161 Von den Kranken. Dem Kranken soll frey sein einen Prediger zu sich zu rufen, zu welchem ihn sein Herz treipt. Von dem Begräbniss. Die funera sollen durch's ganze Jahr, wenn sie auf einen Sonntag oder Feiertag fallen, nach der Vesper begraben werden, wenn der Catechismus und die Vesper vorüber sind. So aber eine Leichenpredigt an einem Sonntag oder Feiertag zu thun wäre, soll die Leiche vor der letzten Predigt (es sei die Predigt an wem sie wolle) erstlich in die Kirche getragen, darauf die Predigt geschehen, und nach dem Begräbniss die Vesper gesungen werden. Die funera sollen mit deutschen und schönen Gesängen, ohne langes Silentium zur Ruh begleitet werden. So man das Gott Vater zu singen begeret, soll das Nun lasst uns den Leib begraben allezeit darauf gesungen, eine deutsche Col-lecte gesprochen, und wer es begeret mit dem Si bona suscepimus auf die Coilecte beschlossen werden. Die Leichenpredigt soll eine Woche um die andere gehalten werden. Die Gräber sollen tief genug gegraben und die grobe bacchantische und unchristliche Unordnung der Weiber und Kinder beim Begräbniss hingelegt werden. Und zu verhüten unnöthige Gezanke, soll ein jeder Prediger, die in der Stadt und die auf dem Lande, wenn sie zur Conduction gefordert werden, ohne Chorrok (wie andere Schuster und Schneider) nicht gehen. Von den Festen. Weihnachten | Ostern > sollen drei Tage ganz feierlich gehalten werden. Pfingsten J (Das Folgende unleserlich.) III. Kirchenordnung der Stadt Iglau im Jahre 1575. A. Erbare Namhaffte Wolweise vnd grosgunstige Herrn. Nach Erbietung unsers schuldigen Gebets vnd aller Christlicher williger Diensten vberantworten wir hiemit E. W. auf ihr Erforderung die 11* Digitized by Google 162 Verzeichnuss der Artikel, so in jüngster Vnser Versamlung notwendiger gueter Meinung vorbracht sein von den Personen so etwa bey dieser Kirchen und gemeinden beide in der Stadt vnd zugehörenden Dörfern sich aufhalten vnd doch nicht vnser Religion vnd der Augspurgischen Confession verwandt vnd zugethan weren, oder auch sonst nit sich verhielten als wäre Gliedmass der Christlichen Kirchen, als welche nit allein heimliche sondern vornehmlich ofentliche Verächter gottes seines Worts der Artikel vnsers Christlichen glaubens vnd der hochwiirdigen Sakrament weren, derselben auch in vielen Jahren sich enthalten, oder auch sonst in ofentlichen Lastern vnd Sünden leben, vnd die gemeine gottes ergern, wie wir uns soviel wir vor gott und der Kirchen Christi, auch in vnserem eigen Gewissen verantworten könden gegen denselben allen verhalten solten, indem dass sie von vns nach allem gehabten Fleiss auf den rechten Weeg möchten bracht werden, oder da sie in ihrem Irthumb vnd gotlosen Leben verstockt blieben, ihnen vnd den ihrigen die Taufe die gevatterschafft vnd endlich so sie also stürben die Christliche Begrebnuss vnd Begleitung zu derselben nicht würden billichen — oder auch selbst geieisten können. /. De Papistis. I. So viel nun erstlich die belanget, welche der päpstischen Relligion anhengig sein, als die Wahlen [sie!] vnd wer dieselben auch sein mögen, Thun wir wie zuvor diesen Bericht, weil sie contra manifestam institutionem Christi nur sub una specie comuniciren vnd also ohne zweifei die anderen vielfaltigen schrecklichen irthumb der Päpstischen dürfen halten vnd verwilligen, welche der heiligen SchrifÄ ganz vnd gar zuwieder sein, dass wir die vorgenanten Stücke vnd Kirchendienste ihn nicht nachzugeben vnd zu gelaisten schuldig sind, vnd da wir es gleich thun wollten, doch in vnserem Gewissen nicht wurden verantworten können, sonderlich weil auch die Päpstischen den vnsern nicht im wenigsten bey ihren Kirchen solche Dienst gestatten wollen. Jedoch wo es E. W. vnd gunsten vor gut ansehen, wollen wir sie gerne vor uns nemen, und in Freundlichkeit mit ihnen bereden, vnd Versuchen ob wir sie auf den rechten Weg bringen konden, welchs doch schwehrlich geschehen, weil die Mönche allhie an der Hand sein, vnd möchten in auch wol für der zeit Vrsach darnach nemen etwas auf die Ban zu bringen. Weil aber gleichwol auch E. W. Digitized by Google 163 sonderlich der hohen Obrigkeit zulassen bey diesen Leuten bedenken vnd soviel möglich solcher Sachen wegen nicht wollen angegeben viel weniger. in Schaden bracht werden; Auf dass E. W. spüren mögen, dass wir eben diess auch betrachten vnd soviel nur sein wird, sie wolten verschonet haben, wollen wir es E. W. in ihr gewissen und vorbedenken heimstellen, ob sie solchen Personen das Geleute vnd den Kirchhof für dem thor erlauben wollen, auch etwa einem oder mehr Collegis der Schulen vnd dem wenigsten oder maisten Theil der Schulen auferlegen wolt, das sie dieselbe zur Erde beleitteten. Nur dass wir Diener des göttlichen Worts als die mehr zu verantworten — vnd sonderlich die grosse ergernuss einer gantzen gemeine zu bedenken haben, verschont werden möchten. 2. De Hereticis et aliis Contemtoribits Verbi et Sacramentorum. De Injustis, qui homines aequo plus onerant, defraudant sive in mercibus stve mensuris et ponderibus. II. Ferner was andere Rottierungen vnd Sekten belanget, als Schwenckfelder, neue Waldenserbrüder, Sakramentierer vnd dergleichen — wie auch die so in öffentlicher Verachtung dess göttlichen Worts vnd der hochwürdigen Sakrament verharren, vnd viel Jahr nacheinander zum Nachtmal des Herrn nicht gangen sein, dess-gleichen so etliche allhie gross merklich Unrecht thun wolten. Da erfordert in all wege unser Ampt nach der hellen und klaren Instruction vnd befehlig dess Herrn Christi, dass wir dieselben zum ersten vnd zum andern mal vor uns nemen, zwischen vns, wie Christus sagt, allein straffen vnd sie eines besseren berichten, vnd da sie den widerkereten vnd der Absolution vnd Sacraments bey dieser Kirchen begerten, wo sie in heimlichen Irthumb gelegen möchte derselbe zwischen ihm vnd den Dienern des Worts heimlich also aufgehoben werden. So aber öffentlich vnd ein ganze Gemeine durch ihr Irthumb Sünde vnd Laster gergert wäre, so würde auch billig erfolgen, dass sie auf Bekentnuss vnd ernste gewisse Anzeigung einer rechten Busse vor den Dienern des Worts zuvor geschehen auch öffentlich auf der Rantzel vmb Verzeihung mit Namen bitten Hessen. Im Fal aber da sie in ihrer falschen Meinung oder Laster verstockt blieben vnd verharreten, würden wir weiter nach der vorgedachten Instruction procediren müssen, vnd sie auch bey der gemein Gottes namhafftig machen, vnd da sie alsdenn auch die gemeine Digitized by Google 164 nicht hören vnd bedenken wolten, so müsten wir sie als Heiden vnd abgesonderte Christen halten, vnd darumb ihn vnd den ihrigen die Tauffe die gefatterschaft, die Absolution das Sakrament oder Nachtmal des Herrn, vnd so sie auch darüber verstürben, die Begräbnuss vnd Beleitung zur Erden nicht verleihen, als denen die sich von vnser Christlichen Kirchen vnd ihrem Bekentnuss selbst ausgeschlossen, vnd vns wider von ihnen sich auszuschliessen billiche Vrsach gegeben haben. Wir halten aber auch gänzlich dafür das E: W: vnd gunsten selbst solchen Leuten die Lenge nicht gestatten würden, bey ihrer gemeine Spaltung Trennung vnd Ergernuss anzurichten, sondern dass sie sich entlich zu ihrem sonderlichen Anhang ganz vnd gar hinwegbegeben bey zeiten anhalten vnd ihnen schaffen. j. De maleficis et aperte peccantibus. III. Über diese Fälle weil sich auch offt zuträgt, das etwa nach erfolgter Laiblicher Straff vnd Gefangnuss auf ansehnliche Vorbitt vnd Betrachtung ander Umstände bey gemeiner Stadt vnd also auch der Kirchen Gottes zu bleiben gestattet wird, als etwa Zeübern, Todtschlägern, Ehebrechern vnd vnzüchtigen Weibern vnd welche dergleichen grobe öffentliche Laster begangen haben, ist diss weiter vnser Erklärung, das denselben auch die hochwürdige Sakrament vnd ander Benefícia Ecclesiastica in der Christlichen versamlunge nicht wider ehe verlihen würden, es wer denn das sie zuvor sowol dem Predigampte als der gemeine Gottes ein Abtrag gethan — umb Verzeihung gebeten, vnd sonst vor der Empfahung des hochwürdigen Sakraments mit etlichen wenig Worten ihr recht bussfertiges Hertz vermerken lassen, ynd zwar nach den Exempeln, welche in anderen Christlichen Gemeinden vnd vornehmen Kirchen vnd also auch in der weitberümpten Stadt Strassburg gehalten werden*) auf Vorbedenkung vnd Anleitung, welche dieses Falls die Löbliche Universität Wittenberg auf ihr begehren ihr gegeben, kurz nach dem Absterben Herrn Doctoris Lutheri nemblich im 1548 Jahr vnd lautet aus dem Latein im Deutschen also: Mit der öffentlichen Busse halten wirs also, vnd haben derselben auch Exempl wie folget: Wenn der welcher ein öffentlich Sünde *) Der Einfluss Strassburg's auf die evangelische Kirche in den habsburgiscben Ländern war ausserordentlich gross. Wir behalten uns vor, über ihn später eingehender zu berichten. Digitized by Google 165 begangen hat, wieder zur gemeine Gottes kompt, vnd entweder mit gebührlicher Straff, oder ander rechtmässiger Weise, der Obrigkeit genug gethan hat, so höret man darauf sein Bekentnuss sein Bitt vnd zusage, dass er sein Leben bessern wolle, darnach sagt man in öffentlicher Predigt vor allem Volk, dass ein solcher öffentlicher Ubelthäter vnd ergerlicher Mensch wider zur Gemeine Gottes sich begebe, vnd vmb Verzeihung bitte, dass er Gott und seine Gemeine beleidiget vnd geergert habe: Weil er aber angelobe, das er sich bessern wolle, das man ihn nu offentlieh wider aufnemen solle. Es wird auch etlichermassen erwehnet das Laster vnd die That, die er begangen hat, vnd wird das Volk vermant, dass es vleissig bete, das Gott die Straffung so darauf erfolg lindern wolle. Darnach wenn man das hochwürdige Sakrament verreichen soll — so fragt der Prediger öffentlich diesen gefallenen Menschen, ob er mit Ernst der Absolution begere — vnd ob er zusage dass er sich bessern wolle. Wenn er denn solches zusaget, vnd der Predikant kurtzlich die yezt-gedachte erinnerung für diesen Menschen was die gottliche Straffe vnd Linderung derselben belangt insonderheit widerholt hat, spricht er leztlich die Wort der Absolution vnd sagt: Ich Pfarherr oder Prediger spreche dich los von deinen Sünden, nach den Worten des ewigen Sohnes Gottes: Welchen ihr die Sünde vergebet etc., vnd verkundige dir die tröstliche Wort dess Evangelii, in welchem zugesagt wird das wahrhaftiglich die Sünde vergeben worden umb des Herrn Christi Willen: Im Namen des Vaters, dess Sohns vnd des heiligen Geistes, amen. Diese Form und Weise öffentliche Ubelthäter bey einer Gemeine wider aufzunehmen vnd zu dulden achten wir das mit grosser Bedacht vnd sonderlicher Moderation gestellt sey, weil sonst an etlichen Orten zum offtermals auch herter Straffen vnd warzeichen der Bussfertigkeit solchen Leuten aufferlegt worden. Nichts desto weniger aber wie in den vorigen Punkten also auch in diesen wollen wir gerne zufrieden seyn, vnd geschehen lassen, so ein Erbar Rath etwa die Sachen ihrem Bedenken vnd Gewissen nach anders anstellen können, vnd sonderlich der Spaltung vnd Trennung, zu welcher sonst so mancherley Glaubens Leute in der Nachbarschaft den vnseren Vrsach geben können, in der zeit zuvor kommen, vnd anderem vielfaltigen erger muss wehren vnd steuren mögen, vnd wollten E: W: und G: nicht anders denken vnd halten, denn das. Digitized by Google 4 16(3 wir welchen ein hohes vnd grosses zu verantworten befohlen, hienoit gern vns selbst verwahren, vnd nicht ander Leute Sünd vnd Laster vnd ergernuss vns theilhaftig machen wollten, welches uns viel zu schwer sein würde. Diss haben wir E: W: vnd G: als einer Christlichen Obrigkeit dieses Orts auf Erforderung berichten, vnd verzeichnet überreichen wollen, vnd bitten hiemit fleisig und demüthig das E: W: und G: Gottes Ehr, des heiligen Ministerii Beförderung, auch solcher erger-licher Leute selbst eigen Heil vnd Seeligkeit gar wol erwegen vnd befördern wolten, vnd uns Dienern des göttlichen Worts die wir es gut, trewlich vnd aufrichtig meinen Christlichen geneigten Willen Hülfe und Schutz geieisten, damit alhie die rechte Kirche Christi gebauet vnd dem TeufTel sein Reich zerstört werde. Thun also E. W. und G: in dess almechtigen Gottes gnädigen Schutz vnd schirm vleissig befehlen. Ewer Erbaren Weissheiten vnd der Kirchen Christi dieses Orts Diener in Gottes wort. Johannes Hedericus, der heiligen Schriften Doctor, Supremus Concionator vnd Inspector allhie. Simon Schönwaldt, Colega vnd Prediger neben dem Herr doctor. M. Joachimus Becker Rector Scholae. Matthaeus Marchart Pastor in Wilantz*). Augustinus Grassel, Christi et Ecclae Saxosae (Stannern) Minister**). Laurentius Streicher Pastor et Verbi Dei minister in Ranzer ***). *) Matthäus Marchart, geboren zu Iglau, 1565 vom Stadtrath zum Prediger in Wolframs ernannt, darauf Diaconus in Startsch, Pastor in Wilantz, 1593 Pastor secundarius in Iglau, nach D. Stolzhagen's Tod (1594) primarius daselbst, starb bald darnach (Ceroni). **) Augustin Grassel aus Iglau, Pfarrer in Stannern bei Iglau seit 1572, f in Stannern 29. Juli 1595. Sein Sohn Daniel, gebildet in Dresden, Leipzig und Wittenberg, wirkte seit 1594 an des Vaters Seite und wurde dessen Amtsnachfolger in Stannern (Ceroni). ***) Laurenz Streicher aus Iglau, 1563 vom Stadtrath zum Pastor in Ranzern ernannt und in Wittenberg 3. October 1563 ordinirt, blieb in Ranzern bis 1576; vou da ging er nach Niemschicz in Böhmen als Pastor des Wilhelm von Ruppa; kehrte, als dieser zu den böhmischen Brüdern übertrat, 1584 nach Iglau zurück, wo er 1586 in Dürftigkeit starb (Ceroni). Digitized by Google 167 Lucas Nischkauer minister verbi divini in Scherlos*). Johannes Faber Diaconus Iglaviensis**). B. Decretum Magistratus Iglav: Ueber diese Kirchen- Ad I. Die Papisten mögen freundlich besprecht werden, und auf temütig explorirt, allein das die Coactio nicht dabei sei. Zu den Kirchendiensten werden sie nit gelassen, für ihr Personen als verstockt und halsstärige, aber ihre Kinder mögen getauft vnd zum Begrebnuss geleitet werden, als vnschuldige. Die Begrebnuss vnd geleut (vor dem Thor) mag Ihn, den Adulten vnd Verheiraten zugelassen werden, aber darzu ist weder die Kirche noch Schul gebunden. Allein etlich Schüller mögen mitgehen, da sie es begehren. Vnd dorthin muss man ansehen die höhere Obrigkeit, welche gepeut das man die Papisten soll lassen bleiben. Ad II. Die Sektirer sie sind heimlich oder ofentlich auch die Verächter gottlichen Worts vnd Sacramenten mögen die Herren Pre-dikanten Inmassen sie fürgeben die Instruction oder Befehl Christi noch für sich i—2—3 malen erfordern vnd still freundlich vnd sanftmütig ergründen vnd ermahnen, alsdann der Obrigkeit anzeigen, darbey sie dann auch das Ihre thun werden, da sich nun solcher halsstärriglich vnd verstockt nicht wollen lassen weisen vnd führen, mögen die Herrn Predikanten Ihrem Amt nach verfahren, Ihn nam-haftig machen vnd außschlüssen etc. In dem aber sollen die Vn-schuldigen der schuldigen nit entgelten, das Ihnen die Kirchendienst sollen abschlagen vnd versagt werden. Betreffend aber die Ubersetzer vnd Beschwehrer der Leutt, will ein ersamer Rath ein billiches Einsehen thun Ihrem tragenden Ampt nach, in allerley Hanthierungen vnd Gewerben, do nun eine oder andere Personen von Jemands bey den Herrn Predikanten heimlich angeben würden als Verechter, Irrige *) Jetzt Selens in Böhmen, ehemals auch zur Jurisdiction der Stadt Iglau gehörig. Lucas Nischkauer aus Iglau, studirte 1566 ff. in Wittenberg als Stipendist seiner Vaterstadt, wurde zuerst Pastor in Scherlos, seit 1599 in Stannern und starb hier als Pastor 1606 (Ceroni). **) Johann Faber aus Iglau, wurde von D. Heidenreich und Simon Schönwald 1576 beim Stadtrath angeklagt, dass er als Diaconus der Kirchenordnung von 1575 und 1576 widerstrebe. Er musste den Pastoren „einen Abtrag" i. e. Abbitte thun (Ceroni). Ordnung. p 168 auch Beschvvehrer vnd mit Gewicht, Maßen, Waren und was es sein mag Verfortler der Leutt, werden diese Bescheidenheit die Herren Predikanten zu gebrauchen haben, solche Personen zu beschicken vnd sie des freundlich ergründen, auch das es Ihn unter das Gesicht gesagt wird — von der Beschwerden oder angebenden Personen Indes mit stechen vnd Antasten auf der Kanzl still halten, in specie Im Fal nun dieser Gestalt nichts ausgericht vnd gemeinde gleichwohl vnrecht befunden werden sie zu handien vnd zu verfahren wissen. Ad III. Wer öffentlich sündigt der büsse öffentlich, demnach solche Personen so alhie verbleiben, werden sich öffentlich und nam-haftig ankündigen, für sich bitten lassen vnd also der Kirche gottes ein abtrag thun, das für grossen Lastern vnd für drauf setzten Strafen Gottes ein jeder desto vleissig sich zu hütten Vrsach hat. Die Ordnung so wegen der unzüchtigen Personen aufgericht wird ein Ersamber Rath so viel möglich vnd menschlich halten, exequiren vnd schützen.' Forma Ex amini s. Lieber Freund ihr gehet nicht gern in die Kirche vnd zum Nachtmal was ist die Vrsach? Aber do er gespürt wird, dass er gern vleissig Gottes wort hört, aber nicht zum heil. Sakrament gehet, kann man sagen: Ihr gehet vleissig in die Kirchen, habet Lust zum Gottes Wort. Vnd zweifeln vns nicht ihr werdet was guettes vnd zu euer Seelen dienstliches vnd nützliches vornehmen — und darauf mag er freundlich vnd sanftmütig befraget werden — worumb er auch nicht zum heiligen Nachtmal gehe, vnd was sonsten von nötten. Forma publicae pcenitentiae. Lieben Christen, diese gegenwärtige Person ist verschiener Zeit in diesen und diesen Fall gerathen, darumb er auch von einem E. Rath dieser gestalt gestrafft worden — nachdem er aber sich wieder hero fand vnd mit vnser Kirchen, die er mit seinem Fall ge-ergeret, sich versehnen will, auch demnach er von anderen Orten, do er sich inzwischen aufgehalten kundschaften bracht, das er sich redlich vnd bussfertig gehalten, lasst er euch alle samtlich bitten, Ihr wollet ihm Fall vnd gegebene Ergernuss verzeihen. Er saget zu dass er hinfuran solches vnd dergleichen Laster will mitels göttlicher Hilf meiden vnd sein Leben bessern. Darauf mag dir Absolution vnd gebet vnd die Reichung des hochwürdigen Sacraments geschehen. Digitized by Google 169 IV. Kirehenordnung in der Jurisdiction der Stadt Iglaw 1676. Nachdem die Herrn Predikanten in vnd ausser der Stadt Iglaw Einem Ersamben Rath - die Kirchen-Artikel, so sie bey sich dem Wort gottes vnd Ihrem gewissen gemess befunden, künftig in den Kirchen der Stadt Iglaw vnd darzur gehörenden Dorfkirchen zu halten, in drey Artikeln verfasset, verraicht vnd darauf aines Ersamben Raths Bedenkhen begeert: Als haben Herr Burgermeister vnd Ein Ersamber Rath nach genuegsamer treulich, vleissiger Er-wegung diez bey sich befunden, wie volget. Erstlich wegen der Papisten. Art. i. Die Papisten mögen von den Herrn Prädikanten mit Beschaidenheit freundlich bespracht vnd sanftmütig exploriret werden, allein one alle Coaction. Zu den Kirchendiensten können die Adulti nicht für ihre Persona zuegelassen werden als Verharte und Verstockte *) nichtsdestoweniger aber Ihre Kinder also vnschujdige können getauft vnd zuer Begrebniss geleitet werden, vnd obwol wegen der höheren Obrigkeit dieser Lande, welch ernstliche Meinung vnd Bevehl, _ dass .die Papisten sollen zufrieden seyn vnd bleiben, auch das Geleit vor dem Thor zu ihrer der Adultorum Begräbnuss billich zuzulassen. Jedoch ist weder die Kirche noch Schul darzue gepunden, allein Etzliche Schueler mögen auf ihr Begehr mitgehen, gleichwol auch diez zu verhütten, will ein Ehrsamber Rath mit baiden Prioribus der Klöster allhie handeln, diewail der Papisten bey dieser Gemain wie wir vns versehen, gar wenig, das sie künftig dieselben für sich allain, wie sie schon jüngst angefangen, belaiten — vnd begraben werden, ohne Bemühung vnser Kirchen vnd Schuelendiener. Art. 2. Zum Andern. Von allerley anderen Sektirern von Verächtern göttlichen Worts vnd der hochwürdigen Sakramenten sowol auch von Vbersetzern, vnd Beschwerern der armen Leuth etc. Allerley Sektirer sie sind heimlich oder öffentlich sowohl auch die Verächter göttliches Worts vnd der hochwürdigen Sakramenten *) Zu dem hochwürdigen Sakrament der Tauf mögen die adulti Papisten zwar zugelassen werden, jedoch mit vorgeender erkhundigung der vornemsten Hauptartikel unserer christlichen Lehr, ob was bey ihnen auf ein oder ander Vermahnung zu erhalten; do es nichts helfen wil, mog es einem Ehrsamen Rath wiederumb auf weiters Bedenken und Einsehen angezaigt werden. Digitized by Google 170 mögen die Herrn Prädikanten der Instruction oder Bevehl Christi nach, welchen sie allhie anziehen für sich i—2—3-mal erfordern. Vnd in still freundlich vnd sanfmüthig erindern, vnd aines besseren in der Lehr vnd im Leben berichten. So sehr auf diese weis bei ihnen nichts zue erhalten, mögen sie solches einem ehrsamen Rath anzaigen, derselb wirdt alsdann seinem tragenden Ampt nach das sein auch thuen wissen. Im Fall aber über das jemand Verstockt vnd halsstarrig in seinem Irthumb oder ergerlichen Leben vortfahren wolt, mögen nochmals die Herrn Prädikanten obange-zogener Formula des Herrn Christi nach, gegen ainen solchen verfahren, ihn nahmhaft machen, vnd ausschliessen, aber darinn sollen die vnschuldigen mit nichte der schuldigen entgelten. Imassen auch die vorgehenden Artikel angezaigt worden, betreffend die Vbersetzer vnd Verfortler der Armen. Es geschehe mit Waar — Gewicht — Mass oder dergleichen Sachen — darinn will ain Ehrsamber Rath soviel möglich vnd Amtshalben Gebühr ein billiches Einsehen thuen in allerley Handtierung vnd gewerben*). Do nun aine oder mehr Personen diezfalls bey den H. Predikanten angegeben wurden, haben sie diese Beschaidenheit zue gebrauchen — solche Personen zue beschieckhen, sie dessen freundlich erindern vnd sonderlich die grundliche Wahrheit zu erforschen — dahinstellen, dass die angebende Person der beklagten Person Ihren Mangl vnd Beschwer ins Gesicht sage, damit kainer unver-hörter und vnschuldigwais geurtailet werde. Ehe dann solches geschieht vnd die Wahrheit am Tage, sollen die Herrn Prädikanten in specie niemand auf der Kanzl erinern, stechen, oder antasten, wie bishero zum oftermal, ohne alle Beschaidenheit vnd mit kleiner Erbauung beschehen. Sofehr aber dieser gestalt nichts ausgericht vnd jemand vnrechts befunden, werden sie obvermeltermassen zue verfahren vnd zue handeln wiessen. *) Gleichmassen werden die H. Prädikanten Ihrem Ampt gemäss — darinn ein ehrsamer Rath Ihnen kein Eintrag thun will oder kan sich diesfalls zu halten wissen, vnd do hierinn jemand bey ihnen angeben würde (wie dann viel Ihnen zugebracht darinn ein Ersamer Rath wenig oder gar nichts weiß) haben sie diese Bescheidenheit darinn zu gebrauchen, einem solchen freundlich zu erindern, vnd also eines guten Grundes sich zu erkundigen, damit keiner vnverhorter vnerinnerter vnd vnschuldswaise geurtailet werde. Digitized by Google 171 Bey dem anderen Artikel insonderheit, zue merkhen, was die ofentliche Exclusion belanget, der Personen welche verstockht vnd halsstarrig in ihrem Irthumb oder Ergerlichen Leben verharren sol vnd mag dieselbe bey keinem der Pastorn allein stehen — sondern da er solche Leuthe zum ersten und andermal allein vnd neben andern vorgenohmben hat, vnd solches nicht helfen will, sol sich der Pastor bey dem Superiore dieser Kirchen Theologo und Inspectore ansagen, welchem die anderen Pastores alle oder ja die meisten zue Hauffe vociren — vnd von einem Erbaren Rath auch etliche politische Personen aus ihrem Mittl erbietten wirdt, dass also in Einem ordentlichen Convent gleichwie in einem Consistorio von allerley umbständen solcher Personen vnd ihrer Laster ohne Privataffecten rechtmässigerweise geurtailet, vnd nach Anweisung christlich wohlgestalter Kirchen Agenden procediret werde, baide mit der Ausschliessung solcher Personen aus der Gemaine Gottes — vnd auch mehr ihrer öffentlichen Poenitenz, da sie nach der Ausschliessung wiederkeren wurden. Ehe aber auch zu dieser öffentlichen Exclusion gegriffen wirdt, mögen die Pastores vnd Seelsorger die Sektirer vnd die in öffentlichen vnbussfertigen Sünden leben von der gevatterschaft vnd dem Gebrauch des hochwürdigen Sakraments bies auf des gedachten Con-sistorii fernere Cognition Suspendiren vnd ausschliessen — nur dass sie ihrer Sektirerey vnd ofentlichen Sünden genügsame vnd grünt-liche Nachrichtung vnd Schein haben. Den so dasselbe nicht wer, sol vnd mag die Beschuldigte Person beym Consistorio sehr vn-schuld darbieten vnd erkennen lassen. Truge sichs auch zu, das vnter solchen jetzo gemelten vnd Suspendirten Personen jemand mit harter Leibes Schwachheit vnd Todesgefahr beladen, vnd derowegen der Heiligen Absoluzion Trost vnd Nachtmals begeren wurde, so sollen ihnen die Pastores solches aus vorgehenden Ernste Poenitenz etc. nicht vorwiedern noch ohn Hulf vnd trostlos sterben lassen. So aber ainer ohne solche Busse dahinstürbe, vnd keiner Sakrament gebrauchte, soll keiner der H. Prädikanten und Schueldiener darzu gepunden sein, Ihm das Gelait zur Begräbnuss zu geben. Was mit dem Gelaite aber vnd Kirchhofe zuzulassen sey, sollen sie one vnd über wissen vnd Willen eines Erbaren Raths nicht vnzim-liches vnd wider die todten Körper vnzeitiges fürnemen. Art. 3. Zum dritten wegen der Maleficz Personen, oder mit anderen ofentlichen Vbelthaten verhaßten, so etwa aus Ursachen Digitized by Google 172_ alhie gelitten, oder nach Ausgang bestimpter Zeit wieder in die Stadt eingelassen werden. Billig ist es, dass der da ofentlich sündigt vnd die Kirche Gottes ergert mit seinem bösen Exempl, auch ofentlich büsse. Demnach werden solche Personen, bey dem Ministerio sich nahmhaftig ankündigen — für sich pieten lassen, vnd also der Kirchen Gottes ein Abtrag thuen, das sich meniglich vor dergleichen Lastern vnd darauf volgenden greulichen Strafen desto vleissiger hütte, vnd fursehe. Die Ordnung so wegen der vnzüchtigen Personen aufgericht, vnd von der kais. May. allergnädigst confirmirt, wirdt ein Ehrsamer Rath so viel möglich vnd menschlich wie biess-hero in der Wahrheit beschehen halten, schüczen, vnd exequiren. Vnd können die Personen so ofentliche Busse thun wollen, vnd sollen ohne gefähr dieser Gestalt sich mit der Kirchen Gottes vertragen. Forma. Lieben Christen, diese gegenwärtige Person ist verschiener zeit in diesen oder jenen Fal gerathen darüber auch von einem Ersam-ben Rath also gestraffet worden, Nachdem er aber sich wieder herfindet, vnd mit vnser Kirchen die er mit seiner Miesshandlung geer-gert, wil versöhnen, auch demnach er von anderen Orten — do er sich Inzwischen aufgehalten, ordentliche Kundschaft aufgelegt — das er sich redlich vnd frömblich verhalten, Lest Er eine ganze Christliche Gemain vmb Gottes willen bitten Ihme solchen seinen Fal vnd gegebene Ergernuss zu uerzeihen. Er saget zue das er hinfuhren diez vnd alle dergleichen Laster mittls göttlicher Hülf meiden vnd sein Leben bessern etc. Darauf mag die Absoluzion vnd das Gebet auch nachmals die Verraichung des hochwürdigen Sacraments ervolgen. V. Antwort der Predikanten zu Iglaw auf die drey Artikel, so der wolgeboren Herr, Herr Hanusch Haugwitz von Biskupitz vnd auf Ratschitz, Vnterkammerer des Marchgraffthumbs Merhern hinter ihn zur Iglaw gelassen vnd ein Antwort von den Predikanten daselbst begehrt. An einem Ersamben Rath daselbst. Der erste Artikel lautet also: Die Papistischen Personen so bey gemainer Stadt haussgesessen oder sunst wonhaftig, in ihrer papistischen Relligiön von vnseren Digitized by Google