MAX BROD (1884 –1968) jota – Rebellische Herzen. R. 1957 A4(blau) – Streitbares Leben XIII - Tschechisches Dienstmädchen XV – August Nachreiters Attentat Hermann Kesten. ein frivoler Idealist, verliebter Prophet, religiöser Erotiker, halb Mose, halb Casanova. Peter Demetz erzählte eine Anekdote über den ruhmsüchtigen Brod, der angeblich einem Fremdenführer in Prag alljährlich zu Weihnachten eine Gans schenkte, damit dieser die Touristen auf das Brodsche Haus aufmerksam macht. Bei Erich Heller und Joseph Peter Stern ist eine andere Brod Anekdote belegt: Du Maxl, mahnt nach Franz Kafkas Tod Morris Rosenfeld während einer apokryphen Begegnung in der Prager Zeltnergasse seinen Freund Max Brod, der sich über Kafkas letzten Willen den Kopf zerbricht: Verbrenn dafier lieber deine eigenen Sachen! Brod war ein Alleskenner: ein Lyriker, ein Epiker, ein Komponist, ein Dramaturg, ein Dramatiker, ein Theater-, Literatur- und Musikkritiker, ein Übersetzer. Karl Kraus: Es werfelt und brodelt, es kafkat und kischt. brodeln – 1. blasen werfend, dampfend aufwallen: das Wasser brodelt im Topf, brodelnde Lava 2. österr. trödeln, Zeit verschwenden. brodle nicht so Geist auf Brod geschmiert ist Schmalz, ein empfindsamer Postbeamter Und wie er tritt an des Felsen Hang Und blickt in den Schlund hinab, Die Wasser, die sie hinunterschlang, Die Charybde jetzt brüllend wiedergab, Und wie mit des fernen Donners Getose Entstürzen sie schäumend dem finstern Schoße. Und es wallet und siedet und brauset und zischt, Wie wenn Wasser mit Feuer sich mengt, Bis zum Himmel spritzet der dampfende Gischt, Und Flut auf Flut sich ohn Ende drängt, Und will sich nimmer erschöpfen und leeren, Als wollte das Meer noch ein Meer gebären. [Schiller: [Gedichte 1789-1805, Der Taucher], S. 130. Digitale Bibliothek Band 1: Deutsche Literatur, S. 82487 (vgl. Schiller-SW Bd. 1, S. 369)] Kraus hat ihm sicher auch sein sionistisches Engagement verübelt: die Anerkennung der jüdischen Nationalität im tsch. Nationalstaat soll aus Brods Verhandlungen mit Masaryk hervorgegangen sein. In Tel Aviv schrieb er über seine Prager Jahre: 1952 – Beinahe ein Vorzugsschüler - Der Sommer, den man sich zurückwünscht 1957– Rebellische Herzen. R. In der ersten Fassung des Romans Rebellische Herzen heißt Prager Tagblatt noch Böhmische Post, hier waltet der Chefredakteur SIMTA, der die Korrekturen in Manuskripten nach dem Werfelschen Buchtitel vornimmt Nicht der Streicher, der Gestrichene ist schuld. Brod versteckt sich hier hinter der Gestalt eines Journalisten , der seine eigene Malerei an den Nagel gehängt hat, um Kritiker zu werden. Dabei - mit einer jüdischen Selbstironie - hängte er sich über den Schreibtisch ein Goethe-Zitat: wer uns am strengsten kritisiert/ ein Diletant, der sich resigniert. Dieser skeptische Stil gehörte zum Umgangston in der Redaktion 1959 – Jugend im Nebel (E.) 1961 – Die Rosenkoralle 1960 - Streitbares Leben 1966 – Der Prager Kreis 1913 Arkadia, ein Jahrbuch für Dichtkunst. 1928 – Zauberreich der Liebe ein Erbsenhügel auf dem Berg Karmel, wo junge Menschen unter Opfern leben, die man in Europa für unmöglich erklären würde – eine Welt der Hingabe an die Gemeinschaft Seine Verdienste als Entdecker und Vermittler: Robert Walser – für die Prager Presse Er entdeckte Friedrich Torberg, Walter Seidl, Er setzte Janacek und Jaromír Weinberger durch: Schwejk – Janouch: Prager Begegnungen, Leipzig 1959 Olbracht kannte Haseks schwere Sorgen. Sein Feuilleton war ein Freundschaftsdienst. Das große Neue, den Wert und die Bedeutung des Schwejk hat aber erst Max Brod richtig erkannt und begriffen... Pavel Petr nicht einverstanden. 1923 Sternenhimmel *Sterbejahr Haseks, Nekrolog im Prager Tagblatt, (05.01), Proben aus der dt. Übersetzung Grete Reiners[1], die erst nach H. Tod zustande kam. Kleinseitner Deutsch, wie es Kisch charakterisiert hatte – eine Dialektdichtung. vs. unliterarische Sprache Haseks. Doppelte Verneinung Ich weiß vom keinem Koffer nicht, falsche Präpositionalfügungen: auf´s Caféhaus hat er Geld und abenteurliche syntaktische Konstruktionen Das Original erschien seit März 1921 in Fortsetzungen Demetz, 40f. Brod noch vor der dt. Übersetzung; Willy Haaas und Kurt Tucholsky (Weltbühne) Piscators Aufführung, an der Brecht und Grosz mitarbeiteten – mit großen Marionetten, auf einem Rollband, und mit einem satirischen Trickfilm Max Pallenberg als Schwejk Walter Schamschula: M. B. und die tschechische Literatur. in : Margarita Pazi, M. B. Untersuchungen zu M. Bs liter. und philosophischen Schriften. Peter Lang 1987, S. 233-249 Max Brods und Hans Reimanns Dramatisierung der ‚Abenteuer des braven Soldaten Schwejk Wer war dieser Mann? Biographie Mit vier Jahren erkrankte er am der Rückengratverkrümmung Vater später stellvertretender Direktor der Böhmischen Unionsbank, trotzdem hat er sich verschuldet, um dem Sohn die Kur zu ermöglichen Stephansgymnasium Jura in Prag, Seit 1902 kannte er Kafka (Lese und Redehalle der dt. Studenten in Prag) Postdirektion Veröffentlichungen seit 1903 Axel Juncker, Bln 1908 Schloss Nornepygge krank von allzu viel Empfängnis, ein Opfer des geistigen Freihandels, Selbstmord, Skepsis an allen Kulten und Kultus des Skepsis (Kurt Hiller) 1913 Die Schönheit häßlicher Bilder (1967 erweitert) 1915 – Tycho de Brahes Weg zu Gott – 100. 000 Exemplare ( Franz Kafka gewidmet) Trilogie Kampf um die Wahrheit. 2. Reubeni, Fürst der Juden, (1925) 3. Galilei in Gefanhgenschaft (1948) Tengnagel erhofft sich von der Verlobung mit Brahes Tocher Elisabeth, die von ihm ein Kind erwartet, eine diplomatische Karriere. Brahe trennt sich von Kepler, den er bewundert, um den Frieden in seinem Haus zu bewahren. Kepler, ein Opfer der Intrigen, fährt nach Graz zurück. 1951 Der Meister -durch die Augen eines kleinen Mädchens, eines Griechen und des Judas der Glaube Jesu einigt uns, der Glaube an Jesu trennt uns 1965 hitorische Monographie Johannes Reuchlin und sein Kampf Die erotische Linie 1909 Ein tschechisches Dientsmädchen 1922 Franzi oder eine Liebe zweiten Grades 1924 Leben mit einer Göttin 1927 Die Frau, nach der man sich sehnt Die Höhe erreicht er Max Brod in 1931 Stefan Rott oder das Jahr der Entscheidung Liebesgeschichte zwischen einem Gymnasiasten und einer reifen Frau, der Mutter seines Mitschülers Anton. Es endet mit dem Ausbruch des Ersten Weltkrieges. Episodische Darstellung Masaryks 1914 Profesor Werder; Frau Phyllis. Max Brod (1884-1968) Karl Kraus, der bis 1914 bei seinen Prager Lesungen in der reichen Familie Werfel meistens zu Gast war, zuerst den jungen Werfel förderte, um ihn dann später zum Objekt seiner Angriffe in der Fackel zu machen, (vgl. Peter Stephan Jungk über die Baronesse Nádherný, S.61; 1920: Werfels mephistophelischer Spiegelmensch ist ein Porträt von K. Kraus; im Pamphlet Literatur konterte) Kraus mit nicht weniger scharfen Waffen, in dem er u. a. auch Werfels fürsorglichen Vater Rudolf karrikierte) lästerte über Prag: Es werfelt und brodelt, es kafkat und kischt. Brod war er auch nicht gerade grün, seit Brod sich in der Krausschen Polemik mit dem Berliner Literaturpapst Kerr solidarisierte. Man kann Kraus z.T. Recht geben, da Brods eigene Werke ein unausgeglichenes Niveau haben, aber als Anreger des Prager Literaturlebens, Entdecker talentierter Autoren (erinnert sei hier neben Werfel nur an Robert Walser, Jaroslav Hašek oder Friedrich Torberg ) hat er sich Verdienste erworben, die niemand in Frage stellen sollte. Sein Erfolg schlug sich auch in der Zahl der verkauften Bücherexemplare nieder: Tycho de Brahes Weg zu Gott erreichte eine Auflage von 100.000; insgesamt erschienen von ihm 83 Titel, von denen heute aber die meisten eher aus literaturhistorischem Interesse gelesen werden, weil dort die Stimmung Prags seiner Zeit festgehalten wurde. Vor allem von Tel Aviv aus kehrte er zu Prag als Stoff seiner Bücher immer wieder zurück: in seinen Rr. Beinahe ein Vorzugsschüler (1952), Den Sommer, den man zurückwünscht (1952), Rebellische Herzen (1957; seit der zweiten Auflage unter dem Titel Prager Tasgblatt. Roman einer Redaktion) und seiner Erzählung Jugend in Nebel (1959) . Bekannter als belletristisch aufgearbeitet Erinnerungen sind seine Autobiographie Streitbares Leben, (1960) und seine essayistische Darstellung der deutschsprachigen Literatur Prags und ihrer Wurzeln in Der Prager Kreis, 1966. ________________________________ [1] Grete Reiner Straschnow übersetzte vorher: 1922 Arne Novák: Das barocke Prag, 1923 : Olbracht. Im dunkeltsten Kerker, Novák. Die tschechische Literatur aus der Vogelperspektive.