t STUDIEN zur Aufführungspraxis und Interpretation von Instrumentalmusik des 18. Jahrhunderts HEFT 12 Kristián Wegscheider • Helmut Werner Richtlinien, zw E^dtnu wertvoller historischer Or&eU Zum Gebrauch für Orgelbauer, Denkmalpfleger, Organisten Herausgegeben im Auftrage des Rates des Bezirkes Magdeburg, Abt. Kultur -Kultur- und Forschungsstätte Michaelstein bei Blankenburg/Harz durch Dr. Eitelfriedrich Thom unter Mitarbeit von Renate Bormann. Redaktionskollegium: Dr. sc. Günter Fleischhauer, Prof. Dr. sc. Walther Siegmund-Schultze, Dr. Eitelfriedrich Thom 2 INHALTSVERZEICHNIS Seite Zum Geleit 4 Vorwort 5 1. Einleitung 6 2. Kurzer geschichtlicher Überblick der Orgeldenkmalpflege 8 3. Begriffsbestimmungen 11 3.1. Vorbemerkung 11 3.2. Wertvolle historische Orgeln 11 3.3. Erhaltung 12 3.4. Maßnahmen 12 3.4.1. Pflege 13 3.4.2. Konservierung 13 3.4.3. Reparatur 13 3.4.4. Restaurierung 13 3.4.5. Rekonstruktion 14 3.4.6. Ergänzung 14 3.4.7. Erweiterung 14 3.4.8. Umbau 14 3.4.9. Abbau 15 3.5. lnventarisation 15 3.6. Dokumentation 17 4. Hinweise für Arbeiten an wertvollen historischen Orgeln 17 4.1. Verfahrensweg 17 4.2. Allgemeine Hinweise 20 4.3. Spezielle Hinweise unter besonderer Berücksichtigung von Schleifladenorgeln 22 Anlagen 29 Tabelle zur Mensurangabe (Labiale) 29 Tabelle zur Mensurangabe (Zungen) 30 Umrechnung von Graden der Foernerschen Windwaage in Millimeter Wassersäule 31 Stimmtonhöhen 32 Stimmungsarten 34 Intervalle und ihre Maße 34 Grundlagen der Schwebungstabellen 41 Einzelne Stimmungsarten 42 Centtabelle der Stimmungsarten 55 Kanaltremulanten Gottfried Silbermanns 56 Gerald Woehl: 5 Grundsätze zur Restaurierung von historischen Orgeln 57 Literaturverzeichnis 59 3 Eitelfriedrich Thom Zum Geleit Fragen der Aufführungspraxis sind nicht zu trennen von dem dazugehörigen Instrumentarium in der jeweiligen Epoche. Anläßlich der Internationalen Tagungen zu Fragen der Aufführungspraxis und Interpretation von Instrumentalmusik in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts wurde schon in den Jahren 1975, 1976, 1977 und 1978 sowie teilweise 1980 unter verschiedenen Aspekten hier ein gleicher Gegenstand näher untersucht. In den Konferenzberichten wurde in dieser Schriftenreihe jeweils im darauf folgenden Jahr eine Veröffentlichung vorgenommen, um damit die geäußerten Gedanken für die Praxis nutzbar machen zu können. Das Gebiet des Klanglichen, der Instrumentenklang, ist notwendigerweise weitaus stärker als bisher in die Diskussion mit einzubeziehen. Das Verhältnis Instrumentarium - Raum - Architektur - Komposition als Einheit zu betrachten, ist eine dringende Forderung. Dabei ergaben sich immer wieder neue Hinweise für eine überzeugende Konzerttätigkeit in der Gegenwart. Schon einmal - 1977 stand die Orgel im Brennpunkt der Auseinandersetzungen zwischen Interpreten, Wissenschaftlern und Restauratoren. In Erkenntnis der Wichtigkeit dieser Problematik fand 1980 ein eigenes erstes Symposium zu Fragen des Instrumentenbaues statt. In Fortsetzung dieser Bemühungen ist es erforderlich, daß Spezialarbeiten Raum und Platz gegeben wird, um hier Impulse für die Weiterbehandlungen des Generalthemas erhalten zu können. In diesem Zusammenhang erfolgt hier die erste Veröffentlichung in Zusammenarbeit mit dem Instrumenten-Museum der Karl-Marx-Universität, und es ist vorgesehen, auch im Rahmen der weiteren Veröffentlichungen dieser Schriftenreihe die Streich- und Blasinstrumente gleichberechtigt zu berücksichtigen. Das gesamte Bemühen besteht darin, gewonnene Erkenntnisse für die Praxis zu nutzen und Anregungen für eine breite Diskussion zu geben. So reiht sich auch das Heft 12 in unsere Veröffentlichungen als Ergänzung zu unseren Konferenzberichten und Dokumentationen ein. Ich danke den Verfassern herzlich für die Beiträge und den Kollegen des Instru-menten-Museums der Karl-Marx-Universität für die Zusammenarbeit. Klaus Gernhardt, Leipzig Vorwort Der Bestand an historischen Orgeln in unserem Lande macht es dringend erforderlich, daß wir bezüglich ihrer Erhaltung und musikalischen Nutzung neue Maßstäbe setzen. Das bisher übliche und scheinbar intakte Vorgehen auf diesem Gebiet bedarf einer kritischen Auseinandersetzung. Durch das Inkrafttreten denkmalpflegerischer Gesetzgebung allein läßt sich diese Aufgabenstellung erfahrungsgemäß nicht lösen. Die beiden Autoren, Kristian Wegscheidel Orgelbauer beim VEB Orgelbau Dresden, und Helmut Werner, Orgelbaumeister beim VEB Orgelbau Bautzen, haben die vorliegende Arbeit als Abschlußarbeit ihres vierjährigen Fachschul-Fernstudiums in der Fachrichtung Restaurierung, Spezialisierung Historische Musikinstrumente, vorgelegt. Das Museum für Deutsche Geschichte Berlin, Abt. Aus- und Weiterbildung, hat 1976 am Musikinstrumenten-Museum der Karl-Marx-Universität Leipzig die Konsultationsstelle für dieses Studium eingerichtet, deren Leitung mir übertragen wurde. Es ist mir deshalb eine besondere Freude, daß die vorliegende Arbeit unmittelbar nach erfolgter Verteidigung in den »Studien zur Aufführungspraxis und Interpretation von Instrumentalmusik des 18. Jahrhunderts« erscheinen kann. Somit entsteht die Voraussetzung für den notwendigen Bezug zwischen Orgelbauer, Denkmalpfleger und Orgelsachverständigem einerseits und Interpret und Hörer andererseits. Orgeldenkmalpflege darf nicht mehr nur als Spezialgebiet einer Interessengemeinschaft verstanden werden. Die vorliegende Fassung versteht sich als Diskussionsgrundlage und bedarf vor allem bezüglich der Wertbestimmung noch weiterer Verständigung. Dem sachkundigen Leser wird nicht verborgen bleiben, daß der praktische Teil aus dem täglichen Umgang mit Fragen der Orgeldenkmalpflege entstanden ist. Beide Autoren können aus der eigenen Arbeit und aus der unmittelbaren Auseinandersetzung mit international beachteten Orgelrestaurierungen Lösungsvorschlage unterbreiten, denen in der vorliegenden Fassung Verbindlichkeit zukommen sollte. Es ist zu wünschen, daß hiermit neue Impulse für das Anliegen denkmalpflegerischer Orgelrestaurierung sowie für die werkgemäße Interpretation historischer Orgel ausgehen mögen. 4 5 1. Einleitung Das Denkmalpflegegesetz vom 19. 6. 1975 (45) formuliert die verbindlichen Grundlagen der Denkmalpflege. Im Paragraph 3, Absatz 1 und 2 wird der Denkmalbegriff wie folgt definiert: >>(1) Denkmale im Sinne dieses Gesetzes sind gegenständliche Zeugnisse der politischen, kulturellen und ökonomischen Entwicklung, die wegen ihrer geschichtlichen, künstlerischen oder wissenschaftlichen Bedeutung im Interesse der sozialistischen Gesellschaft durch die zuständigen Staatsorgane gemäß §9 zum Denkmal erklärt worden sind. (2) Zu den Denkmalen gehören: — Denkmale der bildenden und angewandten Kunst wie Werke und Sammlungen der Malerei, der Grafik, der Plastik, des Kunsthandwerks, des Musikinstrumentenbaus.« Nach §9 des gleichen Gesetzes erfassen die Räte der Kreise alle Denkmale. Nach welchen Kriterien wird aber nun einer Orgel Denkmalwert zugesprochen? Wenn eine Orgel zum Denkmal erklärt wurde, wie soll sich der Orgelbauer, Restaurator, Organist verhalten, falls Arbeiten an dieser Orgel notwendig werden? Nach welchen Grundsätzen muß repariert, darf restauriert und kann erweitert werden? Diese Grundsätze, Begriffsbestimmungen und Richtlinien sind in der DDR bisher noch nicht formuliert worden. Ob eine Orgel Denkmalwert besitzt und nach welchen Richtlinien an ihr gearbeitet wird, lag in übergroßem Maße in den Händen der Eigentümer bzw. der zuständigen Organisten und der jeweiligen Orgelbauer. Bei den Maßnahmen an den Orgeln wurde und wird dabei allzu oft von ganz subjektiven Gesichtspunkten ausgegangen. Der Sachkundige kennt die vielen Orgeln, die dem Bedarf und dem Zeitgeschmack einzelner Organisten angepaßt wurden. Woran soll sich aber nun der Orgelbauer halten? Er ist es ja, der die Instandsetzung, Restaurierung oder Rekonstruktion (um nur einige Maßnahmen zu nennen) durchführen muß. Bei kleineren Orgeln, die in einem Museum stehen, treten diese Probleme nicht auf. Hier wird der einzige risikolose Weg - Originaltreue bis ins Detail - gegangen, Dieser Weg sollte auch bei den anderen Orgeln beschritten werden, doch ist das immer möglich? Die meisten Orgeln stehen im ständigen Gebrauch und sollen den musikalisch-praktischen Anforderungen der Gegenwart <6) Rechnung tragen. Dieses Problem der alten Orgel, zwischen Museum und den Forderungen der heutigen Musizierpraxis zu stehen, ruft immer wieder neue und zahlreiche Diskussionen hervor und ist prinzipiell ungeklärt. Es fehlen exakte Grundlagen für die Theorie, aber auch für die Praxis der orgeldenkmalpflegerischen Maßnahmen. Umfang und Art der Arbeiten an wertvollen historischen Orgeln sollte ein Gremium unbedingt vor jeder Maßnahme am Objekt beraten; dies ist häufige, aber noch keine allgemeine Praxis. Der Personenkreis eines solchen Gremiums umfaßt: 1. Eigentümer (Auftraggeber) - vertreten durch einen Organisten mit musikwissenschaftlichen Kenntnissen, den der Eigentümer benennt 2. Denkmalpfleger - vertreten durch einen Sachverständigen der jeweiligen Arbeitsstelle des Instituts für Denkmalpflege 3. Orgelbauer bzw. Orgelbaubetrieb - vertreten durch 1 oder 2 Fachkräfte, die sich vornehmlich mit Orgeldenkmalpflege befassen und die auszuführenden Arbeiten in der Hand haben <44>. Dieser Kreis kann bzw. muß im Bedarfsfalle erweitert werden durch Kulturhistoriker, Kunst- und Musikwissenschaftler bzw. andere Fachkräfte. Um die Arbeit nicht mehr als nötig zu komplizieren, wähle man diesen Kreis jedoch nicht zu groß. Die Abstimmung über auszuführende Maßnahmen an wertvollen historischen Orgeln innerhalb des oben genannten Personenkreises wurde durch konkrete Richtlinien, Begriffsbestimmungen und Hinweise bedeutend erleichtert werden. Diese Arbeit ist der Versuch, eine in der DDR bisher fehlende Ausgangsbasis zu schaffen. Die hier aufgestellten Richtlinien sollen vor allen Dingen Diskussions- und Arbeitsgrundlage werden und sind im größeren Fachkreis nochmals zu konkretisieren bzw. zu ergänzen. Sie gehen von unserem heutigen Erkenntnisstand aus und sind auf möglichst praktischen Gebrauch ausgerichtet. Dabei sollten sie jedoch nicht schematisch auf jedes Orgelinstrument angewendet werden. Die Entscheidungsfindung im jeweiligen Einzelfall wird durch die Richtlinien nicht überflüssig. Der Orgelbauer bzw. Orgelbaubetrieb, welcher die Maßnahmen an den historisch wertvollen Orgeln ausführt, befaßt sich hauptsächlich mit Neubauten. Daraus ergibt sich die Gefahr, daß moderne Einbauten nach jetziger Bauweise bzw. Veränderungen nach heutigem Musizierverständnis Eingang in die alte Orgel finden. Falsche Vorstellungen vom Restaurieren, besonders im technischen Detail, hinterlassen ihre Spuren, wie an vielen Instrumenten zu beobachten ist. Auf das Gelingen einer Restaurierung bzw. anderer Maßnahmen wirkt sich günstig aus, wenn alle Arbeiten in der Hand eines Orgelbauers liegen, der sich in erster Linie mit historisch wertvollen Orgeln beschäftigt. Ein weiteres Problem in der Wahl richtiger Maßnahmen an Orgeln heißt: Soll konserviert oder restauriert werden? Die Tendenz in der heutigen Denkmalpflege, mehr zu konservieren (Restaurierung als Ausnahmefall) und die Wartung und Pflege an erste Stelle zu setzen, ist die logische Konsequenz aus der Praxis der Vergangenheit. So wurden früher wertvolle historische Orgeln abgerissen oder rigoros umgebaut. In späterer Zeit (teilweise bis heute) sind es dann »Um-jeden-Preis-Restaune-rungen«, die durch falsche theoretische Erkenntnisse, meist aus dem Geist der Zeit entstanden, gut erhaltenen Orgeln einen neuen Klang aufgezwungen haben. Die heute als falsch erkannte Feststellung, alle Barockorgeln seien mit niedrigem Winddruck und offenen Pfeifenfüßen intoniert worden, führte z. B. dazu, daß in einigen Silbermannorgeln der Winddruck herabgesetzt wurde und Fußöffnungen teilweise gewaltsam erweitert wurden.*) Es ist stets gewissenhaft abzuwägen, ob die originale historische Substanz ausreicht, eine Rückführung in den Erstzustand zu beschließen, oder ob die geschichtlich gewachsenen Veränderungen einen späteren Zustand erhaltenswert machen. Die Entscheidungen darüber sind am Objekt zu treffen. Geschichtsbewußtes Handeln und die Beachtung der künstlerischen Aussage des Werkes wird von allen an den Arbeiten Beteiligten nötig sein. 2. Kurzer geschichtlicher Überblick der Orgeldenkmalpflege Die nachfolgende Darstellung geht nur auf einige wichtige Schritte und Schriften ein, um die Tendenzen der Orgeldenkmalpflege zu verdeutlichen. Vor 1900 finden wir in den erhaltenen Schriften zum Orgelbau des 17., 18. und 19. Jahrhunderts (siehe Literaturangaben) Hinweise über Pflege und Reparatur von Orgeln. Im 19. Jahrhundert sind es einige Orgelbauer, welche die Meisterwerke der letzten Barock-Periode zu schützen versuchten. Stellvertretend für andere sei hier C. E. Schubert (Adorf) genannt, der maßgeblichen Anteil hatte, daß viele Silbermannorgeln wegen ihrer handwerklichen Vollkommenheit und Klangqualität erhalten wurden. (93) Die ersten Überlegungen einer bewußten Orgeldenkmalpflege setzen etwa um die Jahrhundertwende ein und sind eng an die Namen Albert Schweitzer und Emile Rupp geknüpft. Es wurde den Orgeln neben dem materiellen Wert nun auch ein ideeller Wert zuerkannt. 1909 wurde in Wien unter der Leitung von Dr. A. Schweitzer und Abbe Dr. Xaver Mathias ein »Internationales Regulativ für Orgelbau« (58) aufgestellt. Es war die erste große Zusammenkunft zum Thema Orgelbau und bildete den Anstoß für die zahlreichen Diskussionen über Fragen des Orgelbaus, Orgelspiels und der Denkmalpflege in diesem Jahrhundert. Das Regulativ befaßte sich allerdings noch hauptsächlich mit dem Orgelneubau. 1925 verfaßte Christhard Mahrenholz eine Denkschrift an den Landesbischof D. Marahrens, in welcher auf die Zerstörung wertvollen Orgelgutes aufmerksam gemacht und die Bedeutung der alten Orgeln herausgehoben wurde. Dies führte z. B. im Hannoveranischen Raum zur ersten Erfassung geschichtlich wertvoller Orgeln, die dann vor dem Zugriff respektloser und unkundiger Hände gesichert wurden. (125) 1925 Ludwig Burgemeister veröffentlicht sein Werk »Orgelbau in Schlesien« mit einer umfangreichen Bestandsaufnahme der schlesischen Orgeln. (21) *) Genauere Untersuchungen haben inzwischen durch Vergleichsmessungen ergeben, daß Silbermann seine Pfeifenfüße gekulpt hat. (48) 1926 Der 19. Tag für Denkmalpflege und Heimatschutz zu Breslau empfiehlt auf Grund einer entsprechenden Entschließung der Freiburger Tagung für deutsche Orgelkunst (9) die sachverständige Erhaltung, Pflege und Aufzeichnung auch musikgeschichtlicher Denkmäler nach den heute geltenden allgemeinen Grundsätzen des Denkmalschutzes. Dabei wird die Aufmerksamkeit neben dem künstlerischen, kunst- und kulturgeschichtlichen besonders auf den musikalischen und musikwissenschaftlichen Denkmalwert der alten Musikinstrumente gelenkt, insbesondere auf Orgeln von klangtypischer Bedeutung. Damit kamen die 1. Freiburger Tagung als auch die Breslauer Tagung über allgemeine Empfehlungen zur Orgeldenkmalpflege noch nicht hinaus. 1926 Hans Henny Jahnn zeigt in seinem Artikel »Ist der Denkmalschutz des klingenden Materials alter Orgeln zu fordern?« (60), wie wichtig es ist, die noch vorhandene alte Klangqualität der original erhaltenen Orgeln zu bewahren. 1927 Auf der dritten Tagung für Deutsche Orgelkunst in Freiberg (10) bezeichnet Ernst Flade in seinem Referat »Der Zukunftswert der Silbermannorgel« im Zusammenhang mit dem Umbau der Frauenkirchenorgel zu Dresden (elektrische und pneumatische Um- und Anbauten) solche Exempel als pietätvolle Erneuerung. 1928 Oskar Eberstaller schreibt in seinem Artikel »Gedanken zum Umbau alter Orgeln«, (32) es sei darüber nachzudenken, »wie man das Gute eines alten Werkes retten und doch die Vorzüge einer modernen Orgel erreichen kann.« Er will die guten Barockorgeln so umbauen, »daß der Charakter der alten Orgel nur eine Bereicherung, nicht aber eine entscheidende Änderung erfährt.« Diese Gedanken widerspiegeln den Geschmack und die Bedürfnisse jener Zeit. 1936 Paul Rubardt hebt in seinem wertvollen Beitrag »Alte Orgeln erklingen wieder« (101) die Bedeutung der historischen Orgeln für die Aufführung der alten Musik hervor. Er geht dabei von einigen Beispielen im Raum Sachsen aus. 1939 Johannes G. Mehl geht in seinem umfangreichen Referat »Die Denkmalpflege auf dem Gebiet der Orgelbaukunst« (11) neben grundsätzlichen Dingen ganz konkret auf Pfeifenwerk, Windladen, Traktur, Spieltisch, Disposition soiwe auf Prospekt und Gehäuse ein. Die meisten seiner Forderungen, geboren aus der Zeit der Orgelbewegung, sind erfreulicherweise heute größtenteils zur Selbstverständlichkeit geworden bzw. sind noch heute angestrebte Grundsätze der Orgeldenkmalpflege. Einige seiner Gedanken sind jedoch nach heutigem Verständnis nicht mehr zu verantworten; z. B. erkannte Mehl einzelnen Teilen (Pedal) keinen Denkmalwert zu. Den Umfang der Denkmalpflege legte er auf die Zeit vor 1850 fest und bezog sich ausschließlich auf mechanische Schleifladenorgeln. Die Tendenz der Orgeldenkmalpflege, mit wachsender Sachkenntnis und Ehrfurcht das vorhandene originale Material zu behandeln, zeigt sich in Mehls Referat bereits deutlich. 1951 Gründung der »Gesellschaft der Orgelfreunde« (GdO). Sie unterstützt die Inventarisation historisch wertvoller Orgeln. Von der GdO ausgehend gab es zahlreiche Aktivitäten auf dem Gebiet der Orgeldenkmalpflege. Besonders durch das eifrige Bemühen des GdO-Vorsitzen-den Walter Supper kam es zu der Weilheimer Tagung, auf der 1974 1957 ».Richtlinien zum Schutze alter wertvoller Orgeln« (Weilheimer Regulativ) (98) formuliert wurden. Auf dieser Tagung zur Orgeldenkmalpflege wurde die damals umfassendste Darstellung der neuzeitlichen Denkmalpflege diskutiert und in gedanklicher Fortführung des Regulativs von Schweitzer/ Mathias als »Weilheimer Regulativ« herausgegeben. Die Erarbeitung dieser Richtlinien war ein Meilenstein in der Geschichte der Orgeldenkmalpflege. Erstmalig wurden exakte Begriffsbestimmungen für Maßnahmen an Orgeln formuliert, die auch heute noch Grundlage für weiterführende Überlegungen bilden. Ebenso wird ein ausführliches Modell zur Inventarisation und Dokumentation von historischen Orgeln erarbeitet, Einige Grenzen dieses Regulativs sind später deutlich geworden; z. B. durfte man Mechanik und Windanlage die »Errungenschaften der Gegenwart zugutekommen . . . lassen.« 1970 »Richtlinien zum Schutz denkmalwerter Orgeln«. (99) Diese Neufassung des Weilheimer Regulativs (in Zürich beschlossen) formuliert die Begriffe »Denkmalwerte Orgel« und »Inventarisation« neu. Für eine gründliche Bestandsaufnahme werden sehr viele konkrete Anhaltspunkte vorgeschlagen. Die Bedeutungen einzelner Maßnahmen an denkmalwerten Orgeln nach den neuen Gedanken der Denkmalpflege werden genauer definiert. »Richtlinien für Arbeiten an Denkmalorgeln«. (100) Die Orgelsachverständigen der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau beschlossen Begriffsbestimmungen, Grundsätze und spezielle Hinweise für Arbeiten an alten Schleifladenorgeln. Diese sehr praktisch formulierten Richtlinien zeugen von historischer Verantwortung sowie Sachkenntnis und entsprechen den Intentionen unserer Denkmalpflege. Dem entspricht auch das Referat von Orgelbaumeister Gerald Woehl (Marburg) »ober Restaurierung historischer Orgeln«. (132) Woehl geht dabei von Erfahrungen und Überlegungen aus der Praxis des Orgelbauers aus. Nach grundsätzlichen Betrachtungen folgen sehr konkrete detaillierte Ausführungen zu den Arbeiten an einzelnen Teilen der Orgel. Als Zusammenfassung seiner Darlegungen formuliert er 5 wichtige Grundsätze zur Restaurierung von historischen Orgeln (siehe Anlage 7). 1975 Hans Martin Balz zeigt neue Gedanken der Orgeldenkmalpflege in seinem Referat »Kunst und Handwerk, Denkmalorgeln zwischen Museum und Kirche«. (6) Er geht nach der Darlegung dieses Problems sehr kritisch auf die Geschichte der Orgeldenkmalpflege ein und weist durch interessante neue Aspekte auf die Gefahr der »qualitativen Bewertung als Maßstab für die bloße Berechtigung des Weiterexistierens« hin, »wie es heute bei alten Orgeln geläufig ist.« Dies »ist ein der Denkmalpflege im allgemeinen fremder Gedanke.« Er warnt 1. vor »musikalischen Modernisierungen« und 2. vor »Modernisierungen, die sich aus den Gepflogenheiten der heutigen Orgelbautechnik ergeben.« Beides wird an Beispielen klar erläutert. Er setzt sich für die Stimmung einer historischen ungleichstufigen Temperatur ein. 1975 1978 Klaus Gernhardt, Leipzig: »Grundsätzliche Bemerkungen zu Fragen der Restaurierung und Rekonstruktion von Orgeln«. (44) Der Verfasser geht auf den Personenkreis ein, mit dem Überlegungen bei Orgelrestaurierungen abgestimmt werden sollten. Für die Wertigkeit eines Orgelwerkes werden Kriterien genannt. Ganz entschieden spricht sich Gernhardt gegen Manual- und Pedalumfangserwei-terungen und für originale Stimmtonhöhe und Stimmungsart aus, soweit diese noch erhalten bzw. rekonstruierbar sind. Dieser Überblick zeigt die Tendenz der Orgeldenkmalpflege, die angefangen hat mit der bloßen materiellen, später ideellen Wertschätzung und sich heute um historisch verantwortungsbewußtes Handeln mit größter Sachkenntnis bemüht. Der Bestand an alten Orgeln hat große Verluste erlitten. Das Hauptanliegen heutiger Orgeldenkmalpflege besteht deshalb darin, die noch erhaltenen Orgeln in ihrer Originalsubstanz zu bewahren und »dieses Erbe in dem ganzen Reichtum seiner Ursprünglichkeit weiterzureichen.« (57) 3. Begriffsbestimmungen 3.1. Vorbemerkung Die vorliegenden Richtlinien sind in Einordnung in bereits bestehende nationale und internationale Grundsätze zur Denkmalpflege verfaßt worden. Die wichtigsten Beiträge hierzu wurden gesichtet und eingearbeitet. Zu nennen sind hier vor allem: — das »Gesetz zur Erhaltung der Denkmalpflege in der Deutschen Demokratischen Republik — Denkmalpflegegesetz —« vom 19. 6. 1975 (45) — die »Internationale Charta über die Erhaltung und Restaurierung von Denkmälern und Denkmalgebieten«, Venedig 1964 (57) — die »Richtlinien zum Schutz denkmalwerter Orgeln«, Neufassung des Weilheimer Regulativs, vom Februar 1970. (99) Bei Ubereinstimmung mit unseren Intentionen wurden Begriffe und Begriffsbestimmungen übernommen, diese wurden z. T. erweitert und aktualisiert bzw. speziell auf das Instrument »Orgel« zugeschnitten. 3.2. Wertvolle historische Orgeln Orgeln, die besonderen historischen, künstlerischen oder wissenschaftlichen Wert aufweisen, sind Denkmale, deren Erhaltung im allgemeinen Interesse liegt. (45) Dazu gehören grundsätzlich alle alten mechanischen Orgeln (Schleifladen-, Springladen-, Kegelladenorgeln). Pneumatische, elektropneumatische oder mechanische Orgeln mit pneumatischen oder elektrischen Einbauten sowie neuere mechanische Schleifladenorgeln sind nach folgenden Gesichtspunkten auf ihren Denkmalwert zu untersuchen: 1. Ist die technische Gesamtkonzeption, die Qualität der handwerklichen Ausführung und die des Materials erhaltenswert? 2. Ist ihr künstlerischer Wert in Bezug auf Architektur, klangliche Aussage oder musikalische Verwendbarkeit der Spielanlage für die Zeit ihrer Erbauung bedeutsam? (48) 3. Erfüllte die Orgel z. Zt. ihrer Erbauung die ihr gestellte Aufgabe? 4. Haben an dieser Orgel bedeutende Persönlichkeiten (Komponisten, Organisten, Orgeltheoretiker) gewirkt bzw. an ihrer Gestaltung mitgewirkt? (54) 5. Sind Raum bzw. Raumausstattung und Orgel zeitgleich? (36) 6. Hat die Orgel Seltenheitswert, z. B. durch besonders eigenartige Konstruktion oder durch die geringe Zahl der Exemplare? Weist eine Orgel eines oder mehrere dieser Merkmale auf, so ist ihr Denkmalwert zuzusprechen. Orgeln im Sinne dieser Richtlinien sind auch Positive, Portative, Regale, Hornwerke, mechanische und pneumatische Flöten- und Zungenwerke, (99) Kinoorgeln. 3.3. Erhaltung »Als Träger einer geistigen Botschaft der Vergangenheit bleiben die historischen Werke der Völker lebendige Zeugnisse ihrer jahrhundertealten Traditionen. Die Menschheit, die sich von Tag zu Tag mehr der Einheit humaner Werte bewußt wird, betrachtet diese als ein gemeinsames Erbe und bekennt sich den künftigen Generationen gegenüber solidarisch verantwortlich für ihren Schutz. Es ist ihre Pflicht, ihnen dieses Erbe in dem ganzen Reichtum seiner Ursprünglichkeit weiterzureichen.« (Charta von Venedig, 1964 <57>) Diese Worte treffen auch vollinhaltlich auf die wertvolle historische Orgel zu. Sie legt Zeugnis ab vom Klangempfinden, der Fertigungspraxis und nicht zuletzt vom künstlerischen und handwerklichen Können der Orgelbauer vergangener Zeiten.*) 3.4. Maßnahmen Alle Maßnahmen an historisch wertvollen Orgeln müssen reversibel (umkehrbar) sein, so daß ohne größere Eingriffe der Vorzustand wiederherstellbar ist. Alle Arbeiten, die über die Pflege hinausgehen, sind in einem kurzen Bericht darzulegen. Bei größeren Arbeiten ist eine detailliertere Dokumentation nötig (s. a. unter 3.5.2. »Spezielle Inventarisation«, 3.6. »Dokumentation«). ) Die franzosische Vereinigung für die Erhaltung alter Orgeln (AFSOA) formuliert ihr Ziel so: »Die AFSOA strebt die Erhaltung einer jeden wertvollen Orgel an, die für ihre Zeit, ihre Landschaft, ihren Erbauer charakteristisch ist oder von einem bedeutenden Komponisten gespielt wurde.« (<54>, S. 2177) 12 Die Arbeiten sollen möglichst im Aufstellungsraum der Orgel ausgeführt werden, um die Orgelteile nicht unnötigen Schwankungen der Luftfeuchtigkeit auszusetzen. Ein günstiges Raumklima trägt wesentlich zur Erhaltung der Orgel bei; dazu gehören möglichst gleichbleibende bzw. nur langsam veränderte Werte für relative Luftfeuchtigkeit und Raumtemperatur. Diese Werte sollten einer ständigen Kontrolle unterliegen. Bei Beheizung ist auf mäßige Temperaturen und langsame Erwärmung zu achten (s. auch unter 4.2. »Allgemeine Hinweise«). 3.4.1. Pflege Pflege heißt Kontrolle, Nachstimmung und Behebung kleinerer technischer Mängel. (99) Die Originalsubstanz ist dabei streng zu wahren. Der mit der Pflege beauftragte Orgelbauer muß mit den grundsätzlichen denkmalpflegerischen Gesichtspunkten vertraut sein. Die Pflege eines Instrumentes sollte möglichst in einer Hand liegen. Stimmarbeiten sind bei altem Pfeifenmaterial auf ein Minimum zu beschränken. 3.4.2. Konservierung Konservierung heißt Bewahrung vor Verfall. (99) Sie beinhaltet Reinigung, Schädlingsbekämpfung und Beseitigung technischer Mängel unter Beibehaltung des vorgefundenen technischen und klanglichen Zu-standes des Werkes. 3.4.3. Reparatur Reparatur heißt Instandsetzung schadhafter Teile unter weitgehendster Wahrung der Originalsubstanz. (99) Nur wirklich defekte und nicht mehr reparable Teile dürfen ausgewechselt werden. Dabei ist die Praxis des Erbauers anzuwenden. Ausgewechselte originale Teile werden konserviert und in der Orgel oder in einem sicheren angrenzenden Raum aufbewahrt. Sie dienen als Beleg. Auch ist es nicht ausgeschlossen, daß künftige Restaurierungstechniken sie wieder brauchbar machen können (Reversibilität). (100) 3.4.4. Restaurierung Restaurierung heißt Rückführung einer veränderten alten Substanz in einen beweisbaren früheren Zustand. (99) Dabei wird in vielen Fällen der Originalzustand (Erstzustand) nicht erreichbar sein. Dieser ist nur anzustreben, wenn er zweifelsfrei bewiesen werden kann. Wo Vermutungen anfangen, hört Restaurierung auf. (57) Im allgemeinen wird man versuchen, den letzten in sich geschlossenen und belegbaren Zustand wieder zu erreichen. (99) Reicht die vorhandene originale Substanz für eine zuverlässige Wiederherstellung des Erstzustandes oder eines geschlossenen späteren Zustandes nicht aus, so beschränke man sich auf die Spielbarmachung bzw. -haltung des vorgefundenen Bestandes. (23) 13 Ist ein Teil des Werkes (z. B. das Pfeifenwerk) hinreichend erhalten, so isl as möglich, diesen durch Rekonstruktion der fehlenden Teile dem Erstzustaml weitestgehend anzunähern. Wird dadurch ein geschlossener späterer Zustand zerstört, so ist diese Maßnahme nach den o. g. Gesichtspunkten (s. unter 3.2. »Wertvolle historische Orgeln«) zu untersuchen. 3.4.5. Rekonstruktion Rekonstruktion heißt Nachbau verlorengegangener originaler Teile (99) und ist größtenteils Bestandteil einer Restaurierung. Sie soll nach Vorbildern des Erbauers in gleicher Bauweise und mit gleichem Material ausgeführt werden, aber von der Originalsubstanz unterscheidbar sein. Sie ist dokumentarisch zu belegen. Es ist auch möglich, einzelne Teile der Orgel zu rekonstruieren und andere Teile in einem späteren Zustand zu belassen. 3.4.6. Ergänzung Ergänzung heißt Nachbau verlorengegangener Teile, (99) deren originale Bauweise nicht belegbar ist Sie soll im Sinne des Erbauers in gleicher Bauweise und mit gleichem Material ausgeführt werden, aber von der Originalsubstanz unterscheidbar sein. Sie ist in der Abschlußdokumentation auszuweisen. Die ergänzten Teile sind zu kennzeichnen. 3.4.7. Erweiterung Erweiterung heißt Hinzuführung ursprünglich nicht vorhandener Teile. (99) Sie soll grundsätzlich nicht vorgenommen werden, weder im Tonumfang noch in der Registerzahl. Die Musizierpraxis hat sich auf die Gegebenheiten der historischen Orgel einzustellen, (siehe auch (22)) Bei abweichender Stimmtonhöhe oder Vergrößerungsabsichten sollte die Anschaffung eines zweiten Orgelinstrumentes erwogen werden. 3.4.8. Umbau Umbau heißt Veränderung unter Verwendung der historischen Substanz. Nur wenn die vorhandene Originalsubstanz nicht ausreicht, um nach gewissenhafter Prüfung eine Restaurierung, Rekonstruktion oder auch eine Erweiterung vorzunehmen, kann ein Umbau unter Beibehaltung der alten Teile erwogen werden. (99) Dabei sollten die vorhandenen alten Teile im Sinne des Originals Wiederverwendung finden. 14 3.4.9. Abbau Abbau heißt Entfernen einer Orgel aus ihrem ursprünglichen Aufstellungsraum. Ein Standortwechsel einer historisch wertvollen Orgel soll nicht vorgenommen werden, wenn nicht zwingende Gründe dafür vorliegen (z. B. Abriß des Aufstellungsraumes). Möglichst vor dem Abbau der Orgel sollte ein neuer Aufstellungsort gefunden werden, damit die Einlagerungszeit so kurz wie möglich gehalten wird. Der neue Aufstellungsraum sollte architektonisch nud akustisch dem ursprünglichen weitgehend entsprechen. Vor dem Abbau ist eine Dokumentation anzufertigen (Beschreibung, Fotos, Tonbandaufnahme, Bezeichnung der Orgelteile; s. auch unter 3.5.2. »Spezielle Inventarisation«). 3.5. Inventarisation Inventarisation heißt Bestandsaufnahme. Sie kann nach den jeweiligen Erfordernissen wie folgt unterteilt werden: 3.5.1. Allgemeine Inventarisation Sie erfolgt in der Regel durch die zuständigen Organe der Denkmalpflege und erfaßt den Bestand an wertvollen historischen Orgeln in Form von Denkmallisten (zentrale Liste, Bezirksliste, Kreisliste). (45) Sie kommt ohne Demontage von Orgelteilen aus und erfaßt: Raum Baustil, Erbauungszeit, Maße, Stellung der Orgel Orgel Erbauer, Erbauungsjahr, Anzahl sowie Bezeichnung und Tonumfang der Werke, augenblickliche Disposition, Art der Trakturen, Art der Windladen, kurze Beschreibung des Orgelprospektes, kurze Beschreibung des Erhaltungszustandes Quellen Vorhandensein von Archivmaterial über die Orgel und dessen Aufbewahrungsort. 3.5.2. Spezielle Inventarisation Sie erfolgt durch den ausführenden Orgelbauer unter Mitarbeit der beauftragten Sachverständigen im Rahmen von größeren Arbeiten an der Orgel und ist Teil seiner Dokumentation. Der Umfang der Angaben richtet sich nach der Bedeutung der Orgel und sollte etwa folgende Angaben enthalten: Raum Akustische und klimatische Verhältnisse (Angaben über relative Luftfeuchtigkeit), Art der Heizung 15 Orgel (allgemein) Erbauer, Erbauungsjahr, Disposition, evtl. frühere Disposition, bedeutende Bestandsveränderungen (möglichst mit Angabe der Jahreszahlen und der vorgefundenen Quellen), Beschreibung des allgemeinen Erhaltungszustandes Gehäuse Beschreibung der Architektur, Anbauten, Foto Bemalung, fehlende Teile, Besonderheiten, evtl. Prospekt Prospektabfolge, Angaben Pfeifen, Besonderheiten über Originalität der Prospektpfeifen, fehlende Spieltisch Tonumfang und Stichmaß (Außenkanten der Tasten C —h') der Klaviaturen, Tastenmaterial, Tastenfall, Form und Material sowie Anordnung der Registereinschaltungen, Angaben zur Pedalklaviatur, Besonderheiten Tontraktur Art der Traktur, Art der Koppeln, Skizze des Trakturverlaufs (bei mechanischen Orgeln), Material- und Maßangaben von Trakturteilen (Abstrakten, Wellen), geräuschdämpfende Einbauten Registertraktur Art der Traktur, kurze Beschreibung des Verlaufs, evtl. Skizze Windanlage Anzahl, Art und Größe der Bälge, Kanalverlauf mit Skizze, Sperrventile lanten, Winddrücke, Motor Tremu- W i n d I a d e n Art und Anzahl der Windladen, Material, Konstruktion (z. B. Fundamentbrett, ausgespundet...), Ventile (angeschwänzt, Belederung), Kanzellen- und Registerfolge, Pulpetenform, Schleifenabdichtung, Stockmaterial, Stockbefestigung; bei Registerkanzellenladen Funktionsskizze, kurze Beschreibung Pfeifenwerk Stimmtonhöhe (mit Angabe der Raumtemperatur), Stimmungsart (gleichschwebend oder ungleichschwebend), Zusammensetzung und Repetitionspunkte der gemischten Stimmen, Aufnahme der Mensuren laut Schema (Anlage 1 und 2) je nach Bedeutung der Orgel Geschichte der Orgel Sichtung und Angabe des wichtigsten Archivmaterails und dessen Aufbewahrungsort 3.5.3. Inventarisation für wissenschaftliche Forschungen Sie erfolgt für spezielle wissenschaftliche Fragestellungen und sollte nur in Verbindung mit dem Orgelbauer ausgeführt werden, der die Orgel betreut. 16 3.6. Dokumentation Im Rahmen jeder größeren Arbeit an einer wertvollen historischen Orgel ist eine Dokumentation anzufertigen. Darin sollen die unter 3.5.2. »Spezielle Inventarisation« genannten Punkte enthalten sein. Der Umfang aller Angaben richtet sich nach der Bedeutung des Werkes. Des weiteren beinhaltet die Dokumentation Angaben über den vorgefundenen Zustand sowie über alle ausgeführten Arbeiten mit Angabe der verwendeten Materialien und Hilfsstoffe (Reversibilität). Fotos belegen den Vor- und Nachzustand. Die Dokumentation kann durch Tonbandaufnahmen (charakteristische Einzeltöne, Registerkombinationen) vor und nach der Arbeit ergänzt werden. Empfehlenswert ist die Führung eines Arbeitstagebuches, das eine abschließende Darstellung erleichtert. Auch die im Rahmen der Arbeitskonzeption aufgearbeiteten archivalischen und literarischen Quellen sollten mit wichtigen Auszügen als Belege in der Dokumentation enthalten sein. Sämtliche lnventarisationen und Dokumentationen werden beim Eigentümer der Orgel, bei der zuständigen Arbeitsstelle des Instituts für Denkmalpflege und bei dem ausführenden Betrieb hinterlegt. 4. Hinweise für Arbeiten an wertvollen historischen Orgeln 4.1. Verfahrensweg Bei Arbeiten, die über eine Pflege hinausgehen, wird folgender Weg empfohlen: — Kontaktaufnahme des Eigentümers der Orgel mit einem Orgelbaubetrieb; Besichtigung der Orgel durch Orgelbauer — Vorlage einer Arbeitskonzeption durch den Orgelbauer — Benennung von Sachverständigen von Seiten des Eigentümers ein im Umgang mit historischen Orgeln erfahrener Sachverständiger von seiten der zuständigen Arbeitsstelle des Instituts für Denkmalpflege der für Orgelfragen benannte Sachverständige — Sichtung und Aufarbeitung von Archivmaterial durch Sachverständige und Orgelbauer — Gemeinsame Besichtigung der Orgel (Orgelbauer, beide Sachverständige) — Festlegung der auszuführenden Arbeiten anhand des Befundes und der vom Orgelbauer vorgelegten Arbeitskonzeption — Festlegung des Umfanges der Dokumentation — Erarbeitung eines Kostenvoranschlages durch den Orgelbauer — Bestätigung der Konzeption durch das Institut für Denkmalpflege — evtl. Beantragen von Beihilfen aus staatlichen Mitteln bei dem zuständigen Rat (DB zum Denkmalpflegegesetz vom 24. 9. 1976 §11 <31>) 17 Bild 1 Orgel in der Schloßkirche zu Altenburg, erbaut 1735- 1739 von T G H Trost vor der Restaurierung ' 18 Bild 2 Orgel nach der 1974- 1976 durch den Orgelbau Bautzen ausgeführten Restaurierung, veranlaßt durch den Rat der Stadt Altenburg Dabei erfolgte Wiederherstellung von originaler Disposition, Stimmtonhöhe, einer ungleichschwebenden Stimmungsart und des Tonumfangs Rekonstruktion der Ton- und Registertraktur einschließlich Windkoppel und Transmission Wiederherstellung des Prospektbildes durch den Neubau von 104 Prospektpfeifen 19 Aktualisierung des Kostenvoranschlages vor Beginn der Arbeiten durch dtn Orgelbauer (erneute Besichtigung der Orgel) Bestandsaufnahme der Orgel vor Beginn der Arbeiten (s. unter Punkt 3 S 1 »Spezielle Inventarisation«), sofern sie nicht schon bei der Erarbeitung dm Arbeitskonzeption und des Kostenvoranschlages erfolgt ist Benachrichtigung der Sachverständigen vom Beginn der Arbeiten Ausführung der Arbeiten, bei schwierigen Entscheidungen erneut Absprache mit Sachverständigen Abschlußdokumentation in 3-facher Ausfertigung Abnahme 4.2. Allgemeine Hinweise Die folgenden allgemeinen und speziellen Hinweise für Arbeiten an Denkmalorgeln sind aus eigenen praktischen Erfahrungen sowie aus verschiedenen Veröffentlichungen zusammengetragen. Sie erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit und sind weiter zu ergänzen. — Oberster Grundsatz bei Instandsetzung und Restaurierung ist: So wenig wie möglich! Das Ziel ist nicht, daß die Orgel nach Beendigung der Arbeit »wie neu« aussieht und klingt, vielmehr sind Gebrauchsspuren, sofern sie nicht die Funktion beeinträchtigen, zu belassen. *) Eingriffe in die Originalsubstanz sind gewissenhaft zu erwägen und nur statthaft, wenn originale Teile nicht mehr funktionsfähig gemacht werden können (s. a. unter 3.4.3. »Reparatur«). — Bei allen Arbeiten an der Originalsubstanz ist auf Reversibilität zu achten, es muß also der vorgefundene Zustand wiederherstellbar sein (außer bei Auswechslung von Verschleißteilen, z. B. Lederpulpeten). Dies wird durch Verwendung von Warmleim, durch Aufheben der ausgewechselten Teile und durch Fotografieren oder Beschreiben das Vorzustandes erreicht. — Modernisierende Eingriffe in die Originalsubstanz sind zu unterlassen. Auf ein historisches Instrument sind nicht die Maßstäbe heutiger Praxis und heutiger Ansprüche anzuwenden. Der Orgelbauer hat seine Arbeitsweise der Praxis des Erbauers, der Organist seine Anforderungen den musikalischen und technischen Möglichkeiten des Instrumentes unterzuordnen. Dies betrifft auch die technische Seite der Orgel (Trakturen, Windladen). Meist macht ein genaues Befolgen der ursprünglichen Arbeitstechnik die Orgelteile wieder brauchbar (z. B. sorgfältiges Aufpassen der Stöcke bei alten Schleifladen statt des Setzens von Tuch- oder Lederscheiben). ) »Jeder Restaurierung von Musikinstrumenten (wie wohl jeder Restaurierung überhaupt) sind Grenzen gesetzt; überschreitet man sie, drohen negative Ergebnisse, indem etwa zugunsten einer nicht sicheren Rekonstruktion des Klangbildes wesentliche Teile des alten Instruments zerstört und durch neue ersetzt werden oder indem die 'Patina' und die gesamte geschichtlich gewachsene Atmosphäre eines Instruments vernichtet und durch polierten Frischglanz ersetzt wird.« Winfried Schrammek <107> — Ergänzungen und rekonstruierte Teile sind von der Originalsubstanz unterscheidbar zu machen (z. B. Kenntlichmachen der Teile durch Einschlagen der Jahreszahl mit Schlagstempeln, sonstige Zeichnung, Ausweisen in der Dokumente! tion). Ergänzte Teile im Gehäuse und im Spieltisch werden dem alten Bestand angepaßt, sie sind in der Dokumentation zu belegen (z. B. durch Beschreibung oder Fotos des Vor- und Nachzustandes), um sie auch in späterer Zeit von der Originalsubstanz unterscheiden zu können. Ergänzungen oder Rekonstruktionen sind im Sinne des Erbauers aus gleichem Material und in gleicher Bauweise anzufertigen. Ist kein Vorbild (Vergleich mit anderen Orgeln desselben Erbauers) vorhanden, so ist eine schlichte, passende Form zu wählen. — Die Demontage von alten Orgeln bzw. Orgelteilen (z. B. Windladen) ist möglichst zu vermeiden, sie sollte nur in Notfällen vorgenommen werden. — Stimmarbeiten sind bei altem Pfeifenmaterial auf ein Minimum (Zungenstimmung, Nachstimmung von Gedockten, Nachstimmung stark herausfallender offener Pfeifen) zu beschränken. Sie sollten möglichst von dem gleichen Mann ausgeführt werden, der »seine« Orgel kennt und weiß, wie die Pfeifen zu behandeln sind. Als Richtwerte für die Häufigkeit von Stimmungen seien hier (im Normalfall) 3 — 5 Jahre angegeben; meist werden größere Zeiträume genügen. — Ein gleichbleibendes Raumklima ist wesentlich für die Erhaltung der Orgel. Dabei sind die Werte von Raumtemperatur und relativer Luftfeuchtigkeit zu beobachten (Anbringen eines Hygrometers in Orgelnähe). Ein schnelles Aufheizen des Raumes führt zu rapidem Absinken der relativen Luftfeuchtigkeit, was Schäden an Holzteilen der Orgel (Rißbildung) nach sich ziehen kann. Beispiel <47>: Temperatur — relative Luftfeuchte Ausgangspunkt: 5°C — 70% Endpunkt: 18 °C 28% (!) Deshalb sind Heizungen, die einen raschen Temperaturwechsel verursachen, ungünstig, z. B. Warmluftheizungen, falls sie nicht mit einer zusätzlichen Befeuchtung gekoppelt sind. Günstig sind elektrische, örtlich wirkende Heizungen (Infrarot-, Fußheizungen), die ohne ein Gebläse auskommen, sowie Warmwasser- und Dampfheizungen, die den Raum langsam aufheizen. Erfahrungen haben gezeigt, daß ein Anheben oder Absenken der Temperatur um 1,5 °C je Stunde erträgliche Luftfeuchtigkeitswerte ergibt, ohne daß der Luft Wasser zugesetzt werden muß. (47) Nach wie vor sind Orgeln, die in unbeheizten Räumen stehen, den wenigsten Schädigungen durch wechselndes Raumklima ausgesetzt. Man kann Schädigungen, hervorgerufen durch rapides Absinken der relativen Luftfeuchtigkeit, auch mit geeigneten Anlagen zur Luftbefeuchtung entgegenwirken. Im einfachsten Falle bedeutet dies Besprengen des Fußbodens rings um die Orgel mit Wasser. Auch die Aufstellung von Wassergefäßen in der Orgel hat (begrenzte) Wirkung. Hier ist auf möglichst große Verdunstungsfläche zu achten, z. B. durch Einhängen von Tüchern in die Gefäße. Beide Maßnahmen haben allerdings nur geringe Wirkung. Industriell gefertigte Luftbefeuchter sind bei entsprechender Dimensionierung erfolgversprechender. Dabei sind Befeuchter, die nach dem Prinzip der Verdampfung arbeiten, vorteilhafter. 20 21 Nicht nur bei Neuprojektierung von Heizungen sollte das Problem der Luftbefeuchtung Bestandteil der Erörterung und Planung sein. Die durch falsche Heizung ständig notwendig werdenden Reparaturkosten an der Orgel sind oft höher als der Anschaffungspreis einer Befeuchtungsanlage, ganz zu schweigen von der Beeinträchtigung des Wertes einer wertvollen historischen Orgel durch Klimaschäden. Aus klimatischen Gründen sollen auch alle Instandsetzungs- und Restaurierungsarbeiten möglichst im Aufstellungsraum der Orgel vorgenommen werden. Die Schädlingsbekämpfung erfolgt nach gründlicher Reinigung des Werkes meist mit flüssigen Mitteln. Als Holzschutzmittel ist Hylotox 59 zu empfehlen, das im Streich- oder Sprühverfahren unter Beachtung der Arbeitsschutzvorschriften aufgebracht wird (Hautkontakt vermeiden, Ätemschutzmaske verwenden). Mindestaufnahmemenge von Hylotox 59: 350 g/m2 Holzfläche bzw. 45 kg/m3 Hylotox 59 wirkt bekämpfend und vorbeugend. Wirkstoffe sind DDT und HCH, Hersteller: VEB Fettchemie Karl-Marx-Stadt, zu beziehen über die Niederlassungen des VEB Chomiehandels. Hylotox 59 ist als einziges öliges Holzschutzmittel der DDR für geschlossene Wohn- und Arbeitsräume zugelassen. Nachteile: ölige Beschaffenheit führt zu Farbveränderung bzw. Anlösen an Mal- und Fassungsschichten von Gehäusen kristallartige Ausblühungen 4.3. Spezielle Hinweise unter besonderer Berücksichtigung von Schleifladenorgeln Die aufgeführten Hinweise sind als Empfehlungen für den Orgelbauer zu betrachten. Spieltisch Tastenbeläge: Tastenführungen: Tastenlager: Kippeln der Taste: Ergänzungen: Retusche: Registerschilder: nur stark ausgespielte Beläge in gleichem Material erneuern bei ausgespielter seitlicher Führung Pergamentstreifen seitlich an die Taste leimen bei starkem Spiel in Längsachse der Taste stärkeren Stift setzen (dabei genügen oft 0,1 —0,2 mm stärker) bei einarmigem Tastenhebel Belederung am Tastenende verstärken oder erneuern dem alten Bestand anpassen, schwarze Teile mit »Nigrosin« färben und mit Schellack oder Leinöl behandeln nur bei Ergänzungen anwenden, ansonsten sollen Gebrauchsspuren erhalten bleiben; Spieltisch darf nach einer Instandsetzung nicht »wie neu« aussehen durch Organisten zusätzlich auf alte Schilder angebrachte Aufschriften entfernen Bild 3 Rekonstruierter Spieltisch Als Vorbild diente dabei der origi Stadtkirche zu Waltershausen 22 Elektrische Einbauten: Tontraktur Achsbohrungen: Ringösen: Abstrakten: Ledermuttern: Kunststoff: Pneumatik: Registertraktur Lagerstellen: Schleifen: Windladen Demontage: Risse: Fundament: für Beleuchtung und Schalter eine unauffällige Form finden, z. B. Anbringen des Schalters unter der Spieltischplatte. Als Kontrolle kann eine Beleuchtung mit dem Motorschalter gekoppelt werden. Um nicht in die Orgelsubstanz eingreifen zu müssen, sind Stehlampen als Beleuchtungskörper empfehlenswert. nicht austuchen, stattdessen z. B. etwas stärkere Achsstifte wählen (0,1 — 0,2 mm stärker), alte Stifte aufheben Einziehen von Filz- oder Lederkeilen (-Streifen) oberhalb der Berührungsstellen Metall:Metall, um ein Springen (= Klappern) der Trakturteile zu vermindern. Drehbewegungen der Trakturteile dürfen dabei nicht behindert werden. Drähte nur in notwendigen Einzelfällen auswechseln. Einbinden von ergänzten Abstrakten nach originalem Vorbild (Pergament, Papier, Hanf. . .) nur in notwendigen Einzelfällen auswechseln grundsätzlich keine Kunststoffteile in eine alte Traktur einbringen Auswechseln von hart oder brüchig gewordenen Lederteilen in gleicher Art. Neues Spaltleder oder anderes dünnes Leder kann durch Einstreichen mit einer wäßrigen Traganth-Lösung oder einer Benzin-Bienenwachs-Lösung winddicht gemacht werden. stark ausgespielte Achsstifte durch stärkere ersetzen, alte Stifte aufheben; evtl. ausfüttern der Lagerstelle mit Gänsekielen, um alte Stifte wieder passend zu machen. Spiel im Schleifenangriff mit eingeleimtem Pergamentstreifen beseitigen nur im Notfall; die Windladen möglichst in ihrem Lager belassen gehen die Risse über mehrere Kanzellen (Fundamentbrett), dann Riß ausspänen (einsägen mit Kreissäge oder ausfräsen mit Handoberfräse bis auf den Schied, passendes trockenes Holzstück einleimen) oder im Schiedbereich abbohren und mit Leder- oder Holzstöpsel abdichten. Sonstige Risse mit Lederstreifen abdichten, von den Schieden abgelöstes Fundamentbrett mit Zwingen und starkem Holzstück auf die Schiede drücken und durch über Kreuz eingeleimte starke Holznägel befestigen. (42) Ein nachfolgendes Ausgießen der betreffenden Kanzellen wird meist unerläßlich sein. 24 Schleifenbahn: Ausgießen: Stöcke: möglichst in der vorgefundenen Technik bleiben, Be-lederung der Bahn oder der Schleife beibehalten; auf Graphitieren verzichten, wenn bisher noch nicht graphitiert war; kein prophylaktisches Setzen von Tuch- oder Lederscheiben, wenn sorgfältiges Aufpassen der Stöcke ausreichend ist; das Abrichten der Schleifenbahn ohne Abnahme der Dämme ist mit einem Sandpapierhobei möglich (gerades, ca. 60 cm langes Holzstück, mit mittlerem bzw. feinem Sandpapier beklebt; etwas schmaler als die Schleifenbahn) Durchstecher in der Lade sind oft nur durch Ausgießen einzelner oder mehrerer Kanzellen zu beseitigen. Dabei achte man auf die Verwendung des gleichen Materials, mit dem die Kanzelle ursprünglich ausgestrichen war. Meist ist dies Warmleim gewesen. Wird mit Warmleim ausgegossen, so muß der Leim sehr dünn und heiß sein, so daß er gut in die Poren eindringt, aber auch gut wieder abläuft. Die untere Ladenseite wird abgedichtet (bei ausgebauter Lade Schleifenseite nach unten, Ladenbohrungen mit Holz*) abdichten; ist die Lade nicht ausgebaut, dann Ventilschlitz mit einem belederten Brettchen abdichten, in das ein Schlauch eingesetzt ist), die Kanzelle (maximal 2 Kanzellen) wird mit Leim gefüllt; diesen ca. 10 Sekunden stehen lassen, danach schnell ablassen. Größere Leimansammlungen vermeiden, da dort Risse auftreten, evtl. blättert Leim ab. Beim Trocknen der Laden ist auf ausreichende Luftfeuchtigkeit zu achten, damit sich keine Risse im Holz bilden. sind Stöcke genagelt, dann Nägel beibehalten, geworfene Stöcke vorsichtig abrichten, Stöcke auf eventuelle originale Registerbezeichnungen untersuchen, Wirvdanlage originale Windanlagen: Regulierbälge: Tremulanten: Winddruck: unter allen Umständen wegen ihrer Seltenheit erhalten (Bälge und Kanäle); eine alte Windanlage hat entscheidenden Einfluß auf die Windverhältnisse und damit auf den Klang einer historischen Orgel, in eine alte Windanlage sollen keine stoßdämpfenden Bälge eingebaut werden. ehemalige Kanaltremulanten wiederherstellen; u. U. sind noch Spuren davon in den alten Kanälen zu finden (s. a. Anlage 6: »Kanaltremulanten Gottfried Silbermanns«). für die Wiederherstellung originaler Winddrücke sind u. U. in den Akten oder durch alte Aufschriften auf Kanälen Hinweise zu finden (s. a. Anlage 3: »Umrechnung von Graden der Foernerschen Windwaage in Millimeter Wassersäule«), Eine Rückführung auf *) Sehr gut haben sich dafür Holzstöpsel bewährt. 25 Ansauglcanal: Windleitungen: ursprünglichen Winddruck ist immer im Zusammenhang mit den Aufschnitten des Pfeifenwerks zu entscheiden. er fördert bei Motorbetrieb wesentlich die Stimmhaltung einer Orgel. Die Luftentnahme soll am besten in Höhe der Hauptmasse der Pfeifen (meist Hauptwerk) erfolgen. Wird das Motorgeräusch zu sehr in den Raum übertragen, so setze man einen schaumstoffausgekleideten Schalldämpfer in den Ansaugkanal, bei Ergänzungen von Kanälen und Kondukten verbleibe man in der vorgefundenen Bauweise und bei gleichem Material und verwende keine Kunststoffoder Kopexrohre. Pfeifenwerk Aufstellung: Instandsetzung: Rekonstruktion, Ergänzung: Intonation: Stimmtonhöhe Ermittlung der originalen Stimmtonhöhe: Rückführung: Prospektpfeife 1651 Vor und nach der Resta 26 unerung es ist anzustreben, das Pfeifenwerk auf seinen ihm ursprünglich zugedachten Platz zu setzen. Waschen der Pfeifen, Ausformen, Zulöten von nachträglichen Stimm schlitzen, Setzen von seitlichen Stütznähten im Labienbereich bei abknickenden Pfeifen, Beseitigung von Zinnpest und anderen Koro-sionserscheinungen durch Entfernen der betroffenen Teile und Ansetzen neuen Materials; alte Kerne sind unbedingt zu erhalten (auf keinen Fall neue einsetzen), tremolierende Pfeifen über Form ziehen oder mit stabilisierender Manschette aus Metall versehen, Hutleder mit Talkum massieren. Mensur durch Vergleiche ermitteln, Materialgleichheit beachten, gleiche Fertigungspraxis wie übriges Pfeifenwerk, Kennzeichnung (Unterscheidbarkeit vom Original) eigene Klangvorstellungen zurückstellen, Arbeitsweise des alten Meisters beachten (Ist evtl. Fußkulp original? Sind Aufschnitte nachträglich erhöht? Sind Kernstiche in der Praxis des Erbauers üblich?). Sind nachträglich wesentlich mehr Kernstiche gesetzt worden, dann vorsichtiges Zureiben mit passendem Kerndraht von unten durch die Fußöffnung. Möglichkeiten und Grenzen der vorgefundenen Mensur beachten. Langjährige Erfahrung des Intonateurs sollte sich mit äußerster Zurückhaltung paaren. Bis ca. 1885 gab es regional sehr unterschiedliche Tonhöhen (s. Anlage 4; »Stimmtonhöhen«). Man kann sich damit helfen, das instandgesetzte Pfeifenwerk (nachträgliche Stimmschlitze zugelötet), besonders tiefere Register (8', 4', 2'), auf die Lade zu setzen und unter Beachtung des originalen Winddrucks übereinstimmende Pfeifen herauszusuchen, die evtl. die originale Tonhöhe haben. Voraussetzung ist dabei, daß nicht in späterer Zeit erheblich vom Pfeifenwerk abgeschnitten wurde (ergänzendes Aktenstudium, speziell Umstimmungen späterer Zeit untersuchen). Beim gewissenhaften Durchprobieren der einzelnen Register bekommt man zuweilen auch Hinweise auf die eventuell ursprüngliche Stimmungsart. dies läuft in vielen Fällen auf ein Anlangen der Pfeifen hinaus, da ja spätere Zeiten eher abgeschnitten als angelängt haben. Ist die originale Tonhöhe nicht zweifelsfrei erwiesen, so belasse man besser das Pfeifenwerk in vorgefundener Länge, da das Anlangen nicht unproblematisch ist (man muß das ori- 27 ginale Pfeifenwerk abrichten bzw. etwas kürzen, um Anlöten zu können, auch, um nicht beim Stimmen in die Lötnaht zu geraten). Auch Stimmringe sind nicht die beste Lösung; die Stimmhaltung und Intonation ist gegenüber auf Tonlänge geschnittenen Pfeifen schlechter. Stimmungsart Rückführung: zu einer vollständigen Restaurierung gehört auch, daß dem Instrument die seiner Entstehungszeit entsprechende Stimmung wiedergegeben wird. (43) Auch hier ist die Praxis des Erbauers zu berücksichtigen. Es sind nur zuverlässig überlieferte Stimmungsarten zu verwenden. Die uns überlieferten Stimmungsarten stammen in den meisten Fällen nicht von Orgelbauern, sondern von Musiktheoretikern. Die Praxis des Temperaturlegens weicht oft erheblich von den Theorien derselben Zeit ab und hat sich leider nicht überliefert. Es bleibt zur Rekonstruktion daher nur das Erbe der Theoretiker. Stimmungsarten: über einige wichtige überlieferte historische Stim- mungsarten sowie über theoretische Voraussetzungen zum Aufstellen von Stimmanleitungen sind in Anlage 5 umfangreiche Angaben gemacht. Es sind dies Stimmungen von Werckmeister, Silbermann, Neidhardt, Kirnberger sowie die mitteltönige Stimmung nach Praetorius und die Schlick-Stimmung. Es ist jedoch darauf zu achten, daß möglichst nicht am Pfeifenwerk herumgeschnitten wird. Vor und nach dem Ausformen der Pfeifen sollte die Stimmung mit einem Stimmtongerät abgenommen werden. Die erhaltenen Cent-Werte lassen sich, wenn man C = 0 setzt, dann leicht mit historischen Stimmungsarten, wie z. B. in der Tabelle Anlage 5, S. 55 stehen, vergleichen. Man kann sich dann auch über die evtl. notwendig werdenden Änderungen ein ungefähres Bild machen. Gehäuse Ergänzungen: Fassungen: Rekonstruktion: das gleiche Material verwenden wie im übrigen Gehäuse, ebenso die gleiche Verarbeitungstechnik. Die Behandlung der Oberflächen von Gehäusen ist nur in Zusammenarbeit von Gemälderestaurator, Kunsthistoriker und Orgelbauer zu lösen, bei fehlenden größeren Teilen bzw. gesamten Gehäusen kann die Rekonstruktion mit Hilfe der Fotogrammetrie erfolgen. (46) Dazu sind mindestens zwei von verschiedenen Standpunkten aus aufgenommene Fotografien notwendig. 28 Anlage 3 Umrechnung von Graden der Foernerschen Windwaage in Millimeter Wassersäule (41) Die Schwierigkeit besteht darin, daß in früherer Zeit in den einzelnen Landschaften und Städten unterschiedlichste Maße gebräuchlich waren, so daß für die jeweilig angegebenen Grade andere Werte in mm WS entstehen. In mehreren Quellen ((2), (53), (134)) wird aufgeführt, daß verschiedene Orgelbauer den rheinischen Fuß (31,385 cm) für die Einteilung ihrer Windwaagen-Skala benutzt haben. Dabei teilten sie 1 Fuß in 12 Zoll und 1 Zoll in 10 Grade. 1 Grad entspricht demnach 2,62 mm, ein Winddruck von beispielsweise 35 Grad entspricht dann 91,7 mm WS. Denkbar ist auch, daß in Sachsen der sächsische Fuß (28,3 cm) gebraucht wurde. Dabei entspricht 1 Grad 2,36 mm, ein Winddruck von 35 Grad ist also 82,6 mm WS gleichzusetzen. Aber auch andere Maße können und werden verwendet worden sein, so daß das oben Gesagte nur ein Ausschnitt aus vielen Möglichkeiten ist. Bei einer Rekonstruktion des Winddruckes ist also genau zu erforschen, welches Maß der Orgelbauer verwendet haben kann. 31 Anlage 4 Blatt 1 Stimmtonhöhen Der Stimmton war regional sehr verschieden. Einige Zitate aus historischen Quellen des 18. Jahrhunderts machen dies deutlich. J. Mattheson, Das neu-eröffnete Orchester, Hamburg 1713: »Ob nun oder warum jener Thon a, oder b, Cammer-, Chor- oder Opern-Thon heist, daran liegt im Grunde nichts.« (S. 74) »Der Chor-thon ist 9 bis 14 Commata höher als der Opern- und Cammer-Thon.« Jacob Adlung, Anleitung zu der musikalischen Gelahrtheit, Erfurt 1758: »In der hiesigen Gegend ist es gewöhnlich denjenigen Ton zu nennen hohen Kammerton, welcher 1 grosse Secunde tiefer ist, als der Chorton; der tiefe Kammerton ist um 1 und einen halben Ton tiefer, als der Chorton . . .« (S. 387) Ders., Musica mechanica Organoedi, Berlin 1768: ». . . weil das c in Chorton dem d im Kammerton gleich ist.« (S. 193) »Wo es die Umstände leiden, kann man auch Kammerregister in die Orgel bringen, d. i. solche Register, welche 1 oder 1 1/2 Ton tiefer gestimmt sind, als das Werk selbst, als welches, wie gebräuchlich, im Chortone stehen muß.« (S. 193) »In der Frauenkirche zu Dresden ist eine ganze Orgel im Kammertone von dem berühmten Silbermann verfertiget worden ...« (S. 193, Fußnote 56) *) Dom Bed'os, UArt du Facteur d'Orgues, Paris 1766: »Es gibt den Ton de Chapelle (Chorton) und den Ton de l'Opera (Opernton). Dieser ist nicht festgelegt; man erhöht oder erniedrigt ihn um einen Viertelton oder noch mehr, je nach der Stimmlage. Der Chorton ist in Frankreich festgelegt. Er entspricht am ehesten allen Stimmlagen und Musikinstrumenten. Man muß daher auf ihn die Stimmtonpfeife einstellen. Man übernimmt ihn von einer Orgel, von der man weiß, daß sie genau auf dem Chorton steht.« «7>, S, 368) Johann Andreas Silbermann, Brief von 1772, in: Archiv für Musikforschung 2, 1937, S. 433-454 ». . . daß viererley Thöne sind, worin die Orgeln gestimbt wurden. In ganz Teutschland ist vor diesem der Cornet Thon üblich gewesen . . . Dieweil aber dieser Thon wegen seiner Höhe dem Gesang beschwerlich war, so machte man denselben einen 1/2 Thon tiefer und nannte ihn den Chorton. Nach diesem wurde derselbe wieder 1/2 Thon herabgesetzt den man den Kammerthon nannte. Dieser Thon erscheint allgemein . . . eingeführt zu seyn, ... In Frankreich war der Thon noch 1/2 Thon tiefer weder der Kammerthon, und hieß Französischer Thon, wird aber selten mehr gebraucht.« Anlage 4 Blatt 2 Die angeführten Quellenzitate sollten zeigen, wie schwer es ist, genaue Aussagen über die Stimmtonhöhen der jeweiligen Zeit zu machen. Weitere Quellenuntersuchungen würden über den Rahmen dieser Arbeit hinausgehen. Eine grundlegende Studie zu Stimmtonhöhen findet man bei Arthur Mendel. (81) Die absoluten Stimmtonhöhen sind nur durch original erhaltene Musikinstrumente eindeutig zu belegen, *) Bei beabsichtigter Rekonstruktion sind daher sehr genaue Quellenuntersuchungen sowie genaue Untersuchungen am Pfeifenwerk unbedingt nötig (alte Markierungen bei Gedockten, Umstellen auf ursprünglichen Platz . ..). Erst durch die Erfindung des Tonmessers (1834 durch J. H. Scheibler) waren Messungen möglich. 1885 wurde auf der Internationalen Stimmtonkonferenz Wien das a' auf 435 Hz festgelegt. Dazu ein Zitat aus Töpfer - Allihn ((122), S. 62): ». . . während bisher ein A von 440 Schwingungen in Praxi angewendet wurde. Neuerdings ist die Pariser Stimmung, welche 435 hat, auf dem ad hoc berufenen internationalen Kongresse zu Wien angenommen worden.« *) Nach Alex J. Ellis »The History of Musical Pitch«, London 1881, lag das a' der Silbermannorgel der Hofkirche Dresden auf 415 Hz, also wahrscheinlich auch ebenso in der Frauenkirche. *) Als Beispiel sei hier aus dem Abnahmegutachten der Silbermann-Orgel im Dom zu Freiberg zitiert: »Damit aber auch endlich das vornehmste bei diesem Werke nicht hat vergessen werden sollen, so hat man, um zu erfahren, ob es im richtigen Cornet- oder Chor-Tone steht, einige von den Stadtpeiffern mit ihren Hautbois und Trompeten kommen, und etliche Lieder blasen lassen, da man denn befunden, daß, als man mit dem Werke accompagniret, solches mit den Instrumenten vollkommen eingestimmet.« ((24), S. 107) 32 33 Anlage 5 Blatt 1 Stimmungsarten 1. Intervalle und ihre Maße Musikalische Intervalle lassen sich durch ihr Frequenzverhältnis bestimmen. Beispiel: Ein Ton hat die Frequenz von 440 Hz, ein anderer 880 Hz. Das Fre- ..... . ,. T„ , .. 880 2 quenzverh.altnis dieser Tone betragt = - oder 2:1. Dieses Intervall heißt Oktave. 440 An den Frequenzverhältnissen (wenn es sich um ganz einfache Zahlenverhältnisse handelt) erkennen wir die Größe des Intervalls. 3:2 ist das Frequenzverhältnis der Quinte, 4 : 3 der Quarte, 5:4 der großen Terz, 6 : 5 der kleinen Terz usw. Dabei sind jeweils reine Intervalle gemeint, wie sie als natürliche Obertöne vorkommen. Sollen Intervalle addiert oder subtrahiert werden, so sind die Frequenzverhältnisse zu multipliziren bzw. zu dividieren: Quarte -f Quinte = (c-f) + (f-c') = _4_ _3_ 3 ' 2 ~. Oktave (c - c') 12 2 6 ~~ 1 Quinte (g-c) 3 gr. Terz (g - ds) 5 kl. Terz (ds - c) 3 ■ 4__6_ 2 • 5 ~ 5 Sollen Intervalle dividiert oder multipliziert werden, so ist aus dem Frequenzverhältnis die entsprechende Wurzel zu ziehen bzw. das Frequenzverhältnis mit der entsprechenden Zahl zu potenzieren: 4 ,- Terz _5_ 4 Quinte • 12 = 12 Die in der Musik hörbaren Intervalle innerhalb einer Oktave (Oktave mit 12 Tönen) sind außer den schon erwähnten Intervallen noch Sekunden, Sexten, Septimen und im allgemeinen bekannt. Es ist nicht möglich, alle diese Intervalle innerhalb einer Oktave rein zu stimmen. An 2 Beispielen soll dies noch einmal vergegenwärtigt werden. Anlage 5 Blatt 2 Beispiel 1: In der heutigen Stimmpraxis der gleichschwebend *) — temperierten Stimmung gehen wir von Quinten aus (rückoktaviert werden diese dann zu Quarten), die alle leicht schweben. Die Quinten müssen ein wenig kleiner (enger) gemacht werden. Warum kleiner und um welches Maß soll nachfolgend in Erinnerung gerufen werden. Von a ausgehend werden 12 Quinten nach oben gelegt, welche 7 mal rückoktaviert werden. Wenn wir in reinen Quinten stimmen würden, so ergäbe sich folgendes Frequenzverhältnis: (Quinte) 3_\12 2 (Oktave) V 312 219 1,013643 Der Ton, den wir nach 12 reinen Quintschritten aufwärts und 7 Oktaven abwärts erhalten, ist also etwas höher als unser Ausgangston a (um etwa 1/4 Halbton höher). Dieser Wert heißt Pythagoreisches Komma (nachfolgend mit pyth. K. abgekürzt). Damit wir aber das a erreichen (die Oktaven sind grundsätzlich in jeder Stimmung rein), wird nun jede reine Quinte um 1/12 des pythagoreischen Kommas kleiner (enger) gemacht. Da es sich beim pyth. K. auch um ein Frequenzverhältnis handelt, müssen wir, wenn wir es in 12 gleiche Teile teilen wollen, die 12. Wurzel ziehen: 12 l/— y 2'9 Von jeder reinen Quinte ist also dieser Wert abzuziehen. Werden Intervalle subtrahiert, müssen ihre Verhältnisse dividiert werden. Wir erhalten daher: 1.5 1.5 12 1,00113 = 1,498307 1,013643 1,498307 ist das Frequenzverhältnis der gleichschwebend temperierten Quinte. *) Der Ausdruck »gleichschwebend« ist eigentlich nicht ganz korrekt. Die Quinten schweben alle nur im gleichen Frequenzverhältnis. Die hörbaren Schwebungen nehmen bei steigenden Quinten gleichstufig zu. Deshalb wird in neuerer Literatur oft der Ausdruck »gleichstufig temperierte Stimmung« angewandt. In unserer Arbeit wollen wir aber das im Sprachgebrauch übliche Wort verwenden, also gleichschwebend. Wenn in älterer Literatur erwiesenermaßen die Quinten als gleichschwebend bezeichnet werden, so liegen für die Quinte unterschiedliche Frequenzverhältnisse vor, also auch für die Terzen, und man erhält eine etwas andere Charakteristik. 34 35 Anlage 5 Blatt 3 Beispiel 2: Vom 16. bis ins 18. Jahrhundert spielte die große Terz bei den Stimmungen eine entscheidende Rolle. Um eine reine oder fast reine Terz zu erhalten, wurden die Quinten noch enger gemacht. Wenn man aber nun 3 reine Terzen abwärts stimmt, so erreicht man nicht ganz die Oktave. Das fehlende kleine Intervall wird »kleine Dieses« genannt. Frequenzverhältnis Oktave — Frequenzverhältnis von 3 Terzen 5_\; 4 128 125 = 1,024 Das Intervall kleine Diesis hat also ein Frequenzverhältnis von 1,024. 3 große Terzen liegen in einer Oktave. Sollen die Terzen rein gestimmt werden, so ist es nur möglich, 2 Terzen rein zu stimmen. Die 3. Terz muß um die kleine Diesis vergrößert werden, um dann die notwendige reine Oktave zu erhalten. reine Terz 5 4 kl. Diesis 128 125 mitteltönige Wolfsterz 32 25 1,28 Es ist, wie die 2 Beispiele zeigen, nicht möglich, alle Intervalle innerhalb einer Oktave rein zu stimmen. Durch Kombination reiner Intervalle ergeben sich eine ganze Reihe kleinerer Intervalle (siehe Beispiele 1 und 2), deren Namen, Größen und Frequenzverhältnisse uns nicht so geläufig sind. Ein Teil dieser Intervalle ist jedoch für Stimmanweisungen und Schwebungstabellen unbedingt notwendig. Die Größe eines Intervalls, z. B. 312 919 531441 524288 (pythagoreisches Komma) läßt sich durch die oftmals komplizierten Brüche nur schwer erkennen. Man erhält zwar das genaue Frequenzverhältnis, erkennt aber nicht, daß z. B. das erwähnte pyth. K. etwa 1/4 Halbton groß ist. Deshalb wurde schon 1739 von L. Euler der Logarithmus für Intervalle eingeführt. Er definierte ein Intervall durch den Logarithmus seines Frequenzverhältnisses. 1884 führte der Engländer A. J. Ellis eine neue Verwendungsweise ein und schlug für die neuen Einheiten den Namen »Cent« vor ((29), Bd. II, S. 965 f). Diese Cent-Rechnung hat sich heute durchgesetzt. Der Ausgangspunkt ist die Teilung der Oktave in 1 200 gleiche Teile. Damit fallen in der gleichschwebenden Temperatur auf jeden Halbton 100 cent (entsprechend dazu hat die Quinte 700, die Quarte 500 cent). Die Intervallgröße des pyth. K. mit ca. 24 cent ist nun als etwa 1/4 Halbton gut vorstellbar. 36 Anlage 5 Blatt 4 1 cent = 1200 r V 12 und 100 cent = wobei 2 das Frequenzverhältnis der Oktave ist und diese nun in 12 gleiche Teile geteilt wird. Durch die Centangaben ist es möglich, mit einzelnen Intervallen direkt zu rechnen (also nicht in der nächsthöheren Rechenart). Beispiele: Quinte 700 Quinte 700 1 Halbton 100 1 Quinte 700 + + Quarte 500 gr. Terz 400 4 4 12 12 Oktave 1 200 kl. Terz 300 1/4 Halbton 25 7 Oktaven 8 400 Die cent-Angaben dieser Intervalle gehören zur gleichschwebenden Temperatur. Die Umrechnung von Frequenzverhältnissen in cent sind mit folgender Gleichung zu lösen (55): 1 200 log log 2 (siehe auch Umrechnungstabellen (95)) fj = Frequenz von Ton 1 f2 = Frequenz von Ton 2 1. Beispiel Wieviel cent hat eine reine Quinte? Frequenzverhältnis 3 : 2 1 200 0,30103 "cent = 701,955 ^ 702 log = 3986,3136 • 0,17609 Dieser Wert wird in der Praxis auf 702 aufgerundet. 2. Beispiel: Welche Frequenz hat der Ton e2, wenn über a1 (440 Hz) eine Quinte mit 720 cent gelegt wird? Dazu muß die Gleichung folgendermaßen umgestellt werden: log 2 !°9 f2 = xcent • 1 200 + lo9 fi log f2 = 720 • 0,00025086 + 2,6435 log f2 = 0,18057 + 2,6435 = 2,82408 f2 = 667 Hz Der Ton e2 hat eine Frequenz von 667 Hz. 37 Anlage 5 Blatt 5 Das Frequenzverhältnis eines Intervalls läßt sich, so bereits verwendet, auch in Dezimalbrüchen angeben, wie es zur Berechnung von Schwebungstabellen benötigt wird (z. B.: kleine Terz 6:5= 1,2; mitteltönige Wolfsterz 32 : 25 = 1,28). Die nachstehende Tabelle zeigt die wichtigsten Intervalle in ihrer Konstruktion, ihren Frequenzverhältnissen und cent-Angaben, jeweils auf Ton c bezoqen «59> S. 478 ff, (72) S. 658) Die Zeichen unter »Konstruktion« heißen: O = Oktave, Q = Quinte, gT = große Terz, kIT ■■ über dem Strich heißt: aufwärts unter dem Strich heißt: abwärts Benutzt werden nur reine Intervalle. kleine Terz, Beispiel 1: 12 Q 7 O heißt: 12 Quinten aufwärts und 7 Oktaven abwärts Das zum Ausgangspunkt c entstandene Intervall ist das bereits erwähnte pythagoreische Komma. Der Wert beträgt 3_\12 2 219 = 1,013643265 oder 23,46 cent. Beispiel 2: 4 Q 1 gT 2 O heißt: 4 Quinten aufwärts, 1 große Terz und 2 Oktaven abwärts Das zum Ausgangston c entstandene Intervall heißt syntonisches Komma und beträgt 81 80 = 1,0125 oder 21,506 cent. Name des Intervalls Kon-Ton struktion Frequenzverhältnis Anlage 5 Blatt 6 cent (gerundet) Schisma His 1 g T 8 Q 32805 5 O 32768 = 1,001129 Diaschisma^j deses 3 O 2048 2 g T 4 Q 2025 1,9 1,011358 19,6 Syntonisches Komma' 4 Q 81 = 1,012500 21,5 (didymisches Komma) 1 g T 2 O 80 1/4 syntonisches Komma 4 ,- ľ 80 = 1,003110 5,4 Pythagoreisches Komma His 12 Q 531441 = 1,013643 23,5 7 O 524288 1/12 pythagoreisches Komma V 219 = 1,001130 2 Kleine Diesis deses O 128 = 1,024000 41,1 3 g T 125 Große Diesis deses 4 klT 648 = 1,036800 62,6 O 625 temp. Halbton CS 12 -y* = 1,0594634 100 kleiner Ganzton d 1 gTO 2 Q 10 9 = 1,111111 182,4 temp. Ganzton d 6 /— 1 « = 1,1224626 200 großer Ganzton d 2 Q 9 = 1,125 203,9 O 8 38 39 Anlage 5 Blatt 7 Name des Intervalls Ton Kon-stru ktion Frequenzverhältnis cent (gerundet) Kleine Terz es Q g T 6 5 = 1,2 315,6 Große Terz e gT 5 4 = 1,25 386,3 ^/Pythagoreische Terz e 4 Q 2 O 81 64 = 1,265625 407,9 Mittel tönige Wolfsterz fes O 2 g T 32 25 = 1,28 427,4 reine Quarte f O O 4 3 = 1,333333 498 reine Quinte g Q 3 2 = 1,5 702 mitteltönige Quinte g = 1,495349 696,6 vermutl. Silbermann-Quinte / g 6 /- = 1,496616 698 gleichmäßig temp. Quinte g 12 r— ~fv = 1,498307 700 Kleine Sexte as O g T 8 5 = 1,6 813,7 Große Sexte a O T Q 5 3 = 1,666666 884,4 Anlage 5 Blatt 8 2. Grundlagen der Schwebungstabellen Jede Pfeife klingt nicht nur in ihrer Grundfrequenz, sondern auch in deren vielfachen. Diese klingende Reihe nennt man Oberton-, Teilton- oder Partialtonreihe. In ihr sind alle Töne harmonisch rein, und die Frequenzen haben (bei offenen Pfeifen) untereinander die ganzzahligen Verhältnisse 1 : 2 : 3 : 4 usw. Die Pfeife a klingt also nicht nur in ihrer Grundfrequenz (1. Partialton) 220 Hz, sondern auch im 2. Partialton 440 Hz (Oktave), im 3. Partialton 660 Hz (Quinte), im 4. Partialton 880 Hz (Oktave), im 5. Partialton 1 100 Hz (Terz), im 6. Partialton 1 320 Hz (Quinte), im 7. Partialton 1 540 Hz (Septime) usw. Diese reinen Obertöne sind natürlich im allgemeinen weniger zu hören als die Grundfrequenz. Sie färben den Klang. Wird nun zu a (220 Hz) die reine Quinte e' (330 Hz) angeschlagen, so erklingt natürlich auch e' mit einer Partialtonreihe: 660 Hz (Oktave), 990 Hz (Quinte), 1 320 Hz (Oktave), 1 650 Hz (Terz) usw. Treffen zwei Schwingungen zusammen, deren Frequenzen dicht nebeneinander liegen, so entstehen Schwebungen eines gemeinsamen mittleren Tones. Beispiel 1 : Wie schnell schwebt die mitteltönige Quinte a-e1? (a = 220 Hz) Das Frequenzverhältnis für die reine Quinte ist 3:2 = 1,5. Das Fre- 4 _ quenzverhältnis für die mi tteltönige Quinte ist —1/5 = 1,495349 (nach Tabelle). 220 Hz • 1,495349 = 328,977 ^ 329 Hz Die Frequenz für e1 beträgt 329 Hz. Der 2. Partialton (Oktave) von e1 fällt dann auf 658 Hz (e2). Der 3. Partialton (Quinte) von a (220 Hz) fällt auf 660 Hz (e2). Diese beiden Schwingungen liegen mit ihren Frequenzen dicht zusammen. Es entsteht eine Schwebung (gemeinsamer mittlerer Ton) von 2 Hz. Soll also die reine Quinte a-e1 zur mitteltönigen Quinte umgestimmt werden, so ist e1 soviel tiefer zu stimmen, bis die Quinte 2 mal pro Sekunde schwebt oder 10 Schwebungen in 5 Sekunden ausführt. Beispiel 2: Wie schnell schwebt die Terz f1 — a1, wenn folgende Werte bekannt sind: ai = 440 Hz c2 = 526,8 Hz Die Quinte f1 — c2 soll rein sein. Um die Frequenz von f1 zu erhalten, muß von c2 eine reine Quinte abgezogen werden: 5268 = 351,2 3 40 41 Anlage 5 Blatt 9 Die Frequenz von f1 beträgt 351,2 Hz. Das Frequenzverhältnis der reinen Terz beträgt 5 : 4, also ist der 4. Partialton von a1 mit dem 5. Partialton von f zu vergleichen. Der Unterschied ist die für uns hörbare Schwebung. 440 ■ 4 = 351,2 • 5 = 1 760 1 756 Die Terz f1 10 mal. ■a1 schwebt also 4 mal in der Sekunde oder in 2,5 Sekunden Anlage 5 Blatt 10 Möglichkeiten und Grenzen der einzelnen Stimmungen verschafft sich der Leser am ehesten einen Eindruck, wenn die Stimmungen einmal auf z. B. einer Intonierlade gelegt werden. Genauere Angaben zur Darstellung und Geschichte sowie musikalischen Verwendbarkeit historischer Stimmungsarten bekommt man in angegebener Literatur. (<14>, (18), <30>, (43), (55), <61>, <62>, <70>, <72>, <73>, <96» 3. Einzelne Stimmungsarten Zur Erklärung der nachfolgenden Temperaturbeispiele sei noch gesagt: Der Pfeil >4« steht hinter dem zu stimmenden Ton und heißt: >4« der Ton ist tiefer zu stimmen als rein; rein. »f« der Ton ist höher zu stimmen als Die Intervalle sind mit folgenden Zahlen angegeben: (3) = große Terz, (4) = Quarte, (5) = Quinte. Die Werte der Schwebungen sind gerundet, da kleinere Differenzen für die Praxis eine nicht so große Rolle spielen. Alle Werte sind auf a1 = 440 Hz bezogen und bewegen sich in der eingestrichenen Oktave des 8'; beim Stimmen mit dem 4' also entsprechend in der kleinen Oktave. Steht die Orgel in einer anderen Stimmtonhöhe als 440 Hz, so sind die Schwebungen neu zu berechnen. Pro Halbton differieren dabei die Schwebungen um ca. 6%. Um das Stimmen in der Oktave zu erleichtern bzw. zu verbessern, seien hier einige Intervallvergleiche genannt, die dabei behilflich sein können: — innerhalb einer reinen Oktave haben Unterquart und Oberquint gleiche Schwebungsfrequenzen — innerhalb einer reinen Oktave haben untere kleine Terz und obere große Sext gleiche Schwebungsfrequenzen — innerhalb einer reinen Oktave haben untere kleine Sext und obere große Terz gleiche Schwebungsfrequenzen — innerhalb einer reinen Oktave schwebt die Oberquart genau 2 mal schneller als die Unterquint. (Weitere Intervallvergleiche bei Klaus Kröber <70>). Von den etwa 30 Stimmungsarten, die uns durch Überlieferung bekannt sind, haben wir einige wichtige ausgewählt. Es wird dabei nur in Kürze auf das Wesentliche der einzelnen Stimmungsart eingegangen. Durch' die angegebenen Schwebungstabellen wird ein Einstimmen der angeführten Temperaturen relativ einfach gemacht. Uber die musikalischen 42 Die Schlick-Stimmung In seinem Werk »Spiegel der Orgelmacher und Organisten« von 1511 (106) beschreibt Arnold Schlick das Stimmen der Orgel. Nach seinen Angaben wie z. B. »Fange also mit F im Manual an und nimm dessen obere Quinte, die nimm nicht ganz so hoch (als sie nach reiner Stimmung sein müßte), lasse sie vielmehr etwas tiefer schweben, so viel das Gehör leiden mag, doch nicht so sehr, daß man es mit Leichtigkeit beim Gebrauch der Quinte merkt« lassen sich nur schwer exakte Intervallangaben machen. 2 Rekonstruktionsversuche sind uns bisher bekannt. Der erste stammt von J. Murray Barbour (<29>, Bd. XIII, S. 220), der von einer Sechstel-Teilung des pyth. Kommas ausgeht. Der 2. Rekonstruktionsversuch stammt von Helmut K. H. Lange. (73) Er hält Barbours Teilung für falsch. «... dafür war Schlick zu sehr der Mitteltönigkeit verhaftet.« ((73), S. 491). Lange meint, Schlick habe 1/4 syntonisches Komma nicht der Quinte abgezogen, sondern der Terz hinzugefügt. Danach werden die 6 Quinten zum Finden der Grundtöne um 3/16 des syntonischen Kommas enger gemacht. Hier geht Lange wahrscheinlich von der falschen Voraussetzung aus, daß Schlick der Mitteltönigkeit verhaftet war. Die Mitteltönigkeit war aber gerade erst im Entstehen. Wenn man Schucks Text aufmerksam studiert, scheint dieser mehr von der pythagoreischen Stimmung auszugehen. Man spürt das Bemühen, die Konsonanz der Quinte noch so weit als möglich zu erhalten. Noch will Schlick nicht die Reinheit der Quinten völlig zugunsten der reinen Terzen aufgeben. Bartolomeo Ramis de Pereja stimmte 1482, also nur 29 Jahre vor dem Erscheinen von Schlicks »Spiegel . . .«, 10 Quinten pythagoreisch und die Terz c-e rein, die Quinte g-d um ein synt. Komma zu eng, die Quinte es — gs um ein Schisma zu eng. Heinrich Schreyber alias Henrcius Grammateus aus Erfurt stimmt die Orgel, wie er es in seinem »New kunstlich Buech« Nürnberg 1518 beschreibt, folgendermaßen : Die diatonischen Töne der C-Dur Skala werden rein pythagoreisch gestimmt. Für die Entstehung der Halbtöne teilt er die diatonischen Nachbartöne im geometrischen Mittel. 43 Anlage 5 Blatt 11 Anlage 5 Blatt 12 (z. B. " I Man erkennt auch bei Grammateus, daß dieser um die Reinheit der Quinten bemüht ist. Es ist zu vermuten, daß um 1500 (Pareja, Schlick, Grammateus) noch die Pytha-goreik der Ausgangspunkt für die Stimmungen der Tasteninstrumente war, also noch die größtmöglichste Reinheit der Quinte. Die Konsonanz der Terz, für die nächsten 2 Jahrhunderte das entscheidende Intervall, hat gerade erst begonnen. Nach diesen Überlegungen erscheint der Vorschlag Barbous für eine Schlickstimmung doch sehr wahrscheinlich. Die Quinten c-g, g-d, d-a, a-e, e-h und f - c werden um je 1/6 pyth. K. enger gemacht (698 cent). Die Quinten cs-gs und gs-ds um je 1/6 pyth. K. zu weit (706 cent), während die Quinten h - fs, fs- es, ds-b, b-f um 1/12 pyth. Komma enger gemacht werden (700 cent). Nach diesen Angaben lassen sich die Frequenzverhältnisse folgendermaßen berechnen: 1. reine Quinte — 1/6 pyth. K. == engste Schlick-Quinte _3_ _6_ - 2 : l/3'2 = 1,496616 V 219 2. reine Quinte -f 1/6 pyth, K. = weiteste Schlick-Quinte 3 6 - 2 ' l/3'2 = 1,503391 \ 2'9 3. reine Quinte — 1/12 pyth. K. = Schlicks reinste-Quinte 3 12 ,- 12 ,_ J/219 = 1,498307 3.1. Mitteltönige Stimmung Die mitteltönige Stimmung war die verbreitetste Stimmung des 16. und 17. Jahrhunderts. Auch im 18. Jahrhundert war sie in verschiedenen abgewandelten Formen noch im ständigen Gebrauch; z. B. gibt Dom Bedos <7) 1770 eine modifizierte Form der mitteltönigen Temperatur mit einer zu engen Terz (!) an und vergleicht diese mit der neuen gleichschwebenden Temperatur. Er schreibt «7>, S. 365): »Wieviel Achtung den Gelehrten, die die neue Teilung erfunden haben, auch gebührt, man hat sie nicht eingeführt, obwohl sie in der Theorie weniger fehlerhaft zu sein scheint als die andere.« Die mitteltönige Stimmung, wie sie z. B. Michael Praetorius 1619 (90) formuliert sei hier wiedergegeben: 11 Quinten werden um je 1/4 syntonisches Komma zu eng gemacht (696,5 cent). Die Quinte gis-ds erhält den ganzen Überschuß (737,5 cent; Orgelwolf). 8 große Terzen sind rein. 4 Terzen sind um jeweils die kleine Diesis zu weit (427 cent). Das Frequenzverhältnis der mitteltönigen Quinte errechnet sich auf folgende zwei Arten: 1. reine Quinte — 1/4 synt. Komma = mitteltönige Quinte 3 < r-r "F : -1/81 = 1,4953488 r so 2. 4 mitteltönige Quinten ergeben eine reine Terz 4 = 1,4953488 9 10 11 12 1. a' — e' 2. e'-h' 3. h'-fs' 4. fs'-cs' 5. es' — gs' 6. gs' — ds' 7. ds'-b' 8. b'-f f'-c' c' ■g -d' I I I l t t i I (I) Schlick-Stimmung (Rekonstruktion durch J. Murray Barbour) für 12 Töne innerhalb der Oktave c'- h' a' = 440 Hz Kontr. Intervalle Schwebg./Sek. Sek./10Scl (4) 3,0 3,3 (5) 2,2 4,5 (4) 1,7 6 (4) 1,3 8 (5) 1,9 5,3 (4) 2,8 3,5 (5) 1,0 9,5 (4) 1,6 6,3 (4) 2,4 4,2 (5) 1,8 5,6 (4) 2,7 3,7 (5) 2 5 44 1. a' -f 2. f — c' 3. c' -g' 4. g -d' 5. d — a' 6. c' — e' 7. d -fs' 8. e' -gs' -h' 9. g 10. a — es' 11. g -ds' 12. d -b° Mitteltönige Stimmung nach Praetorius Stimmweg mit Schwebungen für den Bereich b° — es' a' = 440 Hz (I) Kontrolle Intervalle Schwebg./Sek. Sek./10Sch (3) 0 0 (4) 3,3 3 (5) 2,4 4,2 (4) 3,7 2,7 (5) 2,7 3,7 (3) 0 0 (3) 0 0 (3) 0 0 (3) 0 0 (3) 0 0 (3) 0 0 (3) 0 0 45 Anlage 5 Blatt 13 3.2. Werckmeisterstimmung Werckmeister hat sich in seinen Schriften <128>, (129) mit den Stimmungen seiner Zeit sehr kritisch und genau auseinandergesetzt. Er beschreibt einige Stimmungen und gibt mehrere Möglichkeiten an, »wohl temoeriert« zu stimmen. Se ine wahrscheinlich gebräuchlichste Temperatur hat unter der Bezeichnung »Werckmeistersche Temperatur« Verbreitung gefunden ((61) und (29), Bd. XIII, S. 214). Sie ist in seinem Werk »Musicalische Temperatur« (<129>, S. 78) beschrieben und wird in der Literatur im allgemeinen als »Werckmeister III« bezeichnet. *) Diese Temperatur ohne Wolfsquinte ist musikalisch sehr interessant und durch alle Tonarten verwendbar. Danach wird das pyth. K. auf 4 Quinten gleichmäßig aufgeteilt; c-g, g — d, d—a und h —fis sind also jeweils um je 1/4 pyth. K, zu eng. Die anderen Quinten sind rein. Das Frequenzverhältnis für die Quinte (1/4 pyth. K. enger) errechnet sich: 3 4 2 : = 1,5 : 1,0033935 y- 312 219 = 1,4949 Werckmeisterstimmung (Werckmeister III) Stimm weg mit Schwebung en für 12 Töne innerhalb der Oktave c' — h' a' = 440 Hz Intervalle Schwebg./Sek. Sek./10 Schwebg. 1. a'-e' (4) 0 0 2. e'-h' (5) 0 0 3. a'-d* t (5) 3 3,3 4. d'-g' t (4) 4 2,5 5. g'-c" t (5) 2,7 3,7 6. c'-f (4) 0 0 7. f'-b' (4) 0 0 S. b'-ds' (5) 0 0 9. ds' - gs' (4) 0 0 10. gs' - es' (5) 0 0 11. es' — fs' (4) 0 0 12. h'-ffs* (t) Kontrolle (4) 5 2 Die Temperatur nach Werckmeister (Werckmeister III) wird in einer etwas modi- fizierten Form wegen der noch besseren Stimmbarkeit auch folgendermaßen gebraucht (<14>, (55»: Die Quinten c-g, g-d, d-a werden nur 1/4 syntonisches Komma enger gemacht. Dadurch kann man sich eine zusätzliche Kontrollmöglichkeit z. B. durch die Terz f — a schaffen. *) Bei Kelletat (61) als »Werckmeister II« bezeichnet. Anlage 5 Blatt 14 Man stimmt zunächst (wie bei der Mitteltönigkeit) die Terz a-f rein und'legt auf f 4 mitteltönige Quinten, die wieder bei a ankommen müssen; f wird dann umgestimmt als reine Quinte zu c. Danach von f 5 reine Quinten abwärts und auf a 2 reine Quinten aufwärts. Die Quinte h - fs ergibt sich von selbst zu 694,5 cent. Eine Werckmeister sehr ähnliche Stimmung beschreibt Georg Andreas Sorge 1744. (112) Er verteilt das pyth.. Komma gleichmäßig auf die 4 Quinten c-g, g —d, d —a, a — e. Damit schlägt Sorge eine Brücke zu der Kirnberger Ill-Stim-mung. Werckmeisterstimmung (Werckmeister III) Stimmweg mit Schwebungen für 12 Töne innerhalb der Oktave c'— h' a' = 440 Hz (modifizierte Form) 1. a' - • f 2. f - c' 3. c' - g' 4. g'- ■d' 5. d'- ■ a' 6. c' - f 7. f- b' 8. b'- -ds' 9. ds' -gs 10. gs' es' -es 11. -fs' 12. a' - - e' 13. e' - - h' 14. h'- -fs' Intervalle Schwebg./Sek. Sek./10Sch (3) 0 0 (4) 3,3 3,0 (5) 2,4 4,2 (4) 3,7 2,7 Kontrolle (5) 2,7 3,7 (4) 0 0 (4) 0 0 (5) 0 0 (4) 0 0 (5) 0 0 (4) 0 0 (4) 0 0 (5) 0 0 Kontrolle (4) 6,3 1,6 3.3. Silbermannstimmung Einen eindeutigen Nachweis, welche Stimmungen Gottfried Silbermann anwandte, gibt es bisher nicht. Und doch wurde schon sehr viel über die Silbermanntemperaturen geschrieben. Die große Menge der Literatur (z. B. (14), (61), (70), (72)) basiert in den meisten Fällen auf den Aufzeichnungen zweier Organisten. Der erste war Georg Andreas Sorge aus Lobenstein, der 1748 in seinem »Gespräch . . .« (113) seine Höreindrücke von den Silbermannorgeln in Schloß Burgk und Greiz schilderte und mathematisch exakt angab. Der zweite war Arthur Eger, Domorganist in Freiberg, der 1959 versuchte, die damalige Stimmung der 245 Jahre alten Silbermannorgel aufzuschreiben. Die Orgel wurde aber nachweislich vor 1959 umgestimmt. Es bleiben Sorges Angaben, um eine Silbermannstimmung zu rekonstruieren. Helmut K. H .Lange (72) zeigt recht eindrucksvoll, wie exakt Sorges Angaben zur Berechnung der musikalischen Intervalle sind. 46 47 Anlage 5 Blatt 15 Nach Sorges Angaben hat Silbermann 11 Quinten um je 1/6 pyth. K. zu eng gemacht (698,045 cent) und die Quinte gs - ds 5/6 pyth. K. zu weit (721,505 cent), die damit fast um die Hälfte besser ist, als die mitteltönige Wolfsquinte. Die Terzen über es, b, f, c, g, d, a und e sind in dieser Stimmung mit 392,18 cent um die Hälfte besser als unsere heutigen Terzen. Auffallend an dieser Stimmung ist die Ähnlichkeit mit der Stimmung Arnold Schlicks. Allerdings wird bei Schlick der Wolf auf 2 Quinten (es - gs, gs - ds) aufgeteilt. H. K. H. Lange vermutet, daß Silbermann Schlicks Werk kannte und »dieser schwer lesbaren und oft mißverstandenen Stimmanweisung zu einem späten und nicht eingestandenen Ruhm« verhalf. (73) Daß Silbermann in seinem Leben mehrere Stimmungen angewendet hat, geht aus seiner Bittschrift vom 10. 6. 1723 ((83), S. 181) hervor, in der er von »gantz neuer mühsamer Eintheilung nach dem Monochordo« für sein »Cembal d'Amour« spricht. Nach Sorges Angaben errechnet sich das Frequenzverhältnis der zwei Silbermann-Quinten auf folgende Weise: 1. reine Quinte — 1/6 pyth. K 3 6 \ 219 2. reine Quinte -j- 5/6 pyth. K. 3 6 Silbermannquinte 1,496616 = Wolfsquinte Silbermanns 1,517035 Silbermannstimmung (Silbermann-Sorge, in der Literatur oft mit Silbermann l innerhalb der Oktave c'— h' a' = 440 Hz bezeichnet) für 12 Töne 1. \ Intervalle Schwebg./Sek. Sek./10Sch a' — e' (4) 3,0 3,3 2. e'-h' (5) 2,2 4,5 3. h'-fs' i (4) 3,3 3,0 4. fs'— es' l (4) 2,5 4,0 5. eis' — gs' (5) 1.9 5,3 6. a'-d' t (5) 2 5,0 7. d'-g' t (4) 2,7 3,7 8. g'-c' t (5) 1,8 5,6 9. c'-f t (4) 2,4 4,2 10. f'-b' t (4) 3,2 3,1 11. b'-ds' t (5) 2,1 4,8 12. ds'-gs' (1) (4) 14 Wolfsquinte, ergifc 48 Anlage 5 Blatt 16 3.4. Neidhardtstimmungen I, G. Neidhardt (1685-1739) löste sich von der Mitteltönigkeit. Es ging von der Aufteilung des pyth. K. aus und bezog in seinen Schriften (84), (85), (86) die Abweichungen der Quinten auf 1/12 pyth. K. I ine seiner Temperaturen sei hier näher betrachtet. N e i d h a rd t I In den Akten zum Bau der Trost-Orgel zu Altenburg findet man diese Temperatur als Vorschlag zwischen anderen Stimmanweisungen. Sie stellt sich dort wie folgt dar: 1 gs — ds 1 ds - b 0 b -f 0 f -c c - g g-d d-a a — e e -h h -fs" fs - CS cs-gs Die Zahlen hinter den Quinten geben die Abweichungen in 1/12 pyth. K. an. Die Quinten c-g, g-d, d-a und a - e sind also um 4 cent zu klein (698 cent); die Quinten e - h, h - fs, gs-ds und ds - b sind um 2 cent zu klein (700 cent). Wegen der besseren Übersicht sind die Angaben zu den Terzen hier weggelassen. Nach den Zahlen hinter den Quinten läßt sich relativ leicht eine einfache Schwebungstabelle aufstellen. Der 1. Quintwert (2/12 pyth. K. enger) beträgt: 3 6 ,—- 6 1/— V 219 213 3*~ Der 2. Quintwert (1/12 pyth. K. enger) beträgt: 3 12 ,- 12-- 2 : y 219 = 1,496616 1,498307 Der 3. Quintwert (reine Quinte) beträgt: 1,5. Für das Aufstellen der folgenden Schwebungstabelle sei ein Rechenweg als Beispiel noch einmal näher betrachtet. Ausgangston sei a' = 440 Hz. Die Quinte a'-e" soll 1/6 pyth. K. enger sein. Welche Frequenz hat der Ton e"? Wie schnell muß die Quinte a'-e" schweben? 440 • 1,496616 = 658,511 e" = 658,5 Hz 49 Anlage 5 Blatt 17 Um die hörbare Schwebung zu berechnen, wird der 3. Partialton an a' mit dem 2. Partialton von e" verglichen. 440 -3 = 1 320 — 658,5 • 2 = 1 317 Die Quinte a'-e" schwebt also 3 mal in der Seknude bzw. in 3,3 Sekunden 10 mal. Die Quarte e'-a' muß in der gleichen Geschwindigkeit schweben, denn in einer reinen Oktave schwebt die Unterquarte genauso schnell wie die Oberquinte (s. auch Blatt 12 »Intervallvergleiche«). Neidhardt I Stimmgang und Schwebungen für 12 Töne innerhalb der Oktave c'- h' a' = 440 Hz Intervalle Schwebg./Sek. Sek./lOSch 1. a'-e' (4) 3 3,3 2. e'-h' (5) 1,1 9 3. h'-fs' 1 (4) 1,7 6,0 4. fs' — es' (4) 0 0 5. es' — gs' gs'-ds' (5) 0 0 6. (4) 1,4 7,1 7. ds'-b' (5) 1,1 9,5 8. b'-f (4) 0 0 9. f'-c' (4) 0 0 10. c'-g' (5) 1,8 5,6 11. g'-d' i (4) 2,7 3,8 12. d'-a' (4) Kontrolle (5) 2 5 Die unter Neidhardt II und III bekannten Temperaturen weichen nur wenig von der eben geschilderten ab. Einige zu enge Quinten haben dort eine andere Lage, Auch sind bei Neidhardt II und III nur jeweils 3 Quinten um 1/6 pyth. K. zu eng. Bei der Neidhardt-Il-Stimmung ergeben sich für die Quinten folgende Centwerte (61) : 698 698 -a 698 a - e 700 c -g g-d d- e - h 702 h -fs 700 fs - cs 700 cs - gs 700 gs - ds 700 ds - b 704 b -f 700 f -c 700 Bei der Neidhardt werte (61 > : c - g 698 g-d 698 d - a 698 a - e 700 -Stimmung ergeben sich für die Quinten folgende Cent: e - h 702 h -fs 700 fs - cs 700 cs - gs 700 gs-ds 702 ds - b 700 b -f 700 f -c 702 Anlage 5 Blatt 18 Aul 2 weniger bekannte Neidhardtstimmungen weist Murray Barbour ((29), Bd, XIII, S. 222) hin. Bei der reinen Temperatur wechseln sich entlang des Quintenzirkels immer 2 reine Quinten mit einer um 1/4 pyth. K. zu engen Quinte ab (c — f, f — b rein). lioi der anderen wechseln sich reine und um 1/6 pyth. K. zu enge Quinten ab (c - g rein). 3.5. Kirnbergerstimmungen Johann Philipp Kirnberger (ca. 1721 - 1783), kurze Zeit Schüler Johann Sebastian Bachs, kennt die gleichschwebende Temperatur, beschreibt aber ihre Nachteile. In der 4. Sammlung seiner Ciavierübungen (64) und später in seinem theoretischen Hauptwerk »Die Kunst des reinen Satzes..... (65) gibt er seine »beste mögliche« Temperatur an, welche ihm in der 1. Fassung viel Kritik einbrachte. Kirnberger I Es sind 10 Quinten rein und 2 Quinten unterschwebend, d —a (11/12 pyth. K.) und fs — cs (1/12 pyth. K.). Der Vorteil dieser Temperatur liegt darin, daß sie durch ausschließlich reine Intervalle zu stimmen geht. Die zu engen Quinten d —a und fs — cs ergeben sich von selbst. Die Quinte d —a kann man bei dieser Stimmung allerdings kaum noch als Quinte ansehen. Der Wert für d —a beträgt 680 cent. Von a' ausgehend stimmt man (alles rein) a' -f (3) f -b' (4) a' — e' (4) f -c' (4) b' -ds' (5) e'-h' (5) c' -g* (5) ds' - gs' gs' — es' (4) h' - fs' (4) g' -ď (4) (5) Da die Kirnberger-I-Temperatur von Marpurg und anderen abgelehnt wurde, schlug Kirnberger eine Variante dieser Stimmung vor: Kirnberger II*) Bei dieser Stimmung wird das pyth. K. nun auf 3 Quinten aufgeteilt. Kirnberger gibt an für d-a = 161 ca. 691 cent 108 a - e = 240 ca. 691 cent 161 fs-cs = 16384 ca. 700 cent. 10935 Dadurch verliert die Terz f — a ihre Reinheit. *) von R. Rensch (96) als Kirnberger I bezeichnet. 50 51 Anlage 5 Blatt 19 Die anderen Intervalle der 1. Fassung bleiben rein. Der Stimmgang von a' ausgehend könnte so aussehen: Kirnberger II Stimmweg mit Schwebungen für 12 Töne innerhalb der Oktave c'- h' a'-d' d'-g' g'-c' c' — e' e'-a' (t) Kontrolle = 440 Hz Intervall (5) (4) (5) (3) (4) Schwebg./Sek. 5,5 0 0 0 8,2 Sek./10 Schwebg. 1,8 0 0 0 1,2 die folgenden Intervalle alle rein c'-f* (4) b' -ds' (5) f'-b* (4) ds'-gs' (4) gs'-cs' (5) e' -h' (5) h' -fs' (4) Die Quarte es'- fs' ergibt sich mit ca. 1,25 Schwebungen/Sek. bzw. 10 Schw. in 8 Sek. von selbst. Das a wird also so zwischen d und e eingepaßt, daß es als Quinte d —a langsamer schwebt als die Quarte e — a. Auch die Variante Kirnberger II stieß bei den Gegnern Kirnbergers auf Ablehnung. In einem Brief an Forkel 1779 nennt Kirnberger eine 3. Möglichkeit. Kirnberger III >». . . wenn man will lasse man c —e ganz rein und stimme diese vier Quinten, c —g, g — d, d — a, a — e, jede Quinte abwärts schwebend, so wird jede Quinte niemand übellautend vorkommen.« «61 >, S.47) Für die Quinten sind folgende Frequenzverhältnisse angegeben: 216 . 2151/3 ■g = 323 2u y3 321 g-d = 322 214 320 Danach wird also von jeder der vier Quinten ca. 1/4 syntonisches Komma abgezogen (knapp 5,5 cent). Die Quinte fs — es bleibt mit dem Verhältnis 16384 leicht unterschwebend (2 cent). 10935 Diese Temperatur wird in der Literatur gleichermaßen als Kirnberger III bezeichnet und hatte in damaliger Zeit wahrscheinlich Eingang in die Praxis gefunden. Anlage 5 Blatt 20 Durch die angegebenen Intervallverhältnisse lassen sich die dezimalen Quintwerte leicht ermitteln. Sie liegen dicht um den Wert der mitteltönigen Quinte herum. 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. 11. 12. 13. — e — c' -g' -d' — a -h' -fs' -f f'-b' b'-ds' ds' - gs' gs'-cs' es' — fs' i W) Kontrolle (t) Kontrolle 4,1 0 2,4 3.7 2.8 0 0 0 0 0 0 0 1,3 h' Sek./10 Schwebg. 2,4 0 4,1 2,7 3,6 0 0 0 0 0 0 0 8 Kirnberger III Stimmgang und Schwebungen für 12 Töne innerhalb der Oktave c' a' = 440 Hz Intervall Schwebg./Sek (4) (3) (5) (4) (5) (5) (4) (4) (4) (5) (4) (5) (4) Eine weitere Variante Kirnbergers beschreibt Richard Rensch in (96), Seite 838, und nennt diese Kirnberger II. Die vier Quinten c —g, g-d, d —a, a —e werden hier nur verschieden groß gemacht, c-g und g-d werden nur um je 1/12 pyth. K. enger gemacht, die Quinten d — a und a — e dagegen um je 3/8 pyth. K. enger. Nach dem Stimmweg wie bei Kirnberger III ergeben sich hier folgende Schwebungen : Intervall a' - e' I (4) c' - e' (3) c' - g' 4 (5) g'-d' ; (4) d'-a' (J,) Kontrolle (5) Alle übrigen Quinten wie in Kirnberger III Eine neue Variante der Kirnberger-Ill-Temperatur wurde von H. K. H. Lange vorgeschlagen. Sie wird in neuerer Literatur als Kirnberger lll2 bezeichnet. Es werden dabei nur die Intervallverhältnisse von es —fs und h —fs vertauscht. Schwebg./Sek. 6,8 0 0,9 1,3 4,5 Sek./10 Schwebg. 1,5 0 11,2 7,8 2,2 3.6. Gleichschwebende Temperatur Die gleichschwebende Temperatur hat eine erstaunlich lange Geschichte, welche bis in die Antike zurückgeht. Zahlenmäßige Annäherungen an die gleichschwebende Temperatur lassen sich im Abendland von der 2. Hälfte des 16. Jahrhunderts an nachweisen. Die Intervallangaben beziehen sich jedoch meist auf Saiteninstrumente ((29), Bd. XIII, S. 214). 52 53 Anlage 5 Blatt 21 1691 gibt A. Werckmeister gleiche Frequenzverhältnisse für die Intervalle an. (129) Er beschreibt und empfiehlt jedoch mehrere ungleichschwebende Temperaturen. In die Orgel hat die gleichschwebende Temperatur erst ab etwa Mitte des 18. Jahrhunderts ganz allmählich Eingang gefunden. Es waren temperierte Stimmungen in Gebrauch, die der gleichschwebenden Stimmung nur nahe kamen (ohne Wolfsquinten), z. B. Neidhardtstimmungen. Viele Orgelbauer hielten aber noch an mehr oder weniger modifizierten mitteitönigen Stimmungen fest. Eine ganz gleichmäßig temperierte Stimmung mit jeweils gleichen Frequenzverhältnissen der Intervalle wird vermutlich erst im 19. Jahrhundert angewendet worden sein. Gleichschwebende Temperatur Stimmgang un d Schwebungen für 12 Töne innerhalb der Oktave c' — h a' = 440 Hz i Intervalle Schwebg./Sek. Sek./10 Schv 1. a' — e' (4) 1,49 6,71 2. e*-h' (5) 1,12 8,93 3. h'-fs' 1 (4) 1,67 5,99 4. fs'-cs' I (4) 1,25 8,00 5. cs'-gs' I (5) 0,94 10,64 6. gs'-ds' (4) 1,41 7,09 7. ds'-b' 1 (5) 1,05 9,52 8. b'-f i (4) 1,58 6,33 9. f'-c' i (4) 1,18 8,47 10. c'-g' (5) 0,89 11,24 11. g*-d' i (4) 1,33 7,52 12. d'-a' (1) Kontrolle (5) 0,99 10,06 54 c cd 3 a cd a E 0) i— C cd r cd Ol c o tu tu 5 cd U U Anlage 5 Blatt 22 o o o o o o o O O o o o o o o o o o o o o o o o O o o o o o o o cm cnj cm cm cm cm cm cm cm cm cm cm cnj cm cm cm lo in o co o o cm" cm co cm no no o co 00 oo oo Q co o 00 on o O o On on 00 co 00 co O o o o o o o o O o O o o o no o cm 00 no no no o 00 no no no o On o o o o 9> o o o on o On o On o o o o o o on On on o on o On on On o "~ it) lt) lo o ■=* «st no on co o" «st "St ■st «st >=f m On" mo o o 00 on o 00 co co on On On On 00 on 00 o o Os 00 00 on oo co co co co 00 co co co 00 on On ■o oj o «3- cm cm cnj no no no «st cm cm cm o o On o t» o o on on on co on on on o co r-~ r~ co r- p~ r~ t^ r-^ t^ t^ 1^ co lo m in cv] cm co cnj no" no no co co co co cm cm no" cm o o o on o on On o On On On o O O on o o r~ r-. no r-^ nO o no no no nO no t^ no t~ cm o o o on co co cm no no co o o O o o o ö co co On On On co O On On o lo lo ■o lo m lO m m m in m m m no lo co co cm co co co co co o 00 oj oo 00 co co o o o o on o on On o o O o On On O. On o "St «st lo ■=t lo «st «st "st lo in «sf ■sf «f «st LO in co o cm co no p «-^ cm "=t «tf cm no no no no o o co On o co o O On On On O oo co co oo o «st co po «st co co co co co co co co co co co «=t in «st «=f cm o o ■st «St no no co no "st «st «=t o o o o o on o on On o O on on On o cm cm co 00 co cm cm cm cm cm co cm CM cm co «st cnj no «3- co cm co no no no no •st «st co «st o o co on o o on on on On On On O O O o o cm *~ "— cm *~ *~ <~ cm cnj "~ cnj cm "St cm o cm in o O ■sf no no no O O o o o on o o on On On 0n co On On on o *~ «— o o o o o o o O O O o O O o O o cm 00 co ,_ «* «st ■=r oo no on co ,— .— on cm cm cm «st r- r- «st m in no no |-~ r-- r- r- 0 01 O 2 3 O ■o et o E u CD Ol OL oj cd "+j "2 T? O O "O 'cd 2 CD o 10 CD Ol CD CD CD öl CD 0 a E _fD 01 E Ol 55 Anlage 6 Kanaltremulanten Gottfried Silbermanns Meßwerte aus den zweimanualigen Silbermannorgeln Großhartmannsdorf, Forchheim, Nassau, Helbigsdorf, Crostau Winkel des Aufschlagrahmens: Klappe: Feder: Kanalquerschnitt im Tremulantenbereich: Schlagfrequenzen: zwischen 55 und 62° Länge 170- 190 mm; Breite 125- 135 mm, Dicke 22 — 26 mm; meist Eiche massiv Messing, 1,0-1,4 mm dick, 200-230 mm lang, oben 28-32 / unten 14-22 mm breit, mit angegossenem Bleigewicht ca. 150X 150 mm (lichtes Maß) zwischen 31 und 50 Schlägen in 10 Sekunden Anlage 7 Gerald Woehl Fünf Grundsätze zur Restaurierung von historischen Orgeln — »Die Anlage der Orgel als komplexes Gebilde von Instrument und Raum sowie Klang und Raum, damit der ideelle Wert einer Orgelanlage, muß erhalten oder wiedergewonnen werden. —■ Die historische Substanz einer Orgel muß erhalten und konserviert werden unter Berücksichtigung ihrer Brauchbarkeit als Kirchenorgel. — Wenn restauriert werden muß, so soll dies nicht nur unter heutigen funktionellen Ansprüchen geschehen. Eine Rekonstruktion soll materialgerecht, der Bauweise des Originals abgenommen und dem Geist der originalen Substanz verpflichtet sein. — Tatsächlich unbrauchbare Teile werden im Sinne einer Rekonstruktion ersetzt, aber als Belege aufgehoben. Zur Beurteilung der Unbrauchbarkeit sind sehr strenge Maßstäbe anzusetzen. Alle Maßnahmen, die in der Substanz einen Austausch oder eine Hinzufügung darstellen, sollen reversibel sein, d. h., der vorgefundene Zustand soll erkennbar und wiederherstellbar sein. Vor dem Austausch scheinbar unbrauchbarer Teile muß sorgfältig geprüft werden, ob eine Reparatur oder Teilrepratur nicht zu erneuter Brauchbarkeit führt. —■ Eine umfassende Dokumentation mit Zeichnungen, schriftlichem Bericht aller Arbeiten, Fotografien und Tonbandaufnahmen des Zustandes vorher und nachher ist nötig, um a) die Unterscheidung der originalen Substanz von der Rekonstruktion zu ermöglichen, b) für eventuell später erforderliche Eingriffe Aufschluß über die verwendeten Materialien und Hilfsstoffe zu liefern, und c) ein Instrument dem Interessenten zu erschließen, ohne daß nach Beendigung der Arbeiten der Informationssuchende neu demontieren und vermessen muß.« (Auszug aus einem Artikel von Gerald Woehl: über die Restaurierung historischer Orgeln — Erfahrungen und Überlegungen aus der Praxis des Orgelbauers, in: Ars Organi, Heft 47, S. 2153-2161) Disposition zu Bild 6: Prinzipal 4' Gedackt 8' Quinte 3' Bass Oktave 2' Bass Mixtur 3fach Bass Prinzipal 8' Diskant Sesquialter 2fach Diskant Oktave 2' Diskant Mixtur 3fach Diskant 56 57 Bild 6 Positiv in der Kirche zu Tripkau 6 Register, Orgelbauer unbekannt, erbaut um 1780, während der Restaurierung des Oehauses 3 Restaurierung durch: VEB Orgelbau Dresden, Institut für Denkmalpflege Schwerin 58 Literaturverzeichnis <1> Acta organologica, Hg. Alfred Reichling, Berlin 1967 ff. (2) Adlung, Jacob: Anleitung zu der musikalischen Gelahrtheit, Erfurt 1758, Faksimile-Neudruck Kassel 1953 (3) Adlung, Jacob: Musica mechanica Organoedi, Berlin 1768, Faksimile-Neudruck Passei 1961. (4) Agricola, Martin: Musica instrumentalis deudsch, Wittenberg 1545; Faksimile-Neudruck in: Publikationen der Gesellschaft für Musikforschung Bd. 20, 1896 <5) Ars Organi, Zeitschrift für Orgelwesen, Berlin 1952 ff. (6) Balz, Hans Martin: Kunst und Handwerk — Denkmalorgeln zwischen Museum und Kirche, in: Der Kirchenmusiker, 31. Jahrgang, 1. Heft, Berlin 1980. (7) Bedos de Celles, Dom Francois: L'Art du Facteur d'Orgues, Bd. I, Paris 1766, Bde. II und III, Paris 1770, Bd. IV, Paris 1778, Die Kunst des Orgelbauers (deutsche Übersetzung), Lauffen 1977. (8) Bendeler, Johann Philipp: Organopoeia oder Unterweisung, wie eine Orgel nach ihren Hauptstücken als Mensuriren, Abtheilung derer Laden, Zufall des Windes, Stimmung oder Temperatur etc. aus wahren Mathematischen Gründen zu erbauen, Frankfurt und Leipzig um 1690; Neuausgabe Amsterdam 1972. (9) Bericht über die Freiburger Tagung für deutsche Orgelkunst vom 27. — 30. 7. 1926, Hg. Wilibald Gurlitt, Augsburg 1926. (10) Bericht über die dritte Tagung für deutsche Orgelkunst in Freiberg i. Sa. vom 2. - 7. Okt. 1927, Hg. Christhard Mahrenholz, Kassel 1928. (11) Bericht über die zweite Freiburger Tagung für deutsche Orgelkunst vom 27. - 30. Juni 1938, Hg. Josef Müller-Blattau, Kassel 1939, S. 20-36. (12) Bericht vom »19. Tag für Denkmalpflege und Heimatschutz Breslau 1926«, Referat von Wilibald Gurlitt, Berlin 1926, S. 94. (13) Biermann, Johann Hermann: Organographia Hildesiensis specialis, Hildesheim 1738, Faksimile-Neudruck Kassel 1930; Neuausgabe Amsterdam 1973. (14) Billeter, Bernhard: Anweisung zum Stimmen von Tasteninstrumenten in verschiedenen Temperaturen, Berlin 1979. (15) Bolt, Klaas: Muß man eine Orgel bei der Restauration in ihren ursprünglichen Zustand zurückversetzen? Vortrag auf dem 10. ISO-Kongreß Amsterdam, am 29. 9. 1978 (Mitschrift von G. Spallek, Frankfurt/O.). (16) Bormann, Karl: Die gotische Orgel von Halberstadt, Eine Studie über mittelalterlichen Orgelbau, Berlin 1966. (17) Bormann, Karl: Die gotische Orgel von Bartenstein vom Jahre 1395, in: Ars Organi, Heft 29, Berlin 1966, S. 989 ff. (18) Bormann, Karl: Orgel- und Spieluhrenbau. Aufzeichnungen des Orgel-und Musikwerkmachers Ignaz Bruder von 1829 und die Entwicklung der Walzenorgeln, Zürich 1968. (19) Boxberg, Christian Ludwig: Ausführliche Beschreibung der großen neuen Orgel in der Kirchen zu St. Petri und Pauli allhier zu Görlitz, Görlitz 1704, Neuausgabe Amsterdam (in Vorbereitung). (20) Bruck, Robert: Die Denkmalpflege im Königreiche Sachsen, Dresden 1910. (21) Burgemeister, Ludwig: Der Orgelbau in Schlesien, Straßburg 1925, Neuauflage Frankfurt/Main 1973. 59 (22) Busch, Hermann J.: Das Repertoire des Organisten als Problem der Orgeldenkmalpflege, in: Ars Organi, Heft 44, Berlin 1974, (23) Busch, Hermann J,: Ein Werkstattgespräch über Fragen der Restaurierung von Orgeln am 14./15, März 1975 in Marburg, in: Ars Organi, Heft 50, Berlin 1976, S. 2228-2232. (24) Dähnert, Ulrich: Die Orgeln Gottfried Silbermanns in Mitteldeutschland, Leipzig 1953. (25) Dähnert, Ulrich: Der Orgel- und Instrumentenmacher Zacharias Hildebrandt, Leipzig 1962. (26) Dähnert, Ulrich: Die Orgellandschaft Sachsen und Thüringen, in: Acta organologica I, Berlin 1967, S. 46 ff, (27) Dähnert, Ulrich: Historische Orgeln in Sachsen, Leipzig (in Vorbereitung) (28) Deimling, E. L.: Beschreibung des Orgelbaues, Offenbach 1792. (29) Die Musik in Geschichte und Gegenwart. Allgemeine Enzyklopädie der Musik, Hg. Friedrich Blu lue, Kassel 1949 ff. (30) Dupont, Wilhelm: Geschichte der musikalischen Temperatur, Nördlingen 1935. (31) Durchführungsbestimmung zum Denkmalpflegegesetz vom 24. 9. 1976, Gesetzblatt Teil I, Nr. 41, S. 489-490. (32) Eberstaller, Oskar: Gedanken zum Umbau alter Orgeln, in: Musica divi-na 16, Heft 5/6, Wien 1928, S. 123-127. (33) Eger, Arthur: Die Stimmungshöhe ... bei Gottfried Silbermann, o. O. 1962. (34) Europäische Denkmalschutzgesetze in deutscher Übersetzung, Hg. Hingst, H./Lipowschek, A., Neumünster 1975. (35) Flade, Ernst: Der Orgelbauer Gottfried Silbermann. Ein Beitrag zur Geschichte des deutschen Orgelbaus im Zeitalter Bachs, Leipzig 1926; 2., überarbeitete Auflage, Leipzig 1953. (36) Flentrop, D. A./Vente, M. A.: Aspekte der Orgeldenkmalpflege in den Niederlanden, Vortrag auf dem 10. ISO-Kongreß Amsterdam, am 25. 9. 1978 (Mitschrift von G. Spallek, Frankfurt/O.). (37) Forer, Alois: Die Denkmalorgel in Österreich, in: Organa Austriaca, Band I, Wien 1976. (38) Förner, Christian: Vollkommener Bericht, wie eine Orgel aus wahrem Grunde der Natur in allen ihren Stücken nach den Anweisungen der mathematischen Wissenschaften soll gemacht, probieret und gebrauchet werden, Berlin 1684; Neuausgabe Amsterdam (in Vorbereitung). (39) Fritz, Barthold: Anweisung, wie man Claviere, Clavecins und Orgeln nach einer mechanischen Art in allen 12 Tönen gleich rein stimmen könne . . ., Leipzig 1756. (40) Fürstenau, Moritz: Zur Geschichte der Orgelbaukunst in Sachsen, Dresden 1861. (41) Gernhardt, Klaus/Schrammek, Winfried: Fehler bei der Umrechnung von Graden der Foernerschen Windwaage in Millimeter-Wassersäule, in: Das Musikinstrument, Heft 10, Frankfurt/M. 1968, S. 1146. (42) Gernhardt, Klaus: über Fundamentflächen historischer Orgelpositiv-Windladen und deren Restaurierung, in: Neue Museumskunde, Jahrgang 17, Nr. 3, Berlin 1974, S. 214. (43) Gernhardt, Klaus: Die wichtigsten Stimmungsarten der Bach-Zeit, ihre praktische Durchführung und ihr musikalischer Wert - aus der Sicht des Musikinstrumentenrestaurators, in: Bericht über die wissenschaftliche Konferenz zum III. Internationalen Bachfest der DDR Leipzig, 18./19. 9. 1975, Leipzig 1977, S. 355-361. (44) Gernhardt, Klaus: Grundsätzliche Bemerkungen zu Fragen der Restaurierung und Rekonstruktion von Orgeln, in: Studien zur Aufführungspraxis . . . Konferenzbericht der 5. Wissenschaftlichen Arbeitstagung Blankenburg/Harz, 1.-3. Juli 1977, S. 39-42. (45) ) Gesetz zur Erhaltung der Denkmale in der Deutschen Demokratischen Republik - Denkmalpflegegesetz - vom 19. 6. 1975, Gesetzblatt Teil I, Nr. 26, S. 458-460. (46) Glaser, Gerhard/Meyer, Rudolf: Der Einsatz der Photogrammetrie bei der Rekonstruktion des Orgelprospektes in der Dresdner Hofkirche, in: Denkmale in Sachsen, Weimar 1978, S. 321-325. (47) Gossens, Heinz: Temperatur und Luftfeuchte in Kirchen, in: ISO Information Nr. 9, Lauffen 1973, S. 625-632. (48) Greß, Frank-Harald: Gespräch vom 19. 3. 1980 in Dresden mit den Verfassern der vorliegenden Arbeit (49) Gurlitt, Wilibald: Der kursächsische Hoforgelmacher Gottfried Fritzsche, in: Festschrift Arnold Schering, Berlin 1937, S. 106 ff. (50) Gurlitt, Wilibald: Der musikalische Denkmalwert der alten Orgel, in: Richtlinien zum Schutz alter Orgeln, Berlin 1958, S. 27. (51) Gurlitt, Wilibald: Musikgeschichte und Gegenwart (2 Bde.), Wiesbaden 1966. (52) Haacke, Walter: Die Entwicklungsgeschichte des Orgelbaus im Lande Mecklenburg-Schwerin von den Anfängen bis ins ausgehende 18. Jahrhundert, Wolfenbüttel und Berlin 1935. (53) Halle, Johann Samuel: Die Kunst des Orgelbaues, Brandenburg 1779. (54) Hardouin, Pierre: Die Französische Vereinigung für die Erhaltung alter Orgeln (AFSOA), in: Ars Organi, Heft 47, Berlin 1975, S. 2175-2177. 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