Emilia Galotti 1772 Burgtheater Wien, Inszenierung Andrea Breth https://www.youtube.com/watch?v=-69RYRHcGWw Deutsches Theater Berlin, Inszenierung Michael Thalheimer Andrea Breth lEmilia, eine knospende Rose, ein biegsames Geschöpf, das bei Johanna Wokalek atemlos dem Leben entgegenfiebert, ohne gegen seine verlockenden und tückischen Anfechtungen gewappnet zu sein. Mutter Claudia, eine dümmliche Ehrgeizige mit Hang zum Kitsch? Schon, aber dank Elisabeth Orth auch eine grandiose Pragmatikerin mit Witz sowie - zu gegebener Zeit - detektivischer Klarsicht und dem untrüglichen Gespür für den eigenen Vorteil bzw. die Übervorteilung von anderer Seite. Michael Thalheimer 2001 im Deutschen Theater mit "Emilia Galotti": in achtzig Minuten um Lessings Welt. l"Werktreue hat nichts mit Texttreue zu tun", so Thalheimer, weshalb wenig gesprochen wird - und wenn, dann durchweg in rasendem Tempo, als könnte man den Wörtern nicht trauen. Nina hoss lNina Hoss, als die von ihrem Liebhaber verlassene Gräfin Orsina kommt "von ganz hinten nach ganz vorne", "eine Pistole in der Hand, mit der sie zuerst ins Publikum zielt. lIngo Hülsmann (Marinelli), lMusik aus dem Film "In the Mood for Love" (2000, Regie: Wong Kar-Wai) Emilia Galotti Slovácké divadlo Uherské Hradiště – Překlad Václav Cejpek. Režie Martina Schlegelová, dramaturgie Hana Hložková, scéna Jana Špalová, kostýmy Aneta Grňáková, hudba Jiří Kučerovský. Premiéra 13. února 2010. Emilia Galotti lRežie: Martin Čičvák lDramaturg: Martin Dohnal, Martin Kubran j.h. lScéna: Tom Ciller j.h. lKostýmy: Nina Stillmark j.h. lPremiéra: 2.4.2004 lHrají: Antonie Talacková, Jindřich Světnica, Jana Janěková Verführung ist die wahre Gewalt Jetzt weiß ich von dem allen nichts. Meine Sinne hatten mich verlassen. - Umsonst denk ich nach, wie ich von ihm weg und aus der Halle gekommen. Ich finde mich erst auf der Straße wieder, und höre ihn hinter mir herkommen, und höre ihn mit mir zugleich in das Haus treten, mit mir die Treppe hinaufsteigen - - lGewalt! Gewalt! wer kann der Gewalt nicht trotzen? Was Gewalt heißt, ist nichts: Verführung ist die wahre Gewalt. Ich habe Blut, mein Vater, so jugendliches, so warmes Blut als eine. Auch meine Sinne sind Sinne Veghia lVorabend (eines Festes); Abendgesellschaft: CLAUDIA. In der letzten Vegghia, bei dem Kanzler Grimaldi, die er mit seiner Gegenwart beehrte. Er bezeigte sich gegen sie so gnädig - ODOARDO. So gnädig? CLAUDIA. Er unterhielt sich mit ihr so lange -- ODOARDO. Unterhielt sich mit ihr? CLAUDIA. Schien von ihrer Munterkeit und ihrem Witze so bezaubert -- Barbara Villiger Heilig über Andrea Breths «Emilia Galotti» «Emilia Galotti» hat, wiewohl gespeist aus mancher literarischen Quelle, das Zeug zu einer Soap-Opera. Allerdings verfasste sie Lessing, der deutsche Aufklärer mit dem unbestechlichen Blick für jene Black-out-Zonen der Seele, die sich abschirmen vor dem hellen Licht der Ratio. In Wien schluckt Orsina vor ihrem Abgang schnell das Gift, nachdem sie es Odoardo angeboten hatte. Seit 1999 Hausregisseurin am Burgtheater Wien, 2004 und 2005 war sie am Berliner Theatertreffen mit den Burgproduktionen Emilia Galotti und Don Karlos beteiligt. Keusch oder unkeusch? ORSINA. Beßrer Rat kömmt über Nacht. - Wo ist er? wo ist er? - Was gilts, er ist in dem Zimmer, wo ich das Gequicke, das Gekreusche hörte? - Ich wollte herein, und der Schurke vom Bedienten trat vor. lMARINELLI. Meine liebste, beste Gräfin- lORSINA. Es war ein weibliches Gekreusche. Was gilts, Marinelli? l(IV, 3) Keusch oder unkeusch lOrsina: Im Ernst, Marinelli? Emilia Galotti? - lEmilia Galotti wäre die unglückliche Braut, die der Prinz tröstet? lMARINELLI (vor sich). Sollte ich ihr schon zu viel gesagt haben? lORSINA. Und Graf Appiani war der Bräutigam dieser Braut? der eben erschossene Appiani? lMARINELLI. Nicht anders. lORSINA. Bravo! o bravo! bravo! (in die Hände schlagend) lMARINELLI. Wie das? lORSINA. Küssen möcht' ich den Teufel, der ihn dazu verleitet hat! Conti Conti, ein Maler, spricht den häufig zitierten Satz: die Kunst geht nach Brot. Wie ist der Satz im Kontext eingebettet? Conti DER PRINZ. Guten Morgen, Conti. Wie leben Sie? Was macht die Kunst? CONTI. Prinz, die Kunst geht nach Brot. DER PRINZ. Das muß sie nicht; das soll sie nicht, in meinem kleinen Gebiete gewiß nicht. DER PRINZ: Und wie gesagt: in meinem Gebiete soll die Kunst nicht nach Brot gehen; - bis ich selbst keines habe. - Schicken Sie, Conti, zu meinem Schatzmeister, und lassen Sie, auf Ihre Quittung, für beide Porträte sich bezahlen, - was Sie wollen. So viel Sie wollen, Conti. Emilia - Odoardo Kann die schwierige Vater-Tochter-Beziehung in ein neurotisches Bedürfnis nach Selbstzerstörung münden? Ehedem wohl gab es einen Vater, der seine Tochter von der Schande zu retten, ihr den ersten den besten Stahl in das Herz senkte - ihr zum zweiten das Leben gab. Aber alle solche Taten sind von ehedem! Solcher Väter gibt es keinen mehr! Titus Livus Titus Livius überlieferte Geschichte der Virginia in seiner „Römischen Geschichte“, dass der Decemvir Appius Claudius seine Macht missbraucht habe, um in den Besitz der Virginia zu kommen, eines sehr schönen Mädchens, das bereits mit dem ehemaligen Tribunen L. Icilius verlobt war. Appius Claudius veranlasste seinen Kienten M. Claudius dazu, das Mädchen als Sklavin zu beanspruchen. Angeblich sei sie gar nicht das Kind ihrer freien Eltern, sondern die Tochter zweier Sklaven aus dem Besitz des M. Claudius. Der Anspruch kam vor Gericht, wo Appius Claudius die Sache natürlich zu Gunsten seines Klienten entschied. Virginia sollte nun Sklavin im Haus des M. Claudius werden. Dramenaufbau Exposition – erregendes Moment – steigende Handlung – Peripetie – fallende Handlung – Katastrophe. Claudia erkennt nicht nur die ganze entsetzliche Wahrheit über den fingierten Überfall, sondern auch die Grenzen des Handelns, die ihr gesetzt sind. Appiani ist tot. Sie selbst und Emilia sind in der Gewalt der Entführer. Der Gedanke an ein Kloster als Zufluchtsort für Emilia. Kloster Ich denke, ich weiß es, was meiner Tochter in ihren itzigen Umständen einzig ziemet. - Entfernung aus der Welt; - ein Kloster, - sobald als möglich. DER PRINZ. Ein Kloster? ODOARDO. Bis dahin weine sie unter den Augen ihres Vaters. DER PRINZ. So viel Schönheit soll in einem Kloster verblühen? - Darf eine einzige fehlgeschlagene Hoffnung uns gegen die Welt so unversöhnlich machen? - Doch allerdings: dem Vater hat niemand einzureden. Bringen Sie Ihre Tochter, Galotti, wohin Sie wollen. Gegensatz zwischen der höfischen und der bürgerlichen Denkweise nieder Geschmachtet, geseufzet hab' ich lange genug, – länger als ich gesollt hätte; aber nichts getan! und über die zärtliche Untätigkeit bei einem Haar' alles verloren! Inwieweit sind auch der Prinz und seine ehemalige Mätresse Orsina gemischte Charaktere? „ (...) welch eine himmlische Phantasie! Wann wir einmal alle – wir, das ganze Heer der Verlassenen – wir alle in Bacchantinnen, in Furien verwandelt, wenn wir alle ihn unter uns hätten, ihn unter uns zerrissen, zerfleischten, sein Eingeweide durchwühlten – um das Herz zu finden, das der Verräter einer jeden versprach und keiner gab! Ha! das sollte ein Tanz werden! das sollte!“ Theodizee Glauben Sie mir, Marinelli: das Wort Zufall ist Gotteslästerung. Wie korellliert diese Äußerung mit der maßgebenden philosophischen Richtung im 18. Jahrhundert?