, dass einzelne slawische Familien über mehrere Grubenhäuser gleichzeitig verfügten. Die Fläche dieser Häuser zusammen könnte dann die Hausfläche eines germanischen Langhauses sogar übertreffen. Behauptungen dieser Art lassen sich natürlich nicht mit Sicherheit beweisen. Viel wichtiger erscheint deshalb der direkte Vergleich zwischen zwei Häusern dieser beiden Gebiete. Die Schwierigkeit besteht hierbei natürlich darin, die Nutzung von Häusern, Hausteilen und Gebäudeensembles zu bestimmen. Als Hauptkriterium für die Bestimmung der Funktion eines Hauses oder Hausteiles gilt meistens das Vorhandensein oder das Fehlen einer Heizanlage. Die mit dem Wohnen nicht verbundenen Aktivitäten eines Haushalts sind somit in den unbeheizten Häusern oder Hausteilen zu vermuten. Die wiederholt nachweisbaren Querwände in den Häusern des westlichen Mitteleuropas weisen oft auf eine Dreiteilung des jeweiligen Gebäudes hin. Derjenige, oft an einem Ende des Hauses gelegene Teil, in dem sich eine Herdstelle befand, lässt sich als Wohnraum deuten. Der Mittelteil diente wahrscheinlich als Arbeits- und Speicherraum. Gelegentliche Befunde von Boxenwänden in dem zweiten Außenteil solcher Häuser verraten, dass dieser Hausbereich als Stall diente. Das Zusammenleben von Mensch und Tier unter einem Dach war vor allem in den nordwestdeutschen und niederländischen Gebieten üblich. Häuser aus Mittel- und Süddeutschland lassen meistens keine Unterschiede zwischen Wohnund Nebengebäuden erkennen. Wir verfügen für diese Gebiete über keine eindeutig belegbaren Unterteilungen der Hausfläche durch Viehboxwände; doch die gelegentlich angetroffenen Trennwände innerhalb der Häuser belegen mit Sicherheit eine Gliederung der Hausfläche in verschiedene Funktionsbereiche. Vermutlich gab es auch hier separate Wohnbereiche. Wenn wir die durchschnittlichen Ausmaße der Wohnbereiche schätzen, also die Mittel- und Stallteile der Langhäuser abziehen, kommen wir auf Größen von ca. 20 bis 60 m2 . Bei mittelgroßen und großen Langhäusern ist diese Fläche natürlich größer als die eines slawischen Grubenhauses, aber bei kleineren Langhäusern ist sie mit den Maßen eines Grubenhauses gut vergleichbar. Hinsichtlich der eigentlichen Wohnfläche, dürfen wir also sagen, dass sie bei einem Teil der Häuser aus beiden Gebieten ähnlich groß ist, obwohl es sich um ganz unterschiedliche Haustypen handelt. Die Differenzen zwischen den germanischen und den slawischen Wohnbauten lassen sich auf ältere Traditionen zurückführen, die auf der unterschiedlichen Nutzung des Hauses beruhen. Während man in den germanischen Großbauten neben dem Wohnen auch genug Platz für die Ausübung unterschiedlicher Arbeitstätigkeiten, für das Speichern der Vorräte und für die Aufstallung der Tiere fand, dienten die slawischen Wohnbauten vor allem zu Wohnzwecken. Kleinere Arbeitstätigkeiten wie das Nähen, Spinnen usw. waren dort natürlich auch möglich. Für räumlich ausgreifendere Beschäftigungen fand man in den Einraumbauten jedoch offensichtlich nicht genug Platz. Für sie wurden mutmaßlich separate Gebäude gebaut. Eine ähnliche Feststellung gilt auch für die Grubenhäuser aus dem germanisch-deutschen Gebiet. Grubenhäuser gehören in ländlichen Siedlungen des westlichen Mitteleuropas zur üblichen Ausstattung eines Bauernhofes. Sie hatten in der Regel keine Feuerstellen und dürften daher für verschiedene Zwecke verwendet worden sein. Im Vergleich zu den slawischen Varianten, die eher quadratische Grundrisse aufweisen, waren sie meistens rechteckig. Der größte Unterschied zwischen beiden Gebieten ist aber darin zu sehen, dass die germanisch-deutschen Grubenhäuser in der Regel Nebengebäude waren, während die slawischen, wie bereits erwähnt wurde, in erster Linie zu Wohnzwecken dienten (Karte 30). Eine gelegentliche Nutzung von Grubenhäusern als Wohnbauten ist aber auch in westlichen Gebieten nachweisbar. In Hausgruben angetroffene Herdstellen in Siedlungen aus dem nordwestdeutschen Bereich erlauben eine solche Interpretation. Die beheizten eingetieften Hütten stellten hier eine wichtige Hausform dar. In einigen Siedlungen dominieren sie sogar zahlenmäßig. Eine ganz gängige Wohnhausform waren die Grubenhäuser besonders auch in gewerblich orientierten Zentralorten. Im Allgemeinen aber gilt, dass ihre Funktion als Nebengebäude in agrarischen Siedlungen ganz eindeutig überwiegt. Sie begleiteten ebenerdige Bauten und dienten wahrscheinlich vor allem als Arbeits- und Speicherbauten. Wie die geborgenen Fundinventare belegen, wurden in ihnen unterschiedliche Tätigkeiten wie z. B die Bernsteinbearbeitung, die Horn- und Knochenbearbeitung, die Kammherstellung oder die Lederverarbeitung ausgeübt. Besonders oft wurden mit der Textilverarbeitung zu verbindende Gegenstände angetroffen; sie erlauben es, diese Bauten als Webkeller anzusprechen. Als Nebenbauten dürfen auch einige Grubenhäuser mit Herdstellen bezeichnet werden. Eisenschlackefunde aus den Verfüllungen dieser Häuser gestatten es, sie als Schmieden anzusprechen. Die Skala der Aktivitäten, die man mit Grubenhäusern in Verbindung bringen kann, ist somit sehr breit. Es muss jedoch betont werden, dass sich die Funktion der Grubenhäuser aus dem Grabungsbefund in den meisten Fällen nicht ablesen lässt. Die aus Hausgruben geborgenen Fundstücke bilden zwar sehr oft die Mehrheit der datierbaren Materialien der jeweiligen Siedlungsgrabungen; sie müssen aber nicht direkt mit der Nutzung der Grubenhäuser zusammenhängen, da dort zufällig verlorene Gegenstände liegengeblieben sein können und derartige Einsenkungen nach dem Ende ihrer Primärnutzung offensichtlich regelhaft für die Abfallentsorgung der 325 Karte 30. Nutzung von Grubenhäusern auf den bearbeiteten Siedlungsplätzen in Mitteleuropa: a. sowohl als Wohnbauten als auch als Nebengebäude; b. nur als Wohnbauten; c. nur als Nebengebäude; d. Siedlungen ohne Grubenhäuser; e. Grenzen des Arbeitsgebiets. Siedlung genutzt worden sind. Aus dem Fundinventar auf die Funktion eines solchen Objektes zu schließen, hat nur dann Sinn, wenn die Funde aus dem Bereich des ehemaligen Fußbodenniveaus stammen und idealerweise noch einen funktionalen Zusammenhang erkennen lassen (wie z. B. eine Reihe von Webgewichten an der Stelle eines vergangenen Webstuhls). Den Grubenhäusern kann man unterschiedliche Einzelfunktionen zuschreiben. Ihre Bauform ist aber wohl als Mehrzweckgebäude anzusehen, die nach einem allgemeinen Muster errichtet wurde. Trotz ihrer Uniformität wurden vermutlich die meisten von ihnen dennoch nur für einen speziellen Zweck errichtet. Diese verschiedenen Zwecke fanden aber keinen erkennbaren bautypologischen Niederschlag. Abgesehen von Grubenhäusern wird die Situation im östlichen Mitteleuropa beträchtlich durch die problematische Bestimmung einer Reihe von Befunden erschwert. Die in Pfostenbauweise errichteten Bauten des germanisch-deutschen Siedlungsgebiets lassen sich relativ leicht rekonstruieren. Aus ihrem Aussehen kann dann relativ oft der Zweck, für den sie gebaut worden waren, abgeleitet werden. In den slawischen Gebieten fehlen solche relativ leicht rekonstruierbaren Grundrisse weitgehend. Einen großen Teil der Befunde dieser Gebiete bilden unterschiedlich geformte Gruben, bei denen man nur vermuten kann, zu welchen Zwecken sie dienten und wie die Bauwerke, zu denen sie gehörten, aussahen. Oft ist es überhaupt nicht möglich zu bestimmen, welche von den unregelmäßigen bis länglich-ovalen Gruben Reste von Häusern darstellen und welche als Reste von Objekten anderer Art interpretiert werden können. Klar ist nur, dass diese Gruben zu Objekten mit leichten oberirdischen Konstruktionen oder zu in Blockbautechnik errichteten Bauten gehörten. Außer dem Wohncharakter werden ihnen verschiedene andere Funktionen zugeschrieben. In der Literatur begegnen uns Interpretationen als Kellergruben, Herdgruben, Vorratsgruben oder Erdställe zur Schweinemast. Oft werden diese Gruben als Reste von Produktions- oder Arbeitsanlagen gedeutet. Da in den länglich-ovalen, wannenförmigen Gruben mit pulverig-aschiger Verfüllung neben Resten von Holzkohlestückchen und gebrannten Steinen oft Bruchstücke von Back- bzw. Röstwannen gefunden wurden, werden sie manchmal mit der Reinigung und dem Rösten von Getreidekörnern 326 mithilfe von Feuer in Verbindung gebracht. Es ist wahrscheinlich, dass die unregelmäßigen bis lang-ovalen Gruben Reste von mannigfaltigen Objekten darstellen. Bei der Annahme, dass sie unter anderem auch Reste von ebenerdigen Wohnhäusern bilden, ist die Feststellung wichtig, dass sie im ganzen östlichen Mitteleuropa, also auch in den Gebieten mit Siedlungen eingetiefter quadratischer Grubenhäuser mit Heizeinrichtung als vorherrschender Wohnhausform, vorkommen. Vermutlich stellen sie in diesem Gebiet eine abweichende, andere, bisher nur wenig bekannte Bauart dar. Weiterhin müssen wir in den östlichen Regionen Mitteleuropas mit überproportional großen Informationsverlusten bei der Auswertung von Siedlungsgrabungen rechnen. Die Grubenhäuser und die unregelmäßig bis länglich-ovalen Gruben, die als Reste von Häusern interpretiert werden, könnten in Wirklichkeit nur einen Teil der ursprünglich vorhandenen Siedlungsobjekte darstellen. Auf einigen Fundplätzen (z. B. Groß Raden (126)), wo dank der guten Erhaltungsbedingungen Reste von ebenerdigen Blockhäusern in Holz erhalten geblieben sind, hat man in diesen Bauten keinerlei Vertiefungen gefunden. Sie verfügten nachweislich nur über ebene, nicht eingetiefte Hausböden. Bei normalen Folgeprozessen, denen verwüstete Wohnplätze üblicherweise ausgesetzt sind, wird die Mehrheit derartiger Häuser derart zerstört, dass sie archäologisch nicht mehr nachweisbar sind. Wie häufig solche Bauten auf slawischen Siedlungen des Frühmittelalters generell waren, lässt sich heutzutage nicht abschätzen. In einigen Regionen kamen sie wahrscheinlich überhaupt nicht vor, in anderen könnten sie aber ganz allgemein verbreitet gewesen sein. Eine ähnliche Einschätzung gilt auch für Jurten. Sporadisch kommen Nachweise für Objekte dieser Art bei archäologischen Untersuchungen vor allem im Karpatenbecken ans Licht. Mutmaßliche Jurten kommen hier sowohl in awarenzeitlichen als auch in arpádenzeitlichen Siedlungen vor und hängen wohl mit einer nomadischen oder halbnomadischen Lebensweise zusammen. Objekte dieser Art, die nicht eingetieft waren, entziehen sich in den allermeisten Fällen vollkommen dem archäologischen Nachweis. Zum unvermeidlichen Bestand jeder ländlichen Siedlung sollten Objekte von landwirtschaftlichem Charakter gehören, also Objekte, die direkt mit Ackerbau und Viehzucht zusammenhängen. Die zur Lagerung der Vorräte und zur Aufstallung der Haustiere dienenden Objekte geben uns Auskunft über den Umfang sowie die Art und Weise der landwirtschaftlichen Produktion. Zwischen beiden betrachteten Regionen bestehen in dieser Frage beträchtliche Unterschiede in allen Aspekten. Deutlichste Differenzen lassen sich vor allem in der Art der Speicherung der Vorräte beobachten. Im westlichen Mitteleuropa lagerte man die Vorräte in ebenerdig errichteten Speichern und Scheunen, gestelzten Speichern, Rutenbergen und Diemen. Befunde derartiger Bauten kommen innerhalb der Areale germanisch-deutscher Siedlungen nahezu regelmäßig vor. Nur ausnahmsweise verwendete man unterirdische Konstruktionen wie Vorratsgruben. Gelegentlich wurden wahrscheinlich Grubenhäuser als Lagerräume benutzt. Die Vielfalt an Objekten hängt mit ihrer unterschiedlichen Nutzung zusammen. Während gestelzte Bauten ausschließlich zur Speicherung von Getreide dienten, verwendete man ebenerdig errichtete Bauten zur Lagerung der ungedroschenen Ernte und des Heus oder als Schuppen für Geräte und Brennholz. Die Belege für eine oberirdische Lagerung von Lebensmitteln sind im östlichen Mitteleuropa sehr spärlich. Agrarprodukte, die nicht für eine lange Lagerzeit bestimmt waren, wurden hier vermutlich in Säcken, großen Vorratsgefäßen oder in Holzkästen einfach auf den Böden der Häuser gelagert. Spuren von speziellen ebenerdigen Speichern und Scheunen, wie sie im germanisch-deutschen Siedlungsbereich nachgewiesen werden können, sind aus den ländlichen Siedlungen des östlichen Mitteleuropas vollkommen unbekannt. Dagegen war hier die unterirdische Speicherung der Vorräte allgemein verbreitet. Die Funktion der meisten der zahlreich angetroffenen einfachen Gruben in slawischen Siedlungen bleibt meistens unklar. Die im Planum runden und im Profil charakteristisch beutel- oder birnenförmig gestalteten Vorratssilos lassen sich jedoch leicht von einfachen amorphen Gruben unterscheiden. Diese Silos gehören zu den gängigen und während des ganzen Frühmittelalters vielfach vorkommenden Siedlungsbefunden im gesamten Verbreitungsgebiet der eingetieften Grubenhäuser. Im slawischen Siedlungsgebiet in Nordpolen und Nordostdeutschland kommen diese klassischen Getreidesilos jedoch nur selten vor; es muss hier mit einem anderen Verfahren bei der Lagerung der Vorräte gerechnet werden. Spezielle Einrichtungen für die Aufbewahrung von ungedroschenem Getreide, Heu und Tierfutter fehlen in den Befunden von bäuerlichen Siedlungen des östlichen Mitteleuropas vollkommen. Ob derartige Bauwerke dort überhaupt existierten, muss unbeantwortet bleiben. Archäologische Forschungen auf Siedlungsplätzen erbrachten trotz ihrer doch relativ großen Zahl bisher keine klaren Antworten zu der Frage, wie die baulichen Lösungen für diese landwirtschaftlich unerlässlichen Anforderungen aussahen. Gleiches gilt auch für die Aufstallung der Haustiere. Neben dem allgemein verbreiteten Getreidebau spielte in der Landwirtschaft der frühmittelalterlichen bäuerlichen Gesellschaft die Viehzucht eine besonders wichtige Rolle. Die zahlreichen, bei archäologischen Untersuchungen gefundenen Knochen belegen, dass die Haustiere zum unentbehrlichen Bestand jeder bäuerlich geprägten Siedlung gehörten. Trotz zahlreicher Tierknochenfunde sind aber Stallgebäude aus Siedlungen des östlichen Mitteleuropas kaum bekannt. Die für den germanisch-deutschen Siedlungsraum so typischen ebenerdig errichteten Ställe, die eine größere Zahl Rinder aufnehmen konnten, kommen in den slawischen Siedlungen nicht vor. Das Vieh wurde hier also entweder in Gebäuden mit leichter Konstruktionsweise, die keine Spuren hinterließen (z. B. nur einfache Überdachungen), aufgestallt oder ganzjährig im Freien gehalten. 327 Ställe werden manchmal in nur mäßig eingetieften Objekten, in langen und engen schlauchförmigen Gruben sowie in kleinen Grubenhäusern ohne Heizeinrichtung vermutet. Eindeutige Beweise für diese Interpretationen fehlen jedoch. Allgemein kann man sagen, dass es beim heutigen Forschungsstand nicht möglich ist, Stallobjekte innerhalb des Ensembles der slawischen Siedlungsbefunde mit Sicherheit zu identifizieren. Die Frage der Unterbringung der Tiere in Ostmitteleuropa muss deshalb offen bleiben. In den bäuerlichen Siedlungen des westlichen Mitteleuropas gehörten Ställe wahrscheinlich zum unentbehrlichen Bestand jeder Hofanlage. In den nördlichen Gebieten Westmitteleuropas bildeten die Wohnstallhäuser die Hauptform des bäuerlichen Hauses. Die Stallteile sind in diesen Bauten oft durch trennende Boxwände erkennbar. In weiter südlich gelegenen Gebieten des germanisch-deutschen Siedlungsraumes rechnet man eher mit der Aufstallung der Tiere in selbständigen Gebäuden. Als Ställe werden unterschiedliche, in Pfostenbauweise errichtete Nebengebäude interpretiert. Man muss aber dazu bemerken, dass eine Differenzierung der Baugrundrisse zwischen Ställen und anderen Nebengebäuden oft sehr fraglich ist. Die konstruktiven Unterschiede zwischen Ställen und anderen Nebengebäuden kennen wir nicht. Keine der bekannten Bauformen können wir mit aller Sicherheit als Stallgebäude bezeich- nen. Zwischen dem westlichen und östlichen Mitteleuropa existierten in der Hausbauweise also beträchtliche Unterschiede. Der Hausbau entwickelte sich in beiden Regionen aus unterschiedlichen, eigenständigen Grundlagen. Die Differenzen im Hauswesen überdauerten hier während des ganzen Frühmittelalters weitgehend ohne gegenseitige Beeinflussungen. Dort, wo gewisse Einflüsse erkennbar sind, blieben diese Wechselwirkungen ohne größere Folgen. Solche Wechselwirkungen, wo sie dann einmal Niederschlag fanden, beschränkten sich lediglich auf die Kontaktzone zwischen beiden Gebieten oder auf bestimmte soziale Gruppen der Bevölkerung (z. B. die Adelsschicht). Die Differenzen in der Bauweise zwischen den germanisch-deutschen und den slawischen Gebieten verraten Unterschiede in der Lebensweise sowie in den sozialen und ökonomischwirtschaftlichen Beziehungen zwischen beiden Regionen. Wie sehen aber die Unterschiede und Ähnlichkeiten zwischen beiden Gebieten aus, wenn wir die ländlichen Siedlungen als Ganzes beobachten? Es ist leicht vorstellbar, dass bei derart beträchtlichen Differenzen im Hausbau auch zahlreiche und deutliche Unterschiede in der inneren Struktur der Siedlungen zu erwarten sind. Und tatsächlich sind solche festzustellen. Die Frage nach der Form und Struktur der bäuerlichen Siedlungsplätze des Frühmittelalters im germanisch-deutschen Siedlungsgebiet ist eng mit der Problematik der Entwicklung und Differenzierung der damaligen Hofanlagen verbunden. Gehöfte bildeten in diesen Siedlungen die kleinsten, weitgehend selbständig wirtschaftenden Einheiten. Ein Hof bestand aus einer Reihe von Objekten, die unterschiedliche wirtschaftliche und soziale Aufgaben erfüllten, die jedoch funktional miteinander verbunden waren. Diese Einheit war von der Umgebung durch eine Grenzmarkierung räumlich abgegrenzt. Zu den so umschlossenen Objekten gehörten: das Wohnhaus, der Stall, der Speicher, die Scheune und einige Produktionsstätten, die jeweils in unterschiedlichem Umfang und in unterschiedlichen Maßen vertreten waren. Was das Aussehen der bäuerlichen Hofbetriebe betrifft, so gab es innerhalb des Bereichs des westlichen Mitteleuropas zahlreiche Besonderheiten, die mit unterschiedlichen regionalen, historischen, ethnischen und kulturell-traditionellen Gegebenheiten zusammenhängen. Dennoch lassen sich im ganzen germanischdeutschen Siedlungsgebiet gewisse Gemeinsamkeiten verfolgen, die auf tiefere gemeinsame Wurzeln aller Siedlungen dieses Territoriums hinweisen. Wie bereits gesagt wurde, gehörten die bäuerlichen Hofanlagen zu den typischen Strukturen germanischdeutscher Siedlungen. Jedoch konnten nur bei einer kleinen Anzahl von archäologisch untersuchten Siedlungen eindeutig belegbare Hofanlagen nachgewiesen werden. Aus der Menge von 100 im Katalog dieser Arbeit aufgelisteten Fundorten lassen sich sicher nachweisbare Gehöfte lediglich für 19 Siedlungen anführen. Es konnten hier vollständig oder teilweise freigelegte Gehöfte beobachtet werden, die durch Zäune, Palisaden oder Gräben umschlossen waren. Die meisten untersuchten Hofkomplexe kennen wir aus den nördlichen, küstennahen Gebieten des westlichen Mitteleuropas. Aus den südlicheren Regionen stammen nur vereinzelte, meistens unsichere Belege von Hofanlagen. Hinsichtlich der Ausdehnung, Form und inneren Struktur der einzelnen Höfe kann man sagen, dass diese sehr variabel sein konnten; im Grunde wiesen sie jedoch einige ähnliche Züge auf. Für Wurten ist das gemeinsame Vorkommen von Großbauten und Brunnen nebeneinander typisch. Nebengebäude zu diesen Großbauten sind nicht in jedem Fall vorhanden gewesen bzw. in den Befunden nicht mehr erkennbar. Ähnliche Charakterzüge lassen sich auch bei einigen Hofstrukturen im niederländischen und nordwestdeutschen Binnenland verfolgen. Die Mehrheit der Gehöfte bestand hier aber, ähnlich wie in Mittel- und Süddeutschland, aus mehreren Bauten. Die Anzahl der ebenerdigen Nebengebäude, Grubenhäuser oder Speicher und Heubergen variierte beträchtlich von gar keinem oder nur einem Bau in kleineren Hofanlagen bis zu mehreren Objekten in den größten Hofanlagen. Die von einem Gehöftareal eingenommene Fläche variiert überwiegend zwischen 1000 und 3000 m2 . Man kann jedoch sowohl kleinere als auch wesentlich größere Bauernhöfe finden. Die am weitesten verbreitete Form war während des gesamten Frühmittelalters der Haufenhof mit unregelmäßiger Anordnung der einzelnen Bauobjekte auf dem Hofgelände. In den nordwestlichen Teilen des Untersuchungsgebiets erscheinen vor allem seit der Karolingerzeit Eindachhöfe. Nur vereinzelt erscheinen auf den frühmittelalterlichen Siedlungsplätzen Mehrseithöfe. Die besten Bei- 328 spiele kommen aus dem bajuwarischen Stammesgebiet, wo sie vielleicht mit einer wohlhabenderen, sozial höhergestellten Schicht der Bevölkerung zu verbinden sind. Vergleicht man die Struktur der Siedlungen aus dem germanischen Stammesgebiet mit derjenigen aus dem östlichen Mitteleuropa, so stellt man beträchtliche Differenzen fest. Der wohl größte Unterschied liegt in dem Fehlen der selbstständig wirtschaftenden und von anderen Baugruppen klar abgrenzbaren Gehöfte in den Siedlungen Ostmitteleuropas. Die Gehöftstruktur, die die Grundlage germanischer Siedlungen bildete, ist den slawischen Siedlungen gänzlich fremd. Die Wohnplätze bestehen dort meistens aus unterschiedlich angeordneten Wohnbauten, die von überhaupt keinen oder nur von einigen wenigen Nebengebäuden und Produktionseinrichtungen umgeben sind. Manchmal werden neben den Wohnhäusern lediglich Vorratsgruben als einzige andere nachweisbare Objekte festgestellt. Eindeutige Hofstrukturen fehlen zwar auch in den meisten Siedlungen in den germanischen Stammesgebieten, auf das Vorhandensein von Hofanlagen weisen hier aber immerhin eine wiederholt und an vielen Orten feststellbare Zahl einzelner Befunde hin. Hierzu gehören z. B. Hofabgrenzungen in Form von Zäunen, aber auch über die Siedlungsfläche regelmäßig verteilte Brunnen (mutmaßlich also Hofbrunnen) oder auch in kleinen Gruppen konzentrierte Begräbnisse, die man als Hofgrablegen interpretieren kann. In den ländlichen Siedlungen des östlichen Mitteleuropas kommen zwar archäologische Objekte dieser Art grundsätzlich vor, also Zäune, Brunnen und einzelne Grablegen. Aber in keinem einzigen Fall kann man sie eindeutig zu selbständigen Bauernhöfen gruppieren oder als Bestandteile solcher Strukturen bezeichnen. Unterschiedliche lineare Strukturen – es handelt sich hierbei um die Reste von Zäunen, Gräben und Rinnen – tauchen sehr oft im Karpatenbecken auf; nur einige wenige dürfen jedoch auch nur als mögliche Hofabgrenzungen bezeichnet werden – z. B. die Siedlung Ménfőcsanak – Szeles-dűlő (146) (Takács 1996b). Eindeutige Belege von Palisaden, die Hofareale markieren, stammen lediglich aus dem Bereich wirtschaftlichpolitischer Zentralorte – so z. B. aus Břeclav – Pohansko (Dostál 1975) und Zalaszabar – Boijúállás (Müller, R. 1996). An diesen Fundorten werden sie als Bestandteile von Adelshöfen interpretiert. Befunde von Brunnen kommen in Siedlungen des östlichen Mitteleuropas nur vereinzelt vor. Wenn mehrere Brunnen auf einem Fundort gefunden werden, dann konzentrieren sie sich überwiegend in den niedriger gelegenen Randbereichen der Siedlung – z. B. in Lébény – Kaszás-domb (140) (Németh/Takács 2003, 102, 103). Eine regelmäßige Verteilung über das Areal der Siedlung, wie man sie bei einzelnen, strukturell autonomen Wirtschaftsgehöften voraussetzen würde, wurde bisher nirgendwo beobachtet. Die gleiche Feststellung gilt auch für Hofgrablegen. Diese für Siedlungen im westlichen Mitteleuropa so typische Erscheinung ist aus dem ländlichen Milieu des östlichen Mitteleuropas nicht bekannt. Bei archäologischen Untersuchungen werden in Siedlungsarealen zwar sehr oft Gräber entdeckt, es handelt sich aber stets um Einzelbestattungen – z. B. in Šurany – Nitriansky Hrádok (169) (Bialeková 1959, Abb. 1) oder um angeschnittene Randbereiche regulärer Gräberfelder – z. B. in Komárno – Lodenice (Trugly 1996, 150). Gräbergruppen, die man als Hofgrablegen bezeichnen kann, tauchen dagegen regelmäßig innerhalb der Areale wichtiger Machtzentren des 9. Jahrhunderts im Mitteldonaugebiet – z. B. in Břeclav – Pohansko (Vignatiová 1992) – auf. Im ländlichen Milieu ist diese mit einer religiössozialen Umwandlung der Gesellschaft zusammenhängende Erscheinung damals entweder noch nicht angekommen oder diese hat hier nicht in den gleichen Strukturen wie in Westmitteleuropa ihren Niederschlag ge- funden. Die Unterschiede in der Bau- und Bebauungsweise zwischen germanischen und slawischen Siedlungen drücken ganz offensichtlich auch unterschiedliche Gemeinde- und Eigentumsstrukturen aus. Die Hofanlagen im germanisch-deutschen Siedlungsgebiet entstanden als Ergebnis der Durchsetzung des privaten Eigentums an bewirtschaftetem Grund und Boden. Der anscheinend kollektive Charakter slawischer Siedlungen spricht dagegen eher für eine geringe soziale Differenzierung der Bewohner. Siedlungen dieses Raums waren offenbar eher in Form territorialer Gemeinschaftssiedlungen organisiert und die Bauern besaßen den von ihnen bearbeiteten Boden nicht als Eigentum (Donat 1980, 124- 131; 1986, 25; 1998, 191-193; Henning 1991a, 132, 133). Zum grundlegenden strukturellen Wandel der Eigentumsverhältnisse auf feudalrechtlicher Grundlage kam es in Ostmitteleuropa erst in der Zeit des Übergangs zum Hochmittelalter, jedenfalls wenn man die Strukturen der bäuerlichen Siedlungen, also das Aufkommen von klar strukturierten, abgrenzbaren Hofanlagen in den Dörfern, als entscheidendes Kriterium akzeptiert. Bei den frühmittelalterlichen Slawen des östlichen Mitteleuropas weisen abgegrenzte Areale mit Objekten gleicher wirtschaftlicher Funktion innerhalb der Siedlungen auf ein gemeinsames Vorgehen der Bewohner bei bestimmten wirtschaftlichen Aufgaben hin. Typisch sind separate Speicherbereiche, die offenbar der ganzen Siedlungsgemeinschaft dienten – z. B. in Opolánky (157) (Princová-Justová 2004) – oder die Trennung zwischen Wohn- und Wirtschaftsarealen, die einheitlich für den gesamten Fundort galt – z. B. in Bajč (102) (Ruttkay 2002b). Die Ergebnisse archäologischer Ausgrabungen deuten jedoch ebenfalls an, dass die frühmittelalterliche slawische Gesellschaft mindestens teilweise bereits eine Gemeinschaft von Privatbesitzern war. In altslawischen Siedlungen kann man manchmal bereits einen Zusammenhang zwischen einzelnen Häusern und Vorratsgruben beobachten. Vermutlich bildeten jeweils ein Grubenhaus zusammen mit einem Speicher (gegebenenfalls mit einigen weiteren Objekten) die Grundeinheit der Siedlung. Selbständige Wirtschaftseinheiten lassen sich auch in Gruppen von Objekten vermuten, die von ande- 329 ren Befunden räumlich getrennt sind. Bekannt sind derartige Gruppierungen bereits bei den ältesten Siedlungen. Häufig erscheinen sie dann in Siedlungen vom Ende des Frühmittelalters. Mit Gehöften aus dem germanisch-deutschen Siedlungsgebiet sind diese Gruppierungen von Objekten nicht direkt vergleichbar. Die Eigentumsverhältnisse wie auch die gesellschaftliche Struktur war im östlichen Mitteleuropa wesentlich anders. Die Befunde beweisen aber, dass die Siedlungen zumindest auf dem Niveau der kleinen Familieneinheiten streng strukturiert waren und dass diese Einheiten von dem Rest der Gemeinde gewissermaßen unabhängig waren. Einige Unterschiede zwischen dem westlichen und dem östlichen Mitteleuropa finden wir auch in der Form und Größe der Wohnplätze. Unter den Fundorten aus dem germanischen Stammesgebiet dominieren ganz klar geschlossene Haufendörfer. In geringerer Zahl sind Reihen-, Straßen- und Zeilensiedlungen vertreten. Nur in einigen Regionen konnten geschlossene geometrische Siedlungen und ungeschlossene Streusiedlungen festgestellt werden. Relativ selten wurden Einzelhöfe festgestellt, obwohl ihre Anzahl punktuell in einigen Regionen verhältnismäßig groß sein konnte. Bei den Siedlungen Ostmitteleuropas ist die Bestimmung ihrer Form vielfach komplizierter. In den Gebieten mit ebenerdig errichteten Blockhäusern hängt dieses mit der Tatsache zusammen, dass nur selten die Hausgrundrisse erhalten geblieben sind. In den Gebieten mit Grubenhäusern lässt sich die Frage der Siedlungsform zwar in mehreren Fällen relativ sicher beantworten, doch auch hier muss beachtet werden, dass das Fehlen chronologisch hoch sensibler Funde meistens keine Aufteilung der Befunde in selbständige Siedlungsphasen erlaubt. Demzufolge kann die Verteilung zeitgleich genutzter Siedlungsobjekte und damit die Form der von ihnen gebildeten Siedlung nicht bestimmt werden. Im Allgemeinen dominieren aber auch hier die Haufensiedlungen. Zu den gängigen Siedlungsformen gehörten ebenfalls sowohl Reihensiedlungen als auch lockere Streusiedlungen. Die in der Literatur oft postulierten Rundlinge haben sich als eine Randerscheinung erwiesen, die eher auf hochmittelalterliche Kolonisationsvorgänge zurückzuführen ist. Was den Vergleich der Größen der Siedlungsbereiche in beiden Gebieten betrifft, so lässt sich hierbei nur die bebaute Fläche insgesamt betrachten. Im germanischen Stammesgebiet bewegen sie sich in der Spanne von ca. 1000 m2 bei den kleinen Einzelhofsiedlungen bis ca. 200 000 m2 bei den ausgedehnten Großsiedlungen. Die durchschnittliche Größe der besiedelten Flächen liegt zwischen 20 000 und 50 000 m2 . In Ostmitteleuropa erreichten die Siedlungsflächen nur einige wenige 100 m2 bei den kleinsten Weilern bis zu ca. 200 000 m2 bei der größten Siedlung in Roztoky (164). Die Mehrheit der erforschten Niederlassungen bedeckte eine besiedelte Fläche von ca. 3000 bis ca. 40 000 m2 . Es handelt sich jedoch um kumulierte Siedlungsflächen, die die Summe aus mehreren Phasen der Besiedlung bilden. In den einzelnen Zeitabschnitten waren die bebauten Areale meistens wesentlich kleiner. Generell gilt die Feststellung, dass die Siedlungen im germanisch-deutschen Siedlungsgebiet etwas größer waren als die im slawischen Bereich. Kriterien wie die Zahl der Wohnhäuser oder der Gehöfte sind nicht direkt relevant, da man in beiden Regionen mit einer unbekannten Zahl weiterer nicht erkannter, nicht erhaltener und nicht ausgegrabener Bauten, bzw. Strukturen rechnen muss. Man kann nur allgemein sagen, dass die gängige Zahl der Hofanlagen in einer Siedlung im westlichen Mitteleuropa zwischen 5 und 15 lag. Im östlichen Mitteleuropa überwiegen offenbar Siedlungen mit fünf bis zehn gleichzeitig existierenden Häusern. Allgemein gültige Vorstellungen über die Einwohnerzahl dieser bäuerlichen Siedlungen lassen sich nicht gewinnen. Soweit sich Populationsgrößen ermitteln lassen, deuten sie darauf hin, dass hierin keine Einheitlichkeit bestand und es ein differenziertes Größenspektrum gegeben haben muss. Die Zahl der an einem Wohnort lebenden Menschen bewegte sich von nur einigen wenigen Mitgliedern einer Familie bei Einzelhöfen und kleinen Weilern bis zu etwa 100 Personen bei mittelgroßen und großen Siedlungen. Man muss allerdings auch mit ländlichen Siedlungen rechnen, in denen die Zahl der dort lebenden Personen höher war; und vor allem im westlichen Mitteleuropa ist mit zahlreichen bäuerlichen Siedlungen mit jeweils etwa 100 bis 300 Personen zu rechnen. Die vorgelegte Arbeit bietet einen allgemeinen Abriss des frühmittelalterlichen Siedlungswesens im mitteleuropäischen Raum. Das Betrachten aller interessanten Punkte und Probleme, die mit dieser Thematik verbunden sind, benötigte weitaus mehr Platz als er hier zur Verfügung steht. Um verschiedene Einzelheiten gründlich analysieren zu können, muss diese Problematik stärker unter regionalen Gesichtspunkten untersucht werden. Die Ausprägung frühmittelalterlicher Siedlungen wurde durch unterschiedliche Faktoren beeinflusst. Verschiedene Einzelheiten, die bei wechselnden Standortbedingungen, wirtschaftlichen, sozialen, rechtlichen und politischen Verhältnissen entstehen können und die jeweils ihrerseits auch historischen Entwicklungen unterworfen waren, können höchst unterschiedliche Erscheinungsformen zur Folge haben. Wir müssen deshalb der bereits mehrmals wiederholten Behauptung zustimmen, dass es so etwas wie eine standardisierte Siedlung im Frühmittelalter nicht gab (Gringmuth-Dallmer 1986, 56; Geisler 1988, 180; Schmaedecke 1999, 76). 636 7. Zusammenfassung Abschließend möchte ich kurz zusammenfassen, was die vorliegende Arbeit zum Bild der frühmittelalterlichen Siedlungen beiträgt. Das Hauptziel war, das frühmittelalterliche Siedlungswesen im Mitteleuropa zu erforschen. Untersucht wurden Siedlungsstrukturen aus dem ländlichen Milieu, wobei zwei geographischkulturelle Kreise – die durch germanische Stämme besiedelten Gebiete im Westen und die überwiegend durch Slawen besiedelten Gebiete im Osten – analysiert wur- den. Es sollten folgende Fragen beantwortet werden: Welche Befunde sind für das frühmittelalterliche Siedlungswesen typisch? In welcher Zeit und in welchem geographischen Raum kommen sie vor? In welcher Relation zu anderen Siedlungsobjekten stehen diese Befunde? Wo liegen diese innerhalb der Siedlungsfläche und warum? Wieso kommen in einigen Siedlungen derartige Befunde vor und in anderen nicht? Wie waren die Siedlungen strukturiert und welche Formen wiesen ihre Grundrisse auf? Um möglichst aufschlussreiche Antworten auf diese Fragen finden zu können, wurde folgende Vorgehensweise gewählt: Nach einer umfassenden Recherchearbeit, die zum Ziel hatte, die Ergebnisse der wichtigsten publizierten Siedlungsausgrabungen zusammenzufassen, wurden diese in einem Überblick (Kap. 5) in Kürze dargelegt. Ausschlaggebend für die Einordnung der einzelnen Siedlungsplätze in die Datenbank war die Größe der untersuchten Siedlungsfläche, die Aussagekraft der Befunde und nicht zuletzt ein ausreichender Publikationsstand. Das Ziel war, die einzelnen Fundorte nach einem Muster zu beschreiben, um ein einheitliches und möglichst umfassendes Bild zum Stand der Erforschung des frühmittelalterlichen Siedlungswesens zu erhalten. Bei jedem Fundplatz wurden mithilfe der archäologischen Quellen seine Größe, innere Struktur, Form und, wenn möglich, seine wirtschaftlichökonomische Stellung im Rahmen der bearbeiteten Siedlungsstellen untersucht. Anschließend wurden zeit- und raumübergreifende Analysen durchgeführt, die zur Klärung der oben erwähnten Fragen beitragen sollten. Die Endergebnisse kann man in den einzelnen Unterkapiteln in den Kapiteln 2 und 3 nachlesen. Eine zusammenfassende Betrachtung des gesamten Untersuchungsgebiets mit Bezug auf die unterschiedliche Stellung von West- und Ostmitteleuropa findet sich in Kapitel 4. Die dort dargelegten Erkenntnisse müssen hier nicht wiederholt werden. Im Grunde konnte gezeigt werden, dass es zwischen den westlichen und östlichen Gebieten Mitteleuropas eine Reihe von erheblichen Unterschieden im ländlichen Siedlungswesen gab. Der wohl größte Unterschied beruht darin, dass in Westmitteleuropa die ländlichen Siedlungen zu großem Teil aus selbständigen bäuerlichen Gehöften bestanden haben, während in den zeitgleichen Wohnplätzen Ostmitteleuropas derartige Strukturen generell nicht vorkamen. Die dortigen Siedlungen bestanden meistens aus unterschiedlich angeordneten Wohnbauten, die von keinen oder einigen wenigen Nebenbauten und Produktionseinrichtungen umgeben waren. Die Differenzen in der Bauweise und in der inneren Struktur zwischen Siedlungen West- und Ostmitteleuropas beruhen auf unterschiedlichen historischkulturellen, wirtschaftlichen und sozialen Bedingungen sowie auf unterschiedlichen Gemeinde- und Eigentumsstrukturen der germanischen und slawischen Völker. Eine wichtige Rolle spielte die ethnische Herkunft der Bewohner. Obwohl in der modernen Archäologie ständig wiederholt wird, dass die materielle Kultur mit einer ethnischen Deutung nicht direkt zu verbinden ist, müssen wir konstatieren, dass es in Bezug auf die zwei größten ethnischen Gruppen des frühmittelalterlichen Mitteleuropas –Germanen und Slawen – in der äußeren Erscheinung ihrer Wohnplätze ganz klar definierbare und auf den ersten Blick ersichtliche und unverwechselbare Unterschiede gab. Wir können sagen, dass es so etwas wie eine typische ländliche Siedlung im Frühmittelalter nicht gab. Je mehr archäologische Befunde vorliegen, desto vielfältiger wird das Bild der frühmittelalterlichen Niederlassungen. Eine Siedlung aus Westmitteleuropa lässt sich trotzdem nicht mit einer aus Ostmitteleuropa verwechseln. Die für die Gebiete der germanischen Stämme so typische Pfostenbauweise mit großen Wohn- oder Wohnstallhäusern und unterschiedlichen Nebenbauten steht im klaren Gegensatz zu den fast ausnahmlos pfostenlosen Siedlungen mit länglichovalen Gruben in den nördlichen und mit Grubenhäusern in den südlichen Regionen Ostmitteleuropas. Die im Rahmen dieser Arbeit bearbeitete Problematik gehört zu den Grundfragen der mittelalterlichen Siedlungsforschung. Dem Verfasser ist klar, dass die hier vorgelegten Thesen nur ein Teilresultat darstellen. Weitere detaillierte Betrachtungen sowohl der älteren Ausgrabungen als auch neuer Grabungsergebnisse könnten viele neue Anhaltspunkte zu der Frage des frühmittelalterlichen ländlichen Siedlungswesens bringen und den historischen Hintergrund dieser Siedlungen in einem anderen Licht zeigen. Vor allem lokale Untersuchungen können neue Erkenntnisse bringen. Die hier für ein Großgebiet erstellte Datenbank kann als Ausgangsbasis für weitere Forschungsvorhaben genutzt werden. Zur weiteren Klärung der angeschnittenen Probleme ist eine engere Zusammenarbeit mit anderen Fachrichtungen notwendig. Eine der geeignetsten Methoden, die Informationen bezüglich der Siedlungsgröße, der Besiedlungsdichte, des Vorkommens von Produktionsarealen usw. bringen kann, ist die geophysikalische Pros- 637 pektion. In Mitteleuropa hat sich diese Untersuchungsmethode längst etabliert, im Rahmen der frühmittelalterlichen Siedlungsforschung wurden jedoch bis zum Anfang des 21. Jahrhunderts nur vereinzelt Versuche unternommen, Geländeprospektionen durchzuführen. Der Autor dieser Arbeit hat deshalb mit Freude die Gelegenheit genutzt, die Anwendung der magnetischen Untersuchungsmethoden in der Archäologie zu erlernen. Die im Kapitel 6 vorgelegten Ergebnisse geophysikalischer Untersuchungen zeigen, dass nicht jeder Versuch zu aussagekräftigen Resultaten führen muss. Gleichzeitig kann aber gesagt werden, dass die geophysikalische Prospektion bei günstigen Untersuchungsbedingungen wertvolle Informationen liefern kann, die zahlreiche Erkenntnisse zu einzelnen Siedlungsstellen ermögli- chen.