David Schalko: „Altes Geld“ (2015) – Transkriptum zu Folge 1: „Buschtrommeln“ Zeitraum: Donnerstagmorgen bis Freitagmorgen Szene 1, 00:47–02:00 Rolf Rauchensteiner (RR) und sein Leibarzt Dr. Klaus Schober beim Frühsport auf dem Anwesen der Familie Rauchensteiner. RR: Was ist denn los? Dr. Schober: Schlechte Nachrichten. RR: Und was sind das für schlechte Nachrichten? Dr. Schober: Hepatitis. RR: Hab ich doch schon. Dr. Schober: D – jetzt hamSe auch noch D. RR: D? Ich dachte, Sie hätten mich geimpft. Dr. Schober: Nicht gegen D – D ist selten, sehr selten. RR: Sie sagen das so, als müsste ich stolz darauf sein. Wie bekommt man denn – Dr. Schober unterbricht RR: Geschlechtsverkehr, meistens. RR: Ich habe keinen Geschlechtsverkehr. Dr. Schober: Das tut mir aufrichtig Leid für Sie – also, wobei ich das jetzt nicht wertend meine. Zwei Hepatitis sind auf jeden Fall zu viel für eine Leber… RR: Ich brauche also eine neue Leber. Dr. Schober: Nicht akut. Medizinisch gesehen in einem Jahr. RR: Und wie schnell können Sie eine besorgen? Dr. Schober: Das wird nicht einfach sein: Die Wartelisten sind lang, und in Ihrem Stadium… RR: Ich bin bereit zu zahlen. Dr. Schober: Der Tscheppe ist da leider unbestechlich. Neue Einstellung: Rauchensteiners Sekretär Herwig Brunner (HB) und Chauffeur Max warten bei RRs Limousine vor dem Anwesen. Max: Mahler oder Tschaikowski? HB: Brahms. RR und Dr. Schober treten aus dem Anwesen. RR: Tscheppe? Dr. Schober: Wolfgang Tscheppe. Er ist für diese Listen zuständig. RR : Mozart. RR, Brunner und Max fahren in Rauchensteiners Limousine ab. David Schalko: „Altes Geld“ (2015) – Transkriptum zu Folge 1: „Buschtrommeln“ Szene 2, 02:00–02:57 HB und RR in der Limousine, die sie in die Wiener Innenstadt bringt. HB telefoniert unablässig, RR hört zu – in Ausschnitten: Telefonat 1: Wir rechnen das übers Burgtheater ab – fällt unter Freiheit der Kunst. Telefonat 2: Bis jetzt is no jeder Ausschuss eingestellt worden, wenn wir vorgeladen waren. Jetzt werden’S ned nervös, wir haben alles im Griff … Weil des legal is. Glücksspiel is doch kein Heroin, bitte. Telefonat 3: Wie kann man denn so deppert sein? Mir haben diesem Trottel mit den Glücksspielautomaten des halbade Dorf saniert. Telefonat 4: Stellen’S den ab, Falkner, sofort, sonst können’S morgen Ihr Parte drucken. Dann schreiben’S halt irgendwas. Seit wann spielt Recherche bei Ihnen eine Rolle? Telefonat 5: Ja, das ist schön, dass sich der Kanzler in der Frage so aufpludert, aber wir wissen alle, dass er und jeder von diesen Pfeifen das Format von einem Sparkassenfilialleiter hat. Wir betrachten es ergo als Ver-handlungen auf zweiter Ebene. Telefonat 6: Wir werden doch mit a paar Hausbesetzer fertigwerden… Wos passiert, wenn ma des Haus wegreißt? Telefonat 7: Des is mir schon klar, aber… Windenergie macht ja nur dann an Sinn, wenn ma genügend von diesen Radln aufstellt … Telefonat 8: Nein, der Herr Rauchensteiner gibt keine Interviews. Telefonat 9: Glauben’S mir, es is ökologisch und effizient. Und de zehn Prozent san aa fix. Nein, des war a Scherz. Telefonat 10: Herr Tscheppe, sicher kommt der Herr Rauchensteiner mit. S’is ja Chefsache. David Schalko: „Altes Geld“ (2015) – Transkriptum zu Folge 1: „Buschtrommeln“ Szene 3, 02:57–05:00 Im Chefbüro der Abteilung für Organvergabe. Der Zuständige für Organvergabe, Tscheppe, sitzt an seinem Schreibtisch beim Frühstück. RR und HB sitzen ihm gegenüber. HB: So: Brauche die Herren nicht mehr vorzustellen. Wir wollen auch nicht um den Brei reden: Wir brauchen eine Leber – Sie haben eine. Wie könnma uns einigen? Tscheppe: Wissen Sie, was Humanismus ist, Herr Brunner? HB: Ja, danke. Aber deshalb simma nicht hier. Tscheppe: Humanismus ist das, was übrig bleibt, wenn die Effizienz wegfällt. HB: Das ist nicht ganz richtig, aber wie gesagt, wir wollen nicht ein Gespräch aufbauen, sondern gleich zur Sache kommen. Tscheppe: Bestechung hat auch was mit Humanismus zu tun. HB: Das versteh ich nicht. Egal. Wir wollen Sie auch nicht bestechen – wir wollen Sie kaufen. Tscheppe: Und was ist da der Unterschied? HB: Kaufen ist nachhaltig. Wir bieten Ihnen zwei Millionen, wenn der Herr Rauchensteiner noch diese Woche eine neue Leber – Tscheppe unterbricht ihn: Heute ist Donnerstag. Tscheppe ins Telefon auf seinem Schreibtisch: Fräulein Mika? Bringen’S Süßstoff. Bitte, danke. HB: Also, zwei Millionen. Tscheppe : Ich würd das gern vom Herrn Rauchensteiner persönlich hören. HB: Das ist leider unmöglich. Tscheppe: Dann lautet meine Antwort leider nein. HB: Ich hab das Pouvoir auf zwei Komma fünf Millionen zu erhöhen. Tscheppe: Nur das Wort vom Herrn Rauchensteiner zählt. Die Sekretärin Mika kommt ins Büro und stellt Süßstoff auf Tscheppes Schreibtisch. RR wirkt erstaunt angesichts der Sekretärin. Tscheppe: Danke. HB: Drei Millionen, s’is unser letztes Angebot. Tscheppe : Je länger Sie mich wie Ihren Lakaien behandeln, desto länger wird die Warteliste. RR schweigt. David Schalko: „Altes Geld“ (2015) – Transkriptum zu Folge 1: „Buschtrommeln“ Tscheppe zu RR: War’s das? Viel is Ihnen Ihr Leben aber nicht wert. I moan: Drei Millionen, das zahlen Sie aus der Portokasse, glauben’S, i woas des ned? Aber wie sagt meine Mutter immer: Sparen lernt man von den Reichen. RR: Sieben Millionen. Tscheppe: Sehr gut, danke schön. Alles aufgenommen. Wenn Sie jetzt bitte gehen würden… Fräulein Nika, würden Sie bitte die Herren zum Aufzug begleiten? RR steht auf, HB bleibt noch sitzen. HB : Ist das Ihr Ernst?! Tscheppe : Schönes Leben noch, auch wenn’s kurz ist. Szene 4, 05:00–05:46 RR und Brunner steigen in die Limousine ein. HB: Dass das so a Anfänger sitzt, das war mir ned bewusst. Aber i werd Ihnen a Leber besorgen – versprochen. Alles wird gut. Es is ja no a bissl Zeit. So gesehen… Chopin. Auf der anschließenden Fahrt blickt RR Brunner sehr vorwurfsvoll an, und HB blickt sehr schuldbewusst zurück. Beide schweigen. David Schalko: „Altes Geld“ (2015) – Transkriptum zu Folge 1: „Buschtrommeln“ Szene 5, 05:46–07:21 RR trifft den Bürgermeister Wiens zu einem Gespräch in einem Salon im Rathaus. Anwesend ist ein Saaldiener. Bürgermeister: Also, i würd dir ja mei Leber geben, aber die willst du ned, glaub mir. Also, auf’s Leben! RR: Seit wann trinkst du wieder? Bürgermeister: Dieser Tscheppe is a Krätzn. Der hat no ned verstanden,wie die Realität funktioniert. RR: Und wer erklärt ihm die Realität? Bürgermeister: Der is a Grüner, der ist da resistent. Und irgendwas hab ich ihnen ja geben müssen, irgendwas Ethisches halt. RR: Das heißt? Bürgermeister: Dass mir die Hände gebunden sind. RR signalisiert dem Bürgermeister stumm, dass er unter vier Augen sprechen will. Der Bürgermeister schickt mit dem Zuruf „kurz“ den Saaldiener aus dem Salon. RR: Jetzt pass einmal auf: Wenn du mir nicht augenblicklich eine Leber besorgst, wird mir vieles egal sein. Bürgermeister: Erpressung… sehr gut. Funktioniert aber ned. Wenn du di spielst, aktivier ich den Staatsanwalt, und glaub mir, außer dir sitzt dann keiner im Hefen. Ja, die ham dort eh gute Ärzte. RR: Diesen Krieg können wir gerne führen – Bürgermeister unterbricht ihn scharf: – eher eine Schlacht, der Krieg dauert zu lang für dich. RR wirkt erschreckt, schweigt. Bürgermeister : Wie lang sie wir __ schon befreundet? RR: Zweiunddreißig Jahre. Warum? Bürgermeister : Zweiunddreißig Jahre, a halbes Leben. RR: Ich hab dir dein Studium finanziert. Bürgermeister : Ich glaub, wir sind uns nix schuldig. RR schüttelt den Kopf. Bürgermeister : Moch da keine Sorgen – i kümmer mi scho drum. Man merkt, dass du Angst hast. Das is schlecht fürs G’schäft. David Schalko: „Altes Geld“ (2015) – Transkriptum zu Folge 1: „Buschtrommeln“ Szene 6, 07:22–08:12 RR steht in einem Badezimmer vor einem Spiegel und sieht sein Gesicht an. Als er seinem Spiegelbild näher kommt, erschrickt er über seine roten Augen und stürzt aus dem Zimmer. Dann geht er zurück zur Limousine. Szene 7, 08:13–9:32 RR setzt sich zu Brunner und Kralicek in die Limousine, der die Limousine kritisch mustert. HB: Tut mir wirklich leid, Herr Rauchensteiner. RR: Kralicek? Hat man Ihnen nichts angeboten? HB: Der Kralicek wollt nix. Kralicek: Die Scheiben sind nicht schussfest. HB: Aber blickdicht – das genügt. Kralicek zieht ohne Vorwarnung seine Waffe und hält sie dicht an Brunners Kopf: Wenn ich Ihnen jetzt das Hirn rauschieße, dann sieht das niemand. HB bleibt ruhig, wirkt aber unsicher. RR genervt: Kralicek, bitte! Kralicek: Verzeihung. Sie wollten mit mir reden, Herr Rauchensteiner. RR: Genau. Wir haben ein Problem. Kralicek: Ich weiß. RR: Was wissen Sie? Kralicek: In meinem Beruf ist Information das Wichtigste. Ich bin völlig im Bilde – bitte, reden Sie weiter. RR: Kralicek, ich brauche eine Leber. Kralicek : Also, bei aller Loyalität, Herr Rauchensteiner, aber… RR : Na, nicht Ihre! Sie sollen mir nur helfen. Kralicek: Bei der Beschützung oder Beschaffung? RR: Beides. Ein Mann Ihres Schlages kennt doch bestimmt auch in anderen Branchen einen Mann ihres Schlages. HB zu Kralicek: Denn budgetären Rahmen würden’S dann mit mir sprechen. Kralicek: Kralicek versteht. HB: Ich hoffe, er die Aufgabenstellung erfasst. RR: Max? Bach! David Schalko: „Altes Geld“ (2015) – Transkriptum zu Folge 1: „Buschtrommeln“ Szene 8, 9:46–10:56 RR und seine Frau Liane Rauchensteiner (LR) in Lianes Schlafzimmer. Sie macht sich eine Gesichtsmaske mit Gurken vor dem Spiegel und Watte auf den Augen. Rolf sitzt hinter ihr auf ihrem Bett; er sieht ihr Gesicht also nur über den Spiegel. LR: Hast du vor hier zu bleiben? RR: Keine Angst. Ich habe nur einen Muskelkater. LR: Ich hasse es, wenn du mir dabei zusiehst. RR: Ich muss mit dir sprechen. LR: Hast du dein Vermögen gespendet? RR: Nein! LR: Dann kann es ja nicht so schlimm sein. RR: Ich werde sterben. LR: Eine kluge Erkenntnis in deinem Alter. RR: Ich will, dass du die Familie zusammenbringst. LR: Ist das dein Ernst? RR: Tut mir leid, wenn ich dir damit den Abend verderbe. Hepatitis. LR : Schon wieder. RR: Noch immer und schon wieder. LR: Ich frage dich nicht. Nach dreißig Jahren Ehe muss man nicht alles wissen. RR: Vermutlich Handtücher. LR : Vermutlich – ich mache mir keine Sorgen. RR zu sich selbst: Warum auch. Ich bräuchte eine Leber. LR überrascht, dreht sich zu RR um: Also stirbst du doch nicht! RR: Es ist sehr schwierig eine zu beschaffen. LR: Aber es wird sich machen lassen. Sie wendet sich wieder zum Spiegel zurück. RR: Davon geh ich aus. LR: Meine Niere hätte ich dir ohne Zögern gegeben. Das weißt du hoffentlich. RR verlässt wortlos das Zimmer, Liane wirkt verärgert. David Schalko: „Altes Geld“ (2015) – Transkriptum zu Folge 1: „Buschtrommeln“ Szene 9a, 10:56–13:21 Einstellungen aus einem afrikanischen Dorf. In einer Lehmhütte versuchen Jakob Rauchensteiner (Jakob) und sein Freundin Kerstin Analverkehr. Kerstin stöhnt und schreit dabei vor Schmerzen, er ebenfalls auch: Nein, Jakob, nein! Jakob: Warum nicht? Kerstin: Ich mag das nicht. Jakob: Ich mach’s ganz vorsichtig, versprochen. Kerstin: Warum ist es immer so wichtig? Jakob: Liebst du mich nicht? Kerstin: Was hat das damit zu tun? Jakob: Für mich sehr viel. Wenn du mich liebst, dann – Kerstin: Dann was? Dann lass ich mich von dir in den Arsch ficken? Sie stößt Jakob von sich herunter, der dabei vor Schmerzen schreit. Jakob: Bitte sag nicht ficken! Kerstin: Dann sage ich halt pudern. Jakob: Ich verstehe das nicht. Das ist der Frage der Vollständigkeit. Kerstin: Für mich ist es eine Frage des Vertrauens. Jakob: Ja, du verschließt dich vor mir. Kerstin: Ich lasse dich von mir doch auch nicht in mein Ohr pudern. Jakob: Das ist ein bisschen was anderes. Kerstin: Für mich nicht. Jakob: Du vertraust mir nicht. Kerstin: Analverkehr hat nichts mit Vertrauen zu tun. Jakobs Handy läutet, aber er sieht nur auf das Display und hebt nicht ab, sondern stöhnt genervt. Kerstin: Was ist? Jakob: Es ist nur meine Mutter. Kerstin: Na, geh ran! Jakob: Ja, es ist ein schlechter Zeitpunkt. Kerstin: Find ich nicht, wahrscheinlich ist die Wurzel des ganzen Übels. Jakob: Was soll das heißen? Kerstin : Keine Ahnung? Lies Freud! Jakobs Handy läutet wieder. Kerstin: Scheint dringend zu sein… Jakob: Egal. David Schalko: „Altes Geld“ (2015) – Transkriptum zu Folge 1: „Buschtrommeln“ Kerstin: Ich finde es sehr unsympatisch, wenn ein Mann nicht mit seiner Mutter sprechen will. Jakob: Ja, du kennst sie nicht. Kerstin: Ich kenn deine ganze Familie nicht. Jakob: Ich hab dir gesagt, dass die Arschlöcher sind. Kerstin : Jetzt geh ran! Jakob ins Handy: Mutter? LR : Warum sagst du nicht Mama zu mir? Jakob: Mutter klingt natürlicher. LR: Jakob? Dein Vater stirbt, bitte komm nach Hause. Jakob: Meinen Segen hat er, dafür brauch ich nicht vor Ort zu sein. LR: Ich weiß nicht, warum du ihn so hasst, aber du wirst es bereuen, wenn du ihn nicht mehr siehst. Jakob: Es wird eine Erleichterung, sein, aber schön dass du wieder mal weißt, was ich zu tun hab. LR: Jakob, das ist doch lächerlich. Komm jetzt! Jakob: Ich muss jetzt. Jakob legt auf, verlässt die Hütte und geht zu Kerstin, die im Freien raucht. Szene 9b Jakob: Es tut mir leid, mein Vater ist ein Arschloch. Kerstin: Ein Arschloch, das stirbt. Jakob: Es sterben jeden Tag Hunderte. Kerstin: Irgendwie hab ich das Gefühl, ich habe in den letzten Minuten mehr von dir begriffen als in den letzten zwei Jahren. Jakob: Das macht nicht keine großen Sachen, ok? Kerstin: Ich finde, du solltest nach Hause fahren, Jakob, und dich um deinen Analbereich kümmern. Jakob: Mein Analbereich ist hier. Kerstin: Sehr nett. Jakob: Dann komm mit! Kerstin: Willst du das wirklich? David Schalko: „Altes Geld“ (2015) – Transkriptum zu Folge 1: „Buschtrommeln“ Szene 10, 13:21–16:18 Im Salon des Anwesens Rauchensteiner ist die Familie versammelt: Rolf und Liane, deren gemeinsame Tochter Jana; außerdem Rolfs Sohn aus erster Ehe, Zeno Rauchensteiner, mit seiner Freundin Tania. Auch ein Diener ist anwesend. RR: Was ist mit Jakob? LR: Ich hab ihn nicht erreicht. Zeno: Ich würd’s mit Buschtrommeln probieren. Tania: In Afrika is’wenigstens warm. In Wien soll’s die ganze nächste Woche regnen. Jakob wendet sich zum Gehen: Schönen Abend. RR: Jana, bleib! Bitte! Jana dreht um und kehrt zurück. RR: Ich muss mit euch reden. LR: Euer Vater muss euch etwas Trauriges mitteilen: Er hat nicht mehr lange zu leben. Jana und Zeno blicken überrascht. Rolf starrt sie überrascht an, Liane starrt überrascht zurück. LR zu RR: Entschuldige! RR: Ich wollte es eigentlich anders einleiten, aber egal. Das Buffet ist eröffnet. Zeno: Äh… wie lang? RR: Nächstes Jahr um diese Zeit kann sich deine Mutter ihr Erbe abholen. Zeno: Äh – Stiefmutter! RR: Außer einer von euch… spendet mir seine Leber. Liane beobachtet alle Kinder. Jana hat steinernes Gesicht. Zeno: Dafür, dass du uns alle enterbt hast? RR: Ich habe euch nicht enterbt. Ich habe nur die Reihenfolge verändert. LR: Glaub mir, wenn man eine Leber teilen könnte, ich würde keine Sekunde zögern. Jana: Man kann eine Leber teilen. Zeno: Ah, die Frau Medizinstudentin. LR: Ich meinte lebendig. Jana: Die Leber ist das einzige Organ, das sich regenerieren kann. LR: Das erscheint mir doch etwas unsicher. David Schalko: „Altes Geld“ (2015) – Transkriptum zu Folge 1: „Buschtrommeln“ Zeno: Das is aber ned schlecht, für ein Semester ohne Prüfung. Jakob: Voraussetzung ist nur, dass die Spendeeleber einwandfrei gesund ist und aus dem engsten Verwandschaftskreis stammt. Tania: Ja… Blut ist eben dicker als Wasser. Zeno: Ja, das kann ja ned so schwer sein, eine gesunde Leber zu besorgen. RR : Zeno, es kann! LR: Unglaublich. In was für einer Welt leben wir eigentlich? Jana: Ah, es wird sich bestimmt jemand finden, wenn der Betrag stimmt. LR: Ein wenig Empathie hat sich dein Vater schon verdient. Jana: Wenn ein Problem lösbar ist, wird er es lösen. Schönen Abend. Sie tritt ab. Tania: Das ist so eine unmögliche Göre. LR: Seit Jakob weg ist, hat sie kein einziges Mal angerufen. Zeno: Na, wahrscheinlich wird was vorgefallen sein. Tania: Ja, irgendwas is immer vorgefallen – ich find’s trotzdem unmöglich. RR setzt verärgert sein Glas ab. LR zu RR: Wohin gehst du? RR: Ich muss kurz an die Luft. LR: Alleine? RR : Ja, alleine! LR: Man sollte ihn jetzt nicht allein lassen. Zeno: Der tut si nix an. Tania: Also, für Rauchensteiner-Verhältnisse war das ein sehr herzlicher Abend. Zeno zu Tania: Wenigstens hab ich eine Familie. Tania: Ja, die Familie ist Seele des Bösen. Zeno: Es hat keiner von dir verlangt mitzukommen. Tania: Sowas lass ich mir doch nicht entgehen. Zeno setzt an zu trinken. Tania: Ja, genau, komm: Trink nur, dann wird alles besser. Zeno trinkend: Bei dir hilft kein Schnaps der Welt. Tania: Du kannst jederzeit gehen. Zeno: Zu teuer. Zeno und Tania beginnen sich leidenschaftlich zu küssen. David Schalko: „Altes Geld“ (2015) – Transkriptum zu Folge 1: „Buschtrommeln“ LR unterbricht sie: Ich mache mir um Jana Sorgen! Zeno: Die bringt sich auch nicht um. Hier bringt sich erstaunlicherweise überhaupt niemand um. LR: Zeno, sie hat 14 Versuche hinter sich. Zeno: Eben, Versuche. Halbherzige Versuche. LR tritt zornig ab. Szene 11, 16:19–17:44 RR spielt im Garten bei Nacht Golf, assistiert von einem Diener. LR beobachtet ihn von einem dunklen Erker des Anwesens durch ein Fenster; zu ihr tritt Zeno: Wir werden fahren. LR: Wir können ihn doch nicht einfach krepieren lassen. Zeno: Das Schicksal der zweiten Ehe. LR: Wie kannst du das sagen? Zeno, ich liebe dich. Genauso wie meine leiblichen Kinder, vielleicht… sogar mehr. Zeno: Das ist nur dein schlechtes Gewissen. LR: Was machen wir? Sie pustet auf das Fenster und zeichnet ein Herz mit dem Finger in den Beschlag ihres Atems. Zeno wischt es sofort ab. LR kommt ihm näher. Zeno: Er wird sich eine neue Leber besorgen, und wir werden besser nicht fragen, woher er sie hat. LR: Hoffentlich. Zeno: Sicher. LR versucht Zeno zu küssen, aber er wehrt sie ab. Zeno: Nicht. LR: Nicht hier? Zeno: Nicht mehr. Tania ruft in den Raum: Zeno? Zeno und LR halten inne, während Tania in den Erker tritt, aber im Dunkeln nicht genau sieht, was die beiden tun. Tania: Der Hundesitter. LR: Bleiben die Viecher immer noch nicht allein! Zeno zieht Liane erregt zu sich und küsst sie leidenschaftlich. LR: Warum macht mir keine Kinder? Zeno: Die können so werden wie sie. Also – David Schalko: „Altes Geld“ (2015) – Transkriptum zu Folge 1: „Buschtrommeln“ Szene 12, 17:45–18:30 Zeno und Tania fahren mit dem Auto nach Hause; Tania sitzt am Steuer. Zeno: Fahr ned so schnell, i muss denken. Tania: Was gibt’s’n da zu denken? Sie erbt alles und du schaust durch die Finger. Zeno: Es gibt an Pflichtanteil. Tania: Den hast du schon längst verspielt. Zeno: Ich hol mir alles zurück. Tania: Einen Dreck machst du. Willst du das wenige, das übrig is, auch noch verzocken? Zeno: I überleg mir was. Er streicht über Tanias Wange, aber sie weicht ihm aus. Tania: Nicht nötig. Schau, das ist ganz einfach: Du besorgst deinem Vater eine Leber und verlangst dafür die Hälfte des Erbes. Zeno: Und die Leber find i auf E-bay. Tania: Du hast gehört, was die Jana g’sagt hat: halbe–halbe. Zeno: Bist du jetzt völlig deppert? Szene 13, 18:30–20:17 Zeno und Tania treten in ihre Wohnung, in der ihr Hundesitter Ferry wartet. Tania, als sie Zeno die Tür öffnet: Bitte sehr… Ja, Puppys, ja hallo! Zeno die Hunde abwehrend: Scheißviecher…. Tania : Hallo, hallo! Niemand beachtet Ferry. Tania: War alles in Ordnung, Ferry? Ferry: Wir haben gesagt Mitternacht – Zeno: Is eh erst zehn. Ferry: Eben. Was passiert, wenn ich nicht genügend Zeit mit dem Rudel verbringe? Na? Ferry stolziert zu Zeno, der sich Wein ausschenkt. Sie werden mich nicht länger als ihren Alpha akzeptieren. Ergo gibt es keinen Gehorsam, ergo gehen sie nicht schlafen, ergo kann ich meine Arbeit nicht machen. Zeno: Sollma jetz wieder gehen? David Schalko: „Altes Geld“ (2015) – Transkriptum zu Folge 1: „Buschtrommeln“ Tania: Ferry, schau… das nächste Mal dauert länger, versprochen. Sie tritt zu Ferry und nimmt ihn am Arm, woraufhin dieser besänftigt wirkt. Zeno: I zoi di bis Mitternacht, okay? Er gibt Zeno € 100, die dieser annimmt. Ferry: Du glaubst ja wohl ned im Ernst, das i des wengam Göid moch. Zeno: Natürlich nicht, komm. Tania: Danke. Ferry : Morgen komme ich um nullachthundert und ich verlasse die Wohnung um 22hundert. Tania: Abgemacht. Gute Nacht, Ferry. Ferry lächelt an Tania und verlässt die Wohnung. Tania zu den Hunden: Hier bleiben! Ferry macht die Tür zu. Tania und Zeno stoßen mit Wein an. Zeno: Es is ein Arschloch! Tania: Zeno, bitte, er hört dich! Zeno: Geh! Er öffnet die Tür, hinter Ferry sich gerade sein Jackett anzieht, bemerkt diesen aber nicht – anders als Tania. Tania zu Zeno: Du schlafst heut draußen. Sie geht verlässt mit den Hunden das Zimmer. Zeno: Wieso? Tania in die Hände klatschend, zu den Hunden: Kommts, Kinder! Hier, Puppys. Komm, gut. Ihr schlafts mit der Mami. Erst jetzt bemerkt Zeno, dass Ferry noch in der Tür steht. Dieser tritt ab; Zeno macht die Tür zu. Er überlegt kurz, blickt auf die Uhr und verlässt schließlich ebenfalls die Wohnung David Schalko: „Altes Geld“ (2015) – Transkriptum zu Folge 1: „Buschtrommeln“ Szene 14, 20:36–21:19 Zeno vor einem Club namens Dark Duck, der von außen mit Neon beleuchtet ist. Er klingelt. Stranski antwortet über das Türtelefon. Stranski: Ja, bitte? Zeno: Ihre Mama ist eine geile Sau. Stranski öffnet die Tür und tritt heraus. Zeno: Commander da? Stranski: Kennen wir uns? Zeno: Wird’s jetzt lustig? Stranski: An Gsichter, die länger als zwei Wochen ned da waren, erinner i mi so schlecht. Zeno: Meins hat no keiner vergessen. Stranski: Wir ham Sperrstund. Zeno: Um zehn? Stranski: Eben. Wir machen erst um elfe auf. Zeno zieht ein Bündel Geldscheine heraus und hält es Stranski vor das Gesicht: Schad… eigentlich. Zeno wendet sich zum Gehen, aber Stranski hält ihn an: Na guad, du kannst warten, bis einer aussteigt. Stranski schlägt die Tür zu; Zeno wartet gut gelaunt davor. Szene 15, 21:20–21:37 Jana fährt auf einer Rolltreppe stehend in eine U-Bahn-Station hinab. Dort spaziert sie beschwingt den Bahnsteig entlang. Als einzige Person wartet in der Station Brandner. Szene 16, 21:38–22:25 Zeno wartet noch immer vor dem Dark Duck Club. Stranski öffnet die Tür und lässt einen Gast nach draußen. Der Commander wart auf di. Zeno betritt den Dark Duck Club. Dieser ist nur schwach von Neon beleuchtet. Im Club stehen viele Bedienstete, deren Gesichter alle maskiert sind. Niemand spricht. Zeno setzt sich gegenüber dem Commander. Zwischen ihnen ist ein Backgammonspiel aufgebaut. Mario stellt Alkohol dazu. Stranski: Grundeinsatz 500. Zeno reicht Stranski das Geld. Der Commander eröffnet das Spiel ohne zu sprechen. Zeno wirkt von Anfang an wie hypnotisiert vom Commander. David Schalko: „Altes Geld“ (2015) – Transkriptum zu Folge 1: „Buschtrommeln“ Szene 17, 22:45-23:14 Herwig Brunner zieht sich in der Limousine um, in der er von Max befördert wird. Er wirkt sehr erschöpft. Die Limousine hält beim Hernalser-Haus an. Max: Um diese Zeit könnt ich Sie aber auch heimfahren. HB den Kopf schüttelnd: Irgendwer is immer wach. Außerdem, a bissl a Bewegung schadt ned. Wiederschau’n. Max: Wiederschau’n. HB verlässt die Limousine und geht zu seinem Fahrrad. Die Limousine fährt ab. Szene 18, 23:15–24:51 In der U-Bahnstation schreitet Jana wie in Trance auf einen Zug zu, der gerade einfährt. Brandner kommt von hinten und hält sie rettend fest; Jana beginnt zu schreien. Jana: Loslassen! Jana ringt mit Brandner, während der Zug zum Halten kommt und öffnet. Brandner: Ruhig! Jana schreit: Loslassen! Arschloch! Loslassen! Brandner stößt Jana in den offenen Zug. Brandner: Ganz ruhig, ganz ruhig. Er redet auf sie ein, aber Jana stößt ihn von sich. Jana: Sind Sie völlig wahnsinnig?! Sie bringen mich ja um! Brandner: Nein, Sie bringen sich um! Jana: Wie kommen Sie auf die Schnapsidee! Ich wollte einsteigen… Brandner: Aja, aber da wartet man normalerweise, bis der Zug steht! Jana: Aso… ja, ich mag das eben, wenn er ganz knapp an meinem Gesicht vorbeirauscht. Ist das verboten? Brandner: Ich glaub kein Wort. Jana: Das ist mir sowas von egal, Sie kennen mich überhaupt nicht. Brandner <überrascht>: Jana? Jana: Kennen wir uns? Brandner: I bin’s. Der Martin. Des gibt’s ja ned. Jana: Martin, wer? Brandner: Wir kennen uns. Von Facebook. Jana reagiert nicht. Brander: Wir sind befreundet auf Facebook. Jana: Ich hab viele Freunde. David Schalko: „Altes Geld“ (2015) – Transkriptum zu Folge 1: „Buschtrommeln“ Brandner nachdenkend: Äh… viertausenddreihundertsechsundfünfzig. Jana zustimmend: M-hm. Brandner: Hast du ned g’schrieben, dass heute ein guter Tag ist? Jana: Das war um neun Uhr in der Früh. Brandner: Ja, was? Und am Abend schmeißt dich vor die U-Bahn? Das ist doch… absurd. Jana: Ich werd dich morgen sowas von entfreunden. Brandner: Ich hab dir in grad dein Leben gerettet, entschuldige? Jana: Du stalkst mich. Brandner: Zufall? Jana: Machst du das öfter? Frauen in U-Bahn anspringen? Ist das dein Hobby? Brandner: Auf dei’m Profilfoto schaust besser aus. Jana: Danke. Brandner: Aber nicht viel. Szene 19, 24:52–26:10 Im Dark Duck Club hat Zeno mittlerweile all sein Geld gegen den Commander verspielt. Stranski wacht über das Spiel. Commander Zenos letztes Geld annehmend: Amen. Zeno: Ah, das gibt’s ja ned, dass der immer gewinnt. Wie macht der das? Commander Zenos Geld zusammenfaltend: Ich gewinne nicht. Stranski: Niemand g’winnt – der Commander spendet alles karitativen Zwecken. Zeno ungläubig: Mein Geld? Seids ihr völlig deppert? Commander: Ich befreie dich von deiner Last. Und weil du das weißt, deshalb kommst du wieder. Zeno lacht belustigt. Stranski zu Zeno: Komm, ich sperr jetzt auf. Zeno: Naa! Aans geht no. Stranski: Geh! Weißt was, i leg dir a Line, und dann gehst. Es is gnua für heut. Zeno überlegt kurz, greift dann in sein Jackett und legt seine Autoschlüssel als Einsatz auf den Tisch. Der Commander nimmt den Einsatz an; Stranski legt das Spiel neu auf. Zeno wirkt amüsiert und greift zum Alkohol. Der Commander trinkt nicht. David Schalko: „Altes Geld“ (2015) – Transkriptum zu Folge 1: „Buschtrommeln“ Szene 20, 26:18–28:35 Brunner fährt mit dem Fahrad nach Hause. Als er im Wohnzimmer ankommt und sich ausziehen will, trifft er seine Ehefrau Barbara. BB: Hey. HB <überrascht>: Hey. Waren die Kinder bis jetzt wach? BB: Naa, die schlafen eh schon seit acht. Aber i hab auf di g’wartet. HB setzt sich zu BB auf das Sofa. Sie küssen sich kurz. HB: Is irgendwos? BB: Naa, was woll sein? HB: Naa, eh nix. BB: Eben. Er legt sich in ihren Schoß und schließt die Augen. Sie streichelt ihm den Rücken. BB: Trinkst a Glasl mit mir? HB: Naa, i muss morgen um sechse auf. BB: Na geh, aans geht doch immer. HB: Hast a Tschick? BB verneint. HB: Is eh gscheida. BB zustimmend: M-hm. Na, wie lauft’s bei der Globalisierung? HB: Drei Globusse hab i verkauft. Für das bin i zehn Stunden im Geschäft g’standen. BB: Na, immerhin. HB: Der alte Mayrhofer hat echt wos beinander. I sog dir, wenn der ned so krank wär, hätt i schon längst’n Huad draufghaut. BB: Du bist so ein Guter, ha? Rettest jeden Tag gleich mehrere Planeten, ha? HB: M-hm… Scheiße, jetzt hab i den Globus für die Maja vergessen. BB: Das passt schon. I hab ihr eh versprochen, dassma di dort bald besuchen kommen. HB: Ruafts an, dass i da bin. I hab in letzter Zeit immer so viel Vertretertermine. BB: Termine, Termine, Termine. So viele Termine, jetz wer’ma uns den Sex an bald in Terminkalender einschreiben müssen, hm? Sie legt sich über ihn. HB: Was is Sonntag zwischen drei und vier? David Schalko: „Altes Geld“ (2015) – Transkriptum zu Folge 1: „Buschtrommeln“ BB: Is da ned Formel 1? Sie beginnt ihn zu liebkosten. HB: Hör auf, bitte. So dürfma nie werden. BB: Seit wann verwendest du denn Rasierwasser? HB: Ich stink in letzter Zeit immer so. BB beschnuppert ihn. BB: Also, i find das stinkt. Das… das erinnert mi an irgend… das is doch das gleiche… das gleiche Rasierwasser, das dein Vater aa verwendet hat. HB: Das waast du no? BB: Das hab i damals schon so grauslich g’fundn. HB: Hoffentlich is das kein schlechtes Omen. BB: Mach dir keine Sorgen, Schatzi. Bei dir scheitert’s schon am Knoten für den Strick. Sie steht auf und geht Richtung Schlafzimmer. BB: Also, wennst di no duschen gehst… dann geht no was. HB: Wirkli? BB: Wirklich. HB bleibt still auf dem Sofa liegen. BB: Aber ich bin ja eh schon total müd. HB: Damma morgen. BB: Ja. Damma morgen. Aber geh di trotzdem duschen, bitte. HB: Ja… David Schalko: „Altes Geld“ (2015) – Transkriptum zu Folge 1: „Buschtrommeln“ Szene 21, 28:36–31:00 Tscheppe trainiert in einem leeren Fitnesscenter; ein Aufseher ist nicht zu sehen. Zu ihm kommt der Bürgermeister mit zwei Leibwächtern. Bürgermeister: A Grüner um Mitternacht im Fitnesscenter. Das findt man nedamoi bei die Blauen. Ihr seids schon ordentliche Wappler. Tscheppe weiterübend: Auch die Grünen professionalisieren sich. Dass Ihnen des ned Recht is, is mir schon klar. Bürgermeister: Hören’S damit auf, das macht mi nervös. Tscheppe: Sie san wengam Rauchensteiner da. Bürgermeister: Oh! Antizipation – ganz was Neues. Aus Ihnen wird noch was. Tscheppe: I hab Sie eigentlich am frühen Abend erwartet. Aber wenn man so lang die Absolute hat, verliert man wahrscheinlich das Gefühl für die Zeit. Bürgermeister: Glauben Sie: So wichtig san Sie ned, dassma Sie ned morgen schon scho wieder vergessen hätt. Was haben Sie eigentlich gegen den Rauchensteiner? Tscheppe: Nix. Ich hab nur was gegen die Ungerechtigkeit. Man kann sich nicht alles kaufen. Bürgermeister: Und deshalb machen Sie sich zum Mörder? Tscheppe lachend: Sehr gut. Das habe ich im NMB-Kurs nicht gelernt. Bürgermeister: Passen’S auf, Tscheppe: das is kein Studentenplenum. Offenbar ist Ihnen nicht bewusst, mit wem Sie es zu tun haben. Tscheppe: Doch, sehr genau: Mit dem Krebsgeschwür unserer Gesellschaft. Bürgermeister: Sie sind vielleicht ein Trottel. Glauben Sie, dass hinter dem Rauchensteiner ned der nächste Rauchensteiner wartet? Tsheppe: Doch. Aber jeder Rauchensteiner ist sterblich. Das wird auch dieser lernen müssen. Bürgermeister: Okay. Anders: Ihre Partei will doch eine Handschrift hinterlassen. Tscheppe: Nicht im Organbereich. Bürgermeister: Na, dann fangen’S einmal kurz an größer zu denken: Der Rauchensteiner sitzt auf vielen Immobilien. Tscheppe: Dank Ihnen. David Schalko: „Altes Geld“ (2015) – Transkriptum zu Folge 1: „Buschtrommeln“ Bürgermeister: Dank seinem Gespür. Und jetzt stellen Sie sich vor, diese ganzen Immobilien hätten eine Widmung für ökologische Versorgung. Solarenergie und der ganze Schaaß… Tscheppe: Das schafft der nie in der Zeit. Bürgermeister: Ich red auch von der Zukunft. Tscheppe: Ich leb in der Gegenwart: Buddhist. Bürgermeister: Na, dann können Sie sich schon auf den nächsten Wiedergeburt einstellen. Tscheppe: Is des a Drohung? Bürgermeister: Ned von mir. Tscheppe: Sie sind aa nur ein Rauchensteiner. Und hinter Ihnen wartet schon der nächste Rauchensteiner und der nächste. Und jetzt lassen’S mi in Ruh – sonst können’S morgen nämlich in Frühpension gehen. Bürgermeister : Brauchen Sie an Doktor? Tscheppe: Naa – a Festplatte, wo ich unser Gespräch draufspielen kann. Der Bürgermeister gibt seinen Leibwächtern ein Zeichen, Tscheppe anzugreifen. In diesem Moment tritt der Aufseher des Fitness-Studios auf. Aufseher: Wir würden dann Schluss machen. Bürgermeister : San schon weg. Freundschaft… Aufseher dem Bürgermeister kopfschüttelnd hinterherblickend: Arschloch. Szene 22, 31:00–32:08 Liane betritt Rolfs Schlafzimmer im Anwesen Rauchensteiner. Sie hat ein kurzes Nachthemd an. Er liest ein Buch im Bett. RR : Seit wann klopfst du nicht? LR: Bist du nicht allein? RR: Ich hab Hepatitis, ich bin immer alleine. LR: Ich will nur reden, keine Angst. Sie sitzt sich neben Rolf ans Bett. RR : Was willst du? LR: Sei nicht so ruppig, ich hab dir nichts getan. RR : Was willst du, mein Schatz? LR: Deine Kinder machen sich Sorgen. RR: Um mich? LR: Um ihr Erbe. Aber auch um dich. David Schalko: „Altes Geld“ (2015) – Transkriptum zu Folge 1: „Buschtrommeln“ RR: Ich werde noch lang unter euch weilen. LR: Das hoffen wir alle. Aber bist du dir sicher, dass du wirklich alles mir vermachen willst? RR: Nein. Bin ich nicht. LR: Was heißt das? RR: Dass mir da etwas anderes vorschwebt. LR: Aha. Und was, wenn ich fragen darf? RR: Das lass ich euch morgen wissen. LR: Rolf, mach jetzt bitte keine Dummheiten. RR: Die einzige Dummheit war, mich auf diese Familie einzulassen. Gute Nacht! LR zur Tür sprechend: Weißt du: Es wäre vielleicht alles anders, wenn du anders wärst. Szene 23, 32:10–33:11 Zeno spielt noch immer mit dem Commander; dazu schnupft er Kokain, das Stranski ihm gelegt hat. Stranski: Wenn jetzt a Sechser kommt, dann fahr i di mit dei’m Auto haam. Zeno lacht amüsiert. Commander beschwörend zu Zeno: Du würfelst jetzt für den Commander. Zeno lacht selbstgewiss und würfelt: Es fällt zweimal die Drei. Commander: Vergelt’s Gott. Viele arme Seelen werden es dir danken. Zeno : Scheiße. Mario zu Zeno: Na? Zeno gibt Mario die Autoschlüssel. Mario zum Commander: Ich sperr jetz auf. Bitte! David Schalko: „Altes Geld“ (2015) – Transkriptum zu Folge 1: „Buschtrommeln“ Szene 24, 33:11–34:45 Jana mit Brandner im Aufzug zu ihrer Wohnung. Brandner wirkt sehr nervös. Jana: Vom Aufzug schaffe ich’s dann allein. Was ist los? Brandner: Ich hoff nur, er bleibt ned stecken. Jana: Zwei fünfunddreißig: Steck im Aufzug mit Jana. Brandner: Ach komm. Das würd ich nie machen. Jana: M-hm. Sicher. Brandner: Na, man postet doch nur, wenn man nix erlebt. Jana: Und ein Aufzug, der steckt – heißt das dann posten oder leben? Brandner nach kurzem Überlegen: Da geht beides. Jana: Eben. Die Aufzugtür öffnet sich. Jana: So, also: Morgen steh ich auf der Reichsbrücke. A domani. Brandner bleibt stehen. Jana: Was wird das? Brandner: Ich lass dich jetzt sicher nicht allein. Jana: Ich bring mich heute nicht um. Ich bin viel zu müde dafür. Brandner: Glaub ich dir nicht. Jana: Dein Problem. Es ist schon schlimm, dass du weißt, wo ich wohne. Sie tritt in ihre Wohnung, lässt die Tür aber hinter sich offen. Brandner: Hör zu, ich hab keine Lust, dass ich dann zuhause auf deinen Profil lesen muss: „Arrivederci Martin“ oder so was. Ja? Er bleibt vor der Tür stehen, während Jana in ihre Wohnung geht. In ihrer Wohnung steht ein Chimäre: ein ausgestopftes Tier, halb Antilope, halb Jana: Das wird nicht passieren. Brandner: Woher soll ich das wissen? Jana: Weil ich mich nicht von dir verabschieden würde. Geh, sonst wir keine Freunde mehr. Der passt auf mich auf. Du siehst: Ich brauch dich nicht. Brandner reagiert nicht. Du schläfst auf der Couch. Brandner tritt zögerlich ein und schließt die Tür hinter sich. David Schalko: „Altes Geld“ (2015) – Transkriptum zu Folge 1: „Buschtrommeln“ David Schalko: „Altes Geld“ (2015) – Transkriptum zu Folge 1: „Buschtrommeln“ Szene 25, 34:46–35:04 Collage: verschiedene Einstellungen am frühen Morgen Einstellung 1: Tania wird von ihren Hunden im Bett geweckt. Einstellung 2: Zeno schreckt aus dem Schlaf auf dem Sofa hoch. Einstellung 3: Herwig Brunner zieht sich an und gibt seiner schlafenden Tochter einen Kuss. Dann fährt er mit dem Fahrrad fort. Einstellung 4: Jana liegt mit Martin in ihrem Wohnzimmer auf dem Sofa. Martin schläft, Jana hat die Augen starr geöffnet; vor ihnen stehen leere Weinflaschen und ein voller Aschenbecher. Einstellung 5: Tscheppe geht mit schnellen Schritten im Wald joggen. Einstellung 6: Kralicek übt in Camouflagekleidnung mit seiner Pistole auf einem Trainingsplatz auf Zielscheiben zu schießen. Einstellung 7: Rolf spielt Golf. Als Liane achtlos vor seinem Blickfeld vorbeireitet, setzt er den Schläger zum Schlag an. Liane hält plötzlich das Pferd an und dreht sich zu ihm um. Rolf gibt ihr ein Zeichen zur Entwarnung, aber Liane glaubt, dass er ihr nur zuwinke und winkt lächelnd zurück. Dann reitet sie weiter. Einstellung 8: Der Bürgermeister schenkt sich in seiner Wohnung Schnaps ein und trinkt diesen vor einem Porträt seiner verstorbenen Frau. David Schalko: „Altes Geld“ (2015) – Transkriptum zu Folge 1: „Buschtrommeln“ Szene 26, 36:40–37:55 Liane und Rolf frühstücken in ihrem Garten. Rolf telefoniert währenddessen mit seiner Schwester Hilde Katzenberg (HK), die sich in einem Krankenzimmer in Israel befindet. LR hört zu. RR: Und, wie ist das Wetter im Gelobten Land? HKhebräisch: Woher soll ich das wissen? Mit den Klimaanlagen ist es überall gleich. RR: Lassen sie dich nicht hinaus? HKhebräisch: Was mache ich da draußen? Warum rufst du an? RR: Ich bin dein Bruder. HKhebräisch: Das fällt dir nach acht Jahren wieder ein? RR: Ich bin krank. HKhebräisch: Das bin ich auch. Ich interessiere mich trotzdem nicht für dich. RR: Ich brauche eine Leber. HKhebräisch: Und jetzt willst du meine? RR: Ein Lappen würde schon reichen. HKhebräisch: Du hast wirklich alle Nazigene von deinem Vater geerbt. RR: Er ist auch dein Vater! HKhebräisch: Nein. Es ist dein Vater. Und meine Mutter. Viel Erfolg. RR legt das Telefon ab. LR zu RR: Dass du dich so demütigen lässt. Nimm endlich deine Tabletten. RR reagiert nicht. LR: Na los. Rolf schüttelt den Kopf. LR: Rolf! Du bist wie ein Kind. RR nimmt die Tabletten. LR : Geht doch. Szene 27, 37:56–39:03 Kralicek und Severin Sonnborn (SS) in einem Hotelzimmer. SS liegt ein Lied summend auf dem Bett, während Kralicek das Zimmer nach Abhörgeräten durchsucht . SS: Es ist alles sauber, ich hab’s überprüft. Kralicek: Ja, wie in Marseille. SS: M-hm. Das war eine Falle. Kralicek: Ja, was’n sonst – sowas is immer eine Falle. David Schalko: „Altes Geld“ (2015) – Transkriptum zu Folge 1: „Buschtrommeln“ Aber wennst deine Sonnenbrille einmal abnehmen tätst, tätst vielleicht auch mal was sehen. SS: Ich muss nichts sehen. Das ist eine Frage der Intuition. Kralicek: Genau… deswegen hast auch in die Mine hineingegriffen. SS: M-hm. SS: So, was willst du? Kralicek: Bis du noch für den Jemen tätig? SS: Du weißt genau, dass ich diese Frage nicht beantworten werde. Kralicek: Hast du schon. SS: Hab ich nicht. Kralicek: Hast du schon. SS: Es war keine Regung in meiner Stimme, du kannst meine Augen nicht sehen. Kralicek: ’s ist nicht nötig. SS: Deine Oberflächlichkeit ist dir schon immer im Weg gestanden. Kralicek: Ich bin freiwillig dort, wo i jetzt bin. SS: Schluss mit dem Geplänkel. Was willst du? Kralicek: Ich hab einen Kunden, der braucht eine Leber. SS: Rauchensteiner. Kralicek: Ich hab g’sagt: ein Kunde. SS: Hast ja nur Rauchensteiner. Kralicek: Im Jemen gibt’s da doch sicher Möglichkeiten. SS: Hunderttausend Dollar. Kralicek: Fünfzehntausend sind üblich. SS: Inklusive Eingriff und Nachbehandlung. Kralicek: Im Jemen? SS: In Afghanistan. Kralicek: Spinnst? SS: Hundertfünfzigtausend. Kralicek: Was is mit Dubai? SS: Zweihunderttausend. Kralicek: In Dubai? SS: In Afghanistan. Kralicek : Geh, bitte! SS: Zweihundertfünfzigtausend. Kralicek : Herst! David Schalko: „Altes Geld“ (2015) – Transkriptum zu Folge 1: „Buschtrommeln“ David Schalko: „Altes Geld“ (2015) – Transkriptum zu Folge 1: „Buschtrommeln“ Szene 28, 39:03–40:21 Tania geht in die Anwohnergarage und sucht Zenos und ihr Auto, findet es aber nicht am Stellplatz: Scheiße. Plötzlich tritt Raško von hinten an sie heran und beginnt auf Serbisch zu sprechen: Dein Mann hat es verspielt. Tania sich überrascht zu ihm umwendend: Raško! Raškoserbisch: Branka! Tania: Ich heiße Tania. Raškoserbisch: Schwester. Tania: Seit wann bist du draußen? Raškoserbisch: Du hast mir nie geschrieben. Taniaserbisch: Immer. Raškoserbisch: Du lügst. Taniaserbisch: Nein. Raškoserbisch: Wir haben uns geschworen, uns niemals anzulügen. Taniaserbisch: Es hat sich nichts geändert. Raškoserbisch: Alles hat sich verändert. Du bist Katze von eine reiche Hund geworden. Tania: Ich bin glücklich, Raško. Raškoserbisch: Ja… dank mir, Schwester. Tania: Das werde ich dir auch nie vergessen. Raškoserbisch: Weiß dein Mann, dass ich für dich im Gefängnis war? Tania schweigt. Raškoserbisch: Also nein. Sollte er aber. Tania: Bitte, nicht, Raško. Raško äfft ihren Tonfall nach: Bitte nicht, Raško, bitte nicht. Tania : Was willst du? Raško: Das, was du hast, Schwester. Das will ich.