Aus: Bogenreiter-Feigl, Elisabeth (Hrsg.): Paradigmenwechsel? Sprachenlernen im 21. Jahrhindert VÖV Edition Sprachen 2, Wien, 2008. _^Paradigmenwechsel? - Diversifizierung versus Vereinheitlichung 6.3. Prinzipien eines Sprachunterrichts (Thomas Fritz und Renate Faistauer) Im Folgenden sollen einige Prinzipien eines effektiven Sprachunterrichts diskutiert werden. Die Forderungen nach einem prinzipienorientierten Unterricht sind in den letzten Jahren vermehrt formuliert worden (siehe auch den Beitrag von Widdowson in diesem Band). Es erscheint uns sinnvoll unterrichtsbezogene Prinzipien auf drei Ebenen zu diskutieren, einer didaktischen, die sehr allgemein formuliert ist, einer methodischen, die sich auf die konkrete Gestaltung des Unterricht bezieht, und einer spracherwerbsbezogenen, die Erwerbsprozesse in den Lernenden berücksichtigt. 1. Didaktische (oder allgemeine Prinzipien) Lernerlnnenzentriertheit Zentrum des Unterrichts ist das lernende Individuum. An seinen Interessen und Bedürfnissen sollen sich die Lehrenden orientieren. Dies bedeutet als ersten Schritt eine „Bedarfs- und Wunscherhebung" mit den Lernenden. Darauf basierend werden die Inhalte des Unterrichts bestimmt. Lernerlnnenzentriertheit bedeutet aber auch die Förderung verschiedener Lernerinnentypen, die Berücksichtigung unterschiedlicher Lerngewohnheiten und das Eingehen auf spezifische soziale, kulturelle und kommunikative Voraussetzungen. Ein wichtiges Instrument zur Lernerinnen-Orientierung ist das europäische Sprachenportfolio (ESP), das Werkzeuge zur Zielbestimmung und Überprüfung der Zielerreichung (die Checklisten), zur Dokumentation des eigenen Lernens (das Dossier) und zur Reflexion der eigenen Geschichte des Sprachenlernens (Biografie) zur Verfügung stellt. Das ESP dient auch der Anerkennung nicht formal erworbenen sprachlichen Wissens (Pass), was eine sehr wichtige Komponente der Lernerinnen-Orientierung darstellt, da Wissen nicht nur mittels externer Zertifikate und Prüfungen, sondern auch mittels der Dokumentation des persönlichen Lern- und Erfahrungsweges der Lernenden sichtbar gemacht werden kann. Kooperation Lernen iit cir aktiver Prozess, bei dem vorhandenes Wissen mit neuem Wissen verknüpf ~~: Kooperatives Lernen ist mehr als bloßer Gruppenunterricht, es ist struktur!*;-:.- —ergebnisorientierter, es verlangt individuelle und gemeinsame Verantwc — " . Lernenden arbeiten gemeinsam an Problemstellungen, lösen 125 ^Paradigmenwechsel? - Diversifizierung versus Vereinheitlichung gemeinsam Aufgaben, Gruppenarbeit und Partnerinnenarbeit sind wichtige Elemente von Kooperativem Lernen, wobei Lehrende vor allem die Rollen von Moderatorinnen und Lernhelferinnen übernehmen. Mehrsprachigkeit Mehrsprachigkeit der Gesellschaft ist eine Forderung der Europäischen Union, eine vom Gemeinsamen europäischen Referenzrahmen formulierte Erkenntnis. Um Mehrsprachigkeit für das Erlernen weiterer Sprachen und den Unterricht fruchtbar zu machen, sollte man Gemeinsamkeiten und Unterschiede von Sprachen feststellen. Eß bedeutet ein Eingehen auf die von den Lernerinnen bereits gelernten Zweitsprachen, einen möglichen Sprachvergleich und eine systematische Nutzung von bisher Gelerntem, von der Lexik, der Textkompetenz bis hin zu Lernstrategien und Elemente eines bewussten Umgangs mit Sprachen. Authentizität Es scheint, dass der Begriff der Authentizität zwar in aller Munde geführt wird, in der Realität aber in Vergessenheit gerät, betrachtet man die heutigen Lehrwerke (mit einigen Ausnahmen). Diese präsentieren kaum noch komplexe Texte, wie sie „in der Wirklichkeit" vorkommen. Bedeutet dies, dass der Begriff obsolet geworden ist? Sucht man nach Definitionen von Authentizität, findet man häufig den Satz „Texte; Von Muttersprachlerinnen für Muttersprachlerinnen". Diese Definition allerdings scheint in Zeiten von Mehrsprachigkeit ihre Gültigkeit verloren zu haben. Sind Texte, die von Nicht-Muttersprachlerlnnen einer bestimmten Sprache verfasst wurden, weniger authentisch als solche, die von Native-Speakern (des Deutschen, Französischen, Russischen, Türkischen) geschrieben wurden? Dieser einseitige Begriff der Authentischen Texte stammt aus der Kommunikativen Didaktik, die mit Recht bestrebt war, Alltagstexte, Gebrauchstexte, Texte aus Zeitungen, Radiotexte etc, kurz, Texte des täglichen Lebens in den Unterricht zu etablieren - eine Antwort auf die „Nicht-Texte" der audiovisuellen Periode oder die konstruierten Texte der Grammatik-Übersetzungsmethode. Im heutigen Unterrichtsgeschehen, das nicht einem methodischen Ansatz folgt, sondern geleitet ist von Prinzipien, ist das Prinzip der Authentizität immer noch gültig. Materialien, dJh. Texte, sollten eine natürlich komplexe Sprache beinhalten, die nicht eigens für den Unterricht anhand einer vorgegebenen syntaktischen und lexikalischen Progression erstellt wurden, um bestimmte grammatikalische Phänomene zu vermitteln oder sie zu vereinfachen, Authentizität bedeutet aber auch, dass „authentische Situationen" der Sprachverwendung im Unterricht integriert sein sollten und, dass die Lernenden als authentische Per* sonen im Unterricht vorkommen, mit all ihren Wünschen und ihren Bedürfnissen, ihren Interessen und ihrem Wissen. 126 ^Paradigmenwechsel? - Diversifizierung versus Vereinheitlichung Für van Iier bedeutet Authentizität über die Qualität der Texte - also des Inputs -hinausgehend, eine Unterrichtssituation, in der die Lernenden ihre eigenen Gefühle und Ansichten einbringen können (1996:13). Autonomie Unterricht soll Autonomie fördern, indem die Lernenden bei der Definition der Ziele, Inhalte und Methoden des Unterrichts mitbestimmen können. Dies bedeutet auch, dass die Lernenden in die Lage versetzt werden sollen, die Erreichimg ihrer Ziele selbst evaluieren zu können. Dies ist eine Anforderung an Lernende, die nicht automatisch erreicht werden kann, sondern in mehreren Stadien abläuft. Lernenden-Autonomie bedeutet vor allem Kooperation der Lernenden in Partnerlnnen-und Gruppenarbeiten, es verlangt aber auch Authentizität von Texten. Wolff charakterisiert autonomes Lernen folgendermaßen: Im autonomen Klassenzimmer werden authentische Materialien (keine Lehrbücher) verwendet, Evaluation spielt eine Schlüsselrolle. Lernende sollen ihre Lernprozesse und deren Ergebnisse bewerten lernen, Gruppenarbeit ist die vorherrschende Arbeitsform. (1999) Die Fähigkeit der Selbstevaluation entwickelt sich nach Oskarsson in drei Phasen: Abhängige Phase: In dieser Phase sind die Lernenden vollkommen von Fremdbewertung abhängig und können ihre Leistungen nicht selbständig einschätzen. Kooperative Phase: In dieser Phase erfolgt eine gemeinsame Selbst- und Fremdbewertung von Unterrichtenden und Lernenden, in der die Lernenden auch Instrumente und Vorgangsweisen der Selbsteinschätzung erlernen. Unabhängige Phase: In dieser Phase sind die Lernenden in der Lage vollständig autonom ihre Selbstbewertung durchzuführen. (Oskarsson 1984) 2. Methodische Prinzipien Recycling Dieses Prinzip bedeutet in weitestem Sinne Wiederholen. Dies ist ein wesentlicher Bestandteil des Lernens. Ganz konkret bedeutet es, dass ein Text, mit unterschiedlichen Aufgaben und unterschiedlichem Fokus mehrmals vorkommen kann und auch soll. Ausgewogenheit der Fertigkeiten Alle Fertigkeiten sollen von Anfang an Bestandteil des Unterrichts sein. Nicht nur aus erwerbstheoretischen, sondern auch aus pragmatisch-handlungsorientierten Gründen scheint es allerdings günstiger, die rezeptiven Fertigkeiten (Hören und Lesen) im Anfängerunterricht vor den produktiven Fertigkeiten (Sprechen und Schreiben) stärker zu betonen. (Faistauer 2005) 127 jParadigmenwechsel? - Diversifizierung versus Vereinheitlichung Abwechslung Unterricht sollte so gestaltet sein, dass alle Fertigkeiten und Kommunikationskanäle einander abwechseln. Dies erscheint aus mehreren Gründen notwenigj erstens sind Lernerinnen bei verschiedenen Aufgabestelllungen unterschiedlich gefordert, zweitens bedeuten unterschiedliche Aufgaben oftmals auch ein andere» Lemtempo - Hörtexte sind mehr mit nicht steuerbarerer Geschwindigkeit verbunden als Lesetexte, bei denen jede Lernende selbst das Lesetempo bestimmen kann. Darüber hinaus wissen wir, dass manche Lernende bestimmte Aufgaben vorziehen und andere diese nicht so sehr schätzen. Textsortenvielfalt Die Lernenden sollen mit unterschiedlichen Textsorten arbeiten können, dies ist einerseits aus den Interessen der Lernenden ableitbar, aber auch aus dem, Ziel der Textkompetenz. Transparenz Die Lernenden müssen immer wissen, warum sie etwas tun. Die Ziele def einzelnen Übungen und der gesamten Unterrichtseinheit sollen für die Lernenden ersichtlich sein, sie sollten im Sinne einer Lernerinnen-Orientierung auch gemeinsam vereinbart werden können. Abwechslung der Sozialformen Es ist unseres Erachtens wichtig, die Sozialformen (Plenararbeit, Gruppenarbeit, Partnerinnenarbeit und Einzelarbeit) im Unterricht abzuwechseln und den einzelnen Übungen passend zuzuordnen. 3. Spracherwerbsorientierte Prinzipien Die folgenden Prinzipien sind nach Erkenntnissen und Forschungsergebnissen der Zweitspracherwerbsforschung von Ellis formuliert worden und werden hier kurz besprochen und kommentiert. Unterricht muss sicherstellen, dass die Lernenden sowohl ein reiches Repertoire an formelhaften Ausdrücke als auch (regelbasiertes) sprachliches Wissen entwickeln. Lernende erlernen zu Beginn eines Sprachlernprozesses formelhafte Ausdrücke, die auch Chunks oder Listeme genannt werden. Diese sind nach Pinken „memorized chunks [...] sometimes called listemes, that is, items that have to be memorized as part 128 ^Paradigmenwechsel? - Diversifizierung versus Vereinheitlichung of a list" (Pinker 2000: 24). Sie werden demnach als Einheit wahrgenommen und nicht als syntaktische Konstruktionen. Dieser Prozess des „Listem Lernens" ist ebenfalls im Erstspracherwerb zu beobachten, bei dem Kinder in der Periode der holophrastischen Ausdrücke (Klann-Delius 1999) Phrasen produzieren, ohne deren syntaktische Komplexität zu beherrschen. Diese Phrasen sind im erwachsenen Spracherwerb oftmals ganze Redewendungen oder kommunikative Äußerungen wie zum Beispiel: Guten Morgen! Wie geht es dir? Könntest du mir sagen,... Es ist also wichtig, dass Lernende, speziell am Beginn eines Sprachlemprozesses, die Gelegenheit bekommen formelhafte Ausdrücke wahrzunehmen, zu lernen und anzuwenden, ohne dass sie die Regelhaftigkeiten, die hinter diesen Ausdrücken stehen, erlernen müssen. Dies dient der kommunikativen Geläufigkeit. Das Wissen über Regeln mit dem Ziel Genauigkeit und Komplexität sollte parallel geschehen. Nach Ellis sollten zuerst Formeln (Listeme) gelernt und erst später die dahinter stehende Grammatik analysiert werden. Die formelhaften Ausdrücke werden von Lernenden auch dazu verwendet, im Nachhinein Regeln zu entwickeln. Ein sofortiges Thematisieren der „Grammatik in den Listemen" verhindert den Erwerb von formelhaften und besonders für die Arifangskommunikation wesentlichen Chunks. Unterricht muss vor allem verständnisbezogen sein. Verstehen und Verstehen wollen sind Voraussetzungen für ein erfolgreiches Sprachenlernen, diese Prozesse bilden die Basis für waterführende, auf die Form konzentrierte Arbeit mit Sprache. Beim Verstehen können wir mehrere Ebenen erkennen: Diejenige des Erkennens der semantischen Bedeutung von Wörtern, Phrasen und Sätzen. In diesem Fall ist die Sprache das Objekt des Lernens und Entdeckens. Diejenige der pragmatischen Bedeutung, also der Bedeutung von Sprache in Interaktion. Hier kann Sprache auch als Objekt gesehen werden, indem verschiedene Funktionen analysiert und pragmatischen Regelhaftigkeiten zugeordnet werden. Und die Ebene, dass Sprache Bestandteil der Interaktion, damit Werkzeug der Kommunikation ist, das in der Anwendung verstanden und erlernt wird. Ellis vermeint in einem aufgabenorientierten Ansatz (Krenn 2006) hier ein effektives Modell zu sehen. Hinter dieser Feststellung steht die Annahme, dass nur das Enkodieren und Dekodieren von realen Aussagen zu einem Erwerb führt (Prabhu 1987 und Long 1996). Dabei ist hervorzuheben, dass Aktivitäten, welche die Lernenden dazu bringen Bedeutungen zu verstehen und sie auch in an reale Kommunikation angelehnte Situationen anzuwenden motivierend sind. 129 ^Paradigmenweehsel? - Diversifizierung versus Vereinheitlichung_ Unterricht muss sich auch auf die sprachliche Form beziehen. Doughty and Williams unterscheiden zwischen drei Möglichkeiten (und realen Anwendungen) im Unterricht: einer Konzentration auf Bedeutung (siehe vorhergehendes Prinzip), einer Konzentration auf explizites Regelwissen (focus an forms) und einer Konzentration auf aus dem Kontext erarbeitetes Wissen über die Sprache (focus on form). (Doughty and Wilhams 1998) Der Ansatz des Focus on form bedeutet einen Zuwachs an Aufmerksamkeit der sprachHchen Form gegenüber (noticing) und auch eine Verbindung von Form und Bedeutung (form-function mapping). (Schmid 1994) Wir können in diesem Kontext drei Möglichkeiten des Grammatikunterrichts erkennen: • Aktivitäten, die ein spezielles Grammatikphänomen in den Fokus der Aufmerksamkeit stellen, • Form-Aufmerksamkeit im Rahmen einer (kommunikativen) Aufgabe, • expliziter, aber induktiver Grammatikunterricht. Wir können feststellen, dass implizites Wissen und induktives, exploratives Lernen, ausgehend von (Kon)Texten eine wichtige Basis für das Erarbeiten von Regeln darstellen Sil w Ei bi an sii m m di be Ei In V< (a ar V« di Unterricht soll vor allem implizites Wissen entwickeln helfen, ohne dabei ganz auf explizites Wissen zu verzichten. Implizites Wissen bedeutet auch prozedurales Wissen und stellt eine Basis für die Entwicklung der kommunikativen Kompetenz dar. Das implizite Wissen ist Teil der linguistischen Kompetenz wie sie von Chomsky definiert wurde (1965) oder aber auch Teil der klassischen kommunikativen Kompetenz (Hymes) beziehungsweise einer multicompetence (Jessner, in diesem Band). Die Unterscheidung zwischen implizitem und explizitem Wissen wurde auch von Krashen in seiner Differenzierung zwischen Erwerben und Lernen (Krashen 1982) dargelegt. Erwachsene Lernende benötigen eine Mischung aus den beiden Wissensformen, wobei das explizite Wissen tendenziell dem Lernziel der Genauigkeit zugeordnet werden kann und das implizite Wissen dem der Geläufigkeit. Unterricht muss den „eingebauten Lehrplan" der Lernenden berücksichtigen. Wir können sowohl im LI- als auch im L2-Erwerb bestimmte Spracherwerbssequenzen beobachten. Ein Beispiel aus dem Englischen ist das Morphem ,,-s", das in der dritten Person Singular, Präsens, im Indikativ an ein Verb angehängt wird. Dies wird sowohl im LI- als auch im L2-Erwerb des Englischen sehr spät realisiert, wahrscheinlich, weil es Ei N pi se Sm be di hi so ei In K< In K< SF fr« U 130 _jiPfliadigmenwechse17 - Diversifizierung versus VerelBheitlichung sich hier um ein Relikt aus einer reicheren Morphologie handelt, die heute keine wirkliche Funktion mehr besitzt. Ein weiteres Beispiel ist die Übergeneralisierung der regelmäßigen Vergangenheitsbildung von Verben („ich gehte") die eine richtige Regel auf eine Gruppe von Verben anwendet/ die aber außerhalb des Geltungsbereichs dieser Regel stehen. Laut Pinker sind diese Vergangenheitsformen nicht regelbasiert, sondern lexikalisch verankert, müssen also als eigene Wörter gelernt werden, Die Regel, die hier angewendet werden muss, lautet also: für das Verb "gehen" nicht die Regel anwenden, sondern im Lexikon die entsprechende Variante finden, Unterricht kann diese Sequenzen eventuell beschleunigen, aber nicht umkehren. (Pienemann: 1998) Erfolgreicher Unterricht braucht intensiven Input Input oder „sprachliche Nahrung", wie es Buttaroni und Knapp (1988) nennen, ist die Voraussetzung für den Spracherwerb. Dies bedeutet ein reichhaltiges Angebot an (authentischen) Texten. Aber auch die Sprache der Unterrichtenden und die der anderen Lernenden kann als Input angesehen werden, Das bedeutet neben der Verwendung von Texten eben eine extensive Verwendung der 12 im Unterrieht, denn die Zielsprache jgt Medium und Inhalt des Unterrichts. Erfolgreicher Unterricht muss Gelegenheiten schaffen Output zu produzieren. Neben der Wichtigkeit der Rezeption (des Inputs) erkennen wir auch, dass Lernende produzieren müssen. Wir haben bei dem Prinzip, Unterricht muss verständnisbezogen sein, gesehen, dass auch Anwendung eine Komponente des Lernens bedeuten kann Swain (1985) entwickelte das Konzept des comprehensible oder „pushed Output", was bedeutet, dass Lernende, dann wenn sie etwas produzieren wollen (oder müssen), in der Lage sind, Sprache zu produzieren, die über ihre vermeintliche Kompetenz hinausgeht. Dies bedeutet nicht, dass wir Lernende zwingen sollen zu produzieren, sondern, dass wir Gelegenheiten schaffen sollen, in denen die Lernende Sprache in einem möglichst stressfreien Umfeld "ausprobieren" können. Interaktion ist ein zentraler Bestandteil der Entwicklung einer kommunikativen Kompetenz in der L2. Interaktion ist ein wesentlicher Bestandteil der Entwicklung der kommunikativen Kompetenz, was bedeutet, dass die Lernenden Gelegenheiten erhalten sollen, mit Sprache in Kommunikationssituationen zu handeln. Sie müssen die Möglichkeit haben frei zu sprechen und frei zu schreiben, also ihre Perfprmartz zu entwickeln, ohne durch Lehrerinnen-Korrektur auf die Form aufmerksam gemacht zu werden. 131 jParadigmenwechsel? - Diversifizierung versus Vereinheitlichung Unterricht muss die individuellen Unterschiede zwischen Lernenden berücksichtigen. Die Lernenden kommen mit unterschiedlichen Motivationen, Einstellungen, subjektiven Theorien und Lemsozialisation(en) in den Fremdsprachenunterricht Die Motivationen können privat oder beruflich orientiert sein, die Emstellungen ergeben sich u.a. aus Lernerfahrungen aus der Schule oder dem Erlemen anderer Sprachen oder anderer Inhalte. Die subjektiven Theorien entstehen aus dem Rationalisieren der eigenen Erfahrungen, aber auch aus dem Wissen über Lerntheorien, die oftmals, populär-wissenschaftlichen Kontexten entnommen sind. Die Lernsozialisationen sind ein Ergebnis vorangegangenen Lernens. Gruppen sind immer heterogen und werden auch immer heterogen bleiben. Mit dem Prinzip der Lemerlnnen-Qrientierurig igt auch das vorliegende Prinzip fassbar. Die Rolle und Funktion von Unterrieht, auch wenn er auf bestimmte Prüfungen vorbereitet, die zumeist Homogenität suggerieren (das Erreichen einer bestimmten Niveaustufe) kann nie das Hervorbringen homogener Gruppen sein. Die in diesem Beitrag genannten Prinzipien können ein relativ klares Gerüst für einen Unterricht bieten, der einerseits didaktisch und methodisch in einer Tradition des Lernens und Lehrens verortet werden kann, die den Menschen in den Mittelpunkt stellt, und andererseits Erkenntnisse aus der Spraeherwerbsforschung berücksichtigt. Dies alles hat das Ziel für die Lernenden relevante und effektive Lernprozesse zu gestalten. Literatur: Buttaroni, Susanne (1995): Sprache beibringen, Sprache fernhalten. Muss es wirklich „authentisch" sein? In: ÖDaF-MBtteüungen 2(W95, S. 34- 40. Brüning, Ludger. und Saum Tobias (2006): Erfolgreich unterrichten durch Kooperatives Lernen. Strategien zur Schüleraktivierung. Essen. Chomsky, Noam (1965): Aspects of the Theory of Syntax. Cambridge, Massachusetts: MIT Press. *\ **''*' Doughty, Catherine and Williams Jessica (1998): Focus on Form in Classroom Second Language Acquisition. Cambridge: Cambridge University Press. Ellis, Rod (2005): Principles of instructed language learning. System 33-209-224. Faistauer, Renate (2005): Methoden, Prinzipien, Trends? - Anmerkungen zu einigen methodischen Grundsätzen für den Unterricht von Deutsch als Fremdsprache. In: ÖDaF-Mitteilungen, Sonderheft Perspektiven, S. 8-17. Pinker, Steven (1999): Words and Rules. The Ingredients of Language. London: Phoenix. Krashen, Stephen (1982): Principles and Practice in Second Language Acquisition. Oxford: Pergamon. Krenn, Wilfried (2006): Der aufgabenorientierte Ansatz als neue „Designmethode" der Fremdsprachendidaktik. In: Krumm Hans-Jürgen und Portmann-Tselikas P R (2006):Theorie und Praxis. Österreichische Beiträge zu Deutsch als Fremdsprache, 10/2006.13-28. 132 ^Paradigmen-Wechsel? - Diversifizierung versus Vereinheitlichung Klann-Delius, Gisela (1999): Spracherwerb. Stuttgart-Weimar. Melzer. Long, Michael (1996): The role of the linguistic environment in second language acquisition. In: Handbook of Second Language Acquisition, ed. Ritchie W C and Bhatia T K. San Diego New York Boston London Sydney Tokyo and Toronto: Academic Press. 413-468. Pienemann, Manfred (1998) Language processing and second language development: processability. Amsterdam. Benjamins. Prabhu, Singh (1987): Second Language Pedagogy, Oxford: Oxford University Press. OskarsBon, Mats (1984): Self-assessment of foreign language skills: a survey of research and development work. Strasbourg: CDCC Schmidt Richard (1994): Deconstructing consciousness in search of useful definitions for applied linguistics, AILA Review 11,1126. 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