Soziologische Ansätze in der Übersetzungswissenschaf t Angeregt von Christina Fasching und Dilek Dizdar Struktur • Warum soziologische Ansätze? • Vorstellung soziologischer Konzepte, Begriffe • Bedeutung soziologischer Ansätze in der Übersetzungswissenschaft • Schlagworte: Rolle, Macht, Kultur Grenzen eines nur philologischen Ansatzes • Bemühung um inter-/transdisziplinäre Zusammenarbeit mit kulturund sozialwissenschaftlichen Disziplinen und Fragen zur Rolle und Position der Translationswissenschaft • „philologischer“ Bias: Der Translationsbegriff sei • zu textbasiert Die Translationswissenschaft sei eine sprachwissenschaftliche Disziplin („textlastige Seite“ unbrauchbar für die Soziologie) • Anspruch auf Anerkennung als Expert (in) • Ein Bild des Berugfsstandes • Die Unterscheidung von Laien • Interessenvertretungen und Berufsverbände • https://www.jtpunion.org/O-JTP/O-Jednote-tlumocniku-a%C2%A 0prekladatelu/Prospekt-JTP • Erarbeitung von Verhaltensregeln • https://www.tlumoceni-preklady.cz/o-prekladatelstvi/etickykodex/ • Kodizes, z. B. • Ve smyslu tohoto etického kodexu je profesionální překladatel osoba, která za úplatu převádí nezaměnitelnými prostředky smysl písemné výpovědi mluvčího z výchozího jazyka do jazyka cílového v písemné podobě. Výsledek tvůrčí práce překladatele je novou hodnotou, která má povahu duševního vlastnictví. • Tlumočník a překladatel je vždy a v plné míře vázán služebním tajemstvím, které nesmí vyzradit nikomu a které se týká všeho, co se tlumočeník a překladatel dozví při své činnosti u neveřejných jednání a překladů. Arbeitsgemeinschaft Freiberuflicher Konferenzdolmetscher (AFK) • Wir sind eine - bereits seit 25 Jahren bestehende - Gruppe erfahrener Konferenzdolmetscher, die simultan , konsekutiv und flüsternd arbeiten. Wir alle gehören dem für seine strengen Qualitätskriterien bekannten Internationalen Verband der Konferenzdolmetscher (aiic) an und unterliegen damit der beruflichen Schweigepflicht. • Die Interessen aller an internationalen Konferenz beteiligten Partiene schützen • 1953 wurde aiic Erving Goffman: The Presentation of Self in Everyday Life (1956) • Sowohl die Rolle als auch die Darstellung definiert • Zur Übernahme bestimmter Handlungsmuster verpflichtet • Der Rat wird nach Maßgabe der Vorschriften zu Disziplinarverfahren im Falle eines Bruchs der Berufsbestimmungen, wie sie im Kodex definiert sind, eine Strafe verhängen. • Die Verbandsmitglieder nehmen keinen Auftrag an, für den sie nicht qualifiziert sind. • Loyalität, Kooperation und Solidarität zueinander. Arbeit auf der Hinterbühne • Durch akademische Ausbildung, • Recherche und Umgang mit technischen Arbeitsmitteln • Wie steuert man dagegen, dass es den ÜbersetzerInnen nicht an Feedback mangelt? • Solange keine Fehler auffallen, wird die Leistung des Übersetzer kaum beachtet. • Entscheidungen treffen und die Ergebnisse permanent überprüfen • Persönliche Interessen sowie gesellschaftlicher Druck bedrohen die Eigenständigkeit der Leistung des Übersetzers Macht, Kontrolle und Abhängigkeiten, die Translate ausüben • BedarfsträgerIn vs. AuftragsgeberIn • Gute Translation für die TW vs effektive Translation für die Nutzer • • Professionelle und unprofessionelle Translation • Übersetzen vs Dolmetschen (“transpreters”) • Professionelle vs Nicht-professionelle Translation Kommunaldolmetschen Community Interpreting, CI Community Interpreters ermöglichen Menschen, deren Muttersprache nicht die des Gastlandes ist, den Zugang zu öffentlichen Einrichtungen. […] Sie übersetzen und dolmetschen im Dienst der Gemeinschaft für Einzelpersonen oder Kleingruppen (Familien), meist für MigrantInnen oder Flüchtlinge, bei Gesprächen mit Behörden und Sozialämtern, in Schulen oder in Institutionen des Gesundheitswesens. Besonders gefragt sind dabei DolmetscherInnen mit seltenen Sprachkombinationen. (AMS-Broschüre „Jobchancen – Studium, Sprachen“). ökonomiegesteuerte translatorische Wirklichkeit • Prunc, Erich (1997) “Translationskultur (Versuch einer konstruktiven Kritik des translatorischen Handelns) [Erweiterte Fassung des Referats beim Kongreß Transferre necesse est, Budapest, 5.-7. September 1996], in: TEXTconTEXT 11 = NF 1.2, 99-127. • Translationskultur: ein Geflecht von gesellschaftlich anerkanntnen Erwartungshaltungen und Wertvorstellungen in Bezug auf Translation • Kooperatives und loyales Verhalten • Nie ein kontextfreies Abbild eines Textes • Wem gegenüber sollte der Übersetzer loyal sein? *3+ Imagekriterien • Vertrautheit mit dem Transaltionsprozess (Erfahrung) • Vertrauen in das Produkt der Translation • Glaubwürdigkeit • Respekt • Adäquate Erwartung aller Teilnehmer • • Mensch vs. Maschine • Frühere Annahmen • ÜbersetzerInnen verfolgen als Vermittlungsinstitution keine eigenen Interessen. • kulturspezifische Konventionen bestimmen Translation • Lost in Translation (Lost in Translation – Zwischen den Welten), der zweite Spielfilm der Regisseurin Sofia Coppola mit Bill Murray und Scarlett Johansson in den Hauptrollen. Coppola erhielt für den Film 2004 einen Oscar für das Beste Originaldrehbuch, Murray wurde mit einem Golden Globe als Bester Hauptdarsteller ausgezeichnet. • Pierre Bourdieu (1930-2002) • Militärdienst und Feldforschung in Algerien • Sozialer Raum: Feld, Kapital, Habitus • starke Rezeption in der Übersetzungswissenschaft • • Je geringer das Gewicht des Akteurs auf dem Feld, desto größer der Zwang der Struktur • Feldbegriff • Ein sozialer Aktionsraum, in dem die Beteiligten aufgrund von Beziehungen miteinander agieren. • Es gelten Spielregeln, die historisch begründet, aber veränderbar sind. • Felder sind abhängig von anderen Feldern, sie interagieren. • Beispiele für Felder? • Von den besseren Plätzen hat man einen besseren Blick • Die Praxis als Produkt des Habitus • Das Feld der Literatur zu Flauberts Zeit (Kampffelder) • Kapitalbegriff • Alle materiellen und geistigen Güter, die ein Individuum, eine Gruppe oder eine Institution erwerben und/oder besitzen kann. • • Kapitalformen: materialisiert oder verinnerlicht • Kapitalarten: • Ökonomisches Kapital • Soziales Kapital • Kulturelles Kapital – inkorporiert – institutionalisiert – materialisiert • Symbolisches Kapital • Konvertieren von Kapitalarten • Rehbein 113 • Kapital vs Ressourcen • Ein teures Gemälde (kulturelles K.) erwirbt man für Geld • Mitgliedschaft in einem Golfklub (soziales K.) kostet was • Erwerb des Waisenhaus (symbolisches Kapital) muss von Gessellschaft als Akt der Wohltätigkeit anerkannt werden • Ökonomisches Kapital • Materielle und immaterielle Güter (Immobilien, Aktien etc.) mit ökonomischem Wert. – Konvertierbar in Geld – Erwerbbar durch Kauf oder Tausch • Beispiele für ÜbersetzerInnen? • Soziales Kapital • Handlungsressourcen, die eine Akteurin aus dauerhaften und institutionalisierten Beziehungsnetzen (Familie, Freunde, Berufsorganisation) schöpfen kann. – Konstituiert durch Beziehungsarbeit/Networking – Gegenseitige Anerkennung durch Austausch – Solidarität und Loyalität • Beispiel für ÜbersetzerInnen? • Kulturelles Kapital • Ressourcen, die aus Wissen, Bildung, Kreativität und Kunstfertigkeit resultieren. • objektiviert – Artefakte (z.B. Texte) – als jurist. Eigentum erwerbbar (z.B. Urheberrechte) – Bildungstitel und Zertifikate • institutionalisiert • inkorporiert – Fähigkeiten, Fertigkeiten und Dispositionen, über die jemand verfügt – kann Dritten als Leistung angeboten werden • Symbolisches Kapital • Die in einer Gesellschaft wahrgenommene und als legitim anerkannte Form des ökonomischen, kulturellen und sozialen Kapitals. • Chancen auf soziale Anerkennung und Prestige. • Jedes Kapital kann zu symbolischem Kapital umgewandelt werden. • Habitus • Der Habitus ist eine Anzahl von Handlungsmustern, die von einem Individuum/einer Gruppe in einem sozialen Feld und der in diesem geltenden Spielregeln verinnerlicht wurden und deshalb auch deren Handeln bestimmen. • Gewohnheiten, Lebensweise, Einstellungen, Wertvorstellungen • Der Habitus ermöglicht die Teilnahme an der sozialen Praxis. • Paradigmenwechsel durch Habitus • Mensch besitzt keine innere Freiheit. • Soziales Handeln ist nicht das Resultat bewusster Entscheidungen, nicht das Befolgen von Regeln. • Unser Habitus beeinflusst unsere Wahrnehmung der Wirklichkeit. • • Machtbegriff • Das Vermögen, seinen Willen in einer sozialen Beziehung (auch gegen den Widerstand anderer) durchzusetzen. • Macht ist eine Struktureigenschaft. • Macht reguliert das Zusammenleben. • Macht ist ein sozial zugeschriebenes Potenzial. • Spannung zwischen Anerkennung und Infragestellung. • Feld, Kapital, Habitus und Macht in der Übersetzungswissenschaft • Prestige- und Machtgefälle zwischen Kulturen • Investitionen in Translation • • Position im internationalen Austausch von materiellen und geistigen Gütern • Hegemoniale versus partnerschaftliche Beziehungen • Feld der Translation • Überlagerung von Sprachräumen und anderen sozialen Organisation (Staat, Region etc.) • Überlagerung mit anderen Feldern des Kultur- und Wissenstransfers • Unkontrollierter Zugang zum Feld wegen fehlender „Einstiegsbedingungen“. Konvention vs Norm • ein Kulturphänomen, willkürlich, beliebig, eine Gewohnheit • ökonomisch und sozial verträglich • Durch Konventionen gleichen wir unsere Macht und Interessen aus. • • Explizit formulierte und mit Sanktionen verbundene Verhaltensvorschriften einer Institution • Beispiele: OeNorm, ISO-Norm, DIN, E-Normen • Normenkonflikte Rollen der ÜbersetzerInnen ? • Gestaltung von Normen und Konventionen • Symbolisches Kapital durch Sichtbarmachung der eigenen Rolle, Wertschätzung • Soziales Kapital durch Solidarität und Standesvertretung • Kulturelles Kapital durch Ausbildung und Forschung • Translation als vermittelnde Kulturtechnik • Broader framework needed to “encompass contemporary social and work realities and break with earlier conceptions that remain too deeply rooted in the industrial age.” (Rogl 2015: 124) • Regina Rogl: "Non-professional Interpreting and Translation: Translational Cultures in Focus", ed. by F. Evrin & B. Meyer, 2016 • Wien, Zentrum Für Translationswissenschaft Fragen Wodurch versuchen sich ExpertInnen von Laien abzugrenzen? Welche Bedeutung haben Kodizes für TranslatorInnen? Was sind Besonderheiten des TranslatorInnenberufs? Ist Macht nur negativ konntotiert? •