Lichtenberg und Religion Frank Schäfer from the Latin: Qualitas- a quality, property, nature, state, or condition Occulta- to cover, cover over, keep hidden or secret qualitas occulta- secret quality or property Schäfer (S,. 47) macht auf Lichtenbergs Hochschätzung des Spinozismus aufmerksam, eine Idee, die in die DLvLbK (Georg Christoph Lichtenberg: Schriften und Briefe, hg. von Wolfgang Promies, Bd. 1-3, München: Carl Hanser, 1967 ff.) nicht aufgenommen wurde Wenn die Welt noch eine unzählbare Zahl von Jahren steht, so wir die Universalreligion geläuterter Spinozismus sein. Sich selbst überlassene Vernunft führt auf nichts andres hinaus, und es ist unmöglich, dass sie auf etwas anderes hinausführe. sein Alter ego Amintor Diese Art in seinem Gott zu leben, wie er es nannte, die ihm von Betbrüdern, die lieber glaubten, als dachten, weil sie es so bequemer fanden, für Spinozismus ausgelegt wurde, hatte er sich so sehr eigen gemacht, daß sie für ihn unzerstörbare Beruhigung über die Zukunft, und ein nicht zu überwältigender Trost in Todesgefahr wurde. Eines Tages als er sich nach einer seiner Morgenandachten selbst befragte, woher ihm dieses freudige Ergeben in die Führung der Welt, und dieses große Sicherheitsgefühl bei jedem Gedanken an die Zukunft komme (denn es war ihm zu fest um bloß dichterisches Aufwallen zu sein): so war es ihm entzückende Freude zu finden, daß er es allein dem Grad von Erkenntnis der Natur zu danken habe, den er sich erworben hatte, [Lichtenberg: Amintors Morgen-Andacht, S. 3. Digitale Bibliothek Band 1: Deutsche Literatur, S. 69953 (vgl. Lichtenberg-SuB Bd. 3, S. 76-77)] Schäfer,48 Je nach Stimmung und vorhergehender Lektüre können Lichtenbergs Anmerkungen zur Metaphysik traditionell christliche, deistische[*1] , patheistische[1] bzw. spinozistische, kantianische, gnostische – und durchaus auch atheistische Züge annehmen. Erläuterung Der christliche Deismus bildet die religiöse Grundlage des Freimaurertums und hatte in der Zeit der Aufklärung bedeutende Anhänger wie Thomas Jefferson und Voltaire. Er fand jedoch in Deutschland wenig Verbreitung. Glaube ist ihm nur mehr Privatsache, von einigen Idiosynkrasien[2] abgesehen, isr er in dieser Hinsicht sehr konziliant. Religionskritik Scharte auswetzen: aus|wet|zen : meist in der Wendung eine Scharte a. (einen Fehler wieder gutmachen; nach dem Ausschleifen der Scharten in der Sense mit dem Wetzstein). S. 130 Briefe über die neuste Literatur: und ich dank es dem lieben Gott tausendmal, daß er mich zum Atheisten hat werden lassen. [E 252] [Lichtenberg: [Aus den »Sudelbüchern«], S. 185. Digitale Bibliothek Band 1: Deutsche Literatur, S. 69281 (vgl. Lichtenberg-SuB Bd. 1, S. 402)] ________________________________ [1] die Gottheit ist in alle Erscheinungen der Welt zu sehen (Allgottglaube). Pantheismus ist die Religion oder die philosophische Lehre von der Einheit der Gottheit mit dem Weltall bzw. vom ewigen, unveränderlichen Sein hinter der Mannigfaltigkeit der Erscheinungen. [2] (Psych.) besonders starke Abneigung od. Widerwillen gegenüber bestimmten Menschen, Tieren, Speisen, Dingen o. Ä.; ________________________________ [*1]den Glauben an Gott aus Gründen der Vernunft. Im engeren Sinne handelt es sich um eine freidenkerisch-christliche Glaubensströmung, die sich in England am Ende des 17. Jahrhunderts entwickelte und nur die "natürlichen" Gesetze der Vernunft, nicht aber die religiöse Offenbarung gelten ließ.