H. G. Adler: Die Verbotenen (aus Eine Reise. Bonn: bibliotheca christiana, 1962. S. 9-16). Niemand hat euch gefragt, es wurde bestimmt. Man hat euch zusammengetrieben und keine lieben Worte gesagt. Viele von euch haben versucht, einen Sinn zu finden, so wart ihr es selbst, die fragen wollten. Doch es war keiner da, der geantwortet hätte. »Muß es denn sein ? Noch ein Weilchen... einen Tag... einige Jahre... Wir hängen am Leben.« Aber es war still, nur die Angst sprach, die konnte man nicht hören. Alte Leute haben sich nicht dareinfinden können. Ihr Jammern war ekelhaft, so daß sich vor das Bedauern der Unbetroffenen eine häßlich verkühlende Wand stellte, das war die Mauer der Erbarmungslosigkeit. Das Grinsen bleibt unvergeßlich, es hat alle Müdigkeit überdauert und begann schon in den zerstörten Wohnungen. Eigentlich waren die Wohnungen gar nicht zerstört, doch waren sie in ordentlichen Häusern unter unbeschädigten Dähern bestellt. Im Stiegenhaus haftete der eingebeizte Geruch, der jedem Hause seine unverlöschliche Eigenart verleiht, solange es steht. Das Dasein des Unbelebten kann sehr verlockend erscheinen, doch folgt es Gesetzen, die haben wenig mit unserer Reise gemein, sobald wir nicht die Gegenstände an uns nehmen und uns in ihnen wiedererkennen. Wohl spricht man von verrufenem Mauerwerk, aber auch das ist nur ein Gleichnis für ein unbegreifliches Geschehen, demgegenüber das Sichtbare, das Spürbare viel mehr Eigenart eweist. Alles kann verlassen werden, bloß vom Leben scheidet sich nichts, solange nur es von sich selber weiß. Darum stehen die Häuser unbeteiligt da, wenn wir uns von ihnen abwenden. Da wurde laut gerufen: »Wendet euch ab!« Man hat es nicht mit diesen Worin gerufen, man hat es überhaupt nicht gerufen, und doch ist es verkündet worden, wenn es auch niemand hören mußte. Um den war es freilich übel bestellt, der es nicht hörte, denn der hockte in eincm Hause, als ob es sein wahres und einziges Eigentum wäre, das sich von ihm nicht trennen könne. Da war eine Stube und andere Stuben. Die Einsamkeit hatte Wunden, denn die Türen standen offen, doch die Fenster waren sanft verschlossen und dicht mit schwarzen Tüchern verhängt. Das 22 wurde Verdunklung genannt. Überall war Verdunklung, die nächtlichen Straßen von Stupart lagen in harter Finsternis. Doch im Haus war Licht. Nicht im Stiegenhaus draußen, nein, auch dort war es finster. Die Glühbirnen waren mit häßlich blauer Farbe gestrichen und von schwarzen Papierschirmen umhüllt, die ließen keine Strahlen durch und sandten kreisrund bloß einen matten Lichtkegel aus. Nur schwer stapften bei dieser Dunkelheit Schritte über die Stufen, aber die rastlosen Boten schreckte das nicht, weil ihre Eile Furcht verbreitete, vor der das Licht zurückwich. Sie kamen meist am späten Abend oder auch während der Nacht, wenn sie ihre Bötschaft brachten, der sich ein entsetztes Licht nicht versagte. »Du sollst nicht wohnen!« Das war die gedruckte Meldung, die sie übermittelten. Die Menschen warteten schon auf das Unheil, das sie wußten, und darum waren die Wohnungen bereits zerstört, bevor sich das starke Geschoß eines Fliegers ihrer erbarmte. Die Flieger kamen viel später, den ausgehöhlten Schutt zur Ernte aufzuknacken, aber nicht um die Entführung der aus den Häusern Verbannten zu rächen, von denen sie kaum etwas ahnten und die den Fliegern gleichgültig waren, wenn sie nach Meßblättern den Ausschnitt einer Stadt bestimmten, den sie vernichten wollten. Hart dröhnten vom nächtlich durchdonnerten Himmel die rasenden Maschinen herab und ließen ihre mörderische Fracht auf die Vergänglichkeit fallen, die derart ihrer erst inne wurde, da sie plötzlich in sich zerbarst. Es waren also keine Wohnungen mehr, die das Verderben erreichte, es waren verlassene Brutstätten, ausgeplünderte Höhlen oder unrechtmäßiges Gut, das im Besitz von Räubern nicht gedieh. Doch dies ereignete sich viel später und erreichte die zuerst Betroffenen nicht mehr, denen man längst verkündet hatte: »Du darfst nicht wohnen!« Bedenke es wohl, welches Anrecht du hast, einen Aufenthalt zu genießen, wo du sein dürftest, bloß weil du sein darfst. Frage dich selber, wenn du auf der Flucht bist und aller Habe enthoben, ein Einsamer zwischen den unheimlich gewordenen Gehäusen. Einmal sind sie an dich herangetreten, deine Feinde waren es, deine Freunde, du kannst dies nicht unterscheiden, und sie nahmen alles von dir. Falls sie milde verfuhren, hießen sie dich, einige Reste zu sammeln, denn du wirst so manche Dinge brauchen und nach vielerlei Habe schreien. Lächerlich ist aller Besitz geworden, aber trotzdem scheint er unerläßlich wichtig geblieben. Da liegen die Ranzen 323 gepackt, sauber hergerichtet und vorbereitet mit Fleiß. Du kannst es nicht lassen und weißt nun, wie eigen dir zumute ist. Du erhebst dich im Mantel vom Sessel und läßt dich wieder auf ihn niederfallen. Was einem gehört, muß man versuchen. Es ist doch gestattet? »Haben Sie schon daran gedacht, meine liebe Frau Lustig? Morgen kommen Sie an die Reihe! Fahrt ins Blaue. Ich habe was gehört, ich weiß es bestimmt.« Selig ist der Unglaube, der die Unseligkeit des Künftigen mit dem Schutzmantel des Augenblicks verbirgt, denn jetzt ist alles von Dunkel verschleiert. Kein Schutz wird gesucht, wenn Hoffnung und Schweigen allein den Fortgang der Zeit verraten und glaublich machen. Doch eigentlich ist alles unglaublich, was den Schrecken unterbricht. Unseliger Glaube! Unglaublich ist die Tapferrkeit, unwahrscheinlich der Glaube und jede Erwartung, aber in der Wohnung sind die Geräte versammelt. Da ist auch die Tapferkeitsmedaille des alten Doktor Lustig, da ist das Schreiben des Regimentskommandanten. Es ist unglaublich, aber nur das Unglaubliche schützt. »Es wird nicht so arg werden. Man sollte... Man könnte... Er hat viel Gutes getan! Anerkennung... Verdienst...« Worte mischen sich ein in das Grauen, das sind Bekannte, denn die Sprache gehört uns nicht mehr; fremd entringt sie sich dem, der anhebt zu reden. Aber dann rinnen die Worte fort, sie scheinen noch vertraut. Liebe Worte, fortgeschwommene Worte, meine Worte, deine Worte, sie reißen Wände ein und richten sie auf, sie fügen sich dicht, undurchdringlich und sicher. Ja, die Wände sind da, auch sie sind bekannt, alles bekannt, so daß sich fast ein Behagen einstellen könnte, um jedes auszu-löschen, was einer als Bedrohung empfände. Die Verdunklung wäre nicht mehr zu fürchten. »Wenn Sie sich mit etwas Ernstem beschäftigen, wenn Sie...« So klingt es immerfort. Doch den Abfall muß man fortschaffen, weil er zu leicht hinderlich wird. Der Schmutzeimer in der Wöhnung ist zu klein; wie leicht könnte er überfüllt werden. Auf dem Hofe rasten die Müllbehälter in tiefem Frieden, auch das Gerüst zum Teppichklopfen steht noch dort, die kreisrunden Haken für die Wäscheleine halten im Mörtel. »Man hat es verboten!« Was wurde verboten? Nichts, das ist ein wildes Gerücht, das den stillen Frieden des Abfalls mit Krieg überzieht. Doch alle Gerüchte sind wild und 324 werden stets von der Wahrheit übertroffen. Schon so oft wurde nach der Wahrheit gefragt, die allzu Ernsten haben es getan, auch die kleinen Lacher wollten sie wissen. Jene selbst, die sich ihres Unwissens brüsten, sind nicht für immer dieser Frage enthoben, denn man beschäftigt sie. Die Fremdlinge stehen frech und breitspurig in der Wohnung und weiden sich unbekümmert geschäftig an einem Anblick, den sie doch nicht zu verstehen scheinen. Milch wurde mit Himbeersaft gemischt, das ergibt ein besonderes Getränk. Man hat sehr viel getan, doch nichts ist geschehen, auch jetzt wird nichts bemerkt. Nur an Schlaf ist nicht einmal zu denken. Es ist sinnlos, daß man aufgebettet hat, aber bedachter Absicht entspringt es wohl, weil die Stunde fortgeschritten ist, wovon sich ein Blick auf die verlegene Uhr überzeugt. Zeitig früh wurde sie aufgezogen, so darf man ihr bis zum nächsten Morgen vertrauen. Dann soll sie wieder aufgezogen werden. »Sagen Sie mal, kann man gar nichts machen? Ich möchte morgen noch was erledigen. Außerdem bin ich fest überzeugt, daß alles auf einem Irrtum beruht.« An dem Irrtum ist nicht zu zweifeln, doch liegt er woanders und ist weder bei denen, die zu uns kamen, noch bei uns. Er ist auch nicht im Haus und nicht auf der Straße. Wahrscheinlich steckt er in erinnerungsloser Ferne, in der Klage, die man über die Geschöpfe erhoben hat. Nein, er ist nirgendwo. Man soll sich nicht auf den Diwan setzen, weil man die Polster zerdrücken könnte. Erst heute wurde sorgfältig alles hergerichtet! Mit einer weichen Bürste, um den zarten Stoff zu schonen, haben Ida und Karoline alles geputzt und geglättet. Sie haben sich demütig gebückt, damit es ordentlich aussehen sollte, selbst wenn ein Besuch nicht mit Gewißheit zu erwarten war. In einigen Tagen wird Leopold seinen fünfundsiebzigsten Geburtstag feiern. Zerline hat gegen Geld und gute Worte ein paar Zigarren für den Vater eingehandelt. Einige Verwandte und Freunde sollen kommen, wirklich, denn noch sind nicht alle fort. Sie sollen sanft läuten und sich für zwei Stunden in dieser Stube versammeln. Kuchen wird vorbereitet sein, Kuchen und Kaffee mit Milch und sehr viel Zucker, wie Leopold ihn gerne reichlich in die Tasse schiebt. Fast alle Vorbereitungen sind schon getroffen, auch ein Ei für den Kuchen ist bereit. Karoline hat 325 sich in den Kopf gesetzt, eine eigensinnige Frau. Unvorhergesehenes Schicksal ? Das kommt nicht in Betracht, ist auch nur Täuschung. Das Unbekannte findet nicht statt. Man hat sich genau an die Vorschriften zu halten. Leopold achtet die Gesetze und sonst nichts auf der Welt. Gegen Ungerechtigkeiten muß Berufung eingegt werden. Seine Zwecke hat man hartnäckig zu verfolgen, selbst wenn man sie nicht erreicht. »Bitte machen Sie keine Umstände, Frau Lustig! Auch wenn Sie jetzt das Haus verlassen, was ich Ihnen nicht ersparen kann, so ist doch lange nicht gesagt, daß Sie wirklich fahren. Viele sind gegangen und dann doch nicht gefahren. Sie wurden ausgewechselt. Dort kann man die Sache regeln.« Das alles wird gehört. An der Regsamkeit der Sinne mangelt es nicht, die sind gewärtig und fassen auf. Nichts ist unverständlich, denn alles wurde von den Stellen so gut bedacht, daß keine Schwie- rigkeiten entstehen. Wer die langen Listen durchblättert, findet alle Richtlinien. Du mußt dich nur entschließen und du bist frei, wenn du willig dem Zwange gehorchst. Die Vorsehung wurde ein Buch, das von Menschen geschrieben wird. Sie haben ihre Bedürfnisse wie ich und du, sie haben auch unsere Sorgen. Doch außerdem haben sie noch andere Sorgen, denn sie bescheiden sich nicht mit ihrem Teil, weswegen es ihre Vorgesetzten als Entschuldigung oder, je nachdem, auch als Erklärung bereit haben, von Übergriffen zu sprechen, sobald sie einen von uns streichen. Pauls Hände strichen über die Saiten von Zerlinens Laute, bevor sie zur Pflichtabgabestelle für Musikinstrumente gebracht wurde. Das war vor einigen Tagen. Er nahm die Laute von der Wand und entfernte die Bänder, die Zerline zusammenfaltete und in eine Schachtel mit anderen Erinnerungen packte. Paul riß mit fünf von von sechs Saiten der Laute die Seele aus und schnitt mit einem Messer ihr empfindliche Wunden in den Leib. Zerline klagte über den Mord, die Laute sei doch kein Abfall. Jetzt aber war sie es, niemand wird sich an ihren Tönen mehr freuen. Zuletzt zog Paul noch einen Wirbel heraus und warf ihn ins Feuer. Lauter Übergriffe. Werke der Nacht erhoben sich. Zerline zögerte, die Laute zu schlagen, nur leise griff sie nach ihr, als Paul sie unter den Arm nahm und abzog. Das Gesicht der Hausbesorgerin ließ sich jeden Abend blicken, ein fettes, ein rundes Gesicht, trunken von mühsam gezügelter Gier. 326 Bald mußte sie ihre Gelüste nicht mehr bezähmen. Auch heute war sie da und bestaunte die fremden Männer. Frau Lischka war nicht zu trauen, doch konnte sie durch Geschenke versöhnt werden, dann war sie eine treue Seele, und es drohte keine Gefahr. Zerline erschrak, wenn sich die Hausbesorgerin ihr in den Weg stellte, aber Karoline und Ida verstanden sich mit ihr auf gespielt vertrauliche Weise. Mit feistem Behagen schmolz Frau Lischkas Gruß durch das Treppenhaus. »Mein Mann, der Lischka, sauft zu viel. Der Herr Doktor sollte ihm mal sagen, was da passieren kann.« Sie machte dabei ein Zeichen, mit dem sie ihren Mann begrub. Doch Karoline sagte Leopold kein Wort, denn der schien in Erinnerungen versponnen und verstand nicht, was um ihn herum in Bewegung geraten war und schon längst über ihn und alle Ahnungslosen das Urteil gesprochen hatte. Alles Menschliche ist voll von Urteilen, weswegen es nicht verwunderlich scheint, wenn einmal ausgesprochen wurde, daß ohne Urteil kein Bewußtsein möglich sei. Der Mensch ist ein urteilendes Wesen. Darum muß er Urteile erfahren und leiden, bis das letzte Urteil von ihm gefällt und empfangen ist. Dann ist der Wille entschwunden oder wird gebrochen, ein Viertel, zwei Viertel, die Stunde hat geschlagen, und die große Reise wird angetreten, die zugleich den Abschluß einer anderen großen Reise bildet, Bewegung unablässig, diese wie auch jene Reise. Alles wird unbestimmt, da neue Entscheidungen verfügt werden, deren Vollzug von den hier herrschenden Stellen gerade nur eingeleitet werden kann, ohne in seinem Ablauf noch übersehen zu werden; denn in dem bekannten Bereich wird wohl die Vermittlung des Jenseitigen vorbereitet, doch wie er aufgeschlossen wird, bleibt unbekannt und geht über alle Voraussetzungen der Befehlsgewaltigen hinaus. Sie selber haben keine Macht, sie rufen nur, was sie befehlen sollen, und weisen ihre Beglaubigungen vor. Diesmal trifft es den Haushalt von Dr. Leopold Lustig, dem sein Fortbestand gekündigt wird, aber mehr läßt sich nicht versichern, weil es gerade die Befehlsgewaltigen sind, die über die Folgen ihrer Anordnungen keine klare Übersicht erlangen, während diese Boten Schicksale zerstreuen. Ein mitgebrachter Zettel wird hervorgeholt und überreicht, die mitgesagten Worte können nicht mehr wichtig sein. Alles wird aufgelöst, die Himbeerflasche fällt vor Schrecken 327 um, der Teppich rötet sich. Eine mühsame Handbewegung greift nach der schwerfällig rollenden Flasche, die langsam aufgehoben und auf den Tisch gestellt wird. »Es kann doch nicht so böse sein, weil es nicht sehr weit ist, und so haben wir ein bestimmtes Ziel.« Aber man wird nicht schlafen können, die Nacht ist zerstört. Die Verdunklung ist wertlos, wenn in den Verstecken das Licht brennt und den ewigen Schlaf verscheucht. Der Schlaf ist nicht ewig, das ist Einbildung, denn wäre er ewig, so würde er keine Unterbrechung dulden, die Gültigkeit aller amtlichen Verfügungen wäre angefochten. Aber wo es Lebende betrifft, die dem Befehl zur Reise gehorchen, wird heute kein Schlaf sein, weil alles abzugeben ist, die Schlüssel dürfen nicht in den Türen bleiben und sind zusammenzubinden, die Ausweise, die den Namen verbürgen, sind für die Trennung von der namenlos verbleibenden Erscheinung vorzubereiten, weil auf die Erlaubnis ihrer Zusammengehörigkeit verzichtet werden muß, das Vermögen bleibt bei der Ablösung von Eigentum und Inhaber in Stupart zurück und muß der Ordnung wegen in langen Listen gebeichtet werden. Es ist angeordnet, und das Amt soll keine Mühe mit den Resten haben, wenn die Verbotenen die brüchigen Häuser verlassen. Keiner säumt, wenn der Befehl kommt, denn es steht geschrieben: »Du darfst nicht...« Wir alle sind verboten, weil wir nicht die sind, die wir sein möchten, doch auch die möchten wir nicht sein, weil man uns zur Wunschlosigkeit angehalten hat. So sind wir nichts mehr als Gehör, das zum Werkzeug des Gehorsams wird, erwartungsvolle Reisegefährten, deren Müdigkeit hinreichen würde, die gesamte Menschheit in Schlaf zu versetzen. Da ist es erstaunlich, daß die Gehilfen nicht müde sind. Nur wir sind übermüde. Aber allen gebricht es an Schlaf, für den, so sagt man, die Zeit hinreichen soll, die uns in unerförschlicher, doch naher Zukunft bevorsteht. Die einzelnen Handgriffe können sorgsam und ohne Hast verrichtet werden. Jetzt sind wir da, es wird uns nichts genommen.Wenn wir die Pflichten erfüllen sollen, können wir nicht ohne Zeit unser Auslangen[Neznámý a1] finden, was ihr doch einseht. Ihr seid nicht so böse und wißt auch, daß wir nicht so böse sind. Genaugenommen ist alles ein Irrtum, doch die Fehler sind einmal da, für ihre Folgen müssen wir aufkommen. Das Bewußtsein kann sich üben, wessen es fähig 328 ist, wenn alle Erfahrungen versagen und ein starres Gelächter sich in sonst regungslosen Mienen festsaugt. Aber die Ungeduld! — die Ungeduld bringt uns noch um... »Beeilen Sie sich! Halten Sie uns nicht auf! Spätestens um Mitternacht müssen wir dort sein!« Das ist unmöglich, denn das ist nicht viel länger als eine Stunde. Es muß noch alles vorbereitet werden. Selbst Frau Lischka findet diese Eile nicht nötig, es ist doch Nacht, und der Herr Doktor ist so alt, und Frau Ida Schwarz hat Rheumatismus. Man soll sich bitte einmal ihre Hände ansehen. Bestimmt wird auch nicht bei Nacht verreist, denn das ist ganz unmöglich. Aber die Boten entgegnen, daß einer von ihnen sofort mit dem Doktor und Frau Schwarz aufbrechen kann. Jetzt fahren noch die Straßenbahnen, und die anderen können gehen, doch so bald wie möglich, die angenehme Winterluft wird alle erfrischen. Nur los, nur los! 329 ________________________________ [Neznámý a1]mit etwas auskommen