Christoph Hein Glückskind mit Vater Roman Suhrkamp Oťr hter erzählten itťsihuhtť .lUthentlSihc Viirfciir»i»!rii>$ť zugrunde. Ju- Personen der Handlung sind nicht fret erfunden. Uu Hingen Birken schienen miteinander zu flüstern, ihre Blatter bewegten sich lebhaft, obwohl kein Wind zu spüren war. Unter der lastenden Sommersonne des Spatnachmittags leuchtete das gebrochene Weiß der dünnen, verletzlich wirkenden Stämme aufreizend hell. Die Birken mussten jetzt drei Jahre alt sein und waren fast mannshoch, ich hatte Mühe, sie zu überblicken. Sic erinnerten mich an ein Bild in unserem Schul/immer, an eine Landschaft, die ein russischer Maler aus dem vergangenen Jahrhundert gemalt hatte. Vor drei Jahren wurden die Gebäude abgerissen und die drei Hektar des Ranenwäldchens mit schnell wachsenden Bäumen aufgeforstet. Ich sah sie heute zum ersten Mal. Ich war zu diesem Wald geradelt, obwohl meine Mutter es mir untersagt hatte. Trotz ihres Verbots war ich die ein oder zwei Kilometer aus der Stadt hinausgefahren, um dieses Wäldchen zu sehen, den Ranenwald, das Ranenwäldchen. Das aufgeforstete Waldstück umschloss dicht und dunkel der alte Mischwald, groß und übermächtig, er schien den kleinen Birkenwald zu erdrücken. Ich lehnte mein Rad gegen eine Buche und ging in das Birkenwaldchen hinein. Es gab keine Wege, die Erde war von den Forstarbeiten durchgepflügt, große, riesige Krdschollen, von Traktoren und Pflügen herausgerissen, hatte ich zu überwinden und musste große Schritte machen und springen, um voranzukommen. ^ kW-«*» *Tren ,„„„> und I *r der «.»■ Z «M*- «*fj drc, Jahre ... *ro*cr H.W j* A«*«"1* "f" hMt„ si,h d.i. Ansahen und i^^tteundlinbdcrZi^c.src.nrcMc.ngc- Jikfc. *•* de Mischwalds, der sie umgab, Rankten .m aufkommenden Sturm, nun scheuen s,e den neuen Wald, die (ungen Buken, zu schützen. I inzclnc Wtifken zogen über die Wipfel, schwer und rcgetivoll. Von ihnen verjagt, trieb eine weiße Wolkenwand dahin und entschwand. Minuten spater hatte sich der Wind ge-legt, die Wolken verharrten, lastend, drohend. Der dunkle Wald ragte bewegungslos und schweigend in den Himmel, und nur die kleinen ßlatter der jungen Baume i kenwaJds flatterten und spielten ihr Spiel miteinander, an verharrten auch sie bewegungslos. I sich die Sonne durch dir schurr™ tt^ll. immer mel, und nur die kleinen Blatter der jungen Baume des Birkenwalds flatterten und spielten ihr Spiel miteinander. Dann verharrten auch sie bewegungslos. Langsam s«. In »b die Sonne durch die schweren Wolken, doch u wieder wurde sie von ihnen verdeckt, bis diese, bedrängt den wärmenden Strahlen, sich lichteten, auflosten, dahinschwanden. LnNlant, war aus dem Nicht, erschienen und bewegte dem Gda„de und dem unwegsamen i schienen vor ihm zu ichts dieser eleganten. W.iUIUkIcii vertraut. Der Mann u Birken um Kopfeslänge, die BiufM erstarren, als schrumpften sie UigakA KhneJdJgcfl I u !*(.-■ 111■ iit-. IXr Mann trug eine vornehme wcitfe Uniform, einen weißen Krack mit silbernen Schulterstücken, er wirkte wie ein Mirchenprin/., als stamme er aus einer anderen Well, einer fernen Xauberlandsehaft. In der Hand hielt er eine dünne, schwarze Peitsche, wie sie Reiter benutzen und die er unaufhörlich durch die Luft gleiten ließ, als sei er allmachtig, als gehöre ihm alles um ihn herum und sei ihm untenan. Die unachtsamen, doch gleichzeitig anmutig ausgeführten Pcitschcnschlagc rissen die Birkcnblatter ab. köpften die Spitzen der kleinen Baume, schlugen die dünnen Aste beiseite, so dass sie zu Boden Helen. Bei vci- ii t.in/elnden CJang, jeder Schritt verriet Macht, Kul-und dnst. den gebildeten (icbictcr, achtete der Mann nicht auf die Zerstörungen. Traumverloren bewegte er sich durch das Wäldchen, knickte die Baumchen um. /erbrach sie, ohne es wahrzunehmen. Mit keinem Bluk. bedachte er sie, er schlenderte durch sie hindurch, drehte sich schwungvoll und elegant. Sieghaft hob er den Kopf, er lächelte, er schien glucklich zu sein. Unvermittelt hielt er inne und schaute mit einem schmerzlichen und bedauernden Blick zurück. Langsam trat er einen Schritt beiseite, atmete tief und vernehmlich auf, seine Peitsche fuhr mit einem raschen, fast unsichtbar schnellen Schlag durch die Baumchen. Es nur ein einziger Schlag, und im gleichen Moment wa sechs Birken gefallt und lagen ihm zu hülsen, lagen v seinen glanzenden, makellosen Stiefeln, rr wandte sich ab, schritt lächelnd dahin und davon Besot er die Buhne seines überraschenden Auttritts verlieb, schaute er wk uv venchwAini soplot/luii, WW VI ll über das Gymnasium 3«^Gyn«us.unM in der Stadt «ohn.cn. drc. che-„„ige und der neue der vor sechs Jahren ms Stadtchen pyy ^ Auf die«: Besonderheit soll bei der \\ ledcr-erofmung »erwiesen »erden, und Herr Köstler habe ihr diesen .Aultrag gegeben. Sie werde eine ganze Seite dafür bekommen, die zum Schulbeginn erscheinen solle, genau gesagt, m der Wochenendbeilage. Sie habe bereits mit I )r. Mcyer-Kcllcrein großes Interview gefuhrt, der die Schule nun leite, und mit Herrn Kutzfeld, der vor Jahrzehnten sein Nachfolger war, und sie werde auch noch mit I Icrrn Dt Cornelius reden. Ein großes Foto des restaurierten GrnuuHums werde über der Seite stehen, und vor dem rmtusium, das sei ihr Vorschlag, sollten die vier Di-toren zu sehen sein, die drei im Ruhestand und der jetzige. Bospch bnc ,hr Khweiscd zugehört u„ J bclusngl seit Du Gr Gyi rck Ja. der Michael Kosiler war mein Schüler, das ist wahr. Und noch zwei andere Herren aus Ihrer Redaktion, alles Schul« von mir. Und ich lese, was meine Schüler schreiben. Sie sind st<»l/ auf Ihre Schüler. Stolz? Nein. Ich schaue mir nur an, was sie hei mir gelernt haben. Ich will sehen, was sie nicht begriffen haben, was sie immer noch falsch machen. Die Artikel meiner drei Schuler lese ich sehr genau. Mit dem Rotstift in der Hand, sozusagen. Den zweiten Konjunktiv, den sollte der Michael Kostler meiden, der verrutscht ihm regelmäßig. Das Madchen kicherte nervös. Da er nichts weiter sagte, fragte sie ihn direkt, ob er ihr ein längeres Interview zu seiner Zeit am Gymnasium gebe. Nun, Fräulein Rosler, das ist alles lange her. Und es interessiert keinen mehr. Ich bin ein alter Mann, und meine Welt ist langst versunken. Das ist vorbei, mein Fräulein. Vergangenheit. Abgeschlossenes Präteritum. Das war in der anderen Zeit. Und darum will unsere Zeitung daran erinnern. Eine ganze große Seite mit Ihnen und den anderen Direktoren. Das ist schließlich ein Teil der Geschichte dieser Stadt. Und wann gibt es das schon mal, dass vier Direktoren derselben Schule gleichzeitig in einer Stadt leben. Und es war die Zeit des großen Umbruchs. Ich denke, dazu könnten Sie viel erzählen. Das interessiert die Abonnenten vom Kurier, das ist auch die Geschichte unserer Leser. Ich weiß nicht, ob ich es will. Ob ich mich daran cnnnern mochte. I-s ist lange her und es ist vorbei. Aber die Erinnerungen uberkommen einen, ob man will oder nicht. Sie sind das Leben, das man führte. Sie sind jetzt siebzig... 16 ^.krwh/iC. l"*f»K»frtr r*"**"^'1 Vcrre-hun*. l>armwen*ee ninKTti hesirzen ^h!. \lf|JxU-M Sk- sich nicht .in» die MttNT s||f umrren Frmiirrii ,,„-.^km U*n ,u k......:,„„,. j nncrn wir un». ''* *,IU' *,u ' rmm'ft,M» ""'im «if ooJMCl I --de des Ichciis Iviiiliuieii. I s ' tüfmfr Erinnerungen, die « »"N whheKlu her vn, Frieden mit uns selbst /u schliefen. Schauen Sie vdidie AlrmiMrenKinJejn.dir Jahr für |jhr crsJuii.cn. Das «nd afcs prachtige Figuren. Wundervolle, aufrich nsr tapfere (..'harakrere. Unerschrocken, selbstlos, die GeredtOgkeit in Person. Kerle, die nun fcern jIs /< MMen gehabt Jurte. 1>j* Problem i>r. es waren meine Zeitgenossen, und sie waren nicht angenehm I nd ben Sie nicht, ich will Ihnen nun einreden, dass iiu Erinnerungen geruuer sind, m jhrh.ifrcr. >;! mbv» Hon, wehrre* Fräulein, auch ich wurde Ihnen ci/.ni Md passt, da* ich von mir hübe «nler das ich «■irren von nur vorgaukeln will, kh wurde sclbst\c «andben alles verschweigen, was mich an nur storr | , dazu muwf ich nuch mehr uin,l„l, k ... . »x _ ^ nKm ""Verlieh anstrengen Di. vorrnuc. das. was mir an mir nicht gefallt, ich mu«e einmal verschwelen, das ist «ar nicht not« **** Kh bnpt vergessen, und , Kummff" W «ch rucht um die I Lrure. berichten Sie, wa, Sie sehen ir sehr gruttd nerungen alfer wirklich pas rden will, und kht gerne von was zu trinken? Soll Kh lh Mädchen, diese kleine Kedaktiommau«, offens* htlich sprachlos Kenucht hatte. Nun, brauchen Sie |et nen ein (das Wasser briri,,. Danke, nein. - Dm wäre ein nuter Anfang. Herr Dok tor IWr.o'M.li VX.is meinen Sief Wav für ein AnfanRi I ur meine Seite, hur das (fespn Hen mit dem an, wav Sic eben sa|tj los. Ich dachte, ich hatte Sie erschreckt. Alv» sind Sie einverstanden? Sie geben mir das Inter view? Nein, nein, so rasch wickeln Sie mich nicht an, rrau-Icin Kosicr. Wie viel Zeit habe Kh? Bis wann muss ich mich entscheiden? Wenn wir uns in der nächsten Woche tur an stunden zusammensetzen konnten ... Schon, dann habe ich alv> sieben Tage, um übet I ra>;c nachzudenken. Ruten Sic mich in der nächsten W< che an. dann kann ich Ihnen sagen, ob ich Ihnen R< und Antwort stehe Ob ich die alten Fcklstane t in.iI umdrehe, um zu schauen, was darunter ist. Danke. Doktor Hogg«»s<.h. Vielen Dank. Ich rufe "*e nu listen Dienst.li; an Neun Uhr, ist das in OedJMBf} I r Aber ich habe Ihnen nichts zuges allzu sehr enttäuscht, wenn ich Ihnen Ich bin zuversichtlich l nd jetzt dass Sie was zu sagen haben, kh fr C «sprach. Das ist nicht gewiss, das steht ihkIi in den Sterncsv "Ii in schönes I laulein Aber eins *iftt* sc» Kh auch 1 1 * -H i -Í t 2 ~z - r — = T5 y -r = "S I * c C E -C t = -> - - - * TJ -3 — E ~ Z ; * I \ 11 * -a 11 2 -a Í I § I J j 45 III! Uli tmi I j: z 5 i> é E ? J* I _ 2 t * * ? i I * ti Í 4 i -B , 1 * -9 I I der lang wtfJf dcr ■"•isernc VorhjnH /wischen Ost um) \\cvt nicht mehrallein in Köpfen neu. Die baden l * ^cr wurden irgendwann auch einen Lagerzaun brauchen, da* wurde legliche Lagcrordnung schon seit Jahrhun-derten «erlangen, irgendwann wird der eiserne Vorhang Hl einem stabilen und unüberwindlichen I agerzaun, Jc-r Osteuropa von Wisteuropa trennt, und sie hofften in diesem Moment, im richtigen Lager zu sitzen. Wenn Emanuel und die Freunde recht haben, dann wird diese Trennung endgültig sein oder sehr lange Zeit dauern, ich werde nie wieder meine Mutter sehen, und der einzige Verwandte, den ich dann noch hatte, wäre mein Onkel Richard, dem ich besser nicht unter die Augen kommen sollte, denn ich hatte ihn Mögen und mir von ihm < idd geben lassen für eine Schule, in der ich mich nicht eil einen Tag hatte sehen lassen. Von Onkel Rieh; ich nichts zu erwarten, wir waren geschiedene I euti das war mir recht, und sein Geld wurde ich ihm a zurückgeben, irgendwann, denn von ihm wollte ich mir nichts schenken lassen, kein Fahrrad und keinen Pfau Nach Marseille konnte ich nicht zurück. Ich hatte meine vier Arbeitgeber und Freunde nie belogen, aber ich hatte ihnen auch nicht die ganze Wahrheit liber mich er zählt. Fmanucls Buch Combat de coqs 11 jum steckte in meinem Koffer, in dem wunderschonen alten Lederkoffer, den sie mir geschenkt hatten, und dieses Buch, in dem es ein Foto von einem Mann gab, der mein Vater war oder es doch sein konnte, machte es mir unmöglich, dorthin zurückzukehren. Diese vier Männer waren für mich wichtig, sie waren Freunde für mich, aber diese Freundschaft war durch meinen Vater vergiftet. Nein, Marseille konnte ich vergessen. Zu Mutter zurückgehen und daheim eine Lehre anfan- pen und dort die Abendschule besuchen, wäre eine Mog-lichkcit, aber dann waren die letzten zwei Jahre umvmxt gewesen. Ich war aus Vater» Stadt geflohen und wollte nie wieder dort leben. Mutter zu besuchen hatte ich v..r. aber danach musste ich so schnell wie möglich in eine andere Stadt ziehen. Mutter wurde das verstehen. Aber wohin? Wohin konnte ich gehen? Wie lange wurde Berlin und der Osten abgesperrt sein? Vielleicht wie damals, bei der Berlin-Blockade, für mehrere Monate? Vielleicht für immer? Mein Bruder war gewiss schon bei Onkel Ri-v li.ird. und Mutter lebte zu Hause ganz allem In Frankreich konnte ich nicht bleiben, und auch in Fngland «»der Italien, in Polen oder in der Sowjetunion, uberall konnte ich auf Leute von der Resistance, auf Partisanen und Widerstandskampfer stotien. Ich würde sie kennenlernen, mich mit ihnen anfreunden und musste dann irgendwann erfahren, dass sie vor zwanzig Jahren auf meinen Vater getroffen waren, den überall ge-furchteten -Vulkan«. In ledern Land würde ich auf ihn Stoßen, überall war ich der Sohn des SS-Manns »Vulkan«. Das wollte ich mir nicht antun. Und wenn ich in Westdeutschland bliebe, wurden mich die Behörden zu dem Onkel nach München schicken oder ihn darüber informieren, dass der Sohn seines Bruders wieder da sei. Vielleicht musste er als einziger Verwandter alle Kosten für mich ubernehmen. Fr wurde mich zwingen, nach München zu kommen und unter seiner Fuchtel zu leben. Fr wurde mich zu meinem Vater betragen und notigen zu sagen. Väter sei ein deutscher Offizier, der nichts als seine Pflicht getan habe. Nein, mit diesem Onkel wollte ich nichts zu tun haben, und keiner sollte mich liiingn können, mit ihm zu leben oder auch nur zu reden. Und aulserdcm hatte ich Heimweh. In Marseille besab ich an s \ belle* /immer, dreimal so uroh' wie das /minier bc, Murin; ■'» dem K"h zusammen »ut Gimihard leben musste, und dennoch h.itte ich Sehnsucht nach diesem kleinen /immer mit einem Sc-hlaipl.il/ fiir mich. Sehn sucht nach meiner Mutier, nach der I Icimat. S.vrt einen Kaffee?, fragte die Kellnerin. Nein, ich bezahle. Ich haue bisher alles geschafft, ich hatte mich durchgeschlagen mit der Wahrheit, mit I ug< u. mit halbwahltn Geschichten, ich wurde es auch weiterhin schaffen, wie immer ich mich auch entschiede. Ich griff nach meinem Kucksack, den Koffer Jiets ich in der Gepäckaufbewahrung, ging in das Wcchsclburo, kramte das gesamte Geld aus meinem Brustbeutel heraus, es war ein ansehnliches Bündel MM Francs, die ich verdient hatte, und legte es auf den Schalter. D-Mark?, fragte die Frau unwirsch. |a. für fünfzig Francs will ich D-Mark. Für den Rest aber brauche ich Ostgeld, die ostdeutsche Mark. Ostgeld? Wer braucht denn das noch?, sagte sie verwundert, das wollen doch alle nur noch loswerden. Aber Sie haben Gluck, bei Ostgeld kann ich Ihnen einen Kurs anbieten, wie wir ihn in den letzten zehn Jahren nicht hatten. Sie zahlte mein Geld, tippte Zahlen in ihre Rechenmaschine und zahlte mir das Geld aus. Für den Stapel Francs bekam ich ein paar Scheine Westgeld und cm klu-nes Bündel der ostdeutschen Mark. Die Brusttaschc mit den neuen Scheinen beulte das I lemd kaum noch aus. I>as Hartgeld und die paar D-Mark-Scheine steckte ich •n die Hosentasche und fuhr nach Mar.cntcldc. VW dem Fmgang des Notaufnahmclagcrs stand ein IJhemaKungswagrn des Fernsehens, und Reporter mit Kanuras und Mikrofonen warteten vor dem Tor sprachen mit Leuten, die hinter dem Zaun im Lauer w reu. Ein Foto von nur vor dem Tor des Notaufnahmela-gers. d.,s war das I et/te. was ich brauchte, und darum schlenderte ich zur Kaiserallcc und ging dann einmal um den Block. Auch nach einer Stunde standen sie noch vor dem Tor. und ich schaute mich nach einer Telefonzelle um. suchte die Nummer des NotaufnahmclaRcrs heraus und bat darum, mit Frau Rosenbauer verbunden zu werden. Frau Rosenbauer hat heute frei. Sie ist erst moTRen früh wieder da, sagte die Stimme in dci Telefonzentrale. Und ab wann kann ich Frau Rosenbauer morgen sprechen?, fragte ich, doch man hatte bereits aufgelegt. Ich fuhr /um Bahnhof zurück und ging zu einer Pension in einer Nebenstraße. Für zwei Nächte, sagte ich zu der alteren Frau, die mir das Zimmer zeigte, vielleicht werden es drei. Ich holte meinen Koffer vom Bahnhof ab und br ihn in mein Quarticr. Dann bummelte ich über den furstendamm. als an einer Imbissbude drei Wurste und ging anschließend in ein Kino, in ein amerikanisches Musical. Im Kino dachte ich an Raphael und Gement und daran, was sie sagen wurden, wenn sie mich in diesem Unierhaltungshlm sahen. Am nächsten Morgen ging ich zur Post im Bahnhof, rief wieder in Maricntcldc an und ließ mich mit Frau Roscnbaucr verbinden. Sie erinnerte sich an mich und fragte, warum ich anrufe und was sie für mich tun könne. Ich habe ein Problem, Frau Rosenbauer. I nun Moment. Konstantin, sagte sie. dann horte uh su mit anderen Leuten sprechen, besor sie sich wieder meldete. , Konstantin, sagte sie, ,ci~ — — wohl froh, dass du recht/e.ng w uns gekommen bist? Sc.r dre, Tagen meldet Steh kaum noch einer bei uns. Die Grenze ist dichr und sie heginnen, eine massive Mauer zu bauen. Ich hirchre. diese Grenze wird unüberwindlich sein. -Aber w.is h.isr du für ein Problem? Wie kann ich dir helfen? Mein Problem ist die Mauer. Ich muss zu meiner Mutter zurück. Zurück? Du willst in die DDR zurück? fem, wo dort keiner mehr rauskommt? Nein, Konstantin, das solltest du dir noch einmal überlegen. Die wissen, dass du abgehauen bist. Wenn du jetzt zurückgehst, stecken sie diJi ins Gefängnis. Ich muss zu meiner Mutter. Ich kann sie nicht alleinlassen. Sie kann nicht zu mir kommen, da muss ich halt zu ihr. Konstantin, wie stellst du dir das vor? Was denkst du denn, was die mit dir machen werden! Es ist die letzte Gelegenheit für mich. Wenn wir die Personalausweise tauschen, wenn Sie mir meinen alten DDR-Ausweis zurückgeben, dann gehe ich rüber und sage, ich war nur für ein paar Tage im Westen. Die wissen nicht, dass ich abgehauen bin. Die wissen nicht, wo ich bin, und sie können mir nichts nachweisen, wenn ich mich mit dem alten Ausweis zurückmelde. Ich brauche meinen Ausweis zurück. Wie stellst du dir das vor? Das ist nicht möglich. Dein alter Ausweis ... nein, ich glaube nicht, dass die alten DDR-Ausweise aufgehoben werden. Linen solchen Fall habe ich noch nie gehabt, aber ich will sehen, was ich tun kann. Ruf mich heute Abend an. Vielleicht kann ich dir dann schon etwas sagen. amnxhrnd kh »«n#f« nrkmtMk. *h tnum auch mm dw I *n*h*r*n*%un%. Um , «je wrWkn jilr nu» .<« < ch IWrlif» <«Jrr «w».h l#ifui«. und m d* fcktiwn Vrrw.>hn« umi impwitint kh ihr JiM-h. «« ft.rbUm. m dw Tift*\ »Muuervtrn. VL^fwn dm mm oh »tr dran *J.*uhrn ujrr rutht l>*% tut utk «ah rri. tJj« *jh r» iu mrifwr ZfM nn. hi IKm hntfl. «h bin rühr« «w»hm«n kh hm mi rurcn Wumch hin in Ja« kkinc hjfr JWhirJrrufiK kann *.h »ergc-wien. Verzeih. Knntfjnfin, i*,h mmm Schkw» ffMckfW. ».h nittM iu rinrr Siliung. UhrrtcK o ihr hi't. Muh*. W« wollen iii« hl gaiu vernetzen, drin r JÄ «k* n*.ht mimtr niivh J-i/u rrkbrrn und nun n -» «nMl Stellungnahmen einholen kh tchlo«« tur einen Moment die Aageii. La «M, ak habe nun mir einen Vhlaft auf den köpf «ersetzt, kh .Mmite schwer. Ich weih nicht, wmon du redest, kh spreche von deinem Vater. In deiner Akte niht r» mehrere Seiren über ihn und du kennet sie. Und dioc Setren wird keiner übersehen, der sie nicht übersehen will. Rudolf, ich bitte dich. Das ist dretbig Jahre her. Und ch habe meinen Vater nie gesehen. Fotos gibt es genügend von ihm, das weitvt du. kh K~ »falls kenne Bilder von ihm, sie liegen bei deiner Akte, von Exekutionen, die er befehligte. Und Fotos :m Vater vor dem polnischen Volksgerichtshof. 454 ihen l hi Nu n* ht in «kt PsiWl u.*1 dann n**h kf»r1r.»»rtbmhei in der r «md*. da und deine ( hanten rmht fu« l«w da-ratr ich dir Inn m eine Partei nn. utIUhN kann deine Kaderakte v«a' herem*m. I»" nicht was alles möglich ist. r.me rUoikpanei. die wäre für dich da« (Kgehene Da» »u die l'arte. der unbelasteten Sans, da wurde deine Akte keinen * Mir schos* das Blut ,n den K<*« und *h harte Muhe, zu bleiben und ihn nicht anzuschreien. — 4J5 Moment, doch dann sprach ich weiter. Rudolf Schro der «rar einer der wenigen Mentchen, die meine ganze Gcschkhre Icannren. er vvussre all das. worüber ich mit kaum einem MensJicn sprechen konnte, und wenn er schon meine gesamte Akte mwlun hatte und ihm all das, was ich mich überall /u verbergen bemühte, schwarz auf Miel vorlag« dann v«»lltc er auch den dazugehörigen Rest erfahren, und so erzählte ich einlach weiter, was mich lebenslang bedruckte und beschäftigte, und es interessierte mich in diesem Moment und in seinem Arbeitszimmer überhaupt nicht, ob er mich verstand oder ob ihm das alle» gleichgültig war. Ich spurte in nur ein Bedürfnis, davon zu erzählen, es erleichterte mich und es war mir in diesen Momenten vollkommen gleichgültig, wer mir gegenübersaß und wem ich darüber berichtete. Ja, Rudolf, dieser Vater hangt mir an. I brachen grübele ich darüber nach, wie w urd der, der er wurde? Kr war der Hnkcl eines Pädagogen und der Sohn eines geachteten lerv, der ein paar firfindungen machte, sie sich Hernie-' reo lief* und mit diesen Patenten eine kleine, aber angesehene Reitenfabrik aufbauen konnte. I in Keim mpada-goge. ein f irmengrundcr, beide geachtet und angesehen, wieso wurde dann ausgerechnet dieser I nkel und Sohn zu einem solchen Teufel.1 Kr harte Schwierigkeiten mit seinem Vater, mit setnem Großvater, ihre Namen wur den ihm vermutlich überall vorgehalten. Überall, wo er hinkam, sprach man vom (•roKvatcr, vom Vater. Vermutlich sah er nur die eine Möglichkeit, sich von ihnen rhbar abzugrenzen. I r verheb das Umfeld seiner I» den Kaum, in dem sein t.rnh'vater und sein herrschten, kh denke, er wollte auf eigen« I übe ■ad da« hieb für ihn, er mussit alle werte Kl- unterVater rten ' .1 nd- ner Voeg*nger uncr fc)rd ^ - eine Partei, ehe eben^o^ä* len anderen zu unterschaden suchte a °" * len Neuanfang wollte, die alles wollte, fcr trat d.eser Partei hei vK, t u7 ■rgendwann war eine C.renze üraerKToir^die^SÄ auch für ihn einmal unuberv.hrei.har Revs^ Wa/T erste Schritt in den Sumpf, dann der zweite, und schließ-hch steckte er bis zum Hals im Morast. Und immer so weiter, immer der Partei treulich gefolgt, bis eines Tage» das Parteimitglied dalur gehängt wurde. Ich denke, er ist da reuigem hinten, ganz langsam. Schritt für Sehn«. Line kleine Abweichung zuerst, ein winziger Reger« eine nicht ganz zulassige Aktion für die Partei, dam« es an. denke ich. und am Kndc kam das grofie Verbrechen und dann wartete der Strick auf ihn. Ja, vielleicht. Vielleicht war es so. Als \erbrecher wurde dem Vater gewiss nicht geboren. |a. und deswegen werde kh nirgends eintreten. In keine Partei und in keinen Verein. Das ist die Lehre,die ich gezogen habe. Ich bitt dich. Konstantin, halt den Mund. Was du fetzt andeutest, das ist so eine unverschämte Unterstellung'. Aus und Schluss, das habe ich gar nicht gebort. Was fallt dir nur ein! Das ist ungeheuerlich! l>as ist ja straft* Avh was, uh werde es einlach vergess« hoffen, dass du nie wieder so etwas all genubci und nirgends So, nun na^sic Ich habe KU tun. Ich will nach M kh habe dir e ki kann nur keinem gc-kltchge. 1-ki Rudolf. :r Zctt geopfert. unserer Grundschule, doch n.ich der Vereinigung der beiden deutschen Staaren wurde er entlassen, da die Akren ihn als einen der akrivsren Spit/el im Kildungswesen auswiesen. Ein Jahr lang leitete er eine |ener Annoncen-/eirungen. mit denen neuerdings jeder Briefkasten vollgestopft war. spater eröffnete er in Räumlichkeiten von Schloss Wasserburg, einem Bau aus dem 19. Jahrhunden, zwanzig Kilometer vom Städtchen entfernt, eine Akademie für I-uhrungskrafte der VC'irtM.ri.ttr, die außerordentlich prosperierte. Fr beriet nun Firmeugrundcr aus den westlichen Bundeslandern. dem Vernehmen nach soll er ihnen bei Ankaufen als Strohmann zu Diensten gewesen sein. Fr ist reich geworden, was er auch gern ausstellt, und ist im Städtchen ebenso angesehen wie verachtet. Im Juni bekam ich einen eingeschriebenen Briet einet Leipziger Notarkanzlei. Marianne hatte den Briet entge- ■gengenommen und ihn mir \erwundert ubergeben. AK sie von ihrem Treffen mit ihrer Freundin Anna und der kleinen Esther zurückkam, fragte sie mich, was ein Notar mir denn Gewichtiges mitzuteilen hatte. Ich war auf ihre Frage vorbereitet und hatte mir eine Lüge zurechtgelegt. Ich sagte, meine Mutter hätte in G. ein Stuck Ackerland besessen, einen Flcktar. auf dem wir damals Kartoffeln anbauten. Dieses Stuck Land wolle nun eine frühere (Je nossenschaft, die sich neu gründe, käuflich erwerben oder pachten und habe den entsprechenden Antrag gestellt. Und was wollen sie dir dafür bezahlen?, fragte sie belustigt. In dem Schreiben steht keine Geldsumme, aber ich werde es wohl verkaufen. Was soll ich mit einem Acker einer Stadt, die ich nie aufsuche. Aber ein so dicker Brief?, fragte sie verwundert, muss man denn für einen Hektar v Briefe «hretben? ******** ^ ^ Anwalte, sagte wh nur zUrtrWur je mehr Papier, desto hoher ihre Ii **'chcn ^'AuskuThfe-chen spater tragte ste, wie kh mi K ,hnP**»^ und ish sagte, ich hatte dem V„kw Cn,Kh,cd™ habe, jährliche Pacht lächerlich sei und 1'""T™^ U" erlös einen Urlaub bestreiten konn^. ^ **** In dem Notartatsbrtel wurde ,n„ muRctcil, I . **C. Amtsgericht habe entschieden t P Gerhard Müller und seiner fTe£ borene Boggosch. verheiratete Muller stehe der* l liehen Erben zu, da die sowjetische Be^j^s zw ar sämtliche Maschinen der Vulcano-Werke nach dem Kncgsendc beschlagnahmt und abtranspunien hatte Jas Werk von Gerhard Muller sowie seine Grundstucke, Immobilien und Ländercicn damals unangetastet ließen, liest seil n 1 rst von der ostdeutschen ivcgktvngcneipin worden. Ein Anspruch auf die von der sowjetischen Mih-tärvcrwaltung beschlagnahmten Maschinen der Gummi-und Kcifenfabrik bestehe nicht, dies schließe der Einigungsvertrag in Rücksicht auf sowjetische Interessen aus, doch das gesamte von der ostdeutschen Verwaltung konfiszierte Eigentum gehöre nach Recht und Gesetz den* Kindern von Gerhard Muller und seiner Frau Erika, wts durch einen Gottinger Gerichtsentscheid bereits im Jahre 1951 nach einem von Richard Muller angestrengten Prozess unzweideutig geregelt worden war. Der Maschinenpark von BUNA 3 gehör«- nicht dazu, da diese Maschinen nicht im Austausch und als Ersatz verschlissener Maschinen angeschafft worden waren, sondern nach der Beschlagnahme durch die sowjetische Besatzungmacht vollständig neu aufgebaut werden musste. Km Anspruch auf diesen Maschinenpark wäre nur durch einen weite reit Prozess durchzusetzen. Gunthjrd und Konstantin Boggosch seien als einzige Kinder des Erblassers daher die rechtmatsigcn und imdich bestätigten Erben, rs luge allerdings eine I rh verzahtscrklarung vom M.ii iyci vor, in der Frika Bog-gosch. verheiratete Müller, sowie ihre Sohne dunthard und Konstantin schriftlich beurkunden, dieses Erbe nicht antreten zu wollen. Die Ver/ichtserklarung von Erika Boggosch, geborene Koggosch, verheiratete Mulicr. sei für die Verstorbene bindend, die Erklärungen der beiden Sohne waren es jedoch nicht, da diese /um Zeitpunkt der Beurkundung minderjährig waren, dunthard Boggosch sei bereits von seiner Ver/ichtserklarung zurückgetreten und habe seinen berechtigten und gerichtlich bestätigten Anspruch erkl.irt. I r, Konstantin Boggn^li. müsse sich gleichfalls neu erklären, also notariell inen Verzicht oder seinen Anspruch amtlich und I In einem beigelegten St.ipel \ aulgelisfet, er bestand aus den frühen: . .im Werken, dem heurigen III'NA3, aus zwölf HällSCl ii..den vier Sradtvillen am Markt und acht weiteren Mehrfamilienhäusern, vier unbebauten Grundstücken in G. sowie vierundzwanzig Hektar Ackerland und dreiundvierzig Hektar Wald. Ich erzahlte Marianne nichts von dem Inhalt des Briefes, wie ich ihr nichts von meinem Vater erzählt hatte. Ich erzählte es niemandem. Immer wieder. Tag und Nacht, beschäftigte mich diese Anfrage der Notarkanzlei. Es ging um einen groben, um einen riesigen Besitz. Jedes der Häuser am Markt war gewiss eine halbe Million wert, nd BUNA 3 besah' vermutlich einen sehr viel höheren ermclden. der Besitz WertaU alle iU -ncn. K.vnstannn BoJ^T^ M«»« « Ii. J" '»eitach geschähe vCLT^ ^„d, ~ht*rkbn^ vsulerruh, PWxlkt^^^ des St ten Mein 1 eben lanR habe ich mUk l. . .vh.,„a,n,0,„c,v^h,::"K,'.........!«•«*• •»ti.*™. hm „, . Zu......umQ "« -* «*«.....SÄt^Ä » bemüht, nur um J,„,„, ,7, ,"™V"''»™ cdd«^niJWI,Iwnillkhlum^ ^ zu werden: Mm mdnem Direktoren^eluh ***** *h ,„ einer gut versorgten Besoldungvgmppe, kh wurde eine mehr als ausreichende Pension beziehen, ich brauchte das deld nicht, nicht wirklich, kh traute mich auch, wie ich mich entscheiden wurde, wenn meine finanzielle läge weniger rosig wäre, wenn ich wie Rudolf Schrodet vor dem Nichts stunde. Wenn ich die Vemchtsetklatung erneuerte, wäre dunthard der Begünstigte und Alleinetbe, und ich wusste, er wurde mich nicht mit Dankbarkeit uberschütten. Er wurde über mich lachen, seine Verachtung für mich sich ins drenzcnlose steigern. Ich entschied mich gegen meinen Vater und folgte meiner Mutter. Drei Wochen spater teilte ich der Kanzlei in Leipzig mit, ich wurde bei meiner damaligen Entscheidung bleiben und die VcrzichtserkUrung von 1951 vor dem hiesigen Notar bestätigen oder wiederholen und ihnen zusenden. Marianne erzahlte ich nichts davon, ich hoffte, s.e wurde nie etwas davon hören, n.chts von meinem Vater und seinen Untaten und nichts «,dem Verzicht auf ein Millionenerbe, einem Verzicht, den Kl 4V9 vermutlich keinem anderen Menschen erklären kann. Ich w.ir erieichrerr. als ich den Brief eingesteckt hatte, und harre nicht das Gefühl, mir sei etwas entgangen, vielmehr hatte ich mich ein Stück weiter aus dem Schatten des Vaters herausgearheirer. Bis zu meiner Pensionierung blieb ich an der Pest.i lozzi-Schu/e. Rufzfcld sorgte dafür; dass ich nichts anderes unterrichten konnte als das Kunsttach. Die Stimmung zwischen uns blieb feindselig, aber er stand auch mit fast .illcn Anderen Kollegen auf keinem guten 1 ulv Als er 2008 pensioniert wurde, war das Aufatmen des Kollegiums hörbar. Ihm folgte ein Dr. Meyer-Keller im Amt, ein vierzigjähriger Mann mit vier Kindern, der zuvor in zwei anderen Bundesländern tätig war. Bei seinem Amtsantritt hatte ich noch zwei Jahre vor mir, ich wich dem neuen Direktor nicht aus, aber ich legte auch keinen Wert auf eine nähere Bekanntschaft. Die Zuneigung meiner Schüler hatte ich mir erhalten, und es gelang mir, sie ledes Jahr und bei jedem neuen Jahrgang zu erobern, d.is war die Anerkennung, die für mich wichtig war. Marianne musste sich immer wieder krankschreib lassen. Ihre Wirbelsäule schmerzte, das ständige Stehen ui den OP-Tlschen hatte ihr zwei Bandscheiben-Vorfälle beschert und sie hatte darum gebeten, als Hygiene-Schwes-rer arbeiten zu können. Ich bemuhte mich, möglichst viel der Hausarbeit zu übernehmen, damit sie sich daheim erholen konnte. Sie bemühte sich, sich nichts von den rhmerzen anmerken zu lassen, aber wenn sie sich unbeobachtet fühlte, sah ich, wie mühsam sie sich bewegte. Im Jahr 2010 wurde ich pensioniert, ich war fünfundsechzig, und ich ging gern. Ich war müde geworden und heute mich auf die freie Zeit und die Ruhe. Der Abschied an der Schule wurde zu einem grolscn Fest, zu dem auch 500 Ob ich ihr Zimmer sehen wolle, aber das lehnte ich ah Krankender deprimieren nuch und ich , W nVsci Tagen selbst eins beziehen mütsen Wir gingen m mein I Intel und setzten uns ,n da, Res. raurant. Ich bestellte eine Lebe, mn Bicheln und Spat* und «c erzahlte nur, was sie in den vergangenen Wochen erlebt hatte. D»e Kur habe ihr tatsächlich geholten, sagte sie. die gy.nnastis.hen Übungen fielen ihr schwer, aber * hatte recht bald die Besserung gemerkt und sei jeden Tag zu der Heilpraktikerin gegangen. Daheim im Städtchen wolle sie versuchen, eine solche Heilpraktikerin zu finden, sie habe gehört, hinter dem Markt hatte neuerdings eine solche Praxis aufgemacht, und sie hoffe, diese Frau verstünde ihr I landwerk ebenso gut wie die Frau hier im Harz. Ihre Mitbewohner seien erträglich, sie wurden den ganzen Tag über immerzu Fotos von ihren Kindern zeigen und von ihren Enkeln. Nur ich, sagte sie, nur ich habe nichts vorzuzeigen ... Sie unterbrach sich und schwieg, ich tätschelte verlegen ihre Hand und bestellte zwei Gläser Wein. Ich verstand ihren Schmerz, es war auch meiner. Hat sich das Mädchen wieder bei dir gemeldet, die junge Frau vom Kurier}, fragte sie. Nein, sagte ich, ich hatte ihr ja abgesagt. Und was sollte ich ihr auch erzählen? Von irgendwelchen Lehrer-konfecenzen? Von einem lächerlichen Streit mic einem Schuler? Sollte ich ihr eine spannende Geschichte über die Xeugnisvergabc auf ihr Tonband sprechen? Das interessiert doch keinen Menschen. p^iftMI Du warst immerhin iwonul ^™^Xc^ Und man hat dich entlassen und wieder etng^ und kl hattest übe. dich etwas e Murrer. deinen Bruder. Das wurde ich «ern lesen. Oder ii her deinen Vhrer. Ich licbefte, hob mein (das und sagte: Meinen Vater! Mein (nur, Marianne, den habe ich nicht einmal kennengelernt, wie kann »ch da etwas über ihn cr/ahlcn. Und meinen Bruder habe ich ewit; nicht gesehen. Was soll 1J1. was kann ich einem kleinen /citunnsmadchen über mein Ixben berichten/ Dass wir vorher nicht wissen, was uns hinterher vollkommen klar ist? Oder dass es suh für uns alle im Nachhinein besser leben wurde? Marianne schüttelte Jen K<>pf: Konstantin BoggOtCB, der große Schweiger! Aber auch wenn du es keinem erzählen willst, ich wurde gern wissen, wer du bist und wer du warst. Ach, Marianne, sagte ich, du kennst mich doch. Ein deutscher Schullehrer, was gibt es da grob* zu erzählen* Von der kurzen Jährt in meine deburtsst.ult erzahlte ich ihr nichts, auch nicht davon, dass ich direkt von ihr nach Hamburg fahre, um mich operieren zu lassen. Ich wollte nicht, dass sie sich angst igt und aufregt. Kurz vor acht brachte ich meine I rau zur Klinik zurück, wir verabredeten uns tur den nächsten Morgen, ich sagte, ich wolle im Hotel frühstücken und nicht mit ihr zusammen und den anderen Kranken, ich hatte keine Lust zu frühstücken, wenn rechts eine künstliche Hurte sitzt und links ein entferntes Magengeschwür, die dann auch noch ununterbrochen über ihre Leiden reden. Und du?, fragte sie. was machst du heute Abend? Ich werde wohl in die Nachtbar gehen. Jetzt, wo ich mal fern der Heimat bin und unbeaufsichtigt, werde ich eine verrufene Nachtbar aufsuchen. Vergiss deinen Ausweis nicht. Am Hingang werden alle berpruft. Minderjährige lassen sie nicht rein. J-», Rut. Aber nettbet» k trau erkennt mich. ^ *h <- - Jahren [>« Am nächsten Abend vCraKs.h' Himburg /u fahren. Marunn/ 'fm.und «0*1* rir* Hu. Sf^ht hahe. hrmch.umn4iauunen, uh wurde sie MDe**Wch»wi hatte die Operation v,„ m.r 1 'n,u,cu Woche sicherkh einen M,ucn U V"tm«"^ ein relefonai zu fuhren. Kh wolhe L*k 'f** ^ "W beunruhig, ^«v^**«^^^ ten konnte man swh ein Mcnu zusammenstellen d tei den angeK>tenen (.etranken wann M«yr nwi Weine und ( hampagner. Von der Opertuk» und Narkose bemerkte ich nichts. AmchlicSend wurde ich in den Autwachraum gebracht; ich hatte gcv.hr.ni und viel Wirres erzählt, wie mir die Schwester sagte,dm.hdaran erinnerte ich muh nicht. Der Umgriff wurde nur eine winzige Narbe ergeben und kaum sichtbar sein, sagte sie, und tatsachlich bereitete er mir bereits zwei Tage spater keinerlei Beschwerden. I n sei alles gut verlaufen, sogar vortrefflich, sagte mir bei der Abschlussvisite der ( hefarzt, lencr Professor Paulus, den mir Dr. Smolka empfohlen hatte, ich müsse re- Uli« \jKii lim ^ •»~— •-■•r...... gelmaßig zu Nachuntersuchungen, hatte aber nichts zu befürchten, ich wurde die Klinik als gesunder Mann sei lassen. Vier läge nach der Option war ich im Stadt- meiner Operation an- chen zurück. Ich hatte Marianne am Tag vor...- gerufen und am Tag danach. Sie beschwerte *h. sic .in einem In: uf^rssiii hatte, wie sie saute. Du Oiu- ramm hatte ich ihr erfolgreich verheimlichen können, ich wurde ihr davon erst er/ahlcn. wenn auch Smolka mit meinem Zustand zufrieden ist. Marianne soll gesund wir Jen und sich darum kümmern, sie soll sich nicht auch nosh um muh sorgen müssen. Man soll die, die man licht, nicht unnötig beunruhigen. In der Nacht bevor Konsum,« B^h ,ür Rehi. Klinik fuhr, um seine rrau nach l lause ru hole«, träumte er wirres Zeug. Er schreckte aus dem Schlaf auf und war sich .tut eine seltsam sichere Weise gewiss, dass er nochmals den Traum nach der Narkose im Aufwachraum des I l.imhurgcr Klinikums erlebt hatte, den Traum roch sei-ner Operation. Erinnerungen kommen und überstürzen sich, Bilder tauchen aus vergessener Tiefe auf, Landschaften,Unwetter, Eisgang, Überschwemmungen, MadchengesichteT, Beates runder Bauch, Beate im Hochzeitskleid, die" leeren Wangen von Beate, Muucrs Augen, eine S klasse, die am Grab eines Mitschülers steht und heult, ein kenterndes Boot, Julianes winzige Finger, ein schwerer Motorradunfall, eine Prügelei, eme wirklich schwere Prügelei, die einen jungen ein Auge kostet,em verwirret Mann, der mit m.r irgendwie verwandt ist, die fcseskik der Tante, der hasserfüllte Blick eines Lehrers, das Ka nenwaldchen, der triumphierende Bruder, das oualv Sterben einer Katze.