HISTORISCHE GRUNDWISSENSCHAFTEN IN EINZELDARSTELLUNGEN HERAUSGEGEBEN VON THOMAS FRENZ UND PETER-JOHANNES SCHULER BAND 2 FRANZ STEINER VERLAG WIESBADEN GMBH STUTTGART 1986 THOMAS FRENZ PAPSTURKUNDEN DES MITTELALTERS UND DER NEUZEIT MIT 15 KUNSTDRUCKTAFELN FRANZ STEINER VERLAG WIESBADEN GMBH STUTTGART 1986 SV! CIP-Kurztitelaufnahme der Deutschen Bibliothek Frenz, Thomas: Papsturkunden des Mittelalters und der Neuzeit / Thomas Frenz. - Stuttgart : Steiner-Verlag-Wiesbaden-GmbH, 1986. (Historische Grundwissenschaften in Einzeldarstellungen ; Bd. 2) NE: GT Jede Verwertung des Werkes außerhalb der Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist unzulässig und strafbar. Dies gilt insbesondere für Ubersetzung, Nachdruck, Mikroverfilmung oder vergleichbare Verfahren sowie für die Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen. © 1986 by Franz Steiner Verlag Wiesbaden GmbH, Sitz Stuttgart. Printed in the Fed. Rep. of Germany INHALTSVERZEICHNIS Vorwort............................................. Einleitung............................................ Erläuterung der Fachausdrucke.............................. I. Die Urkunden................................. 13 A. Älteste Zeit..................................... 13 B. Von Leo IX. bis zu Pius IX............................ 15 17 1. Privilegien..................................... *' 2. litterae....................................... *? 3. Bullen....................................... g 4. litterae clausae.................................. 5. Die Schrift der Urkunden unter dem Bleisiegel................ 25 6. Suppüken..................................... j" 7. Breven....................................... V* 8. Sekretbriefe.................................... 31 9. Motuproprio................................... '* 10. Konzepte..................................... 32 11. Konsistorialzedeln................................ 32 12. Transumptum................................... 33 C. Neueste Zeit..................................... 33 II. Die Sprache .................................. 35 A. Der stilus curiae.................................. 35 1. Die einzelnen Fonnvorschriften......................... 35 2. Der cursus...................................... 37 3. Praktische Hinweise zur Benutzung von Papsturkunden............ 37 B. Formelbücher.................................... 40 1. Liber diumus................................... 40 2. Andere Formelsammlungen............................ 41 III. Das Siegel................................... 42 A. Bleibulle....................................... 42 B. Goldbulle....................................... 44 C Wachssiegel (anulus piscatoris)......................... 44 D. Farbstempel..................................... 45 IV. Die Register.................................. 46 A. Bullenregister.................................... 46 1. Vor Innozenz III.................................. 46 2. Von Innozenz III. bis zur avignonesischen Obödienz des Schismas...... 47 3. Von der römischen Obödienz des Schismas bis zur Neuzeit.......... 49 B. Supplikenregister..........................X^^TX50 C. Brevenregister...........................• ■ • ^V1 D. Archiv........... j£ »jb 6 Inhaltsverzeichnis V. Die Kanzlei................................... 53 A. Die Kanzleileitung................................. 53 B. Das Kanzleipersonal................................ 54 1. Die einzelnen Ämter................................ 54 2. KollegiaJverfassung und Ämterkauf....................... 59 C. Die Reformen Pius' X. und Pauls VI...................... 60 VI. Der Geschäftsgang............................ 62 A. Die Genehmigung der Bitten.......................... 63 B. Die Ausfertigung der Urkunden.........,.............. 66 1. expeditio per cancellariam............................ 66 2. expeditio per cameram.............................. 71 3. expeditio per viam correctoris.......................... 73 4. Übersicht über die Kanzleivermerke auf den litterae und Bullen 75 5. expeditio per breve................................ 77 6- Expedition als Motuproprio........................... 78 7. expeditio de curia................................. 78 C. Die Taxen...................................... 79 VII. Die nichtpäpstlichen Papsturkunden ........ 81 A. Konzilien....................................... 81 B. Kardinäle....................................... 83 1. Kardinalskolleg................................... 83 2. Sammelablässe................................... 83 3. Legatenurkunden..........................-...... 84 C. Behörden....................................... 84 1. Pörutentiarie.................................... 84 2. Kammerurkunden................................. 85 VIII. Bibliographie................................. 86 A. Quellen........................................ 86 1. Originale...................................... 86 2. Regesten und Editioner............................... 86 B. Sekundärliteratur................................. 90 IX. Index.........................................107 Abbildungsnachweis.....................................116 Urkundenmodell .................................... nach 80 Abbildungen...................................... nacn ll<> VORWORT Die jüngste zusammenfassende Darstellung der Papstdiplomatik stammt aus dem Jahre 1964 und ist in lateinischer Sprache abgefaßt (P. Rabikauskas.Diplomatica Pontificia, Rom 1964, S. 83-233). Wer sich in deutscher Sprache informieren will, muß gar auf die Arbeit von L. Schmitz-Kallenberg aus dem Jahre 1913 oder die einschlagigen Abschnitte in H. Breßlaus Handbuch der Urkundenlehre von 1911/31 (zuletzt nachgedruckt 1969) zurückgreifen, die sich freilich ganz auf die mittelalterlichen Verhältnisse beschränken. Selbstverständlich ist die Forschung seither nicht stehen geblieben. Verlag und Verfasser glauben daher, daß eine Zusammenfassung der Lehre von den Papsturkunden auf dem jetzigen Stand der Forschung dem Leser willkommen sein wird. Das Hauptgewicht liegt dabei selbstverständlich auf dem 14.—16. Jahrhundert, der Zeit, in der die päpstliche Kanzlei ihre größte Aktivität entfaltete; es sind dies die Urkunden, mit denen der Archivbenutzer hauptsächlich zu tun hat. Erstmals sind aber auch die Verhältnisse der Neuzeit bis ins 20. Jahrhundert angemessen berücksichtigt. Th. F. EINLEITUNG Die päpstliche Kurie war der größte Urkundenaussteller des europäischen Mittelalters, und auch in der frühen Neuzeit wurde sie nur von wenigen weltlichen Kanzleien überflügelt. Ihre Produktion beginnt sehr zögernd in Spätantike und frühem Mittelalter, nimmt dann aber im 13.-15. Jahrhundert explosionsartig zu: im späten 15. Jahrhundert entstehen in einem Jahr ebenso viele Urkunden wie im gesamten ersten Jahrtausend der Kirchengeschichte. In der Neuzeit stabilisiert sich die Produktion dann auf etwas niedrigerem Niveau. Insgesamt dürften bis auf den heutigen Tag mindestens 30 000 000 Papsturkunden ausgestellt worden sein. Die Erforschung der Papsturkunden beginnt zugleich mit der gesamten Entwicklung der Diplomatik als Wissenschaft. Jedoch hat sich in der Folge als hinderlich erwiesen, daß ihre Behandlung, anders als bei den Kaiser- und Königsurkunden, nirgendwo als „nationales" Anliegen gelten konnte. Die Öffnung des Vatikanischen Archivs (und die sich anschließenden Gründungen der ausländischen historischen Institute in Rom), wodurch die Registerüberlieferung zugänglich wurde, haben dann die Forschung nachhaltig gefördert, zugleich aber auch das Quellenmaterial zu kaum mehr überschaubarer Breite anschwellen lassen. Einen Forschungsbericht vornehmlich aus der älteren Zeit hat Rabikauskas, Diplomatien S. 83-88 gegeben. Ich füge, ohne Anspruch auf Vollzähligkeit, die Namen B a 11 e 11 i und Katterbach, für das 13. Jahrhundert von Hecke 1, Acht und Herde, für das 14. Jahrhundert Bock und E. Pisztor, für das 15. Jahrhundert Diener, von Hofmann, Ottenthai und Schwarz, für das erste Jahrtausend Lohrmann und Rabikauskas hinzu, ohne daß damit die Leistungen anderer Forscher geschmälert werden sollen. Wie eine päpstliche Urkunde aussieht, hängt wesentlich davon ab, wann sie ausgestellt wurde und wie sie ihren Weg durch die Kanzlei genommen hat. Eine Darstellung der Papsturkundenlehre kann also entweder chronologisch oder systematisch aufgebaut sein, wobei jeder Aufbau seine Vor- und Nachteile hat; die bisher erschienenen Darstellungen haben das Problem auch unterschiedlich zu lösen versucht ( B r e ß 1 a u systematisch, Schmitz-Kallenberg und Rabikauskas chronologisch). In diesem Buch ist eine systematische Ordnung gewählt, ggf. mit chronologischer Untergliederung. Jedem Kapitel oder Abschnitt ist eine Aufzählung der wichtigsten einschlägigen Literatur vorausgestellt. Wo es zuverlässige neuere Literatur gibt, ist auf die Angabe älterer Arbeiten weitgehend verzichtet; diese älteren Titel finden sich aber in der Regel in der Bibliographie am Schluß des Buches, die indessen Anspruch auf Vollständigkeit weder erheben kann noch will. Da das kuriale Latein oftmals recht schwierig ist, ist sämtlichen lateinischen Zitaten eine deutsche Übersetzung beigegeben. ERLÄUTERUNG DER FACHAUSDRÜCKE Herde, Beiträge S. 57-71; Rabikauskas, Diplomatica S. 22-28,116-118; Schmitz-Kallenberg, Lehre S. 67-71. Die Urkundenteile werden mit den Fachausdrücken der diplomatischen Terminologie bezeichnet, die im Folgenden als bekannt vorausgesetzt sind. Die Urkunde besteht aus drei Teilen: Protokoll (oder: Eingangsprotokoll), Kontext und Escha-tokoll (oder: Schlußprotokoll). Das Protokoll beginnt manchmal mit einer Invocatio (Anrufung Gottes), meist aber sofort mit der - Intitulatio: Name und Titel des Papstes. Es folgen die - Adresse (oder Inscriptio): Name, Titel und Wohnort (Diözese) des Empfängers; oder allgemeine Adresse: an alle Christgläubigen, und die - Grußformel (oder Salutatio), deren Stelle auch eine - Verewigungsformel einnehmen kann. Der Kontext beginnt mit der - Arenga. redensartliche Begründung für die Ausstellung der Urkunde, meist unter Berufung auf die Hirtenpflicht des Papstes oder die Verdienste des Empfängers. Bei ganz einfachen Urkunden fehlt die Arenga; sie beginnen sofort mit der - Narratio: Tatsachenvortrag des Bittstellers. Er endet gewöhnlich mit der - Petitio: Bitte um Ausstellung der Urkunde. Es folgt die - Dispositio: Entscheidung des Papstes, an deren Ende oft in den - Non-Obstantien entgegenstehende Rechte aufgehoben werden. Bei einem Teil der Urkunden folgt noch die - Sanctio: Verfluchung der Übertreter der Urkunde. Das Eschatokoll kann enthalten - Rota, Monogramm und Komma (vgl. §§ 16-18) und/oder die eigenhändige - Unterschrift von Papst (und Kardinälen). Es schließt stets mit der - Datierung, und zwar entweder mit der „großen Datierung", die als Datum per manus-Formel den Aushändiger der Urkunde, Ort und Datum aufführt, oder mit der „kleinen Datierung", die nur Ort und Datum angibt. Der untere Rand der Urkunde wird gewöhnlich nach vorne umgeschlagen {Plica oder Umbug). Die einzelne Urkunde wird mit ihrem Incipit, d.h. den Anfangsworten der Arenga (bzw. bei arengalosen Stücken der Narratio) bezeichnet, z.B. „Unam sanctam" oder ltExurgedomine". Die Papsturkunden werden im amtlichen Sprachgebrauch allgemein als litte-rae apostolicae bezeichnet, wobei die einzelnen Urkundenarten durch Zusätze unterschieden werden können, z.B. litterae in forma brevis. Weitere Unterscheidungen sind: l-irlauterung der I-achaiudrikke 11 litterae gratiae (Gewährung einer Gnade) / litterae iusticiae (Erteilung eines Befehls oder Entscheidung eines Rechtsfalls) litterae de curia (vom Papst auf eigenen Antrieb gewährte Urkunde) / litterae communes (auf Bitten eines Petenten gewährte Urkunde) litterae legenJae (vor dem Papst zu verlesende Urkunden als Bittschrift und/ oder Konzept und/oder Reinschrift -) / litterae dartdae (Urkunden, die ohne Verlesung gewahrt werden) litterae cum serico (Urkunde nüt Siegel an Seidenfäden) / litterae cum filo cana-pis (Urkunde mit Siegel an Hanffäden). Der Ausdruck Bulle, der ursprünglich nur das Bleisiegel bezeichnet, wird im 13. Jahrhundert auf eine bestimmte Urkundenart übertragen und schon von den Zeitgenossen sehr bald für alle Urkunden mit Bleisiegel angewandt. Die Breven (vgl. §§ 35-39) dürfen nicht als Bullen bezeichnet werden. Umgekehrt ist der Ausdruck Breve für Urkunden vor 1400 anachronistisch. Heute bezeichnet der amtliche Sprachgebrauch der Kurie, wie er sich seit dem vorigen Jahrhundert entwickelt hat, die Bullen als constitutio (Bulle im engeren Sinn), litterae encyclicae (wissenschaftlich: litterae) oder litterae decretales (Kon-sistorialbulle), die Breven als Motuproprio (Breve mit Papstunterschrift), litterae apostolicae (Breve ad perpetuam rei memoriam) oder epistolae (normales Breve). Die (Privat)briefe des Papstes heißen chirographus. Julius v. Pflugk-Harttung und in seiner Nachfolge einige wenige andere Autoren bedienen sich einer Terminologie, die vom in der Diplomatik üblichen stark abweicht und auch deshalb abzulehnen ist, weil sie keine Stütze in den zeitgenössischen Quellen findet: Er sagt statt Protokoll: Vorrahmen, statt Kontext: Konskript, statt Eschatokoll. Schlußrahmen, statt Invocatio: Eingangszeichen, statt Intitulatio: Nominatio, statt (Kardinals)unterschrift: Zeugenfirma, statt Privileg: Bulle, statt litterae: Breve. Dabei unterscheidet er zwischen feierlichen Privilegien als Prunkbulle und verschiedenen Ausstattungen der einfachen Privilegien als Mittelbullen, Prunk-Mittelbullen, Halbbullen und Großbreven. Die litterae clausae nennt er Geheimbreven oder Sekrete. (Definitionen in: Bullen S. 7-32). Da seine Untersuchungen nur bis zum Jahre 1200 reichen, gibt es bei ihm keine Bezeichnungen für die eigentlichen Bullen und die eigentlichen Breven. - Nicht durchsetzen konnten sich auch die Bezeichnungen titulus für die litterae cum serico und mandamentum für die litterae cum filo canapis. 12 Erläuterung der Fachausdrücke heutige Terminologie amtliche aufceramtliche heutige amtliche wissenschaftliche Pflugk-Hartlungs Terminologie im Terminologie im Terminologie an Terminologie 14./15. Jh. 15. Jh. und der der Kurie frühen Neuzeit Privilegien bullae {privilegia) Bullen im engeren Wortsinn (Bullen ad per-petuam rei me-moriam) litterae apostoli- bullae cae const itutiones Konsistorial-bullen litterae apostoli- bullae cae litterae decreta-les litterae cum serico litterae cum filo canapis Břeven brevia litterae apostoli- bullae cae litterae apostoli- brevia cae in forma b revis litterae encycli-cae litterae apostoli-cae, epistolae, Motuproprio Tabelle 1: Konkordanz der Terminologien bei der Bezeichnung von Papsturkunden I. DIE URKUNDEN A. ÄLTESTE ZEIT Breßlau 11491-493,518-520; G i r y, Manuel S. 665-672; Ribikauskai, Diplomatie« S. 91-94, 96-101; der»., Römische Kuriale; San tif aller, MIÖG Erg.-Bd. 16 S. 32-52, 87-115; Schmitz-Kallenberg, Lehre S. 74-78, 82-86. Abbildungen: Arndt/Tangl 11180; B a 11 e 11 i, Acta Tai". 1-4; Brackmann, Papsturkunden Taf. 1, 2; Mazzoleni, Tav. 1,11; San tif aller, RHMitt 1 Abb.; Steffens, Lat. Pal. Taf. 58, 62. Die Papsturkunden der ersten Periode, die ungefähr dem 1. Jahrtausend gleichzusetzen ist, sind charakterisiert durch den Papyrus als Beschreibstoff, die römische Kuriale als Schrift und die Unterschrift des Papstes in Form eines Segenswunsches. Die Urkunden setzen die Form des antiken römischen Briefes fort, d Ja. sie beginnen mit dem Namen des Ausstellers im Nominativ und dem des Empfängers im Dativ. Dann folgt der (Kon)text. Den Abschluß bilden die Datierung und die eigenhändige Unterschrift des Ausstellers. Manche Autoren, so etwa Schmitz-Kallenberg, Lehre S. 63f., verwenden viel Scharfsinn auf die rechtliche Unterscheidung von Brief und Urkunde. Natürlich sind vor allem die ältesten Papstschreiben rechtlich gesehen Briefe. Im Folgenden wird diese Unterscheidung nicht gemacht, da in der Praxis Briefe und Urkunden völlig gleich behandelt werden; in dieser ersten Periode wie auch später bei den Breven fuhrt die Briefform zur Urkundenform, wie umgekehrt Briefe des Papstes in der Urkundenform der litterae (clausae) ausgestellt werden. Die Intitulatio, der nur gelegentlich eine Invocatio vorausgeht, besteht aus dem Namen des Papstes und dem Wort episcopus oder papa. Seit Gregor I. beginnt die Formel servus servorum dei hinzuzutreten, die künftig fester Bestandteil des päpstlichen Titels bleibt. Der noch nicht zum Bischof geweihte Papst nennt seinen Weihegrad (diaconus oder presbiter) und fügt hinzu: et in dei nomine electus sanetae sedis apostolicae.1 Bei der Adresse, die der Intitulatio auch vorausgehen kann, werden dem Namen des Empfängers z.T. umfängliche ehrende Beiworte hinzugefügt (z.B. für den Erzbischof von Ravenna: reverentissimo et sanetissimo fratri N. coepiscopo); eine Liste solcher Formeln findet sich zu Beginn des Liberdiurnus (vgl. §§ 57f.). Möglich ist auch der Abschluß des Protokolls durch einen Gruß (in domino salutem) oder eine Verewigungsformel (in perpetuum). Im Eschatokoll enthält die Datierung zunächst nur die Angabe des Tagesdatums nach römischem Kalender und des Jahres nach den Konsuln, z.B. Data ter-tio idus Februarias Arcadio et Bau tone consulibus (= 385);gegen Ende des 5. Jahrhunderts kommt die Indiktion hinzu. Seit der Mitte des 6. Jahrhunderts wird 1 und in Gottes Namen Erwählter der heiligen römischen Kirche 14 Die Urkunden die 537 durch Kaiser Justinian vorgeschriebene Zählung nach Regierungsjahren des Kaisers angewandt, z.B. imperante domino nostro Phoca piissimo Augusto anno secunäo. Von Hadrian I. an fallen die (östlichen) Kaiserjahre weg; an ihre Stelle treten die Pontifikaüonsjahre des Papstes, ein Brauch, der seither bis auf heutigen Tag gilt. Seit Leo III., dem Koronator Karls des Großen, können aber wiederum die (westlichen) Kaiseijahre hinzutreten. Die Unterschrift des Papstes ist eigenhändig, nennt aber nicht den Namen, sondern besteht in einem Segensgruß, z.B. deus vos incolumes custodia!, fratres carissimi;1 auch für diese Formeln gibt es eine Liste zu Beginn des Liber diurnus. Später verkürzt sich diese Formel allgemein zu Bene valete. Eine Sonderform bilden die Synodalbeschlüsse. Sie beginnen mit einer Invoca-tio, auf die unmittelbar das Datum folgt. Dann werden, angefangen mit dem Papst, die Teilnehmer aufgezähJt. Es folgt in objektiver Fassung der Bericht über die Synode. Anschließend unterschreiben alle Teilnehmer, wiederum beginnend mit dem Papst; dieser etwa wie folgt: Ego Liberias episcopus sanctae ecclesiae catholicae atque apostolicae urbis Rome subscripsi.3 Seit Hadrian I. gibt es die P r i v i 1 e g i e n. Sie unterscheiden sich von den Briefen durch eine reichere Ausgestaltung des Eschatokolls. Unmittelbar an den Kontext schließt sich eine datierte Skriptumformel an, die auch den Namen des Schreibers nennt: Scriptum per manum Gregorii scriniarii sanctae Romanae ecclesiae in mense Maio indictione nona* Es folgt das Bene valete des Papstes in der gewohnten Weise. Den Abschluß bildet die sog. große Datierung, die vom Kanzleichef eingetragen wird: Datum tertio idus Mali per manum Anastasii primicerii notariorum sanctae Romanae ecclesiae, indictione nona, pontificatus autem domini Leonis papae tertii anno decimo,5 also 1. Tagesdatum in römischer Zählung, 2. Name des Datars, 3. Indiktion, 4. Pontifikatsjahr mit Name und Ordnungszahl des Papstes. Der Beschreibstoff der ältesten Papsturkunden ist Papyrus, neben dem das Pergament in einer regulären Urkunde erstmals 1007 auftaucht ( S a n t i f a 1 -ler, MIÖG Erg.-Bd. 16 S. 88). Im Laufe des folgenden halben Jahrhunderts verdrängt das Pergament den Papyrus, der nach 1057 nicht mehr vorkommt. Die geringere Haltbarkeit des Papyrus hat dazu gefuhrt, daß bis zur Mitte des 11. Jahrhunderts zwar über 4000 Stücke abschriftlich, aber nur etwa 50 Exemplare im Original erhalten sind (Liste bei Rabikauskas, Römische Kuriale S. 255ff.); das älteste ist ein (fragmentarischer) Brief Hadrians I. von 788. Das Format der Urkunden ist hochrechteckig, d.h. die Schrift verläuft parallel der kleineren Kante. Die Zeilenabstände sind auf den Papyrusurkunden sehr groß (bis zu 7 cm), so daß bei festliegender Breite von ungefähr einem halben Meter 2 Gott bewahre Euch unversehrt, geliebteste Brüder 3 Ich, Liberius, Bischof der heiligen katholischen und apostolischen Kirche der Stadt Rom, habe unterschrieben 4 Geschrieben durch die Hand Gregors, Skriniars der heiligen römischen Kirche, im Monat Mai, in der 9. Indiktion 5 Gegeben an den 3. Iden des Mai durch die Hand des Anastasius, des Vorstehers der Notare der heiligen römischen Kirche, in der 9. Indiktion, im 10. Jahr des Pontifikats des Herrn Papstes Leos III. Von Leo IX. bis zu Pius IX. 15 erhebliche Langen (bis zu 17 m) sich ergeben können. Auf den Pergamenturkunden stehen die Zeilen enger. Auf jeder Urkunde finden sich drei (bzw. vier) verschiedene Schriften, nämlich 1. von der Hand des Schreibers: die Auszeichnungsscluift des Protokolls, dJi. der 1. Zeile. Diese Schrift besteht aus vergrößerten Buchstaben der römischen Kuriale (s.u.), welche seit Gregor V. durch Kapitalis abgelöst werden; 2. ebenfalls von der Hand des Schreibers: die Kontextschrift, ggf. mit Skriptum-Vermerk. Als Kontextschrift dient die römische Kuriale (s.u.). Neben sie tritt erstmals 971 die kuriale Minuskel. Der Verdrängungsprozeß dauert bis 1123; 3. von der Hand des Papstes: die Grußformel, der im 9. Jahrhundert Unzial-, im 10. und 11. Jahrhundert Kapitalis-Buchstaben verwendet; 4. von der Hand des Datars: die große Datierung (in den Privilegien). Auch bei ihr wird die römische Kuriale seit dem späten 10. Jahrhundert (erstmals 967) durch die Minuskel abgelöst. Die römische Kuriale ist eine auf die antike Minuskelkursive zurückgehende, § 11 eigentümlich stilisierte Kursivschrift. Charakteristisch ist vor allem die Tendenz zu kreisförmigen Buchstaben, vor allem bei a, e und r: Lü ö~ TT a e t Dieselbe Tendenz findet sich auch beim u, das einem Minuskel-a ähnlich sieht, während das o einen sehr kleinen Kreis bildet. Als charakteristisch gilt ferner das u o q Als Kursivschrift neigt die römische Kuriale zu Ligaturen und Buchstaben Verbindungen, wobei andere, ungewohnte Buchstabenformen auftreten können. Ihre Blütezeit liegt im 9. und der 1. Hälfte des 10. Jahrhunderts; in ihrer Spätzeit übernimmt sie bereits einzelne Elemente der Minuskelschrift, von der sie dann abgelöst wird. B. VON LEO IX. BIS PIUS LX. Der Übergang von der 1. zur 2. Periode ist ein allmählicher Vorgang: die Ablö- § 12 sung des Papyrus durch das Pergament zieht sich über ein halbes, die Ablösung der römischen Kuriale durch die kuriale Minuskel gar über eineinhalb Jahrhunderte hin (ca. 1000-1050 bzw. 975-1125, vgl. §§ 10f). Um die gleiche Zeit vollzieht sich die Umgestaltung der äußeren Form der Privilegien (unter Leo IX., 1049-1054). Die sich damals herausbildenden Regeln bleiben bis in die Neuzeit, z.T. bis heute gültig. feierliche Privilegien Konsistorial-bulien Bullen litterae cum serico litterae cum filo canapis litterae clausae Breven Motuproprio Clemens episcopus servus servorum dei Clemen s papa VII Adresse im Dativ Adresse im Dativ Anrede im Vokativ Verewigungsformel Grußformel 1. Zeile hervorgehoben Papstname hervorgehoben 1 n t Hulat io i über c n eigener Zeile lem Text gotische Schrift humanistische Schrift et- und if-Ligatur, diplomatisches Abkürzungszeichen dreifaches A men kleine Datierung am Schluß des Textes mit Siegelankündigung Rota Unterschrift des Papstes und der Kardinäle Unterschrift des Papstes Monogramm Komma große Datierung in eigener Zeile Bleibulle an S ieidenfaden Bleibulle an Hanffaden Wachssiegel außen: Adresse im Dativ Tabelle 2: Übersicht über die äußeren Merkmale der Papsturkunden Von Leo IX. bis zu Pius IX. 17 1. Privilegien B r e ß 1 a u II 414-416, 436-438, 458-475; D i e k a m p, MIÖG 3 S. 565-607; d e r !♦, MIÖG 4 S. 498-501; G i r y, Manuel S. 672-680, 688; Hartraann, AUF 16 Pflugk-Harttung, Bullen; Rabikauskas. Diplomatica S. 109-112; Schmitz-Kallenberg, Lehre S. 90-94, 99f; Katterbach/Peitz, Unterschriften; Schreiber, Kurie. Abbildungen: A r nd t / T a ng 1 III 91; B a t t e 1 11, Acta Taf. 5, 6, 8-10, 13, 18, 22; B o u a r d, Album Taf. XXXVIII; B r a c k m a n n, Papsturkunden Taf. 3, 6e, 7; Katterbach/Peitz, Unterschriften (Tafeln am Schluß des Bandes); R o -bert, BuUaire nach S. C; S a n t i f a 11 e r, Quellen (wie § 168) Taf. I-XVI, XXIV, ders., RHMitt 1 Abb.; S o m m e r v i 11 e, Scotia vor dem Titel; Steffens, Lat. Paläographie Taf. 73. 76, 80, 91 Siehe auch Abbildung 1 in diesem Band. Die Privilegien setzen die gleichnamigen Urkunden der vorigen Periode fort, jedoch erfahren Protokoll und Eschatokoll unter Leo IX. und seinen Nachfolgern erhebliche Umgestaltungen. Man unterscheidet zwischen feierlichen und einfachen Privilegien. Die feierlichen Privilegien weisen nun folgende Eigentümlichkeiten auf: 1. Verewigungsformel am Ende des Protokolls, 2. dreifaches Amen am Ende des Kontextes, 3. Rota, 4. Unterschrift von Papst und Kardinälen, 5. Monogramm, 6. Komma, 7. Datum per manus-Formel mit großer Datierung, 8. Bleibulle an Seidenfäden. Den einfachen Privilegien, die nur im 12. Jahrhundert in Gebrauch sind, fehlen einige dieser Merkmale, vor allem Nr. 3, 5 und 6, ebenso die Unterschriften der Kardinäle. An die Stelle der VeTewigungsformel tritt der Gruß. Die Privilegien werden im Laufe des 13. Jahrhunderts selten; einzelne Exemplare kommen aber auch noch bis über die Mitte des 14. Jahrhunderts hinaus vor. Das P r o t o k o 11, das gewöhnlich die 1. Zeile einnimmt, wird ganz in litte-ra elongata (verlängerter Schrift) geschrieben. Da die Invocatio bald außer Gebrauch kommt, besteht es aus drei Teilen: 1. der Intitulatio in der Form LEO episcopus servus servorum dei, 2. der Adresse im Dativ, 3. der Verewigungsformel IN PERPETUUM (gelegentlich auch nach Art einer Grußformel, z.B. perpetuam in domino salutem, oder die reguläre Grußformel salutem et apostolicam bene-dictionem, letzteres vor allem bei einfachen Privilegien). Der Papstname wird im 11. Jahrhundert meist in Kapitalis geschrieben, unter Leo IX. oft monogrammatisch verschränkt, dann in gewöhnlicher littera elongata, schließlich etwa seit der Mitte des 13. Jahrhunderts in gotischer Majuskel ähnlich wie in den Bullen (vgl. § 24). Die einfachen Privilegien heben gewöhnüch nur den Papstnamen hervor. - Die Verewigungsformel wird abgekürzt INPPM und gewöhnlich ebenfalls in gotischer Majuskel ausgeführt. Der Kontext folgt bereits weitgehend festgelegten Formeln, die z.B. bei Privilegien für Klöster bei den verschiedenen Orden ihre jeweils charakteristische 18 Die Urkunden Gestalt haben. Die Anfangsbuchstaben der einzelnen Sätze sind hervorgehoben. Den Abschluß bildet ein dreifaches (manchmal auch nur zweifaches) AMEN, wobei jedes der drei Wörter graphisch anders gestaltet wird. Die Skriptumformel (vgl. §§ 9f.) findet sich nur in den wenigen Urkunden, die noch in römischer Ku-riale geschrieben sind, letztmals 1123. Die stärksten Veränderungen erleidet das E s c h a t o k o 11, da die Unterschrift des Papstes in drei Zeichen aufgespalten wird: Rota, Monogramm und Komma. Die Rota besteht aus zwei konzentrischen Kreisen, die durch ein Kreuz in vier Quadranten geteilt sind. Seit Paschalis II. stehen in den vier inneren Quadranten die Namen der Apostelfürsten und derjenige des Papstes: sanctus Petrus/ sanctus Paukis/fPaschalis/papa II. Der äußere Ring nimmt die Devise des Papstes au!, unter Paschalis II. z.B. Verbo domini coeli firmati sunt;1 am Anfang der Devise steht ein Kreuz. Vor Paschalis EI. variiert die Beschriftung der Rota: Leo IX. läßt in die vier Felder die Buchstaben L/E//0/P (letzteres für papa) setzen und trägt eigenhändig in den Kreis die Devise Misericordia domini plena est terra1 ein. Bei Viktor II. und Benedikt X. stehen umgekehrt in den Quadranten die religiösen Worte (bei Viktor II.: lesus/Christus//Petrus omnibus/ Christi fidelibus), während im äußeren Ring der Titel des Papstes eingetragen ist. StephanIX. und Nikolaus II. lassen die Quadranten ähnlich gestalten (Stephan IX.: A/nj/Jesus/Christus, Nikolaus EL: Christusfvincit//Petrus/Paulus), im äußeren Ring steht aber zusätzlich ihre Devise. Alexander II. trägt in die Quadranten (wohl eigenhändig) die Devise Magnus /dominus no sterjjet magna/virtus eius1 ein; im äußeren Ring steht eine weitere Devise, für die es zwei inten gibt. Bei Gregor VII. steht die Devise in den Quadranten, der Ring ist leer. Seit Urban II. steht im 1. und 2. Quadranten: Sanctus Petrus/Sanctus Paulus, im 3. und 4. Name und Titel des Papstes: Urbanus/papa II. Im Ring steht die Devise, die unter Urban selbst, aber nicht mehr unter seinen Nachfolgern, auch durch: legimus, firmavimus ersetzt sein kann. Die Devise trägt der Papst zunächst eigenhändig ein; seit Lucius II. zeichnet er nur noch das Kreuz zu Beginn der Devise eigenhändig. - Die Devisen der einzelnen Päpste sind in den Regestenwerken von J a f f 4 und Po t t h a s t (§§ 164, 169) aufgeführt. Gewöhnlich hat jeder Papst eine neue Devise; es kommen aber auch Ubernahmen von Vorgängern vor, die, wie auch die Namenswahl, Hinweis auf das Programm des Papstes geben können (z.B. übernimmt Gregor IX. die Devise Innozenz' III.). Die Unterschrift des Papstes in Form eines SchJußwunsches (BENE VALETE) wird als Monogramm gestaltet, nur im 11. Jahrhundert manchmal noch ausgeschrieben. Der Papst ist an ihm eigenhändig nicht mehr beteiligt. Das Monogramm bildet das graphische Gegenstück zur Rota, zu der es symmetrisch angeordnet wird (Rota links, Monogramm rechts); es kann aber auch ganz fehlen, so unter Gregor VII., die Rota steht dann gewöhnlich in der Mitte. Das Komma findet sich auf Urkunden der Zeit von Leo IX. bis zu Clemens III., letztmalig 1092. Rota und Komma werden gewöhnlich als Umgestaltung des Kreuzes vor und der Interpunktion nach dem Schlußwunsch des Papstes gedeutet. Dies erscheint aber zweifelhaft, da das Kreuz innerhalb der Rota zu Beginn der Devise erhalten bleibt; die ganze Rota sieht aus wie ein auf die Urkunde gezeichnetes Siegel. Für das Komma läßt sich auch das Signum speciale der Kaiserurkunden als Vorbild angeben, das genau zur Zeit Leos IX. üblich ist (vgl. Erben, Kaiserurkunden S. 157f.). 1 durch das Wort des Herrn sind die Himmel gegründet 2 die Erde ist voll von dem Erbarmen des Herrn 3 groß ist unser Herr, und groß ist seine Kraft Von Leo IX. bis zu Pius IX. 19 Regelmäßig seit Paschalis II. steht zwischen Rota und Mongramm die verbale § 19 Unterschrift des Papstes in der Form: + Ego N. catholke ecclesie episcopus sub-scripsi (über einzelne abweichende Unterschriften vgl. Schmitz-Kallenberg, Lehre S. 92f.). Sie ist zunächst eigenhändig, aber im Laufe der Zeit beschränkt sich die Teilnahme des Papstes auf das Ego oder das E und hört mit Bonifaz VIJI. ganz auf. Es folgen die Kardinalsunterschriften, die aber erst seit Paschalis II. häufiger auftreten; bis zur Zeit Honorius' II. kommen auch Unterschriften von Prälaten vor, die keine Kardinäle sind. Die Kardinalsunterschriften sind nach den ordines getrennt: in der Mitte unterschreiben die Kardinalbischöfe (+ Ego N. Sabinen, episcopus subscripsi etc.), in der linken Spalte die Kardinal-pnester (+ Ego N, presbiter cardinalis tituli sanctiN. subscripsi), in der rechten Spalte die Kardinalsdiakone (+ Ego N. diaconus cardinalis sanctiN. subscripsi). Am unteren Rand der Urkunde steht die Datumzeile. Sie besteht aus § 20 a) dem einleitenden Dat., dessen Auflösung als Datum oder Data unsicher ist, und dem Ort; b) der Nennung des Datars mit Name und Titel; c) dem Tag in römischer Datierung; d) der Indiktion, deren Epochentag bis zu Urban LI. der 1.9. ist (indictio graeca) und danach schwankt (1.9. oder 24.9. oder 25.12. oder 1.1.); e) dem Inkarnationsjahr mit zunächst wechselndem Jahresanfang (Florentiner, Pisaner oder Weihnachtsstil), seit Eugen III. nur noch Florentiner Stil (Jahresanfang 25.3. nach dem heutigen Jahresanfang), nach Innozenz III. Weihnachtsstil (25.12.); f) dem Pontifikationsjahr, das mit dem Krönungstag des Papstes beginnt (nur bei Calixt II. und Innozenz II. mit dem Tag der Wahl). Kaiserjahre finden sich nur noch unter Leo IX. sowie gelegentlich unter Clemens (III.) (Wibert, 1080-1100) und im Jahre 1111 (Gefangennahme Paschalis' II. durch Kaiser Heinrich V.). Eine vollständige Datumzeile lautet beispielsweise: Dat. Laterani per manum Aimerici Sanctae Romanae Ecclesiae diaconi cardinalis et cancellarii, V*0 kalendas octobris, indictione IIla, incarnationis dominicae anno MCXXXIIIP, pontificatus autem domini Calixti secundi papae anno VI0.4 2. litterae B u r g e r, AUF 12; D i e k a m p, MIÖG 4 S. 502-508; F r e n z. AD 19 S. 357-375; ders., Kanzlei S. 61 f.; G i r y, Manuel S. 688-691; H e r d e, Audientia II S. lff.; Rabikauskas, Diplomatica S. 114-116, 143-145; Schmitz-Kallenberg, Lehre S. 95f., 101 f., 110. litterae ante coronationem. B a r b i c h e, Litterae; G u a 1 d o, Litterae. Abbildungen: A r n d t / T a n g 1 III 89, 90, 103; A u s 1 20 0 J a h r e n, Nr. 38, 44, 98; Bat telli, Acta Taf. 7, IIa, 12a, 17, 19-21, 24, 31, 37, 46, 49: Bayerns Gegeben im Lateran durch die Hand des Aimericus, Kardinaldiakons der heiligen römischen Kirche und Kanzlers, an den 5. Kaienden des Oktober, in der 3. Indiktion, im Jahr der fleischwerdung des Herrn 1124, im 6. Jahr des Pontifikats des Herrn Papstes Calixts II. 20 Die Urkunden Küche. Taf. 35, 38; Bock. QFIAB 31 Taf. 14, 17, 30, 34; B r a c k m a n n, Papsturkunden Tai. 5b. 6a, b, 8a, b, 9; Brand t, Werkzeug Abb. 3; Burger, AUF 12 Abb. 4. 5; 1100 Jahre, Taf. 4;Vincenzo Federici. La scrittura delle Can-ceUerte Italiane dal secolo XII al XVII. Rom 1934, Tav. XXXIX, CXIV; Förster, Ma. Buch- und Urkundenschriften Taf. XXIII, XXX; Thomas Frenz, Vier Quellen zur Hildesheimer Bistumsgeschichte des 15. Jahrhunderts aus dem Staatsarchiv Würzburg, Die Diözese Hildesheim 50 (1982) 99-107, hier S. 100, 103; d e r s., AD 24 Abb. 1. Bruno Katterbach /Karl Silva-Tarouca, Epistolae et instrumenta saeculi XIII. Rom 1930 (Exempla scripturarum II), Taf. 13; Erik Kro man, Middelalderlig Sknft, Kopenhagen 1951, Taf. 7; Largiaděr, Zürich Taf. I; Li-chačev, Pismo Taf. 20, 21; M a z z o 1 e n i, EsempiTav. XII ;E. H. J. Reusens. Elements de Paléogxaphie, Louvain 1899, Taf. 14; Robert, Bullaire nach S. C; S a n t i f a 11 e r, Quellen (wie § 168) Taf. XV; Schmitz-Kallenberg, Practica Taf. III; Steffens. Lat. Pal. Taf. 81. 88, 94, 125 Siehe auch Abbildung 2, 3 und 4 in diesem Band. In den litterae apostolicae setzt sich die einfache Briefform der vorigen Periode fort; ihnen fehlen daher die auffälligen Merkmale der Privilegien (Verewigungsformel, Rota, Monogramm, Unterschriften etc.). Außerdem wird der gesamte Text vom Papstnamen bis zur Datierung in einem einzigen Schriftblock geschrieben. Einziges Beglaubigungsmittel ist das Bleisiegel. Die litterae sind die häufigste Form von Papsturkunden überhaupt. Ihr Protokoll besteht aus Intitulatio, Adresse im Dativ und Grußformel. Auf den Kontext folgt im Eschatokoll nur die (kleine) Datierung. Intitulatio und Adresse folgen den strengen Regeln des stilus curiae (vgl. §§ 48—50), also Clemens, episcopus, servus servorum dei und venerabili fratri episcopoHerbipolen, Ablaßurkundenerhalten eine allgemeine Adresse: Universis Christifidelibus presentes litteras inspecturis1. Die Grußformel ist wie folgt abzukürzen (13.-16. Jahrhundert): Salt et aplicam běh. Die Non-Obstantien werden als ablativus ab solutus, beginnend mit non obstan-tibus, konstruiert und können, besonders in der Neuzeit, sehr umfangreich sein (bis zur Hälfte des gesamten Textes). Bestimmte Urkunden (vgl. § 22) weisen eine aus zwei Formeln bestehende Sanctio auf: Nulli ergo omnino hominum li-ceat hanc paginam nostre concessionis infringere vel eiausu temerario contraire. Siquis autem hoc attemptare presumpserit, indignationem omnipotentis dei ac beatorum Petri et Pauli apostolorum eius se noverit incursurum2 Statt concessio kann, je nach Inhalt, auch ein anderer Ausdruck (z.B. provisio, inhibitio, decre-tum) eintreten, ggf. auch mehrere. In der Neuzeit werden diese Ausdrücke in geradezu barocker Weise gehäuft. Die Datierung ist die sog. kleine Datierung, der insbesondere die Indiktion und bis 1430 das Inkarnationsjahr fehlen. Sie besteht im einzelnen aus: a) dem einleitenden Dat. (stets abgekürzt; die Auflösung als Data oder Datum ist unsicher, deshalb empfiehlt es sich, in Editionen die abgekürzte Form beizubehalten); allen Christgläubigen, die diese Urkunde ansehen Uberhaupt keinem Menschen soll es erlaubt sein, dieses Blatt unserer Erlaubnis anzutasten oder ihm freventlich zuwiderzuhandeln. Wer dies aber zu versuchen wagen sollte, der möge wissen, daß er sich den Zorn des allmächtigen Gottes und seiner heiligen Apostel Petrus und Paulus zuzieht. Von Leo IX. bis zu Pius IX. 21 b) dem Ort, z.B. Florentie, Avenion(e), Lugduni (der Kasus versteht sich als Lokativ). In Rom, teilweise auch in anderen Städten, wird auch die benachbarte Kirche angegeben: Rome apud Sanctumpetrum, Rome apud Sanctammariam-maiorem, Rome apud Sanctoapostolos, Florentie apud Sanctammariamnovellam usw. (die Kirche bis ins 17. Jahrhundert stets in dieser eigentümlichen Schreibweise). Eine Ausnahme macht nur die Lateranbasilika, bei ihr heißt es nur Late-rani, ohne ,ßome apud"; c) dem Inkarnationsjahr, aber erst seit Eugen IV. (1431): anno dominice incar-nationis millesimoquadringentesimotricesimoprimo. Die Jahreszahl wird in Buchstaben und in einem Wort geschrieben. Die päpstliche Kanzlei verwendet für diese Jahresangabe den Florentiner Stil {calculus Florentius, Annunziationsstil) mit Jahresanfang am 25. März nach unserem heutigen Jahresanfang; vom 1. Januar bis zum 24. März erscheint also noch die alte, um 1 niedrigere Jahreszahl; d) dem Tagesdatum nach dem römischen Kalender {kaiende, none, idus). Die Zahlen werden zunächst in römischen Ziffern, seit 1431 in Buchstaben geschrieben. Dazu erließ Eugen IV. eine eigene Kanzleiregel. (Das Zahlwort beginnt stets mit einem Großbuchstaben; dadurch wird bei Jahreszahlen ohne Einerstelle der Gefahr eines falschen Bezuges vorgebeugt.) e) dem Pontiflkationsjahr, gezählt vom Tag der Krönung an: pontificatus nostri anno primo. Das Datum der litterae enthält keine Siegelankündigung. Die Bleibulle wird stets mit Hilfe von Fäden angehängt, und zwar entweder § 22 mit einem Büschel rotgelber Seidenfäden {litterae cum serico) oder mit einem Hanffaden {litterae cum filo canapis). Den unterschiedlichen Fäden entspricht auch ein unterschiedlicher rechtlicher Inhalt der Urkunde und eine unterschiedliche graphische Ausstattung. Die litterae cum serico sind in der Regel Urkunden, die eine Gnade erweisen {litterae gratiae), die litterae cum filo canapis solche, die einen Befehl erteilen oder eine Rechtsentscheidung treffen {litterae iustitiae). Statt der Bezeichnung litterae cum serico kommt in der Sekundärliteratur, aber vereinzelt auch in zeitgenössischen Quellen, auch die Bezeichnung litterae cum filo serico vor. Die Variante cum serico ist aber vorzuziehen (sericum = Seidenbüschel, das aus zahlreichen Einzelfäden besteht). Die Ausstattung der Urkunde richtet sich nicht so sehr nach dem Adressaten als vielmehr nach dem Empfänger (= Bittsteller): der Befehl an einen Bischof, ein Kloster nicht zu belästigen, stellt für dieses Kloster eine Gnade dar und ist deshalb mit Seidenfäden zu besiegeln (Herde, Beiträge S. 59ff.); spätestens seit dem 15. Jahrhundert sind diese Feinheiten aber obsolet geworden, wenn sie nicht überhaupt nur die geistreiche Interpretation von Kanzleifehlern darstellen. Seit dem 17. Jahrhundert wird es übhch, für hochgestellte Empfänger die Hanffäden durch farblose Seidenfäden zu ersetzen. Die litterae cum serico sind graphisch feierlicher ausgestattet als die litterae cum filo canapis. Im einzelnen gilt für sie: a) die Initiale ist gespalten oder durch Blumenmuster verziert, bei den Hanffadenurkunden nur geschwärzt; b) die folgenden Buchstaben des Papstnamens sind durch Elongata oder geschwärzte gotische Majuskel, seit Paul II. (1464) stets durch gotische Majuskel hervorgehoben; bei den Hanffadenurkunden normale Minuskelschrift; c) Das s- von servus und servorum wird doppelt so hoch gezogen wie ein normales s in der 1. Zeile; 22 Die Urkunden d) der erste Buchstabe der Adresse ist eine geschwärzte gotische Majuskel. Die litterae cum filo cariapis vergrößern diesen Buchstaben zwar auch, er bleibt jedoch dünnstrichig; e) der Anfangsbuchstabe des Kontextes wird bei beiden Typen als geschwärzte gotische Majuskel ausgeführt (bei den allereinfachsten litterae cum filo canapis, deren Kontext mit Conquestus beginnt, setzt man ein normales C); f) als Abkürzungszeichen ist das sog. diplomatische Abkürzungszeichen vorgeschrieben (ähnlich einer 8), st und et erscheinen als zerdehnte Ligatur mit verziertem Verbindungsstrich. Die Hanffadenurkunden haben einfachen graden Ab kürzungsstrich (titulus planus) und enge Ligatur; g) geschwärzte gotische Majuskeln sind auch die Anfangsbuchstaben der beiden Korroborationsformeln (Nulli. . ., Siquis . . .). Diese Formeln stehen jedoch nur in den litterae cum serico, und auch dort nicht in Ablaßurkunden. Wenn im Laufe des Textes ein Papst erwähnt wird, soll in beiden Typen sein Name in Elongata geschrieben sein; dies wird jedoch schon im 14. Jahrhundert nicht mehr beachtet. Die Initiale einer inserierten Papsturkunde erscheint als gotische Majuskel. In der untersten Zeile sind die Wörter so zu verteilen, daß das letzte Wort am rechten Rand steht (Zeilenschluß). Die vorgeführten graphischen Regeln wurden schon im Mittelalter schriftlich fixiert, z.B. im Formularium audientiae (ed. Herde, Audientia, hier 2. Bd., S. 1 ff.). Seit dem späten 15. Jahrhundert verwischen sich die Unterschiede der beiden Urkundentypen; einzig bei den Folgebuchstaben des Papstnamens werden die alten Regeln noch beachtet. Sonderformen: in Urkunden, die der neugewählte Papst noch vor seiner Krönung ausstellt {litterae ante coronationem), nennt er sich in der Intitula-tio electus episcopus (jedenfalls, wenn er vor der Wahl noch nicht Bischof war); im Datum heißt es statt „pontificatus nostri": suseepti a nobis apostolatus offi-cii. Solche Urkunden werden mit der bulla dimidia besiegelt, die keinen Namensstempel aufweist (vgl. § 63); auf diesen Umstand weist eine eigene Formel unmittelbar vor der Datierung hin: Nec miremini, quod bulla non exprimens no-men nostrum est appensa presentibus, que ante consecrationis et benedictionis nostre sollempnia transmittuntur, quia hü, qui fuerunt hactenus in Romanos electi pontifices, consueverunt in bullandis litteris ante sue consecrationis munus modum huiusmodi observare3. 3 Und wundert Euch nicht, daß dieser Urkunde, die vor der Feierlichkeit unserer Weihe und Krönung ausgestellt ist, eine Bleibulle angehängt ist, die unseren Namen nicht ausdrückt, denn diejenigen, die gerade erst zum römischen Bischof erwählt sind, pflegen bei der Besiegelung ihrer Urkunden vor der Krönung diese Regel zu beachten. Von Leo IX. bis zu Pius IX. 23 3. Bullen Burg er. AUF 12; Diekamp. MIÖG 4 S. 501f.; Frenz, AD 19 S. 357-375; d e r s., Kanzlei S. 61; G i r y, Manuel S. 694f.; Rabikauskas, Diplomatica S. 115. 143f.; Schmitz-Kallenberg. Lehre S. 100, 110. Abbildungen: 800 Jahre Franz von Assisi, Niederösterreichische Landesausstellung 1982. Wien 1982 (Katalog des Nö Landesmuseums, N.F. 122), Nr. 4.01; Aus 1 2 00 J a h r e n, Nr. 70, 104c; B a t t e 1 1 i, Acta Tai". 23, 25, 33, 35.44; B r a c k m a n n. Papsturkunden Taf. 14-16; Fritz C u r s c h m a n n, Die Stiftungsurkunde der Universität Greifswald, Pommersche Jahrbücher 7 (1906), hier nach S. 366; 1 1 0 0 Jahre, Taf. 15, 27; Matthias C o r v i n u s, Nr. 814; mit Brief, Abb. 76; Haid ach er, Geschichte S. 34; The New Paleographical Society, London 1906, 1 4 Plate 100, II 2 Plate 22; Schmitz-Kallenberg, Practica Taf. IV, V; Elisabeth S c h n i t z 1 e r, Die Gründung der Universität Rostock, Köln 1974 (Mitteldeutsche Forschungen 73), Abb. 3; 2000 Years, Abb. 64; 11 Vaticano e Roma cristiana, Cittä del Vaticano 1976. S. 343. Siehe ferner Abbildung 5 in diesem Band. Die Bullen im engeren Wortsinn sind eine Mischung aus Privilegien und litterae. Sie kommen unter Innozenz IV. auf — eines der ältesten Beispiele dürfte die Absetzungssentenz gegen Kaiser Friedrich II. 1245 sein —, werden zunächst aber nur sparsam verwendet. Seit dem 15. Jahrhundert kommen sie häufiger vor, besonders als per cameram expedierte Urkunde (vgl. §§ 133—135). Der Ausdruck Bulle, lat. bulla, ist mehrdeutig. Er bezeichnet sowohl die Urkunde als auch das Siegel. Als Urkunde: im amtlichen Sprachgebrauch heißen die Urkunden stets litterae apostolicae, und zwar sowohl die Bullen als auch die eigentlichen litterae (§§ 21-23); wenn diese gegen die Breven (§§ 35-39) abgesetzt werden sollen, kommt die Formulierung litterae apostolicae sub plumbo vor (Gegensatz: sub cera). Eine feststehende Formulierung speziell für die Bullen gibt es nicht; in den Suppliken werden sie mit der Verewigungsformel (s.u.) oder manchmal als in forma gratiosa bezeichnet. Im außeramtlichen Sprachgebrauch bezeichnet bulla etwa seit dem 15. Jahrhundert jede Urkunde unter dem Bleisiegel. Daß die heutige Terminologie der Diplomatik das Wort „Bulle" auf die in diesem Abschnitt behandelten Urkunden beschränken will, ist also eigentlich unhistorisch. (Vgl. auch § 6). Für das Siegel ist amtlich der Ausdruck bulla (auch: bulla plumbea) üblich; seit dieses Wort auch die ganze Urkunde bezeichnen kann, tritt häufig plumbum an seine Stelle. Charakteristisch für die Bullen ist die Ausstattung der 1. Zeile: sie beginnt mit dem Papstnamen in geschwärzter gotischer Majuskel, dann folgt der Papsttitel (episcopus, servus servorum dei) in Elongata. Den Rest der 1. Zeile nimmt die Verewigungsformel Ad perpetuam rei memoriam ein: wiederum ist das A gotische Majuskel, die Folgebuchstaben Elongata; seit dem 16. Jahrhundert werden oft auch die übrigen Anfangsbuchstaben als gotische Majuskel geschrieben. Die Verewigungsformel kann auch (aber seltener) Ad futuram rei memoriam lauten; zu Anfang kommen im 13. Jahrhundert auch noch andere Formulierungen vor (ad eternam rei memoriam; ad memoriam rei geste in perpetuum; ad certitudi-nem presentium et memoriam futurorum; ad memoriam et observantiam perpetuam)1 , bis dann diese zwei Formeln ausschließlich gültig werden. 1 zum ewigen Gedächtnis der Sache, zum Gedächtnis der geschehenen Sache in Ewigkeit, zur Gewißheit der Gegenwärtigen und zum Gedächtnis der Zukünftigen, zu ewigem Gedächtnis und Gehorsam 24 Die Urkunden In der 2. Zeile beginnt sofort mit der Arenga der Kontext der Urkunde; den Bullen fehlen also stets Adresse und Grußformel. Abgesehen von der 1. Zeile entspricht die Ausstattung der Bullen vollständig derjenigen der litterae cum serico (also diplomatisches Abkürzungszeichen, zerdehnte et- und st-Ligatur, JVw/// ergo-und Siquisautem-¥otme\, vgl. § 22), auch das Siegel hängt an Seidenfäden. Die Bullenform wird für Urkunden mit besonderer Bedeutung oder längerer Rechtswirkung (besonders ohne zeitliche Begrenzung) angewandt, so für wichtige Exkommunikationen (z.B. die Bannbulle gegen Luther), für Konzilsdekrete (dann mit dem Zusatz sacro approbante concilio) oder im Pfründenwesen für Inkorporationen (niemals aber für Pfründenprovisionen an einzelne Personen) und Zirkumskriptionsbullen (Errichtung von Diözesen). Im 15. Jahrhundert kommen die K o n s i s t o r i a 1 b u 11 e n auf (so be- § nannt, weil über sie im Konsistorium entschieden wird und die Mitglieder des Konsistoriums, d.h. der Papst und die Kardinäle, sie unterschreiben); ältestes Beispiel dürfte die Florentiner Unionsbulle von 1439 sein. Die Konsistorialbul-len sehen ganz wie die gewöhnlichen Bullen aus, nehmen aber zusätzlich einige Elemente der Privilegien (vgl. §§ 13-20) wieder auf: die Rota und die Unterschriften von Papst und Kardinälen, die jetzt grundsätzlich eigenhändig unterzeichnen (Monogramm, Komma und Datum per manus-Formel werden nicht übernommen). Konsistorialbullen sind recht selten. 4. litterae clausae D e e t e r s, QFIAB 48; G u a ld o, AnnSSArch 11; Herde, Beiträge S. 72-78; Schmitz-Kallenberg, Lehre S. 96f. Abbildungen. A r nd t/T a n g 1 III 97; B a 11 e 11 i, ActaTaf. IIb, 12b; Bouard, Album Taf. III; Brackmann, Papsturkunden Taf. 6c, 6d, 13 Die litterae werden gelegentlich verschlossen versandt. Die Form dieser litterae § clausae ist die der litterae cum filo canapis (vgl. § 22). Der Verschluß erfolgt mit Hilfe des Siegelfadens: die Urkunde wird einmal waagerecht und zweimal senkrecht gefaltet und der Hanffaden durch alle 8 Lagen gezogen. Anschließend wird außen die Adresse (im Dativ) wiederholt; dabei kann es zu Verwechslungen kommen. Im 15. Jahrhundert tragen die litterae clausae oft in der rechten unteren Ecke des Adressenfeldes die Unterschrift eines Sekretärs; diese Urkunden nennt man brevia sub plumbo (vgl. auch § 39). Der Verschluß der Urkunde dient in der Regel nicht der Geheimhaltung der Urkunde, sondern der Ehrung des Empfängers. Als litterae clausae werden insbesondere ausgefertigt: 1. die Wahlanzeige des Papstes (ggf. mit der bulladimidia besiegelt, vgl. § 23); 2. die forma iuramenti (Eidesformel neuernannter Bischöfe und Äbte); 3. die forma professionis fidei (Formel des Glaubensbekenntnisses, das neuernannte Bischöfe und Äbte seit dem Konzil von Trient abzulegen hatten); 4. die forma dandi pallium (Formel, die bei der Überreichung des Palliums auszusprechen ist). Von Leo IX. bis zu Pius IX. 25 5. Die Schrift der Urkunden unter dem Bleisiegel Breslau II 531-535; Baumgarten, RQ 23; Burger, AUF 12; Frenz, AD 19 S. 357-375, AD 22, AD 24; S a n t i t' a 1 1 e r, Abkürzungen Abbildungen siehe die Angaben zu Abschnitt 1-4 Die Schrift der Privilegien, litterae (clausae) und Bullen der zweiten Periode ist zunächst die kuriale Minuskel. Sie geht im 14. Jahrhundert in eine Bastarda über und wandelt sich seit der Mitte des 16. Jahrhunderts zur berüchtigten scrittura bollatica oder littera SanctiPetri. Als Auszeichnungsschriften dienen die gotische Majuskel und die Elongata. Die kuriale Minuskel entspricht der gleichzeitigen karolingischen, schon im Ubergang zur gotischen begriffenen Minuskel, an deren Entwicklung sie teilnimmt. Sie ist wenig verziert (ausgenommen nur die zerdehnten st- und cr-Liga-turen, vgl. § 22), jedoch sind die Oberlängen, vor allem von s und/, höher als in der Buchschrift. Zur Zeit des Aufenthaltes der Kurie in Avignon gewinnt die Schrift ein bastardamäßiges Aussehen, das mit seinen spitzen Brechungen ausgesprochen französisch wirkt. Der Bastarda-Charakter bleibt auch im 15. Jahrhundert erhalten, jedoch wirkt Schrift etwas gröber. Gegen Ende des Jahrhunderts begegnen uns manieristische Verzierungen einzelner Buchstaben, etwa des Schluß-s. Diese Erscheinungen verschwinden im 16. Jahrhundert wieder, bis dann die Umwandlung zur scrittura bollatica einsetzt (siehe unten). Abkürzungen sind bereits vor 1200 selten, seit dem 13. Jahrhundert fast völlig verpönt. Zulässig sind nur einige Nomina-Sacra-Kürzungen (eps = episcopus, nr = noster, vr = vester, pbr = presbiter, ipe = ipse, aplus = apostolus, caplum = capi-tulum, clicus = clehcus, ecclia = ecclesia, mägr = magister, ihu xpi - lesu Christi) und deren Ableitungen, ferner die Suspensionen -eh, -an, -m (= -ensis, -anus, -inus) in den Diözesennamen, dioc (= diocesis) und die Formel salt et aplicam b~en (= salutem et apostolicam benedictionem). Die Papsturkunden des hohen und späten Mittelalters gehören also insoweit zu den am leichtesten lesbaren Urkunden überhaupt. Das Pergament wird blind liniert, der Schriftblock rechts und links durch zwei Blindlinien begrenzt. Da die Oberlängen der 1. Zeile bis zur Stirnlinie reichen können, während in den folgenden Zeilen Rücksicht auf die Unterlängen der vorhergehenden Zeile zu nehmen ist, erscheint die 1. Zeile geringfügig vergrößert; dieser Unterschied wird im Laufe der Zeit bewußt verstärkt: während der Zeilenabstand von 1200 bis 1500 von ca. 15 mm auf ca. 7 mm zurückgeht, steigt im gleichen Zeitraum die Höhe der 1. Zeile von ca. 15 mm auf ca. 40 mm an (F r e n z, AD 22 S. 363 u. 369). Die Pergamentblätter sind querrechteckig, etwa im Seitenverhältnis 4 : 3 (nur die Privilegien haben hochrechteckiges Format); der untere Rand wird als Plica (Umbug) nach vorn umgeschlagen. Die Vergrößerung der 1. Zeile wird besonders bei den Auszeichnungsschriften augenfällig. Die Elongata wird noch stärker in die Länge gezogen, die gotische Majuskel wächst in die Höhe und in die Breite. Die Elongata beruht weitgehend auf dem Minuskelalphabet, ausgenommen D und R, auffällig das/4 in Form eines seitenverkehrten R. Die gotische Majuskel bevorzugt die Formen der Unziale. C und E können rechts geschlossen sein. Besonders gegen Ende des 15. Jahrhunderts werden ihre Formen manieristisch verzerrt; die Buchstaben werden oben breit und unten schmal gezeichnet, so daß sie wie auf Stelzen zu gehen scheinen. Die Verzierungen der 1. Zeile (Oberlängen, Elongata, gotische Majuskel) werden oft erst nach dem Schreiben der ganzen Urkunde angebracht, was die andersfarbige Tinte erklart. Die gotische Majuskel wird mit der Feder als Umrißlinie vorgezeichnet und dann mit dem Pinsel geschwärzt (letzteres wird manchmal vergessen). Besonders groß ist die Initiale, gewöhnlich doppelt so hoch wie die erste ZeÜe. Seit dem 16. und 17. Jahrhundert nehmen die Verzierungen der 1. Zeile, besonders bei den Bullen, immer mehr zu und können die gesamten Ränder der Urkunde überwuchern. Eine kunsthistorische Untersuchung dieser Ornamente steht noch aus. Seit der Mitte des 16. Jahrhunderts wandelt sich die Schrift zur sog. scrittura bollatica oder Littera Sancti Petri. Die Veränderungen betreffen sowohl das Abkürzungssystem als auch die Buchstabenformen. Seit ca. 1550 tauchen neue, bis* her nicht zulässige Kontraktionskürzungen auf, die wahrscheinlich aus den Abkürzungen mit hochgestellter Endung (z.B. ap.cus = apostoticus) entstanden sind. Die Abkürzungsstelle wird dabei so gewählt, daß im Lateinischen unmögliche Lautfolgen entstehen, z.B. coodus (= commodus), beneij (= beneficij) oder im-pedtum (- impedimentum), humr (= humititer), venlis (~ venerabilis). Besonders charakteristisch sind die Abkürzungen der Verbalsubstantive auf ~ao, -aonis (= -atio, -ationis), -uo, uonis (= -utio, -utionis) usw. Als Abkürzungszeichen dient weiterhin der waagerechte Strich, der aber nicht selten wegbleibt. Im 18. Jahrhundert kornmen noch neue Suspensionskürzungen hinzu, vor allem -an für alle Formen des Partizips und Gerundivum (also -antis usw. und andi usw.), ebenso -en, außerdem -r (mit senkrechtem Strich) für -Ter, -tur und alle Formen des Partizips {-tus usw.). Extremfälle bilden Abkürzungen wie proxto (= proximo prererito) oder quadris (= quoad vixeris). Der Wandel der Buchstabenformen setzt etwa um 1600 ein. Zu beobachten ist ein weitgehendes Unterdrücken der Haarstriche bei gleichzeitig zunehmender Strichdicke; dadurch zerfallen die Buchstabe!, ir. Einzelstriche oder gar Punkte. Jedoch ist die Entwicklung sehr vielgestaltig, und die Schriften des 18. Jahrhunderts können sogar recht elegant wirken. Für die Entzifferung der Schrift sind insbesondere folgende Punkte wichtig: 1. das e wird doppelstöckig, d.h. es besteht aus drei Strichen und reicht bis in den oberen Zwischenraum (ein Buchstabe, der wie ein normales e aussieht, ist gewöhnlich ein o)\ 2. auch das p erhält eine Oberlänge, indem der Schaft in die Höhe gezogen wird; 3. das Schluß-s ist sehr breit und wird leicht als Doppelbuchstabe (z.B. -us) verlesen. Die schnellste Möglichkeit, sich über diese Buchstabenformen zu informieren, bietet der Papsttitel im Protokoll (eps) oder auch das Inkarnationsjahr in der Datierung. Im 18. und 19. Jahrhundert war diese Schrift bereits so schwer lesbar, daß jeder Urkunde von vornherein eine beglaubigte Kopie in normaler Schrift, das sog. Transumptum (vgl. § 44) beigegeben wurde. Leo XIII. hat die Bollatica unmittelbar nach seiner Wahl 1878 abgeschafft. Von Leo IX. bis zu Pius IX. 27 6. Suppliken Breul au II 2-11, 18-25, 104-115; Erben, AUF 8; F a b i a n, Prunkschriften; Frenz, KanzleiS. 67f.; G i r y, Manuel S. 701f.; Katterback, Specimina Einleitung; Pitz, Supplikensignatur; Rabikauskas, Diplomatica S. 165f., 170f.; R a d 6 c s'a y, Urkunden; Schmitz-Kallenberg, Practica S. lff. Abbildungen: A r n d t / T a n g l III 107; Bat t e 11 i, Acta Taf. 16, 26b, 30a, 34, 36, 38, 41; A u s 1 2 0 0 J a h r e n Nr. 67; B o u a r d, Album Taf. IV, V; Gas-n a u 1t, Revue MabiUon 51;Gasparini Leporace, BISIAM 75; K a 11 e r-bach, Specimina Taf. XIII; Largiader, Zürich Taf. Ilf.; S t e f f e n s, Lat. Paläographie Taf. 117a Siehe auch Abbildung 6 in diesem Band. (Farbige) Abbildungen von Prachtsuppliken: Aus 1200 Jahren, Nr. 73; Fabian, Prunkbittschriften (alle Tafeln); Schmitz-Kallenberg, Practica Taf. VI; Brack mann, Papsturkunden Taf. 10a; Leon Kern, Une supplique adressee au pape Paul III (1534-1549) par un groupe de Valaisans, in; L. K., Etudes d'histoire ecclesiastique et de diplomatique, Lausanne 1973, S. 17lff. Die Einreichung von Bittschriften kommt erst im 12./13. Jahrhundert auf; zuvor § 31 mußte jeder Bittsteller seine Wünsche persönlich und mündlich an der Kurie vortragen. Die ältesten schriftlichen Bitten stammen von hochgestellten Personen oder von Korporationen, z.B. Universitäten; besonders letztere reichen oft ganze Rollen (rotuli) ein, in denen für zahlreiche ihrer Mitglieder Wünsche vorgebracht werden. Die „klassische" Form der Suppliken, die im 14. Jahrhundert aufkommt und seit dem 15. Jahrhundert herrschend ist, ist jedoch ein einzelnes Papierblatt ungefähr im Format DIN A 4. Der Text ist in zwei Schriftblöcken angeordnet: dem corpus und den Klauseln. Das corpus enthält den gesamten Tatsachenvortrag und mündet in die entsprechende Bitte; die Klauseln bringen spezielle Wünsche mehr technischer Art vor, etwa die Bitte um die Expedition als Breve oder um Befreiung von Kanzleiregeln. Für die Sprache der Supplik gelten äußerst strenge Regeln (stilus curiae, vgl. § 52). Die Schrift ist meist sehr flüchtig, jedoch darf sie keine Rasuren aufweisen; Streichungen, nach denen mit dem richtigen Text fortgefahren wird, sind dagegen erlaubt. Im Laufe des Genehmigungsverfahrens (vgl. §§ 114-120) erhält die Supplik mehrere Kanzleivermerke: Schlagwort, Diözesenname, Summarium und Name des Referendars am oberen Rand, die Signatur (Genehmigung) nach corpus und Klauseln, das Datum und den Recipe-Vermerk am unteren Rand, den Registrierungsvermerk auf der Rückseite. Reformationen: eine reformatio ist die Bitte um die Änderung einer § 32 bereits genehmigten Supplik. Sie beginnt mit einer wortwörtlichen Abschrift der früheren Supplik einschließlich der Genehmigungs- und Datumsformel, dann folgt die zusätzliche Bitte. sola s ig natura gültige Suppliken: gewöhnlich dient di^Kg3jik nur § 33 als Vorlage für die Ausstellung einer Urkunde unter dem Blei- c/^Wachss^el. Bei bestimmten Materien, die die Rechte Dritter nicht berührerfoß. bei persön- liehen Beichtprivilegien (confessionalia), ist es möglich, der Supplik selbst Rechtskraft zu verleihen und auf die Ausstellung der eigentlichen Urkunde zu verzichten; in diesem Fall rückt man unter die Klauseln eine Formulierung folgender Art ein: et quod presentis supplicationis sola signatura sufficiat et ubique fidem faciat absque alia litterarum apostolicarum expeditione1. Solche Suppliken werden gewohnlich statt auf Papier auf Pergament abgefaßt; ab 1.12.1507 dürfen confessionalia nur von einem Mitglied der scriptores archivii Romane curie geschrieben werden. Prachtsuppliken: sola signatura gültige Suppliken werden mitunter farbig verziert. Zu diesem Zweck wird das erste Wort (meist: Beatissime, sc. pa-ter) zunächst ausgespart und erst nach erfolgter Genehmigung mit farbigen Buchstaben eingesetzt; manchmal wird die Absicht auch nicht ausgeführt, so daß das erste Wort zu fehlen scheint (vgl. auch § 155). 7. Breven B r o s i u s. RQ 70; Claeys-Bouuaert, DDC II 1060-1062; E h s e s, RQ 7; Fink, QFIAB 25, RQ 43, AnnSSArch 11; ders., Poggio-Autographen; Frenz, AD 20 S. 418-470; ders., Armanum XXXIX; ders., LexMA II 636-638; ders., Kanzlei S. 64-67; G i r y, Manuel S. 699-701; Katterbach, Enclt VI 834; L i c h a 2 e v, PiSmo; P e t r u c c i, ASRomSP 89; Rabikauskas, Diplo-matica S. 145-147, 198; S a 1 o m o n, NA 32; Schmitz-Kallenberg, Lehre S. 110f. Abbildungen: A r n d t / T a n g 1 III 99; B a t t e 11 i, Acta Taf. 28, 32, 39a, 42, 45, 48, 50; Bayerland, Sonderheft München S. 16; Brackmann, Papsturkunden Taf. 12; Emanuele Casamassima, Trattati di scrittura del Cinquecento Italiano, Mailand o.J., tav. B; Alfred F a i r b a n k /Berthold Wölpe, Renaissance Handwriting, London 1960, Taf. 16, 17; Fink, RQ 43; Haidacher, Geschichte S. 358; L i c h a 2 e v, Pismo Taf. 1,4; St. Peter in S a 1 z b u r g, 3. Landesausstellung 15. Mai - 26. Oktober 1982, Salzburg 1982, S. 319 Abb. 299; Steffens, Lat. Pal. Taf. 116; 2 00 0 Y e a r s, Abb. 61 Siehe auch Abbildung 7 und 8 in diesem Band. Die Breven sind die dritte der drei großen Arten von Papsturkunden (neben den Privilegien und neben den litterae und Bullen). Von den litterae unterscheiden sie sich durch folgende Charakteristika: a) die Intitulatio steht in eigener Zeile in der Mitte über dem Text der Urkunde. Sie lautet: PIVS PAPA II (also mit Nennung der Ordnungszahl und Bezeichnung ah papa, nicht als episcopus, servus servorum dei)\ b) zu Beginn des Textes wird der Adressat im Vokativ angeredet: Dilecte fili. Der Eigenname wird hier nicht genannt. Auf die Anrede folgt die Grußformel: Salutem et apostolicam benedictionem; c) in der Datierung folgt auf die Ortsangabe die Siegelankündigung sub annulo piscatoris; 1 und daß die bloße Signatur dieser Supplik ausreiche und überall glaubwürdig sei au ohne Ausstellung einer Papsturkunde Von Leo IX. bis zu Pius IX. 29 d) das Tagesdatum wird in moderner (nicht römischer) Zählung angegeben; e) das Inkarnationsjahr (seit Eugen IV., vorher nur Pontifikatsjahr) wird nach dem Circumcisions- bzw. Weihnachtsstil berechnet; f) rechts unter dem Text steht die Unterschrift des Sekretärs; g) der Text ist in wenigen, aber sehr lange Zeilen geschrieben. Das Format der Urkunde ist daher häufig extrem querrechteckig. Das Pergament ist dünn und auf beiden Seiten sorgfaltig bearbeitet (nördliches Pergament); h) das Breve wird verschlossen versandt. Nach dem Verschluß wird außen die Adresse im Dativ und mit Namensnennung eingetragen; i) als Siegel dient das Fischerringsiegel {anulus piscatoris) in rotem Wachs. Es bildet zugleich den Verschluß der Urkunde und wird daher beim öffnen meist zerstört. Seit 1842 wird das Wachssiegel durch einen roten Farbstempel links unter dem Text ersetzt; j) die Schrift der Breven ist die humanistische Kanzleischrift {cancelleresca ita-lica), für die Intitulatio seit ca. 1460 Capitalis rustica. Die Herkunft der Urkundenform ist umstritten. Als ältestes Breve galt lange Zeit ein in Siena aufbewahrtes Stück Martins V. von 1423 mit der Unterschrift des Humanisten Antonio Loschi (Arndt/Tangl III 99b), bis Fink dieses Datum zunächst bis 1402 (QFIAB 25, Nr. 1), dann sogar bis 1390 (RQ 42, Nr. a) hinaufrücken konnte. Damit waren auch die Humanisten als „Geburtshelfer" des Breve entthront. Wie festgefügt die Meinung, das Sieneser Stuck sei das älteste, aber damals war, zeigt der Umstand, daß der entscheidende Aufsatz Finksvom Archiv für Urkundenforschung nicht zum Druck angenommen wurde. Als Vorbild des Breve ist auch das normannische writ in England vermutet worden, das über Anjou und Suditalien zur Kenntnis der Kurie gekommen sei; diese These beruht lediglich auf der äußeren Form und verbietet sich auch wegen der Zeitdifferenz. In den gleichzeitigen weltlichen Kanzleien lassen sich ähnliche Formen vielmehr in ganz Europa beobachten; in Frankreich die lettres de cachet (Intitulatio in der Form de par le roy über dem Text, an dessen Beginn Anrede, aber keine Grußformel); in England gleiche Formen aus dem Privy Seal Office und dem Signet Office (Intitulatio auch per regem oderi^ the kyng); in Spanien die cedula real (Intitulatio El Rey, Anrede, kein Gruß, am Schluß Unterschrift Yo el Rey). Den westeuropäischen Kanzleien ist also gemeinsam, daß der Name des Königs nicht genannt wird und der Gruß fehlt. Die Reichskanzlei ahmt zunächst das französische Vorbild nach {Von uns dem chayser unter Ludwig IV.), dann setzt sich ein Typ durch, der die gewöhnliche Intitulatio mit Namensnennung über den Text setzt (meist auf zwei Zeilen verteilt); der Text selbst beginnt mit der Adresse im Dativ, dann folgt der Gruß und dann nochmals eine kurze Anrede im Vokativ. Ganz ähnliche Formen verwenden auch die Fürsten- und Bischofskanzleien sowie in Italien Mailand. Das Breve entspricht keinem dieser Typen genau, steht aber dem deutsch/italienischen näher, da der Papstname genannt ist und der Gruß vorhanden ist. Eine Form ohne Namen verbot sich 1390 während des Schismas von selbst. Das älteste, bisher bekannt gewordene Brevenoriginal stammt aus dem Jahre 1390. Bis zur Mitte des 15. Jahrhunderts dient das Breve nur für politische Korrespondenz und Verwaltungsschreiben im Kirchenstaat {brevia de curia), dann werden auch rechtsetzende Urkunden als Breve ausgestellt und können durch Supplik (vgl. §§31, 116) erbeten werden {brevia communia). Bei diesen unterscheidet man zwischen brevia extenso (der Rechtsinhalt wird in extenso angeführt) und brevia supplicatione introclusa: die signierte Supplik wird im Original in das Breve eingelegt; das Breve selbst enthält nur ganz formelhaft die Weisung an den Adressaten, gemäß der Supplik und ihrer Signatur zu verfahren: Mittimus vobis supplicationem presentibus introclusam manu nostra signatam volumusque et vobis committimus ac mandamus, ut vos aut unus vestrum voca- Die Urkunden tis vocandis ad illius executionem procedatis iuxta eius continentiam et signatu-ram.1 Seit 1503 tragen die brevia comrnunia auf der Rückseite links unten die Unterschrift eines scriptor brevium (vgl. § 103). In der Neuzeit verdrängt dasBreve die litterae und Bullen weitgehend. Es wird insbesondere zur charakteristischen Urkundenart des Staatssekretariats, das sich ja aus den Sekretären des 15. Jahrhunderts entwickelt hat. Daneben stellen aber auch die secretaria brevium und, bis zu ihrer Aufhebung im Jahre 1678, die secretaria apostolica (vgl. §§98f.) Breven aus, vornehmlich Ehedispense in den engeren Graden der Verwandtschaft und Ablaß Verleihungen. Die Schrift der Breven ist in der ältesten Zeit die gotische Urkundenschrift § 38 wie in den gleichzeitigen litterae. Seit den 30er Jahren des 15. Jahrhunderts setzt sich statt dessen aber die humanistische Kanzleischrift {cancelleresca italica) durch; ohne Zweifel hängt dies mit dem Aufenthalt der Kurie in Florenz und dem Umstand zusammen, daß damals viele Humanisten päpstliche Sekretäre waren. Um diese Zeit bildet sich auch die Gewohnheit, annulus mit doppeltem n zu schreiben (statt korrekt anulus). Der Papstname wird zunächst auch in Minuskelschrift geschrieben, dann seit ca. 1460 in Majuskelbuchstaben; Minuskeln kommen erst wieder im 18. Jahrhundert vor. In der Neuzeit unterliegt die Bre-venschrift allen Wandlungen der zeitgenössischen Schreibmode, so erhält sie die Stutzstriche der Schäfte im 16., die keulenförmigen Verdickungen im 17. Jahrhundert. Die Produkte der secretaria apostolica übernehmen dabei teilweise das Abkürzungssystem der scrittura bollatica (vgl. § 30). Der Sprachstil der Breven ist knapp und klar, in der Regel wohlformuliert, was auch auf den stilbildenden Einfluß der Humanisten zurückzuführen ist. Eine Arenga wird nur ganz selten gesetzt. Im Anfang des 16. Jahrhunderts haben sich für die brevia comrnunia schon feste Formulare herausgebildet, die bis ins 19. Jahrhundert in Gebrauch bleiben. Die Produkte des Staatssekretariats zeichnen sich durch elegante und rhetorisch wirksame Stilisierung aus. Sonderformen: l.)das Breve kann auch offen versandt werden (breve apertum). Dies ist üblich bei Breven für jüdische Empfänger (bisher kein Original bekannt) und bei Ablaßbreven. Letztere tragen entweder statt der Anrede die Adresse im Dativ oder statt Anrede und Gruß die Verewigungsformel AD PER-PET VA M (oder: FVTVRAM) REI MEMORIAM (gewöhnlich in Majuskeln, aber regulär zu Beginn des Textes); links unter dem Text steht gewöhnlich der Vermerk Gratis pro deo etiam scriptura. Die brevia aperta tragen trotzdem auf der Rückseite das Fischerringsiegel. 2. ) Litterae latinae sind Urkunden des Staatssekretariats, die wie Breven aussehen, aber das Siegel des Kardinalstaatssekretärs tragen und auf Papier geschrieben sind. 3. ) Brevia sub plumbo sind litterae clausae, vgl. § 26. Wir schicken euch diesem Breve beigeschlossen eine Supplik, die von unserer Hand signiert ist, und wollen und beauftragen euch und befehlen, daß ihr oder einer von euch die herbeiruft, die herbeizurufen sind, und zur Durchführung der Supplik schreitet gemäß ihrem Inhalt und unserer Signatur. Von Leo IX. bis zu Pius IX. 31 8. Sekretbriefe Fink. QFIAB 25 S. 300f.; ders., RQ 42 S. 74-77; Gasnault, Trois lettre* S. 338-347; H. I d r i s B e I l. A List of Original Papal Bulls and Briefs in the Department of Manuscripts, British Museum, English Historical Review 36 (1921) 414 Nr. 197 Abbildungen. B a t t e II i, Acta Taf. 27a, b; G a s n a u 1 t, Trois lettres Abb. 1, 2 Als Sekretbriefe bezeichnet man die den ßreven entsprechende Urkundenform der Avignonesischen Obödienz des Großen Schismas, also der Päpste Clemens' (VII.) und Benedikts (XIII.). Ob, wie vermutet, schon Gregor XI. Sekretbriefe ausgestellt hat, ist fraglich; jedenfalls ist noch kein Original aufgetaucht. Der Sekretbrief beginnt in der 1. Zeile mit dem Namen des Papstes; sein Titel ist gewöhnlich abgekürzt, also Clemens etc. (das Vorbild hierfür mag im Gebrauch der Register zu suchen sein). Dann folgt die Anrede im Vokativ ohne Namensnennung: dilecte fili; anschließend beginnt ohne Grußformel der Text. Die Datierung nennt nur den Ort, das Siegel und das Monats- und Tagesdatum: Datum Avinion. sub signeto nostro secreto die X. septembris. Das Pontifikatsjahr fehlt; gelegentlich findet sich der Zusatz festinanter („eilends"). Rechts unter dem Text unterschreibt gewöhnlich der Sekretär. Die Sekretbriefe werden auf querrechteckige Papierblätter geschrieben (Pergament ist die Ausnahme). Sie werden verschlossen versandt. Zum Verschluß dient das in rotem Wachs geprägte Sekretsiegel (Fischerringsiegel); ferner steht außen die Adresse. Die Sprache ist Latein, manchmal Französisch. Mit Benedikt (XIII.) endet die Tradition des Sekretbriefs. 9. Motuproprio Breßlau II 7; Frenz, Kanzlei S. 67; G i r y, Manuel S. 704f.; Grat, Etudes; Rabikauskas, Diplomatica S. 149f.; Schmitz-Kallenberg, Lehre S. 114 Abbildungen: B a t t e 11 i, Acta Taf. 39b, 47; Steffens, Lat. Pal. 117b Das Motuproprio ähnelt dem Breve (vgl. § 35). Die Intitulatio steht in der Form INNOCENTIVS PAPA VIII in eigener Zeile über dem Text. Dieser beginnt stets mit der Formel Motu proprio et ex certa scientia1 . . ., ohne Adresse oder Gruß. Die Datierung entspricht der der Breven, jedoch fehlt meist die Siegelankündigung, da das Motuproprio gewöhnlich nicht besiegelt wird. Statt dessen setzt der Papst links unter den Text eigenhändig die Formel Placet motu proprio, N. oder Placet et itamandamus,N. Der Signaturbuchstabe ist derselbe wie bei den Suppliken (§ 116) und wird erst seit dem 18. Jahrhundert durch die Formel Pius pp. IX abgelöst. Rechts unter dem Text unterschreibt der Sekretär. 1 Aus eigenem Antrieb und aus sicherem Wissen 32 Die Urkunden 10. Konzepte Barraclough, Minutes; Bock, QF1AB 31 S. 55f.; Boyle, Survey S. 54f 64; Breßlau II 155-159; Renouard, Minutes Abbildungen: B a 11 e 1 11. Acta Taf. 16; B o c k, QFlAB 31 Taf. 20, 26. 28 29 32 33. 35, 36, 39A, 39B; B o u a r d, Album Taf. IX; B r a c k m a n n, Papsturkunden Taf. 10b Originalkonzepte (Minuten, lateinisch nota, nota minuta, minuta) für Papsturkunden sind relativ selten erhalten, da sie ja nach Ausstellung der Urkunde wertlos wurden. Eine Ausnahme machen im Mittelalter nur die Bände Registra Vati-cana 244 A-N im Vatikanischen Archiv, die ganz aus Originalkonzepten der Zeit von 1347-1357 zusammengesetzt sind; daneben gibt es nur noch einige Einzelstücke. Brevenkonzepte des 16. Jahrhunderts sind gesammelt in den Serien Mirvutae Brevium und Armarium XL-XLIH im Vatikanischen Archiv. Die Konzepte sind hochrechteckige Papierstreifen, die sehr schmal sind (ca. 15 cm), aber sehr lang sein können, im Extremfall mehrere Meter; dazu werden mehrere Streifen aneinander geklebt. Korrekturen sind häufig, formelhafte Teile meist abgekürzt; die Schrift ist flüchtig und oft schwer lesbar. Konzepte, die als Vorlage für die Registrierung gedient haben, weisen auf der Rückseite einen Registrata-Vermerk auf. In der Neuzeit werden die Konzepte teils auch so gestaltet, daß sich aus ihnen unmittelbar das Register zusammensetzen läßt (vgl. § 84). 11. Konsistorialzedel Mandosius, Praxis fol. lv; L. P ä s z t o r, AHP 11; Rabikauskas, Diplo-matica S. 150f.; Schmitz-Kallenberg, Lehre S. 114 f. Abbildung: B a t t e 11 i, Acta Taf. 30 b Die Konsistorialzedeln dienen bei der Vergabe von Konsistorialpfründen (d.h. der Bischofssitze und der größeren Männerklöster) als Ersatz für die Supplik. Es ist zu unterscheiden zwischen der eigentlichen cedula consistorialis des vortragenden Kardinals und der contracedula des Vizekanzlers. Wenn die Vergabe einer Konsistorialpfründe ansteht, wird ein Kardinal (der Relator oder Proponent) mit der Prüfung des Falles beauftragt. Aufgrund seines Vortrags entscheidet das Konsistorium (d.h. der Papst, beraten von den Kardinälen). Über die Entscheidung unterrichtet der Proponent den Vizekanzler durch die cedula. Sie beginnt teils mit einer Anrede wie Reverendmime domine. Dann folgt der formelhafte Bericht über das Konsistorium, der stets mit Hodie sanctis-simus dominus noster beginnt und mit Siegelankündigung, Datum und Unterschrift des Kardinals endet. Wenn der Papst selbst im Konsistorium berichtet, hat die cedula eine Form ähnlich einem Motuproprio. Sie beginnt, meist ohne Intitu-latio, mit den Worten Hodie in consistorio nostro secreto und endet mit der Da- Neueste Zeil 33 tierung (einschließlich Ankündigung des Fischerringsiegels); der Papst unterschreibt eigenhändig mit Ita est, N. Aufgrund der cedula stellt der Vizekanzler die contracedula aus. Sie richtet sich an die Kanzlei und stellt den eigentlichen Beurkundungsbefehl dar. Sie nennt zuerst Name und Titel des Vizekanzlers und beginnt mit Hodie sanctissi-mus dominus noster; ihre Formulierung entspricht derjenigen der cedula, ist nur teilweise etwas knapper gefaßt. Den Abschluß bilden Siegelankündigung, Datum und Unterschrift des Vizekanzlers. Das älteste erhaltene Original einer cedula stammt aus dem Jahre 1474, die älteste contracedula datiert von 1537. 12. Transumptum Frenz, AD 24 S. 445. Im 18. und 19. Jahrhundert war die Schrift der litterae und Bullen (vgl. § 30) so schwer lesbar geworden, daß die Kanzlei jeder Urkunde auf Kosten des Empfängers von vornherein eine beglaubigte Abschrift beifügte. Diese transumpta sind auf gefaltete Papierbögen geschrieben; die Schrift ist die gewöhnliche lateinische Kanzleischrift der Zeit, jedoch sind aus der Vorlage nicht selten eine Reihe schwer verständlicher Abkürzungen mit übernommen, so daß auch die Lektüre des transumptum problematisch sein kann. C. NEUESTE ZEIT Rabikauskas, DiplomaticaS. 197-200; Baumgarten, RQ 27; Schmitz-Kallenberg, Lehre S. 115; AAS l (1909) 17. Abbildung: Aus 1200 Jahren, Nr. 114. Da Leo XIII. die litterae SanctiPetri für die Urkunden unter dem Bleisiegel abgeschafft hat, werden diese Urkunden jetzt in normaler lateinischer Schreibschrift geschrieben, die ästhetische Wirkung ist allerdings sehr unterschiedlich. Es kommen nun auch farbige Verzierungen und die Verwendung roter Tinte vor. Die äußeren und inneren Merkmale entsprechen denjenigen der litterae und Bullen der vorigen Periode; die Intitulatio (bis einschließlich Dei) wird in größerer und dickerer Schrift geschrieben, wobei die ehemals unterschiedliche Ausstattung der litterae cum serico bzw. litterae cum filo canapis (§ 22) entfällt. Die Konsistorial-bullen (§ 25), die die Rota und die Unterschriften von Papst und Kardinälen beibehalten, heißen jetzt litterae decretales. Am Kontext der Urkunde hat sich prinzipiell nichts geändert. Im Datum wird das Inkarnationsjahr mit anno Domini eingeführt (Jahresanfang am 1. Januar), das Tagesdatum in moderner Zählung ausgedrückt und beim Pontifikatsjahr teils das Wort anno weggelassen. Der Zeilenschluß entfällt. Das Bleisiegel hängt an farblosen oder weiß-gelben Seidenfäden. Jedoch wird die Bleibulle seit Leo XIII. nur noch bei Urkunden über 34 Plť 11tkuiulLii konsistorialprovisionen oder ahnlich wichtige Angelegenheiten verwendet; sonst tut! ein Faibstempel an ihre Stelle. Der Skriptor unterschreibt weiterhin rechts auf der Plika mit seinem Namen und dem Zusatz scriptor apostolicus. Die übrigen Vermerke stehen sämtlich auf der Vorderseite der Urkunde unter dem Text, und zwar unterschreiben: in der Mitte der Leiter der Kanzlei (d.h. seit 1908 der Kanzler, seit 1973 der Kardinal-siaatssckiL'i.ii). links sem Stellvertreter, der auch ans Ende des Textes seine Paraphe setzt, rechts ein oder zwei Protonotare. Darunter (meist auf der Plika) stehen der Expedita-Vermerk (mit Tagesdatum und Pontilikatsjahr) des Plumba-tors und der Register-Vermerk mit Band und Nummer. Einzelne dieser Vermerke können auch fehlen. Die Břeven unterscheiden sich von denjenigen der früheren Jahrhunderte (§ 35) hauptsachlich dadurch, daß sie nicht mehr verschlossen werden. Die Adresse steht deshalb nicht mehr auf der Rückseite, sondern auf der Vorderseite Imks unter dem lext Das Waclissiegel ist ganz durch den Farbstempel ersetzt; dieser findet sich rechts auf der Vorderseite unter dem Text und wird von der Unterschrift des (Kardinalstaats)sekretärs begleitet. Für die Intitulatio.die ihre Stellung in gesonderter Zeile über dem Text beibehalten hat, ist rote Farbe üblich. Auf der Rückseite des Breve werden Vermerke angebracht, und zwar rechts oben der Regisienemicrk und rechts unten der Taxvermerk; in der rechten unteren Ecke sieht der Name des Hrevenschreibers. II. DIE SPRACHE A. DER STILVS CURIAE Die päpstliche Kanzlei bedient sich einer hochformalisierten Sprache (stilus cu- § 47 riae). Eine Verletzung dieser Regeln macht die Urkunde fälschungsverdächtig. Der stilus curiae gilt auch für die Bittschriften, die an den Papst gerichtet werden; seine Nichteinhaltung führt hier ohne weiteres zur Ablehnung der Bitte. 1. Die einzelnen Formvorschriften Frenz, Kanzlei S. 58-60; Herde, Audientia, 2. Bd., S. lff. Die folgenden Angaben beziehen sich auf die Urkunden der 2. (und 3.) Periode; für die 1. Pe- § 48 riode vgl. oben §§ 8f. Papsturkunden sind stets subjektiv gefaßt. Der Papst spricht von sich selbst im Plural und redet den Adressaten im Singular an. Sich selbst tituliert der Papst als episcopus, servus servorum dei (ohne Ordnungszahl). Eine Ausnahme macht nur die Intitulatio der Breven; dort nennt er sich.papa und fügt die Ordnungszahl hinzu. In der Namensunterschrift bezeichnet er sich in den Privilegien als catholice ecclesie episcopus, in den Suppliken setzt er weder einen Titel noch auch seinen Papstnamen, sondern die Anfangsbuchstaben seines Taufnamens, z.B. Martin V. O (= Odo Colonna) oder Pius II. E (= Enea Süvio Piccolomini). Erst die Päpste des 20. Jahrhunderts verwenden in der Unterschrift papa und Ordnungszahl, z.B. Piuspapa X. Jede sonst in einer Urkunde vorkommende lebende Person wird nicht nur mit ihrem Namen und Titel genannt, sondern auch mit einer ehrenden Bezeichnung versehen. Im einzelnen nennt der Papst - Bischöfe: venerabilis frater, - Kaiser und Könige: charissimus in Christo filius, - andere Männer: dilectus filius, - Frauen: dilecta in Christo filia. Diese Bezeichnungen stehen vor dem Namen; bei Adligen tritt meist noch nobi- Iis vir zwischen Bezeichnung und Namen. Hinter den Namen (und Titel) tritt beim römischen Kaiser (bzw. König) Semper Augustus, bei anderen Königen illustris. Spezialbezeichnungen sind für den König von Frankreich: rex christia- nissimus, von Spanien: rex catholicus, von Portugal: rex fidelissimus. Die unterschiedlichsten Prädikate venerab ilis frater bzw. dilectus filius gelten auch für die Kardinäle, je nach ihrem Weihegrad; nur die Gesamtheit der Kardinäle heißt immer venerabi-les fratres. Für einen einzelnen Kardinal gilt: a) die Kardinalbischöfe heißen nach ihrem suburbikarischen Bistum, z.B. N, Portuensis episcopus; b) die Kardinalpriester heißen nach ihrer Titelkirche, in der Form N. tituli sanete Marie in Tränstiberim presbiter cardinalis; 3o I) c) die Kardinaldiakone heilien ebenfalls nach ihrer römischen Kirche, aber ohne das Wort tituli. da diese Kirchen nicht aul die altrömischen Pfarrkirchen {tituli) zurückgehen, also V sanetorum Cosme et Damiani diaconus cardinalis. Exkommunizierten und Juden werden die ehrenden Prädikate nicht gegeben. Bei abgesetzten Klerikern kann ihre frühere Würde mit olim angefügt werden. Dies gilt insbesondere für Gegenpäpste und abgefallene Kardinäle, die meist auch noch *\s filius iniquitatis oder filius perditionis tituliert werden, so z.B. für Gemens (VII): filius iniquitatis Robertus, olim basilice XII apostolorum presbiter cardmalis, dictus Gebennensis, nunc antipapa, qui se dementem septimum nominal.1 Wenn, wie etwa auf dem Konzil von Konstanz, eine neutrale Formulierung erforderlich ist, sagt man: Clemens septimus in sua obedientia nuneupatus.1 - Abgesetzten Königen wird gewöhnlich ihr (ererbter) Herzogstitel belassen. Friedrich II. nennt Innozenz IV. nur prineeps. Kaiser Ludwig IV. bezeichnet die Kurie whließlich nur noch verächtlich als Bavarus ille, woraus sich die heute übliche, aber noch nicht zeitgenössische Bezeichnung „Ludwig der Bayer" entwickelt hat. Verstorbene erhalten nicht das ehrende Prädikat, sondern ihrem Namen wird hei der ersten Erwähnung bone memorie, später nur noch quondam vorausgestellt. Für den toten Papst gilt die Formel felicis recordationis Eugenius papa quartus predecessor noster. Jede Person (ausgenommen nur Fürsten und Kardinäle) und jede Pfründe wird durch Angabe der Diözese geographisch eingeordnet. Die Diözese wird dabei in adjektivischer Form angegeben, z.B. Monasteriensis (für Münster). Ist die Bischofsstadt selbst gemeint, steht nur das Adjektiv (z.B. Julius episcopus Herbi-polensis). sonst wird noch diocesis nachgestellt, z.B. ecclesia saneti Gumberti Onolspacensis Herbipolensis diocesis.3 Bei nicht eindeutigen Diözesennamen kann auch die Kirchenprovinz angegeben werden, so für Konstanz Constancien-sis diocesis Maguntine provincie. Exempte Klöster legen Wert darauf, daß statt der Diözese die Formel Romane ecclesie immediate (oder: nullo medio) subiec-tus gesetzt wird. Die Diözesennamen werden in den Originalen mit einer Suspensionskürzung versehen, jlso en für -ensis. in für inus bzw. -inensis, -an für -anus. Es ist in deutschen Editionen üblich, diese Abkürzungen nicht aufzulösen, sondern en., -in., -an. zu drucken. Mehrere Personen (z.B. in der Adresse) werden hierarchisch geordnet, gemeinsame Bezeichnungen nachgestellt, z.B. venerabilis frater N. episcopus Herbipolensis et dilectus filius N. prepositus Bambergensis oder dilecti filii N. prepositus et N. decanus Bambergensis. Die Grußformel im Protokoll lautet stets Salutem et apostolicam bene-dictionem. Ist der Adressat der Urkunde jedoch exkommunuziert oder ein Jude, so tritt an die Stelle der Grußformel eine Mahnung zur Umkehr: spiritum consilii sanioris* o.a., bzw. die Aufforderung, den christlichen Glauben anzunehmen: viam veritas agnoscere et agnitam custodire5 o.a. In den Suppliken wird der Papst zu Beginn als Beatissime pater oder auch ah Pater sanete angeredet. Im weiteren Verlauf des Textes lautet die kor- 1 der Sohn der Finsternis, Robert, ehedem Kardinalpriester von SS. Apostoli, Kardinal von Genf genannt, jetzt Gegenpapst, der sich selbst Clemens VII. nennt 2 Gemens VII., wie er in seiner Obödienz genannt wird 3 die Kirche des heiligen Gumpen zu Ansbach, in der Diözese Würzburg 4 den Geist besserer Einsicht 5 den Weg der Wahrheit erkennen und den erkannten |Weg| bewahren Der stilus curiae 37 rekte Bezeichnung sanctitas vestra, die aber stets als s.v. (mit rundem s zu schreiben) abgekürzt werden muß. Der Bittsteller bezeichnet sich selbst als devotus orator bzw. devota oratrix; Kardinale, die ja vom Papst „kreiert" wurden, verwenden auch humilis creatura. 2. Der cursus Breslau II 361-369; Di Capua, Ritmo; G i t y. Manuel S. 454-459; R a-bikauskas, Diplomatica S. 36-38 Als cursus bezeichnet man einen bestimmten Wechsel von betonten und unbetonten Silben im Text der päpstlichen Urkunden. Seine Regeln betreffen vor allem das Ende des Satzes (rhythmischer Satzschluß), in zweiter Linie auch den Satzanfang und das Satzinnere. Der cursus wurde im 5. und 6. Jahrhundert beachtet, geriet dann aber in Verfall, wurde aber am Ende des 11. Jahrhunderts wiederbelebt. Albert von Morra, der spätere Papst Gregor VIII., und magister Transmundus legten seine Regeln schriftlich nieder. Fehlerhafter cursus machte im 12. Jahrhundert eine Urkunde geradezu fälschungsverdächtig, seit dem 2. Drittel des 13. Jahrhunderts geriet er aber wieder in Vergessenheit. Nach den Regeln des cursus soll der Satz möglichst mit der betonten Silbe eines mehrsilbigen Wortes beginnen, z.B. Nulli ergo. Im Satzinnern wird ein ausgewogener Wechsel von betonten und unbetonten Silben angestrebt. Am Satzschluß müssen zwischen den beiden letzten Betonungen mindestens zwei unbetonte Silben liegen, und die Wortgrenze muß zwischen diese beiden Silben fallen. Mit Vorliebe werden folgende drei Modelle angewandt: cursus velox: -U U/U U—U (z.B. növerit incursurum) cursus planus: — U/U-U (z.B. sede indültum) cursus tardus: -U/U-UU (z.B. attemptärepresümpserit) Der zweite Teil des cursus kann auch aus zwei Wörtern bestehen, wobei einsilbige Wörter als unbetont gelten, z.B. ist irritum et inäne ein cursus velox. 3. Praktische Hinweise zur Benutzung von Papsturkunden Frenz, Kanzlei S. 68-79 Das Lesen von Papsturkunden bereitet in der Regel paläographisch keine Schwierigkeiten (sofern Originale oder Abbildungen in Originalgröße zur Verfügung stehen), jedoch ist das Latein schwierig und der Satzbau kompliziert. Man kann grundsätzlich davon ausgehen, daß die Sprache grammatisch und syntaktisch richtig ist; Anakoluthe kommen so gut wie nie vor. Die Sätze sind jedoch sehr lang - viele Urkunden bestehen nur aus einem oder zwei Sätzen — und werden oft durch umfängliche ablativi absoluti aufgebläht. Dies kommt daher, daß der Text nach dem Baukastenprinzip konstniiert ist: in einem an sich relativ einfachen und stereotypen Satz werden an bestimmten Stellen Angaben eingefügt, die 38 Die Sprache je nach dem Einzelfall varüert sind. Besonders häufig geschieht dies dort, wo die handelnden Personen selbst auftreten, also der Papst (nos) und der Petent (tu, te, tibi). An das nos kann eine Bezugnahme auf die Kanzleiregeln (vgl. § 129) angehängt werden: nos, qui inter alia vokiimus, quod1 . . . oder nos, qui omnia beneficia . . . nobis reservavimus2 usw. Zum Petenten können nähere Angaben zur Person und den Pfründen gemacht werden: te, qui etiam familiaris noster. existis3 oder te, qui canonicatum et prebendam . . . obtines* usw. Bestimmte Teile des Formulars tragen zum Inhalt der Urkunde nichts bei, so die Arenga, die Absolutionsformel (nos) te a quibusvis excommunicationis, suspensionis et inter-dicti aliisque ecclesiasticis sententiis, censuris et penis a iure vel ab nomine quavis occasione vel causa latis, si quibus quomodolibet innodatus existis, ad effectum presentium dumtaxat consequendum Harum serie absolventes et absolutum fore censentes5 und die Non-Obstantie n am Schluß des Kontextes (vgl. § 21). Die inhaltliche Entscheidung des Papstes wird außerdem gewöhnlich doppelt ausgedrückt: einmal als Petitio am Ende der Narratio, und dann als eigentliche Dispo-sitio. Wem nur an einer schnellen Information über den Inhalt der Urkunde, nicht aber an einer vollständigen Transkription gelegen ist, kann sich die Arbeit auf folgende Weise erleichtern: 1. viele Urkunden tragen auf der Rückseite einen Inhaltsvermerk des Empfängers; 2. die per cameram expedierten Urkunden (vgl. §§ 133f.) tragen auf der Rückseite am oberen Rand das Summarium, dem allerdings nur der Rechtsinhalt der Urkunde, nicht aber die Namen der beteÜigten Personen zu entnehmen sind; 3. Urkunden, die auf der Vorderseite oben in der Mitte den Vermerk ad cameram tragen, betreffen immer Pfründenübertragungen; 4. das gleiche gilt für Urkunden, die auf der Rückseite im linken oberen Viertel einen datierten (Resignations)vermerk tragen; 5. Urkunden mit der allgemeinen Adresse Universis Christ ißdelibus presentes litteras inspecturis6 sind Ablaßverleihungen; 6. die Arenga trägt zwar nichts zum Inhalt der Urkunde bei,jedoch sind bestimmte Arengen für bestimmte Inhalte typisch; die häufigsten Arengen sind: a) Cum a nobis petitur, quod iustum est et honestum, tarn vigor equitatisquam ordo exigit rationis, ut id per solicitudinem officii nostri ad debitum perducatur effectum.1 hier handelt es sich um allgemeine Besitzbestätigungen für Klöster. 1 wir, die wir unter anderem bestimmt haben, daß 2 wir, die wir uns alle Pfründen . . . reserviert haben 3 dich, der du auch Mitglied unserer familia bist 4 dich, der du Kanonikat und Pfründe . . . innehast 5 wobei wir dich von jedweder Exkommunikation, Amtsenthebung oder Interdikt und allen anderen kirchlichen Urteilen, Zensuren und Strafen aufgrund des Kirchenrechts oder aufgrund Urteilsspruchs, wenn du solchen unterliegen solltest, zum Zwecke der gegenwartigen Gnade durch diese Urkunde lossprechen und als losgesprochen ansehen 6 allen Christgläubigen, die diese Urkunde ansehen . 7 Wenn v on uns erbeten wird, was recht und ehrenhaft ist, dann verlangt sowohl die Kra der Gleichheit als auch die Ordnung der Vernunft, daß dies durch den Eiter unseres Amtes zum gebotenen Erfolg geführt werde. i 'i i wtut. cunae Diese Urkunden sind historisch meist wertlos, b) K/fe ac morum honestas aliaque laudabilia probitatis et virtutum merita, super quibus apud nos fidedigno commendaris testimonio, nos inducunt, ut tibi reddamur ad gratiam liberales:* dies sind Pfründenverleihungen oder Expektan-zen (Anwartschaften auf Pfründen), c) Litterarum scientia, vite ac morum (usw. wie bei b)]: Pfründenverleihungen oder Expektanzen für Inhaber eines akademischen Grades, d) Grata familiaritatis obsequia, vite ac morum [usw. wie bei b)]: Pfründenübertragungen oder Expektanzen für Kurienangehörige, e) Nobilitas generis, vite ac morum [usw. wie bei b)J: Pfründenübertragungen oder Expektanzen für Adlige, f) Dignum arbitramur et congruum, ut Ulis se reddat sedes apostolica gratiosam, quibus ad id propria virtutum merita laudabiliter suffragantur:9 auch dies sind Pfründenübertragungen, g) Rationi congruit et convenit equitati, ut ea, que Romani pontificis gratia processerant, licet eins superveniente obitu littere apostolice super Ulis confecte non fuerint, suam sortiantur effectum:10 diese Arenga läßt keinen Schluß auf den Inhalt der Urkunde zu, sondern auf einen expeditionstechnischen Sonderfall. Es handelt sich um Urkunden, die noch vom Vorgänger des regierenden Papstes genehmigt, aber wegen seines Todes nicht mehr expediert worden sind; sie sind stets auf den Tag der Krönung des neuen Papstes datiert, so daß das wirkliche Expeditionsdatum nur aus den Kanzleivermerken zu entnehmen ist (vgl. § 125). Der Stü dieser Urkunden ist besonders knifflig, weil in ihnen gewissermaßen zwei Päpste auftreten, der tote und der lebendige. Dies wird in pedantischster Weise beachtet; so werden z.B. die Kardinäle nicht einfach als venerabiles fratres nostri, sondern als venerabiles fratres sui, nunc nostri oder auch als venerabiles fratres sui, de quorum numero tunc eramus11 bezeichnet; 6. die Narratio beginnt in der Regel mit einer Formel wie Sane, Dudum siqui-dem, Cum autem o.a., die Dispositio meist mit Nos (autem). Diese Formeln sind mit einem Majuskelbuchstaben geschrieben und daher auch inmitten des Textblocks relativ leicht zu finden. Wer am genauen Rechtsinhalt der Urkunde interessiert ist, kommt um die vollständige Transkription freilich nicht herum. Es empfiehlt sich, für jede neue Zeüe des Originals auch in der Abschrift eine neue Zeile zu beginnen; die einer Zeile entsprechenden Textblöcke sind dann ungefähr gleich groß und lassen versehentliche Auslassungen, deren Gefahr sehr groß ist, leicht erkennen. Beim Er- 8 Die Ehrbarkeit von Lebenswandel und Sitten und andere löbliche Verdienste von Rechtschaffenheit und Tugend, derentwegen du bei uns durch glaubwürdiges Zeugnis empfohlen wirst, veranlassen uns, uns dir zur Gnade bereit zu erweisen 9 Wir betrachten es als würdig und angemessen, daß sich der apostolische Stuhl denen als gnädig erweist, die die Verdienste der eigenen Tugend löblich dafür empfehlen. 10 Es stimmt mit der Vernunft überein und entspricht der Gerechtigkeit, daß das, was aus der Gnade der römischen Bischöfe hervorgegangen ist, zur Wirkung kommt, auch wenn die entsprechende Urkunde nicht ausgestellt wurde, weil der Tod des Papstes dazwischenkam. 11 seine ehrwürdigen Brüder, zu deren Zahl wir damals gehörten 40 stellen eines Regestes muß die Überinterpretation von Formulierungen, die lediglich vom stilus curiae vorgeschrieben sind, vermieden werden; die Bezeichnung des Petenten als dilectus filius deutet z.B. keineswegs auf ein besonders enges Verhältnis zum Papst hin. Größte Sorgfalt ist bei der Auflösung des Datums geboten; Archivrepertorien, besonders solche aus dem 19. Jahrhundert, sind oft unzuverlässig. B. FORMELBÜCHER 1. Liber Diurnus S a n t i f a 1 1 e r, Uber Diurnus; femer: Breßlau II 241-247; Foerster, Fragmente; ders., Liber Diurnus; Huyben, Handschrift; Kreuzer, Hono-riusfrage; Rabikauskas, Diplomatica S. 105-108; S a n s t e r r e, Byzantion48 Editionen (in chronologischer Reihenfolge): Holstenius, Diurnus; Garneri u s, Liber diurnus; M a b i 11 o n, Museum; Rozihe, Liber Diurnus; S i c k e 1, Liber Diurnus; G r a m a t i c a, Analecta; Foerster, Liber Diurnus Der Liber Diurnus ist das älteste Formelbuch für Papsturkunden. Ob es sich tatsächlich um die im täglichen Gebrauch der Kanzlei (daher der Name) benutzte Sammlung handelt, ist umstritten. Erhalten sind drei Abschriften: V {codex Vaticanus), heute im Vatikanischen Archiv; C (codex Claromontanus), heute im Kloster Egmond-Binnen; A (codes Ambrosianus), heute in der Biblioteca Ambrosiana, Mailand. Größere Exzerpte finden sich auch in der Kanones-Sammlung des Kardinals Deusdedit. Der Liber Diurnus besteht aus ca. 100 Formeln, die in V in zwei Sammlungen angeordnet sind (V1-V81 und V82-99), deren erste vor 680, die zweite unter Hadrian I. entstanden ist. In C und A ist die zweite Sammlung in die erste eingeordnet. Die 1. Formel enthält Muster für Protokoll und Eschatokoll (Segenswunsch) für verschiedene Empfänger. Am wichtigsten ist V 84, das Glaubensbekenntnis des neugewählten Papstes, in welchem Honorius I. als Ketzer verdammt wird; daher hat diese Formel in der Unfehlbarkeitsdiskussion und auf dem 1. Vatikanischen KonzÜ eine wichtige Rolle gespielt (causaHonorii). Eine Benutzung der Formeln des Liber Diurnus läßt sich für die Zeit von 595 bis 1071 nachweisen für 104 Urkunden, darunter 7 wortwörtliche Benutzungen, die übrigen mit Abweichungen. Einzelne Formularteile lassen sich bis ins 4. Jahrhundert zurückverfolgen. Die Editionsgeschichte des Liber Diumus verlief (wegen der ominösen Formel V 84) sehr dramatisch. Im 16. Jahrhundert war er vergessen. Lucas Holste, Bibliothekar der Vatikanischen Bibliothek, fand V in Rom in S. Croce in Gerusalemme und bereitete eine Druckaus-gabc vor, wobei ihm auch C zur Verfügung stand. Das 1650 fertiggedruckte Exemplar durfte aber nicht ausgeliefert werden. 1680 erschien durch Jean Garnier eine Ausgabe auf der Basis von C; die Handschrift selbst ging aber bei der Aufhebung des Jesuitenordens verloren. V kam kurz vor 1800 in den Vatikan, wurde dort in der 1. Hälfte des 19. Jahrhunderts mehrfach benutzt, dann aber vom Präfekten Theiner als verschollen bezeichnet. 1869 erschien, auf der Basis von Exzerpten aus V und der Ausgabe Garniers, diejenige R o z i e r e s Formclbücher 41 (mit stark gaUikanischcr Tendenz). 1871 plante Lord A c ton, bei der Erstürmung Roms in den Vatikan einzudringen und V zu erobern. Letztere Handschrift wurde 1876 zufällig von S i c k e I entdeckt und seiner Ausgabe von 1889 zugrundegelegt (da C inzwischen verschollen war, konnte er sie zu Recht als codex unicus bezeichnen). Wenige Tage später tauchte aber die bisher unbekannte Handschrift A auf. Eine von Achille Ratti, dem späteren Papst Pius XI., besorgte Edition ist nicht erschienen, sondern nur 1921 die Facsimile-Ausgabe von Gramatica. 1937 wurde C in einem Antiquariat wiederentdeckt. 1958 druckte Foerster die Texte aller 3 Handschriften und der Exzerpte bei Deusdedit. 2. Andere Formelsammlungen B a t z e r, Kenntnis; Breßlau 11 264-271; H e 11 e r, Ars dictandi; H e r d e, QFIAB 42/3; M e i n a r d u s, NA 10; Nielsen, Formelbuch; Rabikauskas, Diplomatica S. 192-196; T a n g I, Kanzleiordnungen; Teige, MIÖG 17 S. 410-421. Liber canceUariae: Breslau I 346-349; E r 1 e r, Dietrich von Nieheim; P i v e c / Heim pel. Neue Forschungen; Schmitz-Kallenberg, Lehre S. 106; Tangl, NA 43 Supplikenformulare: Barraclough, AfkKR 115; H e c k e I, AUF 1, S. 500ff.; Schmitz-Kallenberg, Practica S. 1-15, 41-50 Formularium audientiae: B r e ß 1 a u II 269f.; Herde, Audientia B rev en formuláre: Frenz, Armarium Angesichts der Gleichförmigkeit der Urkundenformulare steht fest, daß die päpstliche Kanzlei zu allen Zeiten Formularsammlungen in Gebrauch hatte. Diese Sammlungen wurden im Laufe der Zeit immer wieder ergänzt und aktualisiert, wobei allerdings obsolet gewordene Formulare oft noch lange mitgeschleppt wurden (z.B. Schutzbriefe für Kreuzfahrer bis ins Spätmittelalter). Der Übergang von amtlichen zu privaten Sammlungen ist fließend; zu letzteren sind diejenigen des Thomas von Capua, Marinus von Eboli, Richard von Pofi und des Magister Berardus zu rechnen. Das offizielle Kanzleibuch (liber canceUariae) begann mit einer Liste der Kir-chenprovinzen und Diözesen (provinciale Romanům) und enthielt dann vor allem Formulare für die feierlichen Privilegien, außerdem jene Texte, welche bei der Urkundenexpedition von den Auskultatoren mit dem amtlichen Wortlaut zu vergleichen waren (vgl. § 127). Es wurde mehrfach erneuert, so um 1380 durch Dietrich von Nieheim. Das Formularium audientiae enthält die Formulare für die einfachen Justizbriefe (Reskripte), die meist die Audientia zu passieren hatten, außerdem Anweisungen für die Ausstattung von Urkunden. Es ist in zahlreichen Handschriftendes 13.-15. Jahrhunderts überliefert. Die privaten Sammlungen enthalten vorwiegend Anleitungen zum Abfassen der Suppliken im korrekten stilus curiae. III DAS SIEGEL A. BLEIBULLE AAS 23 (1931) 33t.; B r e Ii 1 a u II 608-612; D.ekamp, MIÖG 3 S. 608-627 4 S. 528-536; Erben, Kaiserbullen; Ewald, NA 9; d e r s., Siegelkunde S 107* 118-121. 149f. 153. I61f.. 174-176, 214-216; Frenz, LexMA II 934; Giry] Manuel S. 633f., 696f.; Ilgen. Sphragistik S. 352; Kittel. Siegel S. 139f.. 167 383-388; M i c h a e 1 - S c h w e d e r. Schrift; Pflugk-Harttung, Bullen S.41-67; Philipp i, AUF 5; Sc hadelbauer/Frit z, AUF 10; Schmitz-Kallenberg, Lehre S. 86, 103, 110, 115; Schmitz-Rheydt, MIÖG 17; 5 e 11 a, Sigilli I Nr. 32-38; Weiss, Numismatica 2 Abbildungen und Nachzeichnungen: AAS 23 (1931) 51; Battelli, BoUa Sp. 1778-1780; Bouard, Album Taf. XL1 a-c; Diekamp, MIÖG 3; Erben, Kaiserbullen Abb. 3, 5; Ewald, Siegelkunde Taf. 1, 9, 35, 36; Kitte 1, Siegel S. 384f; Santifaller, Quellen (wie § 168) Taf. XXV Die päpstlichen Bleibullen sind kreisförmig mit einem Durchmesser von ca. 3-3,5 cm und einer Dicke von ca. 0,5 cm. Mit Ausnahme der bulla dimidia (vgl. § 63) sind sie stets doppelseitig geprägt. Die ältesten Bullen sind ohne die dazugehörige (Papyrus)urkunde überliefert. Ältestes Exemplar ist eine Bulle des Papstes Deusdedit (615—618); sie zeigt auf der einen Seite die Inschrift DEVSDETITPAPAE (zu ergänzen: BVLLA), auf der anderen das Bild des guten Hirten und die Buchstabens und il. Eine weitere Bulle eines Papstes Johannes (welcher, ist unsicher: III., 560—573, oder IV., 640-642, oder VI., 701-705) zeigt einerseits die kreisförmige Inschrift JOHANNIS PAP AE, andererseits das Christusmonogramm und die Worte SCS (= sanctus) PETRVS. In der folgenden Zeit weist die Vorderseite den Namen, die Rückseite den Titel des Papstes auf; so für Hadrian I.: HADRIANI und PAPAE. Die Anordnung der Buchstaben ist teils zeilen-, teils kreisförmig. Erstmals Leo IX. fügt die Ordnungszahl hinzu: Villi. In der zweiten Hälfte des 11. Jahrhunderts zeigt meist die eine Seite eine Abbildung der AVREA ROMA, die andere die Apostelfürsten Petrus und Paulus, und zwar gewöhnlich als Brustbild, manchmal auch Petrus allein oder Petrus und Christus. Dazu kommen Name und Titel des Papstes, meist kreisförmig auf der Romseite, während die Apostelseite von Versen begleitet sein kann, so für Viktor IL: TV PRO ME NA VEM LIQUISTI, SVSCIPE CLA VEM,1 Nikolaus IL: TIBI, PETRE, DABO CLAVES REGNI CELORVM,2 Alexander IL: QUOD NECTIS, NECTAM, QVOD SOLMS, PETRE, RESOLVAM,3 Clemens III.: CORRIGE, PARCE, FERI, PETRE, PANDE, MEMENTO MEDERI.4 1 Du hast für mich das Schiff verlassen, empfange den Schlüssel. 2 Dir, Petrus, werde ich die Schlüssel des Himmelreiches geben. 4 Was du bindest, werde ich binden; was du löst, Petrus, werde ich lösen. 4 Züchtige, schone, strafe, Petrus, gewähre, gedenke zu heilen! BU-ibulle 43 Gregor VII. verwendet auf der Vorderseite kreisförmig GREGOR/1 PAPAE und in der Mitte III. auf der Rückseite die Brustbüder von Peter und Paul und die Beischrift S. PETRVS, S. PAVLVS. Seit Urban II. erscheint der Papstname im Nominativ; die Rückseite zeigt ein Kreuz zwischen S. PETRVS und S. PAVLVS. Seit Paschalis II. stellt der Typ der päpstlichen Bleibulle bis auf den heutigen Tag fest. Die eine Seite zeigt, in drei Zeilen, Name, Titel und Ordnungszahl: PASCHALIS PAPA II (Namensstempel). Die andere Seite zeigt die Köpfe von Petrus (punktierte Haare und Bart) und Paulus (gestrichelte Haare und Bart) und S. PE. S. PA. (Apostelstempel); spätere Päpste fügen manchmal heraldische Symbole bzw. einen Strahlenkranz hinzu. Die Schrift ist biszu Martin V. (1417-1431) gotische Majuskel, dann seit Eugen IV. (1431-1447) Capitalis quadrata. Pius XI. vergrößerte am 18.1.1931 Durchmesser und Gewicht der Bulle und änderte geringfügig das Bild des Apostelstempels. Einzige Ausnahme von diesem Typus - die Angabe Ewalds und Kittels zu Calixt III. ist falsch - ist die Bulle Pauls II. Sie zeigt als Namensstempel eine Audienzszene mit dem Papst auf dem Thron, mehreren Kardinälen und knieenden Bittstellern nebst der nur kleinen Beischrift PA VLUS PAPA II als Apostelstempel die Ganzfiguren der Apostel-fürsten. Das Siegel wird mit Hilfe von Hanf- oder rot-gelben Seidenfäden angehängt: in die nach vorne umgeschlagene Plica werden zwei Löcher gebohrt, durch die von vorne her je ein Ende des Fadens gezogen wird; beide Enden werden dann von hinten her durch die vom liegende Schlaufe geführt und gemeinsam in das Siegel eingebacken. Die Bulle wird mit einem zangenartigen, später schraub- stockförmigen Instrument auf beiden Seiten zugleich geprägt. In der älteren Zeit kommen, vor allem bei den Privilegien, auch Befestigungen mit drei oder vier Löchern vor. Es sind ferner bis zu Alexander II. auch gewebte Seidenbänder, bis zu Gregor VII. auch Pergamentstreifen in Gebrauch. Die Seidenfäden können auch ein- oder dreifarbig sein; ebenso tritt die Beschränkung auf rot und gelb erst allmählich ein. Zweifarbige rot-gelbe Schnüre sind seit Alexander III. die Regel; nur Gregor VIII. ersetzt rot durch schwarz. Beim Tode des Papstes wird der Namensstempel vom Kardmalkämmerer zerbrochen; der Apostelstempel wird von seinem Nachfolger weiterbenutzt und nur ersetzt, wenn er beschädigt wird, was z.B. unter Innozenz IV. geschah. Der neugewählte Papst verwendet vor seiner Krönung die sog. bulla dimidia, die nur einseitig mit dem Apostelstempel (seines Vorgängers) geprägt ist; die andere Seite bleibt flach. Auf diese Besonderheit weist eine eigene Formel in der Urkunde hui (vgl. § 23). Clemens V. verwendete in seinen allerersten Urkunden noch sein früheres Bischofssiegel. B. GOLDBULLE Ewa 1 d. Sicgelkunde S. 149f., 215; Kittel, Siegel S. 387f. Abbildungen: Ewald, Siegelkunde Taf. 17, 18,36; S e 11 a, Bolle Taf X Nr 26 Tai. XXXVII Nr. 41,42 Ganz selten verwenden die Papste statt der Blei- eine Goldbulle. Das älteste erhaltene Exemplar stammt von 1524. In der Neuzeit sollen die Urkunden für die Brüder und Neffen von Souveränen eine Goldbulle erhalten. Zur Prägung dient teilweise ein eigener Siegelstempel. C. WACHSSIEGEL (ANUL US PISCA TORIS) Breßlau I 83; Ewald, Siegelkunde S. 153, 157; Fink, RQ 43 S. 80-84; Frenz, AD 20 S. 4241; d e r s., LexMA I 739; G i r y, Manuel S. 701; Hcrde| Beiträge S. 57; Kittel, Siegel S. 388; Schmitz-Kallenberg, Lehre S. 103f.; S e r a f i n i, Origini S. 169f. Abbildungen: Ewald, Siegelkunde Taf. 36; F i n k, RQ 43 Taf. IX-XI Der in rotem Wachs geprägte anulus piscatoris ist das typische Siegel der päpstlichen Breven und Sekretbriefe: in das zusammengefaltete Schriftstück werden zwei etwa 1/2 cm lange, durch alle Lagen gehende Schnitte angebracht; durch diese Schnitte wird ein Pergamentstreifen geschoben, dessen Enden mit dem Wachs verklebt werden, in welches man das Siegel eindrückt. Dieses Siegel wird außerdem noch durch eine herumgelegte gedrehte Pergamentschnur, in der Neuzeit auch durch ein daraufgelegtes Blättchen oder eine herzförmige Metallkapsel geschützt. Dennoch sind erhaltene Brevensiegel sehr selten, da sie meist beim Öffnen der Urkunde zerbrechen. Das Fischernngsiegel ist älter als der Urkundentyp Breve bzw. Sekretbrief. Der älteste Nachweis für ein solches Ringsiegel Findet sich in einem Schreiben Clemens' IV. von 1265: Scribimus tibi et familiaribus nostris non sub bulla, sed sub piscatoris anulo, quo Romani pontifices in suis secretis utuntur*. Das Siegelbild ist kreisförmig: es zeigt den hl. Petrus im Boot; rechts oben steht sehr klein die Legende PI VS PAPA II. Der Durchmesser des Siegels beträgt etwa 2 cm. Im 14. und 15. Jahrhundert kommen abweichende Bilder vor: Clemens (VII.) und Eugen IV. verwenden Ringsiegel, die die Köpfe der Apostel Petrus und Paulus zeigen (wie auf dem Apostelstempel der Bulle). Das Wachssiegel wird stets in der Datierung der Urkunde angekündigt: sub an(n)ulo piscatoris (unter Bonifaz IX. auch: sub anulo fluctuantis navicule). Das abweichende Siegelbild unter Eugen IV. wird mit sub anulo capitum principum apostolorum angekündigt, wenn nicht die unspezifische Formulierung sub anulo nostro secreto gewählt ist (so auch bei Innozenz VII. und Gregor XII. für das Fischerringsiegel, jedoch ist die Zahl der Beispiele sehr gering). I Wir schreiben dir und unserem Famiiiaren nicht unter dem Bleisiegel, sondern unter dem Fischerringsjegel, welches die römischen Bischöfe in ihren geheimen Angelegenheiten verwenden. Faxbstempcl 45 D. FARBSTEMPEL Baumgarten, RQ 27; Rabikauskas, Diplomatica S. 198; Schmitz-Kallenberg, Lehre S. 111 Anm. 2 Abbildung: Toni D i e d e r i c h, Prolegomena zu einer neuen Siegel-Typologie, AD 29 (1983) 242-284, hier Abb. 7 Seit 1842 wurde das Wachssiegel, seit 1878 für die meisten Urkunden das Bleisiegel durch einen roten Farbstempel unter Beibehaltung des Siegelbildes ersetzt. IV. DIE REGISTER Register, d.h. Abschriften ausgegangener Urkunden, haben die Päpste wahrscheinlich schon bald nach der konstantinischen Wende zu führen begonnen. Jedoch sind rur die ältere Zeit nur wenige Fragmente erhalten; eine kontinuierliche Reihe setzt erst mit Innozenz III. (1198-1211) ein. Die Register stellen die wichtigste Überlieferung der Papsturkunden dar; in ihnen sind ungefähr zehnmal so viel Stücke enthalten wie als Originale. Kontrovers sind die Frage nach der Vollständigkeit der Register und das Problem, ob die Registrierung anhand des Konzepts oder des Originals erfolgte. A. BULLENREGISTER 1. Vor Innozenz III. BreBlau I 104; Caspar, NA 36; Ewald, NA 3; Hecke 1, AUF 1 S. 394-445; Holtzmann, QFIAB 30; L o h r m a n n, Register; N o r b e r g, In regi-strum; d e r s., Critical. . . Notes; P e i t z, Register; Posner, NA 43; Rabikauskas, DiplomaticaS. 135-137; Sa n t i f a 11 e r, MIÖG Erg.-Bd. 16 S. 36-49, 113f.; Schmitz-Kallenberg. Lehre S. 79-82; Steinacker. MIÖG 23 Register Gregors VII.: B o r i n o, Studi Gregoriani 5; Brackmann, Papsturkunden Taf. 4b; Brandt, Werkzeug Taf. 6; C a s p a r, NA 38; Foerster, Mittelalterliche Buch- und Urkundenschnften Taf. XIX; Hoffmann, DA 32; Kle-w i t z, AUF 16; Lohrmann, AHP 9; Mo rg h e n, BISIAM 7 3; Murray, Traditio 22; S a n t i f a 11 e r. MIÖG Erg.-Bd. 16 S. 94-113; S c h i e f f e r, AD 17 Editionen der Register siehe unten § 171. Das älteste päpstliche Registerwesen knüpft an die Gebräuche der römischen Verwaltung an. Die Registrierung erfolgte auf Papyrusrollen, jedoch ist kein Exemplar einer solchen erhalten. Vorlage für das Register waren die Konzepte der Urkunden; dies kann bei nachträglichen Korrekturen zu Unstimmigkeiten zwischen Ausfertigung und Registereintrag führen. Ältester Hinweis auf das Register ist eine Urkunde Papst Liberius' von 355 (JK. 216): bei ihr findet sich in Dekretalensammlungen ein Zusatz, der als Regi-stervermerk gedeutet werden kann. Auf das Register Leos I. (440-461) wird unter Pelagius II. (579-590) verwiesen, ebenso wird 553 ein aus Papyrus bestehendes Register erwähnt. Das Register Gregors I. (590-604) ist in zahlreichen Abschriften überliefert; es war, nach dem Zeugnis des Johannes Diaconus (vgl. M 1 g n e, Patrologia Latina LXXV Sp. 62 C), noch um 880 vorhanden und bestand aus 14 Papyrusrollen, die jeweils eine Indiktion umfaßten. Abschriften aus dem Register Honorius' I. finden sich in der Sammlung des Kardinals Deusdedit, wie überhaupt die kanonistischen Sammlungen häufig auf den päpstlichen Registern fußen. Die letzten Jahrgänge des Registers Johannes' VIII. sind z\s Registrum Vaticanum 1 des Vatikanischen Archivs in Abschrift erhalten. Es folgt das Register Gregors VII. t(Reg. Vat. 2), das höchstwahrscheinlich ein Original dar- liullcnregistcr 47 stellt, jedoch ist diese Frage in der Forschung umstritten. In Abschrift sind ferner größere Auszüge aus den Registern des Gegenpapstes Anaklet (II.) (aus dem 13. Jahrhundert) und Papst Alexanders III. (aus dem 12. Jahrhundert)überliefert. Für die Frage, ob Reg. Vat. 2 das Originalregister Gregors VII. ist, müssen auch die Register Gregors I. und Johannes' VIII. vergleichend herangezogen werden. Das Register Gregors I. ist in drei Sammlungen in über 100 Handschriften überliefert: R mit 686 Stücken, P mit 55 Stücken (davon 21 nicht in R). C mit 200 Stücken (davon 146 nicht in R). Diese Sammlungen sind wahrscheinüch unabhängig voneinander entstandene Auszüge aus dem eigentlichen Register; in R kann eine Sammlung in zwei Bänden erkannt werden, die unter Hadrian I. hergestellt wurde. Das Register Johannes' VIII. (Reg. Vat. 1) ist eine Abschrift in beneven-tanischer Schrift, die in den 1070er Jahren in S. Maria in Falladio, einer römischen D6pen-dance von Montecassino, entstand und dort im 13. Jahrhundert für Clemens IV. wiederentdeckt wurde. Vom Register Gregors VII. existieren ebenfalls eine Reihe von Handschriften, die aber nur unwesentlich von Reg. Vat. 2 abweichen. Strittig ist die Frage, ob die erhaltenen Texte für Johannes VIII. und Gregor VII. ebenfalls Auszüge aus dem eigentlichen Register (wie die Sammlungen für Gregor I.) oder das gesamte Register darstellen; nur im letzteren Fall kann Reg. Vat. 2 auch das Original register sein. Gegen das Vollregister spricht die geringe Zahl der eingetragenen Briefe - es wäre also ein erhebücher Verfall der Registerführung zu konstatieren -, jedoch hat Lohrmann gezeigt, daß die Lücken leicht aus den äußeren Umständen erklärt werden können: insbesondere während der Reisen des Papstes ruhte die Registrierung völlig, die Konzepte wurden gesammelt und erst nach der Ruckkehr nach Rom eingetragen; Verluste waren dabei unvermeidlich. Gegen ein Auswahlregister spricht das völüge Fehlen irgendwelcher Auswahlkriterien. Für das Auswahlregister hat man den Beschreibstoff von Reg. Vat. 2 angeführt: die päpstlichen Register seien auf Papyrus geführt worden, während Reg. Vat. 2 aus Pergament besteht; jedoch ist anzumerken, daß im Bereich der Originale Papyrus letztmalig 1057 nachgewiesen ist. S a n t i f a 1 le r verweist ferner auf eine Quellenangabe des Kardinals Deusdedit, der sich auf einen tomus charticius Gregors VII. im päpstlichen Archiv beruft, und sieht hierin das Hauptregister, aus dem Reg. Vat. 2 einen Auszug bilde; jedoch hat Schieffer gezeigt, daß unter tomus charticius nicht ein Papyrusregister zu verstehen ist, sondern eine Einzelurkunde. Auch ein postuliertes gesondertes Privilegienregister hat es (nach Feststellung von K 1 e w i t z) nicht gegeben. 2. Von Innozenz III. bis zur avignonesischen Obödienz des Schismas B a t t e 1 1 i, Membra; Bock, QFIAB 28, 30, 31, AZ 52, 56, 59; B o y I e, Survey S. 37,49.104-131; D i e n e r, QFIAB 51; Eubel,AZ4; Giry, Manuel S. 687f.; G i u s t i, Inventario; d e r s., Studi; Hageneder, AnnSSAxch 12; H e c k e l, AUF 1 S. 394-445; Rabikauskas, Diplomatica S. 137-143; Schmitz-Kallenberg, Lehre S. 107-109; S u s s i d i I; M. T a n g I, Register. Register Innozenz 'III.. B o c k, AZ 50/51; D e 1 i s I e, BECh 19; F e i g l, MIÖG 65, 68; Hageneder, MIÖG 65, 68, RHMitt 12; H a i d a c h e r, RHMitt 4; H a m p e, MIÖG 23, 24; H e c k e 1, HJb 40; Irnkam p, RQ 75; K e m p f, Register; ders., QFIAB 36; Keßler, Großunternehmen; P a c e, Cultura; E. P ä s z -to r, AnnSSArch 2; Pe b a 1 I, RHMitt 1; Santifatler, MIÖG 65; G. Ta ng 1. QFIAB 26, 27; die s., Studien; T i 11 m a n n, QFIAB 23 Abbildungen aus den Pergamentregistern: Arndt/Tangl III 98; Bock, QFIAB 31 Taf. 2, 4, 9, 11, 16, 19, 24, 25. 27, 29-33, 35-37; Mazzoleni, Esempi Tav. XXVI; Pace, Cultura S. 48; Steffens, Lat. Paläographie Taf. 87a, b Abbildungen aus den Papierregistern: B o c k, QFIAB 31, Taf. 1, 3, 5-8, 10, 13, 15, 18, 21-23. Registerpublikationen siehe §171. Die gesteigerte Aktivität der Kanzlei seit dem späteren 12. Jahrhundert wirkt sich auch in einer zunehmenden Tendenz zur Registrierung der Urkunden aus. Es 48 Die Register ist jetzt aber häufig der Petent, der die Registrierung erbittet, um für den Fall des Verlustes der Urkunde sichergestellt zu sein; diese Stucke überflügeln die von der Kurie selbst ausgehende Korrespondenz bald so sehr, daß man sich genötigt sieht, rÜMB in gesonderte Lagen oder Bände einzutragen, um die de curia-Schreiben in der Masse der litterae communes überhaupt auffinden zu können. Die Register bestehen aus großformatigen Pergamentbänden und werden heute im Vatikanischen Archiv als Registra Vaticana 1 -309, 321-334 aufbewahrt. Die Serie setzt ein mit den laufenden Registern Innozenz' III. sowie dem berühmten Registrum super negotio imperii (Reg. Vat. 6) über den Thronstreit in Deutschland nach dem Tode Heinrichs VI.; diese Register sind besonders eingehend untersucht worden. Dann folgt von Honorius III. an eine weitgehend vollständige Serie bis zum Großen Schisma. Innerhalb der Register ist die Ordnung chronologisch, jedoch können die Zufalle des Geschäftsganges Abweichungen um Tage oder Wochen, gelegentlich um Monate oder Jahre mit sich bnngen. Viele Bände sind mit (vorangebundenen oder gesondert überlieferten) Indices (rubricellae) versehen. Zur Zeit des Aufenthaltes der Kurie in Avignon wurde es üblich, die Register zunächst als Papierbände zu führen und erst aus diesen Papierbänden die Pergamentregister abzuschreiben. Sobald ein Stück ins Pergamentregister übertragen ist, wird es im Papierregister durchgestrichen; am Ende des Bandes erscheint der Vermerk scriptus est in pergameno. Fragmente solcher Papierregister sind aus der Zeit Clemens' V. und Johannes' XXII. erhalten; mit Benedikt XII. setzt dann die vollständige Serie der Registra Avenonensia ein,die bis zu Benedikt (XIII.) reicht. Seit der Mitte der Regierung Innozenz' VI. werden die Papierregister nicht mehr vollständig auf Pergament abgeschrieben, sondern nur noch in Auswahl mit abnehmender Tendenz. Seit dem Ende des Pontifikats Johannes' XXII. werden die Register nach Sachgruppen differenziert; diese Tendenz verstärkt sich während des ganzen 14. Jahrhunderts, bis schließlich folgende Sachgruppen gebildet werden: de litteris dominorum cardinalium, de litteris epis-coponim, de provisionibus prelatontm, de dignitatibusfeanonicatibus(prebendisfbenefieiis vacantibusfvacaturis, de diversis formis, de regularibus, de exhibitis, de conservatoriis, de fructibus pereipiendis, de officio tabellionatus, de capellanatu honoris, de altari portatili, de plenaria remissione, de confessionalibus. de locis interdictis, de litteris ante diem, de de-votionis litteris, de iubileo, de exemptione curialium, de exemptione officialium, de litteris dtmissorum, de karolinis. Seit den 1330er Jahren treten als neue Serie die Sekretregister auf. Sie enthalten die de curw-Schreiben, die von den später so genannten Sekretären in der camera secreta des Papstes ausgefertigt werden ( . . ., que transierunt per >'ius cameram ... in den Registerüberschriften). Seit der Zeit Gregors XI. führt jeder Sekretär ein eigenes Register. Die Sekretregister werden sofort auf Pergament geschrieben, sie gehören zur Serie der Registra Vaticana. Seit der Mitte des 14. Jahrhunderts führt die apostolische Kammer gesonderte Register der Stücke, die sie besonders angehen; auch diese Stücke sind in der Regel von den Sekretären expediert, so daß die Abgrenzung zu den Sekretregistern verschwimmen kann. Es kommt auch Doppelregistrierung in beiden Serien vor. Die Kammerregister bestehen aus Papier, gehören aber dennoch der Serie der Registra Vaticana an. Bullenrcgister 49 Noch nicht abschließend geklärt ist (trotz teilweise polemischer Diskussion) § 74 die Frage, ob der Registrierung das Konzept oder die Originalurkunde zugrundelag. In der Regel durften die Sekret- und Kammerregister aufgrund des Konzeptes, die Register der litterae communes aufgrund des Originals geführt worden sein; denkbar ist auch, daß dem Registerschreiber bei letzteren zwar das Konzept als Vorlage diente, anschließend aber der Registereintrag mit dem Original verglichen wurde. 3. Von der römischen Obödienz des Schismas bis zur Neuzeit Boyle, Survcy S. 37, 51. 103-113. 132-148; Diener.QFlAB 51; Frenz. AD 19 S. 375-390. AD 20 S. 384-410; den., Kanzlei S. 129-131. 138-140; G i u s t i, Inventario; ders., Studi; Herde, Registra; O 11 e n t h a I, MIÖG Erg.-Bd. 1. 3; Rabikauskas. Diplomatica S. 180. 185f., 191 f.; Schmitz-Kaltenberg, Lehre S. 113f.; Siehe auch Abbildung 9 und J0 in diesem Band. Als Gregor XI. 1377 nach Rom fuhr, blieb die Kanzlei zunächst in Avignon zu- § 75 rück; den Papst begleitete nur eine kleine „VorausabteUung" unter Leitungeines regens cancellariam. Nach Ausbruck des Schismas 1378 konnte deshalb Clemens (VII.) in Avignon an die Tradition anknüpfen (die dann freilich mit Benedikt (XIII.) endete), wahrend in Rom ein gewisser Neuanfang nötig war. Die Register bestehen jetzt grundsätzlich aus Papier; eine Übertragung auf Pergament fand nicht mehr statt. Von den Kanzleiregistern ist von Urban VI. nur ein Fragment er- § 76 halten (Vat. Bibl., Ottob. lat. 1443). Mit Bonifaz IX. setzt die Serie der Registra Lateranensia ein (die zuletzt im Lateran-Palast aufbewahrt wurden), die mit 2467 Bänden bis 1892 reicht. Außerhalb des Vat. Archivs sind 13 Bände in Dublin (Trirüty College, Library nr. 1223.1-13) überliefert. In einer Kombination aus sachlicher und chronologischer Ordnung sind die Urkunden vollständig ab-geschneben, z.T. unter Kürzung formelhafter Teile. Am Kopf des Stückes steht rechts der Name des Abbreviators bzw. (bei per cancellariam expedierten Urkunden der Sekretäre) links der Name des Sekretärs. Die Eintragung wird von einem magister registri nachkollationiert und ggf. durch Randvermerke korrigiert. An den Kopf des Stückes setzt er links seine Paraphe, die er auch jeder Korrektur beifügt. An den Schluß setzt er seinen vollen Namen, in den er die Höhe der Taxe einschiebt (z.B. Bapt. de GaXXXXvionibus); daran soll sich das Expeditionsdatum anschließen, jedoch verfahren die magistri oft nachlässig. Andere Kanzleivermerke werden gewohnlich nicht ins Register übernommen. Die komplizierte sachliche Gliederung der avignonesischen Periode (vgl. § 72) wird im 15. Jahrhundert immer mehr vereinfacht, bis schließlich nur noch de litteris dominorum cardinalium, de provisionibus prelatorum. de vacantibus, de vacaturis und de diversis formis übrigbleiben. Die Kammerregister enthalten jetzt (fast) ausschließlich Urkunden, § 77 die von den Sekretären de curia oder per cameram expediert werden. Dabei ist 50 Die Register ^u unterscheiden zwischen den eigentlichen Kammerregistern und den Registern der Sekretäre (den früheren Sekretregistern). Erstere werden von den Kammernotaren, letztere von den Sekretären selbst geführt. Die Aufteüungder Urkunden auf die beiden Serien erscheint zunächst recht willkürlich; größere Klarheit schaffen erst theoretische Äußerungen im 16. Jahrhundert: danach werden alle Urkunden, bei denen eine Annate anfällt, in der Kammer registriert, die übrigen im Sekretärsregister. Ursprünglich führt jeder Sekretär sein eigenes Register, in das er u.U. sogar Privatbriefe mit einrückt; seit 1488 ist zu unterscheiden zwischen den Registern des secretarius domesticus (spater: secretarius brevium) und den Registern des Sekretärskollegs. Alle diese Register finden sich zunächst in der Serie der Registra Vaticana (Bd. 312-320, 333-2019), die bis 1605 reicht; eine wichtige Teilserie der Reg. Vat. sind die libri officiorum und libri offtialium (Ernennungen zu Kurien- und Kirchenstaatsämtern). D azu kommen dann die Serie Secretariatus Camerae (222 Bde. 1470-1796) und Teile der Serie Secreta-ria Brevium (6219 Bde. 1561-1908). Von den Kanzlei vermerken übernehmen die Kammerregister gewöhnlich, neben dem Namen des Sekretärs, den Taxvermerk der Skripturen und den Namen des Skriptors. Die per viam correctoris expedierten Urkunden werden seit der Kurienreform Pius' IV. und Pius1 V. ebenfalls registriert (vorher nicht), und zwar in der SerieRegistra Contradictarum (198 Bde. 1575-1799). B. SUPPLIKEN REGISTER Boy le, Survey S. 51, 149-153; Breßlau II 11-18; E r 1 e r, HJb 8; Frenz, Kanzlei S. 100-103; Katterbach, Inventario; d e r s., Specimina; Pitz, Supp-likensignatur; Rabikauskas, Diplomatica S. 168f., 173-175 Abbildungen: Bock, QFIAB 31 Taf. 22; K a t l e r b a c h, Specimina Die Registrierung der Suppliken diente der Sicherung ihres Wortlautes und besonders des Wortlautes ihrer Signatur gegenüber Fälschungsversuchen. Sie wurde von Benedikt XII. eingeführt; erhalten sind 7365 Bände der Serie Registra Supp-licationum von 1342-1899, ferner außerhalb Koins ein Band von 1394 in Eichstätt. Die Supplikenregister bestehen aus Papier im Großfolio-Format und sind äußerst gleichmäßig aufgebaut und sorgfältig geführt. Normalerweise besteht jeder Band aus 15 Lagen zu 10 Doppelblättern, also 300 Folia; Abweichungen ergeben sich nur am Ende des Pontifikatsjahres. Jedem der 8f später 12 Registerschreiber wurde eine Lage ausgeteilt und nach ihrer Füllung abgerechnet. Die Schreiber arbeiteten unter starkem Zeitdruck, da sie der Exkommunikation verfielen, wenn eine zugeteilte Supplik nicht binnen drei Tagen registriert war. Die Schriften sind deshalb oft schwer lesbar; dennoch stellen die Eintragungen diplomatische Abschriften der Suppliken unter Übernahme aller graphischen Eigentümlichkeiten der Vorlage (Streichungen, Lücken etc.) dar. Die Einträge werden von den magistri registri kollationiert und ggf. (unter Hinzufügung der Paraphe) korrigiert; solche Korrekturen sind aber selten. Brevenregister 51 Neben jedem Stück steht rechts am Rand der Name des verantwortlichen Referendars. Links am Rand findet sich der Anfangsbuchstabe der Diözese, aus welcher der Bittsteller stammt (z.B.// für Herbipolensis), außerdem ein Haken neben der Zeile, in welcher der Name des Bittstellers vorkommt. Ebenfalls am linken Rand ist mit einem Schlagwort der Inhalt der Supplik angegeben. Die vom Vizekanzler (per concessum) signierten Suppliken wurden in eigene Bande eingetragen; dagegen erscheinen die vom Papst (per fiat) und die vom referendarius domesticus bzw. Kardinalpräfekt der Signatura (per concessum in presentia domini nostripape) signierten Stücke miteinander vermischt. Im 18. Jahrhundert gibt es noch zwei Spezialserien innerhalb der Supplikenregister, nämlich die registra secreta und die registra officiorum. Im 19. Jahrhundert wurden getrennte Register geführt, je nachdem, ob die Suppliken als Bulle oder als Breve expediert werden sollten. Die Supplikenregister sind durch keinerlei Indices erschlossen, jedoch lassen sich bei Kenntnis des Datums mit Hilfe der sehr genauen Zeitangaben bei Katterbach, Inventario, die in Frage kommenden Bände verhältnismäßig leicht ermitteln. C. BREVENREGISTER Cosma, ASRomSP 103; Fink, QFIAB 25, 32; Frenz, AD 20 S. 470-491, QFIAB 55/6 S. 215ff., QFIAB 57; d e r s., Kanzlei S. 174-178; Gualdo, II Uber brevium; Kaltenbrunner, M1ÖG 6; Lang, Studien; Rabikaus-k a s, Diplomatica S. 188f.; Sciambra etc., Liber Brevium; de Witte, Notes Abbildung: F o e r s t e r, Ma. Buch- und Urkundenschriften Taf. L Siehe auch Abbildung 11 und 12 in diesem Band. Brevenregister sind in kontinuierlicher Folge erst aus der Zeit nach dem sacco di Roma erhalten. Gesichert ist die Tatsache ihrer Registrierung seit 1471, umstritten seit 1421. Im Jahr 1421 verbucht die apostolische Kammer eine Ausgabe für einen liber pro brevi-bus registrandis. Aus der Zeit Eugens IV., Nicolaus' V. und Calixts III. gibt es Archivalien, die man als Register bzw. Registerfragmente ansehen kann, besonders ein Stück von 1449. Eine Zusammenfassung der Diskussion bei Frenz, QFIAB 57. - Bestritten wird die Existenz von Registern auch für die brevia de curia Alexanders VI. Seit dem 7. Pontifikatsjahx Pauls II. (Sept. 1470—Juli 1471) sind Brevenregister erhalten, und zwar geteilt in Register der brevia de curia und der brevia communia (vgl. § 37). Die de carw-Register finden sich zunächst im Armarium XXXIX vol. 12 ff, ferner ein Band in Florenz, Bibl. Naz. ms. II.III. 256, sowie Reg. Vat. 1214 A, dann auch im Armarium XLIV und XLV sowie in den Serien Brevia ad Principes und Secretaria Brevium. Es findet spätestens seit Julius II. eine Differenzierung in sachlich gegliederte Teilserien statt. Die commuma-Register finden sich zunächst ebenfalls im Armarium XXXIX v°l- 12 ff, ein Band in Veroli, Bibl. Giovardiana, ms. 14, zwei Bände im Römischen Staatsarchiv, Collezione acquisti e doni b. 16/1 und b. 17/1, sodann in der Die Register gesammten Serie Brevia Lateranensia (883 Bde. 1490-1807). Die einzelnen Bände sind jeweüs aus Monatsregistern zusammengesetzt, innerhalb deren eine ungefähre chronologische Reihenfolge eingehalten wird; seit 1503 wechselt der Schreiber monatlich, öfters kommen Hinweise auf die Art der Genehmigung (z.B. habet signaturám) vor; bei brevia supplicatione introclusa wird kurz der Inhalt der Supplik referiert. Seit dem 17. Jahrhundert sind die commuma-Register aus den Originalkonzepten zusammengesetzt. Diese bestehen jetzt aus einem Doppelblatt im Registerformat; jeweils 5 bis 10 solcher Doppelblätter sind zu einer Lage zusammengelegt. Aus dem 18. Jahrhundert sind computi, d.h. Abrechnungen über die gezahlten Taxen, erhalten, mit deren Hilfe man einzelne Stücke aufsuchen kann (Liste bei F r e n z, QFIAB 55/56 S. 255f.). D. ARCHIV Boyle, Survey S. 7-12; Breßlau I 150-161; Brom, Guide; Fink, Vat. Archiv S. 1-15; Gasparolo, Costituzione; Hoberg, RQ 77; Ritz ler, RHMitt 6/7; S c a 1 i a, Studi medievali 18 Ob eine Inschrift an der Kirche S. Lorenzo in Damaso aus der Zeit Papst Dama-sus' I. (366—384) diese als Ort des Archivs ausweist, wie früher als sicher galt, ist jüngst in Zweifel gezogen worden (Emendation von archibis zu arcibus his). Ein Archiv hat es aber sicherlich gegeben. Für 649 läßt es sich im Lateran lokalisieren. Wichtige Urkunden wurden auch in der Confessio von St. Peter aufbewahrt (nachweisbar 682), andere Stücke auch in einem Turm beim Titusbogen (so 1083). Da das Archiv als Teil des päpstlichen Schatzes galt, wurde es auf den Reisen des Papstes in der Regel mitgeführt, so zum Konzil von Lyon (unter Innozenz IV.), nach Anagni (unter Bonifaz VIII.) und im 14. Jahrhundert nach Avignon. Die Rückführung nach Rom nach dem Ende des großen Schismas war nur unvollkommen; Teile blieben bis 1566, einzelnes sogar bis 1783 in Avignon. Sixtus IV. (1471-1484) ließ wichtige Stücke in der Engelsburg sicherstellen. Das heute noch bestehende Vatikanische Geheimarchiv als (wenigstens in der Tendenz) zentrales päpstliches Archiv errichtete Paul V. im Jahre 1610. Napoleon I. ließ 1799-1813 große Teile des Archivs nach Paris bringen; der Wiener Kongreß verfügte die Rückgabe. 1881 öffnete Leo XIII. das Archiv für die historische Forschung. V. DIE KANZLEI Die apostolische Kanzlei war die älteste und zunächst einzige Behörde der päpstlichen Kurie. Erst vom hohen Mittelalter an traten ihr die apostolische Kammer und die Poiütentiarie (Beichtbehorde) sowie der Gerichtshof der Sacra Romana Rota zur Seite. Seit dem späten Mittelalter gliedern sich aus der Kanzlei eine Reihe von Behörden aus, die mit ihr in Konkurrenz treten: die Signatura, die Sekretariate (darunter das Staatssekretariat) und die Datarie. Der Wirkungskreis dieser Behörden wird im 16. Jahrhundert durch die Gründung der Kardinalskongregationen unter Sixtus V. eingeschränkt. Seit der Kurienreform des 20. Jahrhunderts vereinigt das Staatssekretariat alle Funktionen, die ursprünglich der Kanzlei zustanden. Diesen Behörden stehen der päpstliche Hof mit der päpstlichen Kapelle für die liturgischen Funktionen des Papstes und das Kardinalskollegium (mit eigener Finanzverwaltung) gegenüber. Papst und Kardinäle zusammen bilden das Konsistorium. Uber die Verwendung des Wortes „Behörde" für die Einrichtungen der mittelalterlicher, und fruhneuzeitlichen Kurie ist zwischen einigen Gelehrten ein müßiger Streit entbrannt. Die Verwendung des Wortes ist jedoch unbedenklich, solange es nicht im Sinne einer bürokratischen Struktur im Stile des 19./20. Jahrhunderts mißverstanden wird. A. DIE KANZLEILEITUNG Breßlau I 192-266, 289-292; Herde, Beiträge S. 1-8; R a b i k a u s k a s, Diplomatica S. 94f., 101-104, 124f., 152: Schmitz-Kallenberg, Lehre S. 78f., 86-88, 97f., 104, 112 Als Hauptquelle für die Kanzlei im 1. Jahrtausend dienen die Vermerke der Privilegien, vor allem die Datum per manus-FoimtX. In ihr finden sich als Datare in der ältesten Zeit die obersten päpstlichen Hofbeamten geistlichen Standes genannt, die sog. iudices de clero (später: iudices palatini), und zwar der primice-rius und der secundicerius notariorum, der arcarius, der saccellarius, der protus, der primus defensor, der nomenculator (oder amminiculator), dann noch der protoscnmarius. Uber ihre nähere Funktion bei der Urkundenausstellung ist nichts zu ermitteln; als tatsächlicher Kanzleileiter dürfte am ehesten der primi-cerius anzusprechen sein. Neben sie tritt seit Paschalis I. der Bibliothekar der Römischen Kirche, deren berühmtester Anastasius (ca. 812-879) war. Der Bibliothekar verdrängt bis zur Jahrtausendwende die iudices de clero aus der Datierung, jedoch tauchen bereits seit 879 auch andere Bischöfe ohne besondere Funktion neben ihm auf. Im 11 Jahrhundert wird 1023 Erzbischof Pilgrim von Köln zum Bibliothekar ernannt, jedoch verband Benedikt IX. 1037 das Bibliothekarsamt auf Dauer mit dem suburbikarischen Bistum Silva Candida. Um 1050 erscheint wiederum der Kölner Erzbischof an der Spitze der Kanzlei, nach deutschem Vorbild mit dem Titel Erzkanzler. Stephan IX. (1057/8) stellt die Rechte von Silva Candida wieder her, 1062 setzt sich erneut Köln durch. Unter der nur formalen Oberleitung dieser Prälaten führt ein cancellarius die Geschäfte, dessen Titel erstmals 1005 genannt wird. Ab 1067 verschwinden die Ehrentitel; an der Spitze der Kanzlei steht von jetzt an der Kanzler, der jedoch bis 1144 auch bibliothecarius genannt wird, danach nur noch cancellarius. Das Kanzleramt ist jetzt ein kardinalizisches. Als sein Stellvertreter im Verhinderungsfalle fungiert der S.R.E. cancellarii vicem gerens (später verkürzt zu vice-cancellarius). Vorübergehend am Ende des 12. und Anfang des 13. Jahrhunderts, definitiv seit dem Regierungsantritt Honorius' III. (1216) bleibt das Kanzleramt vakant. Kanzleüeiter ist jetzt der Vizekanzler, der aber kein Kardinal sein darf. Erstmals 1294 weicht Bonifaz VIII. von dieser Regel ab; seit 1320 wurden nur noch Kardinäle Vizekanzler. Als Stellvertreter des Vizekanzlers fungiert der regens cancellariam, der erst- § 88 mals 1312 erwähnt wird. Mitunter werden auch spezielle commissarii ernannt. Seit dem 15. Jahrhundert besitzt die Kanzleileitung einen Spezialnotar, den notarius cancellarie, der nicht mit den (Proto)notaren (vgl. § 90) verwechselt werden darf. B. DAS KANZLEIPERSONAL 1. Die einzelnen Ämter Bangen, Römische Kurie; B reß 1 a u I 266-328; Frenz, Kanzlei S. 203-228, 261-500; G i ry, Manuel S. 686f.; Herde, Beiträge S. 8ff.; Ho fm an n, Forschungen; Mej er, Kurie; N ü s k e, AD 20 u. 21; R a b i k a u s k a s, Diplomatica S. 125-128, 151-164; Del R e, Curia, Schmitz-Kallenberg, Lehre S. 78f., 98f., 104-106, 112f. Abbreviaturen: Ci a m p i n i, De Abbreviatorum; Frenz, Gründung; Schwarz, Abbreviature. Datar(ie): C é 1 i e r, Dataires; S t o r t i, Storia. Korrektor: G ö 1 1 e r, RQ 19; H o f m a n n, RQ 20; S c h w a r z, QFIAB 54. Sekretäre, (Staats) sekretariát: Hammermeyer, RQ 55; Kraus, RQ 52, RQ 53, RQ 55 u. RQ Erg.-Bd. 29; Richard, Origines; S e m m 1 e r, RQ 54 u. RQ Suppl.-Heft 32; S e r a f i n i, Apollinaris 25. Uber die Funktion der einzelnen Ämter vgl. auch §§11 lff. Zu Anfang ist die päpstliche Kanzlei (wenn man diesen Ausdruck bereits verwenden wül) eng mit dem stadtrömischen Notariat verbunden, ohne daß sich die Verhältnisse im einzelnen näher durchschauen lassen. Die Notare der Kirche sind als schola mit einem primicerius und einem secundicerius an der Spitze organisiert; die vornehmsten Mitglieder der schola sind die sieben Regionarnotare. Gleichbedeutend mit notarius wird auch der Ausdruck scriniarius gebraucht. Zur Zeit des Das Kanzleipersonal 55 Reformpapsttums im 11. Jahrhundert erwächst ihnen eine Konkurrenz in den Pfalznotaren (notarii palatii, dann auch schptores genannt), die dem Papst auf seinen Reisen folgen, während die schniahi in Rom ortsfest sind; sie sind es auch, die an der römischen Kuriale als Schrift festhalten, während die Pfalznotare sich der Minuskel bedienen (vgl. § 11). Im 12. Jahrhundert ist die Verbindung zum stadtrömischen Notariat gelöst. § 90 Unter Innozenz III. ist eine Trennung in notarii und schptores festzustellen, wobei letztere auf die reinen Schreibarbeiten beschränkt sind. Es gibt 7 Notare, wobei später der Vizekanzler als 7. Notar gezählt wird. Zwecks Unterscheidung von anderen Notaren an der Kurie kommt im außeramtlichen Sprachgebrauch die Bezeichnung Protonotar (prothonotarius) auf. Der Notarstitel wird oft ehrenhalber verliehen; deshalb bezeichnet man die 6 wirklichen Protonotare seit dem 15. Jahrhundert als prothonotarii participantes. Sie bilden ein Kolleg mit bedeutenden Privilegien, haben aber in der Neuzeit so gut wie keine Amtspflichten mehr. Vizekanzler und Notare bedienen sich bei ihrer Arbeit schon bald privat ange- § 91 stellter Hilfskräfte, der Abbreviaturen (auch: Breviatoren). Man bezeichnet die Abbreviaturen des Vizekanzlers als Kanzleiabbreviatoren, diejenigen der Notare als Notarsabbreviatoren. Letztere verschwinden im Laufe des 14. Jahrhunderts in dem Maße, wie sich die Notare von den Amtsgeschäften zurückziehen. Die Zahl der (Kanzlei)abbreviatoren wird im 14. Jahrhundert mit 25 festgelegt, aber stets überschritten. Pius II. vereinigt sie 1463 zu einem siebzigköpfigen Kolleg, das von Paul II. 1464 wieder aufgelöst, von Sixtus IV. 1479 mit 72 Mitgliedern erneut gegründet wird. Sie teilen sich in drei Klassen: 12 abbreviatores deparco maiori, 22 abbreviatores de parco minori, 38 abbreviatores prime visionis; der Unterschied der beiden letzten Klassen ist in der Praxis bedeutungslos. Außerhalb des Kollegs steht der seit 1478 nachweisbare abbreviator de curia, der für die vom Papst im eigenen Interesse ausgestellten Urkunden zuständig ist. Pius VII. hob das Kolleg auf und beließ nur 10 Abbreviatoren des parcus maior im Amt. Die Skripturen (schptores dominipape, später schptores apostolici oder scrip- § 92 tores litterarum apostolicarum) nehmen an Zahl rasch zu, so daß bald die Grenze von 100 Skripturen überschritten wird, so schon im 14. Jahrhundert und besonders nach dem Ende des Großen Schismas. Sie werden 1436 zu einem Kolleg mit 101 Mitgliedern vereinigt. Außerhalb des Kollegs steht der scriptor de curia (nachweisbar seit 1478), analog dem abbreviator de curia. Pius VII. hob das Kolleg auf; seine Aufgabe übernahmen Substituten der Abbreviatoren. Das Amt des Korrektors (corrector litterarum apostolicarum) wurde von In- § 93 nozenz III. eingeführt. Der Korrektor durfte damals kein anderes Amt innehaben; seit dem 15. Jahrhundert ist er aber stets zugleich abbreviator de parco maiori. Seine Funktion wandelt sich vom 13. bis zum 15. Jahrhundert erheblich. Im Siegelamt arbeiten unter der Aufsicht der magisth plumbi oder bullatores § 94 oder lectores et taxatores in bullaria, welche auch die Gebühren erheben, die beiden plumbatores (ältere Bezeichnung: bullatores, mit den magisth plumbi nicht zu verwechseln); die Plumbatoren hängen das Siegel an, sind aber Analphabeten (Zisterzienserkonversen aus Fossanova). Seit 1486 kommt die collectores taxae plumbi, ebenfalls für den Gebühreneinzug hinzu, ein Kolleg von 52, seit 1497 104 Mitgliedern. Im Registerbüro, das unter der Oberaufsicht der apostolischen Kammer steht, arbeiten eine Reihe von scriptores unter der Aufsicht von drei magistri registri titterarum apostolicarum. Ebenfalls seit der Zeit Innozenz' III. laßt sich der auditor litterarum contra-dictarum (vgl. § 139) nachweisen. Seiner Aufsicht unterstehen die Prokuratoren, die zunächst „freiberuflich" arbeiten. Im Laufe des 14. Jahrhunderts wird daraus ein gewöhnliches Kurienamt, das im 15. Jahrhundert käuflich wird; jetzt erscheinen die procuratores litterarum contradictarum als 14köpfiges Kolleg. Im 19. Jahrhundert reduziert sich das Amt auf einen substitutus contradictarum. Im 14. Jahrhundert werden diejenigen Ämter greifbar, die mit der Bearbeitung der Suppliken zu tun haben. Die Vorbereitung der Signatur ist Aufgabe der referendarii; aus deren Reihe gehen im 15. Jahrhundert unter Eugen IV. die signaturbefugten referendarii domestici hervor, die sich unter Alexander VI. zu den Kardinalprafekten der Signatura weiterentwickeln. Dieser Papst nimmt eine Teilung der Signatura in die signatura gratiae und die signatura iusticiae vor. Sixtus V. legt die Zahl der Mitglieder der ersteren auf 70, der zweiten auf 30 fest; viele Referendare gehören beiden Abteilungen an {referendarii utriusque signaturae). In der signatura iusticiae nehmen seit dem 17. Jahrhundert (offiziell seit 1659) die 12, seit Gregor XVI. die 7 dienstältesten eine Vorrangstellung ein {referendarii votantes); sie wandelt sich zudem in einen förmlichen Gerichtshof, der im 19. Jahrhundert als Appellations- und Kassationsgericht für den Kirchenstaat fungiert. Sowohl der Kardinalpräfekt als auch die Referendare haben einen Auditor. Die signatura gratiae stellt in der Neuzeit ihre Tätigkeit fast völlig ein; die Bearbeitung der Suppliken geht auf die Kardinalskongregationen und die Datarie über. Das Registerbüro für die Suppliken besteht aus 3 clerici (für den Verkehr mit dem Publikum), 3 magistri (für die Aufsicht über die Schreiber) und 8, später (seit 1514) 12 scriptores registri supplicationum. In der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts tauchen die Sekretäre auf, d.h. besonders vertrauenswürdige Skriptoren und/oder Abbreviaturen, die der Papst für geheimzuhaltende Schreiben heranzieht; sie führen bald auch ihre eigenen Register. Ihre Besoldung wird durch die expeditio per cancellariam der Sekretäre (vgl. § 123) und später die expeditio per cameram (vgl. § 134) sichergestellt. Die Sekretäre expedieren ferner die Breven. Bedeutung erlangt das Amt nicht zuletzt dadurch, daß im 15. Jahrhundert zahlreiche berühmte Humanisten päpstliche Sekretäre sind (vgl. Hofmann, 2. Bd., Liste XX). Übermäßige Verleihung macht das Amt bald zu einer Ehrenstelle, während die tatsächliche Arbeit wenigen secretarii participantes (seit Calixt III.), dann sogar nur noch einem se-cretarius domesticus oder secretarius secretus (seit Paul II.) obliegt. 1487 errichtet Innozenz VIII. ein 30köpfiges Vakabüistenkolleg (vgl. § 106) der secretarii apostolici. Daneben besteht das Amt des secretarius domesticus weiter, der an den Einnahmen des Kollegs teilhat; das Amt wird nicht selten geteilt. 1586 verkauft Sixtus V. das Amt an das Kolleg, führt aber gleichzeitig die Posten mehre- Das Kanzleipersonul 57 rer secretarii domestici (jüngerer Art) ohne Beziehung zum Kolleg ein; für diese sind Bezeichnungen wie secretarius breviurn, secretarius brevium ad principe* etc. üblich. 1678 wird das Kolleg aufgehoben; seine Funktionen übernimmt der secretarius brevium. Für den italienisch geführten Verkehr mit den Nuntien bedienen sich die Päpste seit dem 16. Jahrhundert eines weiteren Sekretärs, für den Bezeichnungen wie secretarius intimus oder secretarius maior, später secretarius Status gebraucht werden. Er arbeitet zunächst unter Aufsicht des Kardinalnepo-ten, bis er 1652 selbst Kardinal wird (Kardinalstaatssekretär). Vgl. auch Tabelle 3 (auf S. 58). Unter Bonifaz IX. wird der Datar greifbar, wenn auch zunächst noch anonym § 100 fitle, qui databit). Er setzt das Datum auf die Suppliken. Im Laufe des 15. Jahrhunderts kommen die Aushandlung der Kompositionen (Zahlungen bei Dispensen), die Verwaltung der thesauraria sancte cruciate (Gelder für den Türkenkreuzzug) und der Verkauf der Kurienämter hinzu. In der Neuzeit entwickelt sich aus dem Datar die Behörde der Datarie, die schließlich im 19. Jahrhundert aus dem Datar, dem Subdatar, dem per obitum, dem per concessum, 3 Revisoren, dem prefectus datarum, dem prefectus componendarum, dem officialis de missis und dem officialis brevium besteht. Die Datarie übernimmt jetzt die Aufsicht über das Supplikenregister, bearbeitet selbständig die Bittschriften und expediert teilweise sogar die Urkunden selbst. - Der Datar als Chef der Datarie darf nicht mit dem Datar der Privilegien verwechselt werden (vgl. §§ 9, 20). In der expeditio per cameram ist der summator litterarum apostolicarum oder § 101 summista tätig; sein Amt, das später mit dem des Vizekanzlers vereinigt wird, wird in der Mitte des 15. Jahrhunderts greifbar. Den Vizekanzler als Summisten vertritt der Untersummist, der seinerseits einen Substituten hat. 1482 errichtet Sixtus IV. aus finanziellen Gründen (vgl. § 108) ein Kolleg von § 102 100 sollicitatores litterarum apostolicarum, die in der Kanzlei die Urkunden von einem Büro zum andern tragen sollen. Im Kurienjargon heißen siegenicerii (= Ja-nitscharen). 1503 errichtet Alexander VI. ein Kolleg von 81 Brevenschreibern. Sie sind § 103 dem Sekretärskolleg untergeordnet, das sie durch einen aus ihrer Mitte berufenen magister brevium (sein Stellvertreter ist der substitutus brevium) beaufsichtigt. Das Brevenschreiberkolleg bleibt auch nach der Aufhebung des Sekretärskollegs bestehen. Julius II. errichtet 1507 ein Kolleg von 100 scriptores archivü Romane Curie. § 104 Sie dienen als öffentliche Notare in Kurienangelegenheiten, wobei sie für ihre Im-breviaturen ein Archiv einzurichten haben (daher ihr Name); außerdem schreiben sie bestimmte Suppliken. (Ein ähnliches, von Sixtus IV. 1483 errichtetes Kolleg der notarii Romanae curie mußte wegen seiner Mißbräuche 1484 wieder aufgehoben werden.) Pius V. schließlich überführte 1569 die Pönitentiarieschreiber als scriptores minorisgratie in die Kanzlei. 14. Jh. vertrauenswürdige Abbreviaturen und Skripturen fungieren als Sekretäre § 99 1456 Sekretäre als Ehrentitel (massenhaft verliehen) 6 partizipierende Sekretare Paul II. 1 secretarius domesticus 1487 Gründung des Sekretärskollegs; 30 secretarii apostolici (darunter die bisherigen 6 participantes), käufliche Ämter 1 secretarius domesticus (oft zugleich secretarius apostolicus) Leo X./ Paul III. 30 secretarii apostolici (darunter die bisherigen 6 participantes), käufliche Ämter Amt mitunter geteilt secretarius intimus (maior, Status) für die italienische Korrespondenz mit den Nuntien, unter Aufsicht des Kardinalnepoten 1586 das Kolleg kauft das Amt des secretarius domesticus mehrere secretarii domestici neuer Art (secretarius brevium etc.) ohne Beziehung zum Kolleg 1652 der Staatssekretär wird Kardinal; kein Kardinal-nepot mehr 1678 Aufhebung des Kollegs; die Aufgaben übernimmt der secretarius brevium Tabelle 3: Ubersicht über die Entwicklung der Sekretärsäniter Das Kanzleipersonal 59 2. Kollegialverfassung und Ämterkauf Frenz, Gründung; ders.. Kanzlei S. 183-201, 234-257; ders., Problem; G ö 1 1 e r, Hadrian VI.; Schwarz, Ämterkaufliehkeit; dies., Organisation Im 14. Jahrhundert wird für die Kanzleiskriptoren eine gemeinsame Organisation § 10 n sichtbar. Im frühen 15. Jahrhundert verdichtet sich diese zu einer förmlichen Kollegialverfassung für die Skriptoren und einige andere Beamtengruppen. Nach einem mißglückten Versuch unter Pius II. (1463/4) werden seit dem Regierungsantritt Sixtus' IV. (1471) systematisch neue Kollegien gegründet, die, von vier Ausnahmen abgesehen, sämtlich bis zur Annexion des Kirchenstaates durch Napoleon bestehen bleiben. Ein Kolleg ist ein förmlicher Zusammenschluß aller Inhaber eines Amtes, die § 10c auf diese Weise ihre dienstlichen Angelegenheiten in eigener Verantwortung regeln, insbesondere die Taxen zentral einziehen und abrechnen, die Arbeit organisieren, säumige Mitglieder strafen und ihre Rechte gegenüber anderen Kollegien, Behörden und sogar dem Papst wahren. Sie wählen dazu Funktionäre in monatlichem, seltener vierteljährlichem Wechsel, und zwar gewöhnlich einen receptor und einen computator für den Taxeinzug, defensores für die Wahrung der Kollegrechte und syndici, die das Amtsgebaren der ausscheidenden Funktionäre überprüfen. Dazu kommen weitere Funktionäre entsprechend den unterschiedlichen Aufgaben der Kollegien. Die Einnahmen werden gleichmäßig an alle Mitglieder verteilt; nur die Funktionäre erhalten Sonderzahlungen. Da die meisten Kollegien gemessen an ihren Aufgaben zu groß sind (vgl. unten), erhalten oft diejenigen Mitglieder, die tatsächlich tätig sind, eine spezielle Entlohnung pro labore, die aber nicht selten in ungesetzlicher Weise von den Petenten gefordert wird. Das Kolleg ist femer religiöse Bruderschaft. Als solche besitzt es eine eigene Kirche oder Kapelle und beschäftigt einen Kaplan, der in der Regel zugleich Notar ist. Teilnahme am Begräbnis verstorbener Mitglieder ist Pflicht. Jedes Kolleg besitzt ferner ein Amtsbuch (Uber officii), in welchem seine Privilegien und seine selbstbeschlossenen Statuten eingetragen sind, und eine Mitgliederliste {epita-phium), die stets auf dem Laufenden gehalten wird. Kolleggründungen und -enveiterungen: (vgl. Ho f ma n n, Forschungen 2. Bd. S. 1-68): Kanzleiskriptoren 1445, Abbreviaturen 1463/4, Pönitentiarie-Prokuratoren 1473/4, Rotano-tare 1477. Abbreviaturen (erneut) 1479. Sollizitaroren 1482, notarii Romane curie 1483. collectores faxe plumbi 1486, secretarii apostolici 1487, colleetores faxe plumbi (Erweiterung) 1497, Brevenschreiber 1503, scriptores archivii Romane curie 1507, presidentes anno-ne et mercium 15 09, portionarii ripe 1514, cubicularii et scutiferi 1515, milites Sancti Petri 1520, milites Sancti Pauli 1540. Kollegaufhebungen: Abbreviatoren 1464, notarii Romane curie 1484, subdiaconi et accoliti 1655, secretarii apostolici 1678, alle VakabüistenkoUegien durch Pius VII. Die zahlreichen Kolleggründungen stehen im Widerspruch zum Bemühen der § 10' Päpste nach dem Konzü von Konstanz, die Kurie zu verkleinem (Martin V. hatte die Beamten aller drei Obödienzen übernehmen müssen). Hierzu diente u.a. das System der participatio: nur einer begrenzten Zahl von Amtsinhabern (in der Regel der Sollzahl vor dem Schisma) wird Zugang zu den Amtsgeschäften und den Einnahmen gewährt (participantes), während die übrigen (supranumerarii) sich mit den immateriellen Ehrenrechten und der Anwartschaft auf die partici-patio begnügen müssen. Die Kursänderung seit Pius II. bzw. Sixtus IV. ist nur im Zusammenhang mit der Einführung der Ämterkäuflichkeit zu verstehen. Seit dem 14. Jahrhundert war es üblich, dem Papst als Dank für die Ernennung § zum Skriptor, später auch bei anderen Ämtern, ein „Geschenk" zu machen. Im 15. Jahrhundert wandelt sich dies Geschenk zu einem förmlichen Kaufpreis, der in der Datarie zu bezahlen ist. Seit Pius II. bzw. Sixtus IV. werden systematisch bestehende Ämter in käufliche umgewandelt und neue Ämter nur zum Zweck des Verkaufs geschaffen; dies war eine Möglichkeit für die Kurie, unter Umgehung des kanonischen Zinsverbotes Anleihen aufzunehmen, wobei die mit dem Amt verbundenen Einnahmen (Taxen) die Verzinsung darstellen. Die meisten käuflichen Ämter sind officio venalia vacabilia, d.h. man kann sie kaufen (venalia) und weiterverkaufen (vacabilia). Letzteres muß aber spätestens 20 Tage vor dem Tode des Inhabers geschehen; andernfalls fällt das Amt an den Papst zurück und kann von diesem erneut verkauft werden. Die Kaufpreise bewegen sich in der Regel zwischen 1000 und 2000 fl.; beim Weiterverkauf erhält der Papst eine Gebühr von 50—100 fl. Es ist unter bestimmten Bedingungen auch möglich, den Kaufpreis aus den laufenden Einnahmen zu begleichen (officium hypothecatum) oder sich zum Zwecke des Kaufs mit anderen zusammenzutun (societas officiorum). Bei der Ernennung zum Bischof oder Kardinal müssen die meisten Ämter aufgegeben werden. Viele Kuriale haben mehrere Ämter, teils sogar im selben Kolleg inne. C. DIE REFORMEN PIUS' X. UND PAULS VI. AAS 1 (1909) 16f., 103f., 132-134; AAS 59 (1967) 896, 923, 927; AAS 65 (1973) 112-116; Cod e x Iuris C a n o n i c i S. 72f.; D e 1 R e, Curia; H i 11 i n g, Römische Kurie; Rabikauskas, Cancellaria; ders., Diplomatica S. 197-200; Schmitz-Kallenberg, Lehre S. 116; S t o r t i, La scornparsa Die große Reformbulle Pius' X. „Sapienti consilio" von 1908 griff auch in die Urkundenexpedition der Kurie nachhaltig ein. Die Kanzlei wurde auf die Ernennungsurkunden für die Konsistorialpfründen und vergleichbare Sachen beschränkt, also jene Materien, für die Leo XIII. den Gebrauch des Bleisiegels beibehalten hatte. Ihre Weisungen empfängt sie von der Konsistorialkongregation oder vom Papst selbst; es gibt nur noch einen Expeditionsweg ,,per viam cancellariae". Der Vizekanzler wurde in Kanzler umbenannt, das Abbreviatorenamt abgeschafft und an ihrer Statt die partipizierenden Protonotare wieder in ihre uralten Rechte eingesetzt. Im Jahre 1909 bestand die Kanzlei aus dem Kanzler, demre-gens cancellariam, 5 Protonotaren, dem adiutor studii, einem Archiv- und einem Protokollbeamten und 4 Skripturen. Der Datarie verbleiben die Provisionsurkunden für die niederen Pfründen (die als Bulle mit Farbstempel expediert werden). Die förmliche Supplik wird dabei aber abgeschafft; an ihre Stelle tritt die Minute, jedoch bleibt das Verfahren sola signatura (als „per decretum simplicis signaturae" bezeichnet) vorbehalten. 1909 Die Reformen Pius' X. und Pauls VI. 61 besteht die Datarie aus dem Datar (das Amt gilt jetzt als kardinalizisch, die Bezeichnung Prodatax fällt also weg), dem Subdatar, dem Präfekten und seinem Substituten, 3 Schreibern und 5 weiteren Mitgliedern. Das Staatssekretariat verfügt über drei Abteilungen, deren dritte für die Expedition der Breven zuständig ist. Sie steht unter Leitung des cancellarius brevium apostolicorum, unter ihm arbeiten 1909 sechs weitere Mitglieder. Die übrigen, aus dem secretahusdomesticus hervorgegangenen Sekretariate bleiben unberührt, jedoch wird ihr Wirkungskreis nicht näher definiert. In derselben Weise werden diese Behörden in den canones 260, 261, 263, 264 des Codex Iuris Canonici beschrieben. Die Kurienreform Pauls VI. von 1967 legt der Kanzlei auch die Befugnisse zur § 11( Expedition von Breven bei. Die Datarie wird aufgehoben; ihre Funktionen übernimmt das Staatssekretariat. Am 27.2.1973 schließlich überführt Paul VI. die Kanzlei ins Staatssekretariat, wo sie hinfort als cancellaria litterarum apostolicarum eine Abteilung bildet. Das Kanzleramt wurde aufgehoben. VI. DER GESCHÄFTSGANG Bangen, Römische Kurie; Breßlau II lfi'.; Frenz, Kanzlei S. 79-90; M ej er, Curie; Rabikauskas, Diplomatien; Schmitz-Kallenberg, Lehre; d e r s., Practica sowie die Angaben bei den einzelnen Kapiteln und Abschnitten und Tabelle 4. Der Geschäftsgang bei der Ausstellung einer Papsturkunde gliedert sich in zwei § 11 Abschnitte; die Genehmigung der Bitte und die eigentliche Ausfertigung der Urkunde. Die Bitte wird gewohnlich schriftlich vorgetragen, und zwar in der Regel durch eine förmliche Supplik, welche schriftlich beschieden wird; nur bei einfachen Justizsachen genügt ein formloses Schriftstück. Eine Ausnahme bildet das Verfahren im Konsistorium bei der Vergabe der Bischofsstühle und größeren Männerklöster, das zum Beurkundungsbefehl in Form der Konsistorialzedel führt. In der Neuzeit ist teilweise die Praxis zu beobachten, daß die Genehmigung aufgrund des ausformulierten Konzeptes erfolgt; schließlich kommen in Einzelfällen immer wieder auch mündliche Genehmigungen vor. Bei der Ausstellung der eigentÜchen Urkunde treten neben den gewöhnlichen Weg durch die Kanzlei (expeditio per cancellariam), wie er sich im 12. und 13. Jahrhundert ausgebildet hat, v.a. im 14. und 15. Jahrhundert eine Reihe weiterer Expeditionswege. Die Kanzleireform Johannes' XXII. bringt eine gewisse Differenzierung bei der Behandlung von Gnaden- und Justizsachen; für letztere entwickelt sich daraus die expeditio per viam correctoris. Im späten 14. Jahrhundert entsteht die expeditio per cameram, durch die sich die Kanzlei regeln umgehen ohne Supplik ohne besondere Klausel ohne Beachtung der Kanzleiregeln signierte Supplik mit Klausel sola signatura mit Klausel motu proprio mit Klausel per breve ohne Supplik memoriále oder signierte Supplik mit Beachtung der Kanzleir^geln expeditio per cameram expeditio per cancellariam (keine weitere Expedition) Expedition als Motuproprio Expedition als breve supplicatione introclusa ex ten sum expeditio per viam correctoris § 1 Tabelle 4: Ubersicht über die verschiedenen Expeditionswege Die Genehmigung der Bitten 63 lassen, und die neue Urkundenform der Breven und des Motuproprio. Überhaupt keine Urkunde wird ausgestellt, wenn der Supplik selbst Rechtskraft verliehen wird (sola signatura gültige Supplik). Die Wahl des Expeditionsweges ist Sache des Petenten. Er muß dabei allerdings beachten, daß sich nicht alle Materien für jeden Expeditionsweg eignen und daß Taxen in unterschiedlicher Höhe anfallen; für die Expedition als Breve oder Motuproprio oder bei sola signatura gültiger Supplik muß er der Bittschrift eine entsprechende Klausel einrücken. Im späten 15. Jahrhundert werden etwa vier Fünftel aller Urkunden unter dem Bleisiegel (per cancellariam, per cameram oder per viam correctoris) expediert, ein Achtel als Breve und der Rest als sola signatura gültige Supplik oder als Motuproprio. In der Neuzeit geht der Anteü der litterae und Bullen stark zurück und die Breven treten an die erste Stelle. Seit dem späten 15. Jahrhundert sind Anleitungen für Petenten überliefert, § 113 wie bei der Expedition einer Urkunde zu verfahren ist; deren älteste sind die anonyme Practica (ed. Schmitz-Kallenberg) von ca. 1480 und diejenige des Dr. Dittens von ca. 1520 (ed. H a 11 e r, QFIAB 2). Auch die Kommentare zu den Kanzleiregeln, beginnend mit der Glosse des Alfons de Soto (vgl. Göller, AfkKR 85, 86) enthalten zahlreiche Hinweise zu diesem Thema. Sammlungen von Formularen für Suppliken und Urkunden gibt es seit dem 13. Jahrhundert (vgl. § 59). A. DIE GENEHMIGUNG DER BITTEN Bangen, Römische Kurie S. 370-418, 430-434; Breßlau 11 2-25,104-114; F r e n z, Kanzlei S. 91-103; H e c k e 1, Aufkommen; Herde, Beiträge S. 150-160; Katterbach, Referendarii; d e r s., Specimina S. VIff.; Pitz, Suppliken-signatur; Rabikauskas, Diplomatica S. 130f., 166-172 Bis zum Anfang des 13. Jahrhunderts galt der Grundsatz, daß der Bittsteller sei- § 114 ne Wünsche persönlich in Rom vorzutragen habe; nur hochgestellte Personen durften sich eines Stellvertreters bedienen. Für die stilgerechte Abfassung der Bittschriften boten gegen Bezahlung freiberufliche petitionarii, die nicht selten auch eine an sich verbotene Stellvertretung übernahmen, ihre Dienste an. Im November 1215 wurde die Stellvertretung allgemein erlaubt, jedoch mußte der pro-curator eine auf seinen Namen lautende Vollmacht seines Auftraggebers vorweisen; außerdem wurden die Prokuratoren der Aufsicht des auditor litterarum con-tradictarum unterstellt. Da sich die Stellung dieser Prokuratoren aber im Laufe des 14. Jahrhunderts in ein förmliches Kurienamt verwandelte, wurde der Platz für eine neue Gruppe freier Prokuratoren frei; Versuche, wenigstens das finanzielle Gebahren dieser Prokuratoren einer Kontrolle zu unterwerfen (Verpflichtung zur Vorlage von Expensenrechnungen, vgl. Mayr-Adlwang, MIÖG 17; Hof-mann, Forschungen II S. 209ff.), blieben ohne nachhaltigen Erfolg. In der Neuzeit nennt man die Prokuratoren Agenten. Wer allerdings die speziellen Bestimmungen für Arme (Gratis-Expedition in forma pauperum) in Anspruch nehmen wollte, mußte weiterhin persönlich erscheinen. Die Bitte wurde dem Papst entweder mündlich vorgetragen, oder es wurde eine Bittschrift vor ihm verlesen. Die Entscheidung erfolgte ebenfalls mündlich, wobei sich der Papst eine nochmalige Verlesung im Stadium des Konzeptes und/ oder der Reinschrift vorbehalten konnte. Im übrigen war die Bearbeitung der Bittschriften Aufgabe des (Vize)kanzlers und der Notare, die Routinefalle mit eindeutiger Rechtslage auch selbständig entscheiden konnten. Die Notare unterhielten eine „Bittschriftenannalunestelle" (data communis), die im Turnus von einem Notar betreut wurde (dies notani) Im 14. Jahrhundert wird es üblich, die Bittschriften (oder: Suppliken) schrift- § 115 lieh zu bescheiden (Fachausdruck: signieren). Zugleich geht die Vorbereitung der Entscheidung auf die Referendare über. Benedikt XII. führt die Registrierung der Suppliken ein. Im 15. Jahrhundert stellt sich das Verfahren wie folgt dar: die Supplik wird § 116 bei den Referendaren eingereicht, von diesen geprüft und mit den erforderlichen Vermerken versehen: am oberen Rand wird eine kurze Inhaltsangabe, das sum-marium, eingetragen, die bis zu einem einfachen Schlagwort verkürzt sein kann, femer der Name der Diözese, aus welcher der Bittsteller stammt, und der Name des Referendars. Die vorbereitete Supplik legt der Referendar dem Papst vor, wobei er wohl einen Vorschlag über ihre Annahme oder Ablehnung macht. Im positiven Fall signiert der Papst die Supplik, d.h. er setzt eigenhändig hinter ihr corpus die Worte: Fiat, ut petitur, N.1, hinter die Klauseln Fiat, N. Die Signatur kann mit Einschränkungen oder Zusätzen versehen werden, z.B. Fiat, ut petitur, si sit sufficiens2. Nicht genehmigte Teile der Supplik, insbesondere nicht genehmigte Klauseln, werden gestrichen. Was mit den Suppliken geschieht, die insgesamt verworfen werden, ist nicht bekannt. Reformationen (Bitten um Änderung einer früheren Signatur) genehmigt der Papst durch Fiat, Bitten um Eröffnung eines Prozesses vor der Rota mit AudiatN. N. auditor3. Der Buchstabe am Schluß der Signatur ist die Initiale des Taufnamens des Papstes. Neben der Signatur des Papstes gibt es die Signatur des referendarius domesti-cus, und zwar erstmals während einer schweren Erkrankung Eugens IV. (1431 — 1447): um sich von der Schreibarbeit zu entlasten, wies dieser einen besonders zuverlässigen Referendar an, seine Entscheidung auf der Supplik einzutragen. Die Formulierung lautet dann: Concessum, ut petitur, in presentiadomininostri pape, N.N.4 bzw. Concessum in presentia domini nostripape. In derselben Weise ließen auch Nikolaus V. (1447-1455) und alle Päpste seit Pius II. (1458-1464) signieren, nicht aber Calixt III. (1455-1458); die eigenhändige Signatur des Papstes bleibt daneben aber bestehen. Eine dritte Signaturform ist diejenige des Vizekanzlers. Er verwendet die Formel: Concessum, ut petitur, N.N Die Signaturbefugnis des Vizekanzlers ist in der letzten Kanzleiregel festgelegt. Sie erstreckt sich nur auf unbedeutende 1 es geschehe, wie erbeten, (Name] 2 es geschehe, wie erbeten, sofern der Petent ausreichende Kenntnisse besitzt 3 es soll der Auditor N.N. verhören 4 genehmigt, wie erbeten, in Anwesenheit unseres Herrn Papstes, |Name) Die Genehmigung der Bitten 65 Materien; außerdem darf er keine Klauseln signieren. Mit dem Regierungsantritt Alexanders VI. kommt die Signatur des Vizekanzlers praktisch zum Erliegen. In der Neuzeit wird auch die eigenhändige Signatur des Papstes selten. Sie erfolgt nur noch an wenigen Tagen im Jahr, dafür aber öffentlich, um „zu zeigen, wie der Papst Gerechtigkeit übt". Die Referendare, zur Behörde der Signatura zusammengefaßt und in der stanza della segnatura im Vatikanspalast tagend, entscheiden völlig selbständig, wobei der Kardinalpräfekt allerdings an den Mehrheitsbeschluß der referendarii votantes gebunden ist; die Floskel in presentia domini nostri pape in der Signaturformel bleibt erhalten, ist aber jetzt gegenstandslos. Die signierte Supplik wird sofort mit dem laufenden Datum versehen. Dies ist § fVT-bei der Signatur des Papstes oder des referendarius domesticus Aufgabe des Datars; der Vizekanzler datiert selbst. Dieses Datum wird später als Datum der Urkunde übernommen. Es kann also von erheblicher rechtlicher Bedeutung sein, etwa bei Pfründenangelegenheiten, bei denen gemäß der Regel prior in data, potior in iure* ein möglichst frühes Datum wünschenswert ist. Um Verzögerungen bei der Signatur zu entgehen, kann man den Datar um eine sog. parva data bitten: der Datar trägt dann auf der noch unbearbeiteten Supplik am unteren Rand in kleiner Schrift das laufende Datum ein; wenn die Supplik später signiert ist, übernimmt er diesen Tag als normales Datum (magna data). Im 18. Jahrhundert erscheint die parva data als regelmäßiger Kanzleibrauch; sie wird nicht einmal mehr auf der Supplik selbst eingetragen, sondern auf einem vorgeschalteten formlosen Schriftstück (memoriále), das in einen zweimal täglich geleerten Kasten beim Datar einzuwerfen ist. Erst wenn die Expedition der Urkunde wirklich in Angriff genommen wird, schreibt man die förmliche Supplik aus. Der Datar leitet die signierte und datierte Supplik an die Supplikenregistratur § 1 ] ; weiter. Bei Dispensen handelt er zuvor noch mit dem Petenten die compositio aus (theoretisch freiwillige Zahlung an den Papst aus Dankbarkeit für die gewährte Gnade). Im Registerbüro wird der Name des Petenten in ein öffentüch ausliegendes Verzeichnis, den Uber de vacantibus, eingetragen. In diesem Verzeichnis muß der Bittsteller semen Namen aufsuchen und den Registerkleriker zur Austeilung der Supplik an einen Registerschreiber veranlassen; über die Austeilung wird im Uber distributionum Buch geführt. Die Registrierung hat binnen drei Tagen zu erfolgen. Dann wird die Supplik an den Kanzleileiter gesandt (hierüber gibt der Uber de dimissis Auskunft) bzw., wenn sie sola signatura gültig ist, dem Empfänger ausgehändigt. Seit dem 16. Jahrhundert erlangt der Datar das Recht, kleinere Fehler in den § 11 ^ Suppliken eigenmächtig zu korrigieren. Dieses zum Ärger der übrigen Behörden immer exzessiver genutzte Recht führt schließlich dahin, daß im 18. und 19. Jahrhundert die Datarie selbst die Bearbeitung der Bitten übernimmt. Nunmehr trägt bei Pfründensachen der per obitum, bei anderen Materien der Subdatar das Summarium ein, der Datar referiert dem Papst und erwirkt die Signatur. Dann setzt der prefectus datarum die parva data auf die Supplik. DafáítVÍFelÉ 5 früheres Datum, besseres Recht ■2 mehrere revisores in Aktion, die auch verbessernd in den Text eingreifen können, schließlich trägt der Datar die magna data ein. Der officialis de missis verzeichnet die Supplik in einer Liste, worauf sie registriert wird. Wenn die Ausstellung als Breve beabsichtigt ist, fertigt noch in der Datarie der officialis brevium das Konzept an. Schließlich wird die Tätigkeit der Signatur auch noch durch die von Sixtus V. § 120 errichteten Kardinalskongregationen eingeschränkt, die selbständig über Suppliken entscheiden bzw. die Entscheidung des Papstes herbeiführen können. Außerdem bearbeitet seit Benedikt XIV. auch die secretaria brevium die Bittschriften für bestimmte Materien. B. DIE AUSFERTIGUNG DER URKUNDEN 1. expeditio per cancellariam Acht, Recipe-Vermerk; Barbiche, BECh 128; Breßlau I 266-311, II 150-159, 171-175; Diek amp, MIÖG 4 S. 517 -528; F a w t i e r, Introduction S. XVIff; Frenz, Kanzlei S. 105-131, 154-162; Herde, Beiträge S. 161-213; Ho f man n, Forschungen I 44ff.; N ü s k e, AD 20, 21; O t ten t hal, MIÖG Erg.-Bd. 1; Rabikauskas, Diplomatica S. 118-121, 132-134, 177-180; Schmitz-Kallenberg, Lehre S. 102-106; Tangl, MIÖG 13; ders., Kanzleiordnungen Kanzleiregeln: Breßlau I 349-352; Golier, AfkKR 85, 86; J a c k o w s k i, AfkKR 90; O 11 e n t h a 1, Regulae; R i g a n t i, Commentaria; Teige, MIÖG 17 S. 422-440 Tabelle 5: expeditio per cancellariam § 121 Taxzahlungen: compositio Gebühr im Suppli-kenregister Anzahlung auf die Konzepttaxe íl.) Taxe fúr die Reinschrift Kc So (2.) Taxe für das Konzept Uizitatorentaxe 1. ) Einreichung der Supplik 2. ) (Eintragung der parva data) 3. ) Prüfung durch die Referendare 4. ) Genehmigung (Signierung) durch Papst oder referendarius domrsticus (Kardinalpräfekt der Signatura) oder Vizekanzler 5. ) Datierung durch den Dataj 6. ) Verhandlung mit der Datarie über die compositio 7. ) Registrierung der Supplik 8. ) Anfertigung des Konzepts durch die Abbreviaturen 9. ) Anfertigung der Reinschrift durch die Skripturen 10. ) Taxfestsetzung und Taxquittierung der Skriptoren 11. ) prima visio (Vergleich von Konzept und Reinschrift) durch die Abbreviaturen 12. ) Taxquittung der Abbreviatoren 13. ) Tax-(und Annaten)quittung der Sollizita- toren Position des Kanzleivermerks 5 8 10, 11, 17,7 30 13 15 Die Ausfertigung der Urkunden 67 Anteile an den Annaten (bzw. Servilen) (3.) Taxe für das Siegel (4.) Taxe für das Register 14. ) (Annatenquittungen der scriptores archivii, portionarii ripe, Kammerkleriker, cubicularii et scutiferi, partizipierenden Protonotare, milites S. Petri und magistri 18, 19, 20 phimbi) 15. ) (Prüfung eines Pfründen- oder Tabellionats- bewerbers) 3 16). (Pfriindenresignation) 24, 25 17. ) iudicatura durch die Abbreviaturen des parcus maior (Vergleich von Supplik und Reinschrift i 29 18. ) Untersuchung der Reinschrift auf äußere Mängel durch den custos cancellarie 19. ) Freigabe durch den Kanzleileiter 1, 2 20. ) (Verlesung in der Audientia) 3, 4 21. ) Uberprüfung der Taxe durch die magistri plumbi 12,9 22. ) Einzug der Siegeltaxe durch die collectores faxe plumbi 6 23. ) Anbringung der BleibuUe durch die Plumbatoren 24. ) annotatio (Taxsummenvermerk) der Sollizitatoren 16 25. ) Registrierung der Urkunde 26 26. ) (Weiterleitung an die Kammer oder die Datarie) 2 27. ) (publicatio in valvis) 3 Die expeditio per cancellariam zerfallt in 6 Einzelabschnitte: § 12 L a) Anfertigung des Konzeptes, b) Anfertigung der Reinschrift, Taxierung der Urkunde und Taxzahlung, c) 1. Kontrolle der Reinschrift und Taxzahlungen, d) 2. Kontrolle der Reinschrift, e) Besiegelung und Taxzahlung, f) Registrierung und Taxzahlung. Die erforderlichen Schritte kann der Petent selbst veranlassen oder sich eines Prokurators bedienen. Die Kanzlei versucht zeitweise, die Prokuratoren zu überwachen: im 13. Jahrhundert unterstehen sie der Aufsicht des auditor litterarum contradictarum, dem sie ihre Vollmacht insinuieren müssen; im 15. Jahrhundert müssen sie eine Aufstellung ihrer Ausgaben (Expensenrechnung) zur Überprüfung vorlegen. Seit 1482 stehen als amtliche Prokuratoren die Sollizitatoren, die allerdings auch dann bezahlt werden müssen, wenn der Petent sich ihrer nicht bedient, zur Verfügung. a) Anfertigung des Konzeptes Dem Konzept liegt gewöhnlich eine signierte Supplik zugrunde. Bei Konsistorialprovisionen § 125 tritt die contracedula (vgl. § 43) an ihre Stelle. Bei Mehrfachausfertigungen kann das zuerst ausgestellte Original für die übrigen Exemplare die Rolle des Konzepts übernehmen, ebenso die korrigierte Ausfertigung bei den litterae rescriptae. Bei Neuausfertigung aus dem Register dient die von den magistri registri beglaubigte Abschrift aus dem Register (sumptum) als Konzept. - Bevor die schriftliche Supplikensignatur üblich wurde, genügte wohl der mündliche Befehl des Papstes an den Notar. Auch in spaterer Zeit konnten hochgestellte Personen und privilegierte Gruppen (z.B. die Jesuiten) einen mündlichen Befehl erlangen. Die Konzepte werden von den Notaren aufgesetzt. Sie lassen sich bei dieser Tätigkeit häufig von ihren Abbreviaturen vertreten und werden seit der Kanzleireform Johannes' XXII. ganz von diesen verdrängt. In der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts verfassen nur noch die Abbreviaturen des parcus maior Konzepte. Seit dem späten 14. Jahrhundert treten bei einigen Materien (bestimmte kleinere Gnadenerweise und Ablaßurkunden) die Sekretäre an die Stelle der Abbreviaturen. Daß der Petent selbst ein fertiges Konzept vorlegt, ist im 14. Jahrhundert ausdrucklich verboten (Ausnahme siehe § 137), im 15. Jahrhundert aber durchaus üblich. Beün Konzipieren werden die bereits dem stiluscuriae entsprechenden Formulierungen der Supplik entsprechend umgesetzt; außerdem stehen Formelbücher zur Verfügung (vgl. § 59). Bis ins 14. Jahrhundert hinein wird das Konzept der wichtigeren Urkunden vor dem Papst verlesen {litterae legendae), nur Routinesachen werden ohne Verlesung gewährt (litterae dandae). Seit die Suppliken schriftlich signiert werden, empfindet man diese Verlesung als überflüssig; viele Petenten erbitten und erhalten Befreiung davon durch Genehmigung der Klausel et quod litterae transeant sine alia lectione (es kann aber auch sein, daß sich diese Klausel auf eine Verlesung des Originals bezieht, vgl. § 129). Vom 15. Jahrhundert an ist die Verlesung nicht mehr üblich. Nur bei Expedition aufgrund mündlichen Befehls wird weiterhin das Konzept einer Kontrolle unterworfen. Die Abbreviaturen erheben für das Konzept eine Anzahlung von 5 grossi auf ihre Taxe, die später bei der Taxzahlung angerechnet wird (Vermerk dimissis quinque in Position 5). b) Anfertigung der Reinschrift, Taxierung der Urkunde und Taxzahlung Das Konzept wird an einen Skriptor zur Reinschrift ausgeteilt. Dies ist Aufgabe des Distributors der Skriptoren; für die Austeilung der litterae rescribendae ist ein eigener Reskribendar zuständig. Seit der Kanzleireform Johannes' XXII. endet die Sonderbehandlung der Reskribenden. Statt dessen wird der Distributor auf die litterae iusticiae beschränkt, während der Reskribendar die litterae gra-tiae verteilt. Mit der Gründung des Skriptorenkollegs 1436 endet die Tätigkeit des Distributors völlig. Die Reskribendare wechseln jetzt vierteljährlich, nachdem zuvor halbjährlicher Wechsel üblich war. Die Verteilung der Konzepte an die Skriptoren ist eine diffizile Aufgabe, da einerseits die Skriptoren Anspruch darauf haben, an Arbeit und Einnahmen gleichmäßig beteiligt zu werden (aequalis distributio), andererseits aber die Höhe der Taxe nicht von der Länge der Urkunde abhängt. Der Skriptor muß die Reinschrift eigenhändig anfertigen und in Position 8 mit seinem Namen unterschreiben. Diese Unterschrift, die im 13. Jahrhundert manchmal auch in Position 5 steht, ist zunächst nur eine abgekürzte Sigle, ehe sich im Laufe des 14. Jahrhunderts der volle Namen durchsetzt. Stellvertretung Die Ausfertigung der Urkunden 69 durch einen Kollegen war zulassig; der Name des vertretenden Skriptors steht mit pro in Position 7. Für die Verzierungen der ersten Zeüe war die Beschäftigung eines Gehilfen zulässig. Die fertige Reinschrift wird dem Distributor (bzw. Reskribendar) abgeliefert. § MS Dieser setzt, unterstützt und kontrolliert vom Komputator, die Taxe fest und zieht sie ein. Beide quittieren die Zahlung durch ihre Unterschrift in Position 11; außerdem gibt der Reskribendar über seinem Namen die Höhe der Taxe an (in grossi Turonenses, von unten nach oben geschrieben) und vermerkt in Position 10 den Monat der Zahlung. Bei schwierigen Fällen, vor allem beim Vermerk gratis pro deo, sind auch die deputati des Kriptorenkollegs an der Taxfestsetzung beteiligt (Vermerk in Position 17). Seit der Pönitentiariereform Pius' V. werden bestimmte Materien (z.B. die § \z L Ehedispense in entfernteren Graden der Verwandtschaft), die früher als Pöniten-tiarieurkunde ergingen, wieder als Papsturkunde ausgestellt. Für die Reinschrift dieser Urkunden sind die scriptores minoris gratie (die früheren Pönitentiarie-schreiber) zuständig. Im 19. Jahrhundert werden die Urkunden von 2 General-Depositaren taxiert, die am Ende des Geschäftsganges die gesamte Taxe einziehen. An die Stelle der Skripturen, deren Kolleg Pius VII. aufhob, treten die Substituten der Abbreviaturen. c) 1. Kontrolle der Reinschrift und Taxzahlungen Die Kontrolle der Reinschrift beginnt mit dem Vergleich zwischen Konzept und § 12*?-Reinschnft auf die Ubereinstimmung des Wortlauts (prima visio). Dies ist im 13. Jahrhundert Aufgabe der Notare (in der Regel vertreten durch ihre Abbreviato-ren) und in der folgenden Zeit stets von Abbreviaturen, die nicht dem parcus maior angehören (Unterschrift in Position 30). Anschließend ist die Taxe für die Abbreviaturen zu zahlen (Quittung in Position 13, davon der oberste Name der eines Mitglieds des parcus maior); wenn das Konzept von den Sekretären aufgesetzt wurde (vgl. oben § 123), setzen diese die Taxquittung in Position 14. Bei Neuausfertigung aus dem Register vergleichen außerdem die Auskultatoren des Skrip-torenkollegs noch den Text mit dem sumptum (Vermerk in Position 3). Ebenso vergleichen die Auskultatoren den Text von inserierten Urkunden und von Texten, für die es einen amtlich festgelegten Wortlaut gibt, z.B. die Eidesformel der Bischöfe (Concorctor-Vermerk in Position 3). Es kann aber auch sein, daß diese Kontrollen erst unmittelbar vor der Judikatur erfolgen. Seit 1482 erheben jetzt auch die Sollizitatoren ihre Taxe, die in bestimmter § 12h Relation zur Skriptorentaxe steht (Position 15). Bei Pfründenprovisionen schließen sich eine Reihe von weiteren Zahlungen an; es handelt sich dabei um Anteile an den Annaten und Servitien, die bestimmten Kollegien und Beamten zustehen und deren Zahlung auf der Urkunde quittiert wird: Sollizitatoren (Position 15), scriptores archivii Romanae curie (Position 18), portionarii ripae und Kammerkleriker (Position 19), cubicularii, scutiferi, partizipierende Proto-notare, milites sanctiPetri und magistri plumbi (Position 20). 70 Der Geschäftsgang d) 2. Kontrolle der Reinschrift Nach den Taxzahlungen wird die Urkunde auf ihren Inhalt überprüft. Dies ge- § 129 schieht in alterer Zeit durch Verlesung der Urkunde vor dem Papst. Seit Innozenz III. kontrolliert der Korrektor (u.U. unterstützt von den Auskultatoren) die Reinschrift auf Stil und Inhalt; diese Funktion verliert er jedoch seit Johannes XXII. für die Gnadensachen. Verlesung vor dem Papst ist weiterhin möglich, häufiger aber und vom 14. Jahrhundert an ausschließlich erfolgt die Begutachtung der Urkunde in einer Versammlung von Kanzleileiter, Notaren und ausgewählten Abbreviaturen; diesen Vorgang bezeichnet man als „Kanzlei halten" (cancellariam tenere), seit der Mitte des 15. Jahrhunderts als iuäicatura. Die Kanzleireform Johannes1 XXII. bedingte eine Trennung in cancellaria gratis (Vizekanzle rund 12 Abbreviaturen des parcus maior) und cancellaria iusticie (Vizekanzler, Notare und weitere Sachverständige). In dieser Weise wurde es - wenigstens theoretisch -noch unter Martin V. gehalten; dann schläft die cancellaria iustitie ein. Die Kanzlei tagt gewöhnlich drei Mal in der Woche. Vor die Judikatur können noch andere Schritte eingeschoben werden, die ebenfalls der Tatsachenverifizierung dienen: Tabellionats- und Pfründenbewerber, die in Rom anwesend sind, werden geprüft; das Ergebnis erscheint in Position 3. Bei Pfründenresignationen wird eine Protokollnotiz über die erfolgte Resignation in Position 24 gesetzt. Wenn bei Pfründen von Kurialen die Zustimmung des Verfügungsberechtigten eingeholt werden mußte, erscheint in Position 25 der Vermerk Docuit de consuetis. Im späten 15. Jahrhundert ist die Judikatur weitgehend auf eine Revision durch einen einzelnen Abbreviatur reduziert (Vermerk in Position 29, aber möglicherweise nicht eigenhändig); der gesamte parcus maior beschäftigt sich nur noch mit besonderen Fällen. Basis seiner Entscheidungen sind die päpstlichen Kanzleiregeln, die jeder Papst am Tage nach seiner Wahl erläßt, wobei in der Regel die Bestimmungen des Vorgängers unverändert übernommen werden; sie enthalten auch die päpstlichen Pfründenreservationen, deren Gültigkeit allerdings durch die verschiedenen Konkordate beschränkt ist. Nach der Judikatur durch die Abbreviaturen untersucht der custos cancellarie die Urkunde auf äußere Fehler (z.B. unerlaubte Rasuren) und präsentiert sie dann dem Kanzleileiter, der sie zur Be-siegelung freigibt (Vermerk: ein L in Position 1, der Anfangsbuchstabe seines Namens in Position 4). Beanstandungen bei den Kontrollen führen zu Korrekturvermerken an den § seitlichen oder am oberen Rand der Urkunde. Wenn die Korrektur ausgeführt ist, werden sie ausradiert oder durchgestrichen. Größere Fehler, besonders wenn Namen betroffen sind, führen zur Reskribierung; anstelle der Judikatur werden bei den Utterae rescriptae von einem Abbreviatur und einem Skriptor alte und neue Urkunde verglichen (Vermerk in Position 28). Neuausfertigungen aus dem Register werden von den magistri registri mit dem Originaleintrag im Registerband verglichen (Vermerk in Position 5); ob vor, nach oder statt der Judikatur, ist unbekannt. Die Ausfertigung der Urkunden 71 ej Besiegelung und Taxzahlung Vor die Besiegelung kann die Verlesung in der Audientia treten; vgl. § 139. § *\ $ I Ehe das Siegel angehängt wird, ist zunächst die Siegeltaxe zu zahlen. Sie ist in der Regel genauso hoch wie die beiden Taxen für Konzept und Reinschrift, jedoch überprüfen die magistriplumbi noch einmal die Taxfestsetzung der Skripturen und nehmen mitunter Änderungen vor. Die Taxe wird jetzt in Kammergulden {floreni auri de camera\ ein Gulden = 10grossi) berechnet und in Position 9 angegeben; dabei können aber mehrere Urkunden zu einer Gesamttaxe zusammengefaßt werden, so daß die Deutung schwierig ist. Die Taxe wird ursprünglich von Gehilfen der Plumbatoren, seit 1486 von den collectores taxe plumbi eingezogen (deren Quittung in Position 6). Außerdem sind Vertreter anderer Kollegien, die am Ertrag der Siegeltaxe beteiligt sind, anwesend (z.B. der Breven-schreiber). Wenn der Plumbator das Siegel angehängt hat, trägt seit 1482 der annotator der Sollizitatoren in Position 16 einen Vermerk über die Betreuung der Urkunde und die Summe der Ausgaben ein. f) Registrierung und Taxzahlung Anschließend wird die Urkunde ins Register eingetragen (vgl. §§ 70—78) und § j "i'Z nach Zahlung der Registertaxe dem Petenten augehändigt, sofern nicht durch einen Vermerk in Position 2 die Weiterleitung an die apostolische Kammer oder die Datarie zwecks Zahlung der Annate bzw. Komposition angeordnet ist. Die geschehene Registrierung erweist der Registrata-Vermerk in Position 26, der im 13. Jahrhundert einen Hinweis auf die Bandzählung enthalten kann. 2. expeditio per cameram Frenz, Kanzlei $. 132-140; Ott«n th al, MIÖG Erg.-Bd. 1; P a r t n e r, Camera; Rabikauskas, Diplomatica S. 181f. Tabelle 6: expeditio per cameram § 13 Taxzahlungen 1.)-16.) wie Tabelle 5 Position des Kanzleivermerks 17. ) (Genehmigung des notarius cancellariae) 18. ) Anbringung des Summariums durch den Summator 22 19. ) Unterschrift des Sekretärs 14 20. ) Uberprüfung der Taxe durch die magistri plumbi 12,9 (3.) Taxe für das 21.) Zahlung von drei Taxen Siegel (4.) Taxe für das Register (5.) Taxe für den Sekretär 22. ) Anbringung der Bleibulle durch die Plumbatoren 23. ) annotatio (Taxsummenvcrmerk der Sollizitatoren 16 24. ) Freigabe durch den Papst in der camera secreta 25. ) Registrierung 26 72 Der Geschäftsgang Die expeditio per cameram zweigt im Bereich der Kontrollen von der gewöhnli- § 134 chen expeditio per cancellariam ab. Sie dient ursprünglich dazu, bei kleineren Versehen trotz dem Widerstand der Abbreviaturen, die für ihre strenge Anwendung der Kanzleiregeln berüchtigt sind, eine Reskribierung zu vermeiden. Der Sekretär trägt dann den Fall dem Papst vor, der die Expedition selbst befiehlt, wobei er sich über die Kanzleiregeln hinwegsetzt, die für ihn ja nicht bindend sind. Dies geschieht in den Privatgemächern des Papstes, der camera secreta (daher der Name, der also nicht von der apostolischen Kammer, der päpstlichen Finanzverwaltung, abzuleiten ist). Für seine Mühe erhält der Sekretär vom Petenten eine Sonderzahlung, für die sich die Höhe einer normalen Taxe einspielt; die Quittung für diese taxa secretariorum oder taxa quinta (neben den vier gewöhnlichen) setzt er in Position 14. Seit dem späten 15. Jahrhundert spielt sich die expeditio per cameram wie folgt ab: bis zur prima visio und den anschließenden Taxzahlungen wird die Urkunde normal expediert. Zur Judikatur wird die Urkunde meist gar nicht mehr vorgelegt. Dann muß der Kanzleinotar seine Zustimmung zur expeditio per cameram geben. Nun tritt der Summator in Aktion: er bringt in Position 22 das Summarium an. Dies ist eine kurze Inhaltsangabe der Urkunde, die den Papst direkt anredet. Es folgt die Unterschrift des Sekretärs in Position 14. Danach sind im Siegelamt sofort drei Taxen zu bezahlen, nämlich die Siegeltaxe, die Registriertaxe und die taxa quinta. Es wird das Siegel angehängt und ggf. die anno-tatio der Sollizitatoren eingetragen. Danach bringt der Plumbator die besiegelte Urkunde in die camera secreta des Papstes und macht vor diesem eine Kniebeuge; der Papst schlägt ein Kreuzzeichen über die Urkunden und gibt sie so zur Aushändigung frei. Es folgt die Registrierung, die in Position 26 bestätigt wird. Der Vermerk lautet bei Eintragung im Kammerregister (vgl. § 77) Registrata in camera apostolica, N. (= Name eines Kammernotars), im Sekretärregister Registrata apud me N. bzw. in der Neuzeit Registrata apud N., im Register des Sekretärskollegs Registrata in secretaria apostolica, N. (= Name eines Sekretärs), nach Aufhebung des Kollegs Registrata in secretaria brevium; er wird in Elongata (Gitterschrift) geschrieben. Auch der Summator erhält eine Gebühr für seine Tätigkeit. Normalerweise sammelt er die Urkunden bis zum Monatsende, ehe er sie bearbeitet (expeditio ordinaria)\ durch eine doppelte Zahlung kann er aber zur sofortigen Tätigkeit bewegt werden (expeditio extraordinaria). Im 16. Jahrhundert wird das Amt des Summators vorübergehend von den Ab- § 135 breviatoren des parcus maior erworben und später mit dem Amt des Vizekanzlers vereinigt, so daß der Unterschied zur expeditio per cancellariam verwischt wird. Im 19. Jahrhundert wird bei der expeditio per viam camerae das Konzept vom Untersummisten angefertigt oder revidiert, dann von seinem Substituten reingeschrieben und von einem Geheim-Notar registriert. Die Ausfertigung der Urkunden 73 3. expeditio per viam correctohs D i e k a m p, MIÖG 4 S. S24f.; Frenz, Kanzlei S. 140-154; Herd e, Audientia; ders., Beiträge S. 213-239; ders., Registra Taxzahlungen (1.) Taxe für das Konzept (2.) Taxe für die Reinschrift (3.) Taxe für das Siegel Tabelle 7: expeditio per viam correctoris 1. ) Einreichung des Memoriále 2. ) Anfertigung des Konzeptes durch den Prokurator 3. ) Anfertigung der Reinschrift durch die Skripturen 4. ) Taxquittung der Skripturen 5. ) Genehmigung durch den Korrektor (bzw. Kanzleileiter) 6. ) Unterschrift des Protonotars 7. ) Verlesung in der Audientia pubüca 8. ) (Verhandlung in der Audientia litterarum contradict arum) 9. ) Anbringung der Bleibulle durch die Plumbatoren 10.) (publicatio in valvis) Position des Kanzleivermerks 5(?) 8 10, 11 29, 14,27 21 4 § 136 Die Kanzleireform Johannes' XXII. beschränkte die Notare (und ihre Abbrevia- § 13 ^ toren) auf die Bearbeitung der Justizsachen, aber auch auf diesem Gebiet wurde ihre Tätigkeit im Laufe des 14. Jahrhunderts weiter ausgehöhlt; im 15. Jahrhundert ist ihre Mitwirkung nur noch eine formale. Johannes XXII. hatte das Anfertigen von Konzepten (formare notam) ausdrücklich den Abbreviaturen und Notaren vorbehalten, von diesem Verbot aber die Routinesachen, die nach festgelegtem Formular ausgestellt wurden, ausgenommen. Dies trifft vor allem auf die litterae minoris iustitiae zu, deren Formulare im formularium audientiae gesammelt sind. Deren Konzepte konnten also die Prokuratoren (die der Aufsicht des auditor litterarum contradictarum unterstanden) selbständig abfassen und einreichen, wobei die Reinschrift in der Regel nur vom Korrektor kontrolliert wurde. Wohl im späten 14. Jahrhundert verengt sich der Kreis derjenigen, die in dieser Weise als Prokuratoren arbeiten, und ihre Funktion wird zum Kurienamt des procurator litterarum contradictarum. Für das 15. Jahrhundert lassen sich aus den Kanzleivermerken Rückschlüsse § 13£> auf den Geschäftsgang ziehen, ebenso aus einigen Bemerkungen in theoretischen Schriften. Ohne förmliche Supplik, sondern mit einem einfachen memoriale wendet man sich an einen Prokurator, der das Konzept aufsetzt, von den Skripturen ins Reine schreiben läßt und seine eigene Unterschrift in Position 22 auf die Urkunde setzt. Danach überprüft der Korrektor die Urkunde (diese Kontrolle entspricht der Judikatur bei der expeditio per cancellariam) und unterschreibt in Position 29; bei einigen wichtigeren Materien muß er zuvor einen speziellen Auftrag des Kanzleileiters einholen (Position 27). Es ist aber auch möglich, daß der Korrektor schon vor der Anfertigung der Reinschrift anhand des Konzeptes tätig wurde. Die fertigen und kontrollierten Reinschriften werden einem (Beauf- tragten der) Protonotar(e) vorgelegt, der in Position 21 unterschreibt und wohl eine Taxe einzieht; dies ist der letzte Rest der Tätigkeit der Notare bei der Expedition der Justizsachen. Eine weitere Namensunterschrift in Position 23 hat sich bisher nicht deuten lassen. Gut die Hälfte aller per viam correctoris expedierten Urkunden müssen jetzt § die Audientia passieren. Sie werden durch die lectores audientiae in der audientia publica verlesen; der Prokurator einer evt. in ihren Rechten geschädigten Gegenpartei kann Einspruch erheben (contradicere), jedoch müssen die Prokuratoren auf Verlangen das Mandat ihres Auftraggebers vorweisen. Die geschehene Verlesung bestätigt das Audientiazeichen (ein q mit doppelt durchstrichener Unterlänge) in Position 4. Die angefochtenen Urkunden werden vom notarius audientiae gesammelt. Uber sie wird anschließend in der audientia litterarum contradicta-rum vor dem auditor litterarum contradictarum verhandelt; als Ergebnis wird entweder der Einspruch zurückgewiesen, oder die Urkunde vernichtet, oder der Auditor stellt im eigenen Namen und unter eigenem Siegeleine interpretierende Zusatzurkunde (litterae audientiae) aus. Während der Sommerferien tritt an die Stelle der Verlesung in der Audientia die publicatio in valvis (Anschlagen an den Türen von St. Peter), die vom Kanzleileiter angeordnet und vom Korrektor bestätigt wird (Vermerk in Position 3, das Audientiazeichen fehlt). Nicht verlesen werden die allgemeinen Besitzbestätigungen (Incipit ,,Cum a nobis petitur") und die Mandate gegen unbekannte Räuber von Kirchengut (Incipit „Significavit", auch unter dem Schlagwort nonnulli filii iniquitatis bekannt). Dagegen müssen auch die sog. litterae maioris iustitiae (d.h. per cancellariam expedierte Justizsachen) in der Audientia verlesen bzw. in valvis publiziert werden; bei ihnen erscheint zusätzlich zum Audientiazeichen der verbale Vermerk Lecta in audientia N. in Position 3. Den Abschluß der Expedition bildet die Besiegelung; die Urkunden werden nicht registriert. Die Taxen sind sehr niedrig und werden wohl dreimal erhoben: für das Konzept (diese Zahlung geht wohl an den Notar), für die Reinschrift und das Siegel; dazu dürfte eine Gebühr für den Prokurator kommen, jedoch ist Näheres darüber nicht bekannt. In der 2. Hälfte des 15. Jahrhunderts tritt in Konkurrenz zur expeditio per viam correctoris die Expedition als Breve, besonders supplicatione introclusa (vgl. § 37). Petenten, die sich beide Expeditonswege offenhalten, setzen eine entsprechende Klausel an den Schluß ihrer Supplik, so daß jetzt litterae minoris iustitiae auch aufgrund signierter Supplik ausgestellt werden, obwohl dies rechtlich an sich nicht erforderlich ist. In der 1. Hälfte des 16. Jahrhunderts weitet der Korrektor mißbräuchlich seine Expedition aus und expediert sogar Pfründenprovisionen. Pius IV. und Pius V. reformieren die Audientia und ihre Prokuratoren. An die Stelle des formlosen memoriále tritt jetzt eine Supplik, die die Signatura zu passieren hat und seit dieser Zeit auch in den Supplikenregistern auftaucht. Dagegen ist die Anfertigung der Reinschrift offenbar auf die Prokuratoren übergegangen. Außerdem müssen sie jetzt Register führen; der Registrata-Vermerk steht, wie übüch, in Position 26. Die Spuren des Expeditionswegs verlieren sich am Ende des 18. Jahrhunderts. Nur die audientia litterarum contradic- Die Ausfertigung der Urkunden 75 tarum lebt in Form eines der Kanzlei zugeordneten sostituto delle contradette bis zur Reform Pius' X. weiter. 4. Übersicht über die Kanzleivermerke auf den litterae und Bullen (Urkundenmodell nach S. 80) VORDERSEITE: § 141 Position i: (in der linken oberen Ecke bzw. am linken Rand) Expeditionsfreigabe durch den Kanzleileiter 2: (oberer Rand, Mitte) a) Korrekturvermerke b) Aufträge an die Registratur zur Weiterleitung der Urkunde an die Apostolische Kammer {„ad cameram") oder die Datarie („ad da-tarium ") 3: (oberer Rand, halbrechts bis rechts) a) Korrekturvermerke (wie 2) b) Bescheinigung über die Verlesung in der Audientia oder die publi-catio in valvis c) Bescheinigung über die Prüfung eines Pfründen- oder Tabellionats-bewerbers d) concordat-Vermerk bei Insertion bzw. Verwendung fester Formulare e) Bescheinigung über den Vergleich mit dem sumptum bei Neuausfertigung aus dem Register 4: (in der rechten oberen Ecke bzw. am rechten Rand) a) Expeditionsfreigabe durch den Kanzleileiter b) Audientiazeichen 5: (links auf der Plica) a) Quittung der Abbreviaturen über die Anzahlung auf die Abbrevia-torentaxe („dimissis quinque") (expeditio per cancellariam) b) Taxquittung der Audientiaprokuratoren (?) (expeditio per viam correctoris) c) Bescheinigung der magistri registri cancellariae über den Vergleich mit dem Registereintrag bei Neuausfertigung aus dem Register 6: (in der Mitte auf der Plica) a) Taxquittung der collectores taxae plumbi b) Anweisung an die Bullaria über die Art der zu verwendenden Schnüre 7: (rechts auf der Plica, ganz am oberen Rand) Angaben über die Aufteilung der Skriptorentaxe, Reskribierung, Stellvertretung bei der Reinschrift, Graris-Vermerk 8: (rechts auf der Plica) Unterschrift des Skriptors 9: (auf der Plica, ganz am rechten Rand) Taxvermerk der Bullaria; Angabe in floreni 10: (unter der Plica, am linken Rand) Vermerk des Reskribendars über den Monat der Kompilierung 11: (unter der Plica links) a) Taxquittung oder W&/-Vermerk der Skripturen (Reskribendar und Komputator); Angabe in grossi b) vor 1479 zusätzlich zu a): Kontrollunterschrift der Abbreviaturen (?) 12: (unter der Plica halblinks) a) ctw-Zeichen der Bullaria (?) b) Expedita-Vermerk der rnagistriplumbi 13: (unter der Plica in der Mute) Taxquittung der Abbreviatoren 14: (unter der Plica rechts) a) Unterschrift des Sekretärs (expeditio per cameram und Sekretärsexpedition per cancellariam) b) Unterschrift des Skriptors (litterae clausae und brevia sub plumbo) c) Unterschrift des Korrektors (expeditio per viam correctoris) d) Taxquittung der Audientiaprokuratorcn (Rezeptor und Komputator) (expeditio per viam correctoris, ab 16. Jh.) 75: (auf der Innenseite der Plica links) Tax- (und Annaten)quittung der Sollizitaroren (Rezeptor und Komputator) 16: (auf der Innenseite der Plica rechts, meist ganz am unteren Rand) annotatio der Sollizitatoren 17: (auf der Innenseite der Plica links, ganz am unteren Rand) a) Vermerk der deputati des Skriptorenkollegs (Kontrolle von 1 la) b) Taxvermerk der Audientiaprokuratoren (expeditio per viam correctoris, ab. 16. Jh.) 18: (unter der Plica rechts, nahe an der Falte) Annatenquittung der scriptores archivii Romanae Curiae 19: (auf der Innenseite der Plica rechts, nahe an der Falte) Annatenquittung der portionarii ripae und der Kammerkleriker 20: (unter der Plica halbrechts, teils auch auf der Innenseite der Plica) Annatenquittung der eubicularii und scutiferi, der partizipierenden Protonotare, der milites sanctiPetri und der rnagistri plumbi RÜCKSEITE; 21: (am oberen Rand links) Unterschrift der partizipierenden Protonotare bzw. ihrer Stellvertreter (expeditio per viam correctoris und Konsistorialprovisionen) 22: (am oberen Rand in der Milte) a) Name des Prokurators b) Summarium (expeditio per cameram) Die Ausfertigung der Urkunden 77 23: (am oberen Rand rechts) noch nicht gedeuteter Vermerk bei der expeditio per viam correcto- ris 24: (links, halboben) a) Recipe-Vermerke des Registerbüros (?) b) Resignations- und Konsensvermerk (bei Pfründenprovisionen) 25: (links) Docuit de consuetis-Vermtxk (bei Pfründen von Kurienangehörigen) 26: (in der Mitte) a) Registervermerk b) Kreuze aus der Audientia publica (wegen Abwesenheit des Prokurators) 27: (rechts) a) Recipe-Vermerk (wie 24a) b) Expeditionsfreigabe durch den Kanzleileiter (expeditio per viam correctoris) 28: (rechts am unteren Rand auf dem Kopf stehend) Auskultationsvermerk (litterae rescriptae) 29: (in der Mitte am unteren Rand, auf dem Kopf stehend) a) Unterschrift für die Judikatur (expeditio per cancellariam) b) Unterschrift des Korrektors (expeditio per viam correctoris) 30: (links am unteren Rand, auf dem Kopf stehend) Unterschrift für die prima visio 5. expeditio per breve Frenz, Kanzlei S. 164-180 Da das Breve bis in die Mitte des 15. Jahrhunderts hinein nur für de curza-Schrei- § 142 ben gebraucht wurde, läßt sich über den Geschäftsgang zu dieser Zeit nur wenig sagen. Die Sekretäre entwarfen den Text und schrieben ihn entweder selbst ins Reine oder überließen dies privat angestellten Hilfskräften; letzteres wurde unter Martin V. die Regel. Der Sekretär setzte stets eigenhändig seinen Namen rechts unter den Text. Den Befehl, ein Breve auszustellen, gab der Papst mündlich; ob er sich den Text zur Kontrolle vorlegen ließ, ist ungewiß, ebenso weiß man nicht, wer das Siegel aufdrückte. Der Geschäftsgang der brevia communia verlief zunächst in derselben Weise, nur daß ihm jetzt oft (bei den Breven supplicatione introclusa immer) eine signierte Supplik mit dem Vermerk et per breve zugrundeliegt; es kommen aber immer noch mündliche Genehmigungen vor, die von verschiedenen Personen, z.B. Kardinälen, überbracht wurden. Die Errichtung eines Kollegs der secretarii apostolici 1487 ändert daran nur wenig. Erst die Gründung des Brevenschreiberkollegs 1503 und die von diesem be- § 143 schlossenen Statuten erlauben nähere Einblicke. Aufgrund der Supplik fertigen die Brevenschreiber das Konzept an, das vom Sekretär revidiert und unterschrieben wird. Aufgrund des Konzeptes führen die Brevenschreiber die Reinschrift /ö UCI ucsciiuiis(;jii(( aus, welche sowohl der Schreiber als auch der Sekretär unterschreiben, und zwar der Sekretär rechts unter dem Text, der Schreiber auf der Ruckseite an der Kante Indulgenzbreven erhalten meist noch links unter dem Text den Vermerk Gratis pro deo etiam scriptum. Dann wird das Breve zusammengefaltet, wobei ggf. die Supplik eingelegt wird, mit der Adresse versehen und besiegelt. Die Breven-register werden aufgrund der Konzepte geführt, und zwar ebenfalls von den Bre-venschreibern, die auf die Rückseite des Konzepts einen Registrata-Vermerk setzen. Es gibt auch brevia absque signatura, d.h. Breven, die ohne signierte Supplik ausgestellt werden; bei ihnen reicht man sofort ein fertiges Konzept ein, das vom Kardinalpräfekten der Signatura revidiert und ggf. korrigiert, teils auch vom Papst selbst unterschrieben und dadurch genehmigt wird. Solche Breven werden aber gewöhnlich nicht vom Sekretärskolleg, sondern —mißbräuchlich — vom secretarius domesticus expediert. Die Brevenschreiber unterstehen der Aufsicht des Sekretärskollegs, das diese § 144 Aufsicht durch einen Brevenschreiber, den magister brevium, ausübt; letzterer wird durch den substitutus brevium unterstützt. In der Neuzeit, vor allem seit der Aufhebung des Sekretärskollegs 1678 und der Unterstellung der Brevenschreiber unter den secretarius brevium, leitet der magister brevium die Expedition der brevia communia praktisch selbständig; er fertigt jetzt auch die Konzepte an. Pius VII. hob das Brevenschreiberkolleg auf; die Brevenschreiber wurden zu einfachen Gehilfen des secretarius brevium, nur der substitutus brevium blieb als Bediensteter der Datarie erhalten. 6. Expedition als Motuproprio Das Motuproprio wird ursprünglich nur auf mündlichen Befehl des Papstes aus- § 145 gestellt, den dieser aus eigenem Antrieb gibt. Seit dem späten 15. Jahrhundert wird es auch (allerdings selten) auf Antrag gewährt; dazu reicht der Petent ein fertiges Konzept ein, das wie eine Supplik genehmigt und registriert wird. Die Reinschrift wird vom secretarius domesticus ausgeführt und vom Papst unterschrieben. 7. expeditio de curia Diejenigen Schreiben, die der Papst aus eigenem Antrieb in politischen Angele- § 14fj genheiten oder zur Verwaltung des Kirchenstaates ausstellen läßt, sind zunächst gewöhnliche litterae {cum filo canapis) oder ggf. litterae clausae und werden wie die anderen Urkunden durch die Notare und Skripturen der Kanzlei expediert. Im 14. Jahrhundert werden mit dieser Aufgabe nur noch die Sekretäre betraut, die auch für eine gesonderte Registrierung sorgen. Etwa seit 1370 werden für diesen Zweck vornehmlich die neuen, mit dem Fischerringsiegel versehenen Urkundenformen der Sekretbriefe und Breven gewählt. Für besonders wichtige oder feierliche Angelegenheiten stellt man aber weiterhin Urkunden unter dem Bleisiegel aus, meist als Bulle oder Konsistorialbulle; 1478 wird das Amt eines scrip-tor und eines abbreviator de curia faßbar. Die Taxen 79 C. DIE TAXEN Brelilau I 329-346; Diekamp. MIÖG 4 S. 508-517; Frenz, Kanzlei S. 110f.. 115-117; Mayr-Adlwang, MIÖG 17; Schmitz-Kallenberg. Practica S. 51-62; Tangl.MIÖG 13 Bei der Expedition einer Urkunde sind viererlei Arten von Gebühren zu bezahlen: § 147 1. die gesetzlichen Taxen, 2. die Gebühren pro labore, 3. unerlaubte Trinkgelder, 4. bestimmte Anteile an den Annaten, Servitien und Kompositionen. Die gesetzliche Taxe ist in ihrer Höhe in der Taxordnung festgehalten. Sie richtet sich nicht nach der Lange oder Kompliziertheit des Textes, sondern nach dem Inhalt der Urkunde; dabei bleibt die einmal festgelegte Taxe jahrhundertelang unverändert. Dies führt dazu, daß die Taxe für Urkundentypen, die von alters her üblich sind, sehr niedrig liegen (z.B. für die Privilegien), während die erst später eingeführten Materien höher taxiert sind. Allgemein liegen die Taxen für Gnadensachen höher als für Justizsachen; vergleichsweise niedrig sind die Taxen für die Breven. Taxermäßigung ist möglich. Völlige Taxfreiheit (Gratis-Expedi-tion) erhalten die jeweüigen Amtskollegen (gratis pro socio) und, auf Gegenseitigkeit, die Mitglieder der übrigen kurialen Kollegien (gratis pro abbreviatore, gratis pro notario rote usw.). Auch die Kardinäle und die Mitglieder der familia von Papst und Vizekanzler habe Anspruch auf Taxfreiheit, die der Papst im übrigen auch ohne nähere Begründung anordnen kann (gratis de mandato sanctis-simi domini nostri pape). Auch der Vermerk de curia bedeutet Taxfreiheit. Schließlich können in Rom anwesende Arme die Gratis-Expedition beanspruchen {gratis pro deo), wenn sie ihre Armut durch Zeugen beweisen und/oder beschwören; als Arme gelten auch die Bettelorden. Die gesetzliche Taxe ist mehrmals in gleicher Höhe zu zahlen, und zwar für Konzept, Reinschrift und Siegel, ggf. auch für das Register und als taxa quinta an die Sekretäre (vgl. § 134). Die Gleichheit der Taxe hat Johannes XXII. eingeführt; zuvor war die Konzepttaxe niedriger. Bei den Breven gilt für die Registrierung ein Pauschalsatz. Seit 1482 kommt bei den litterae und Bullen als weitere gesetzliche Taxe diejenige für die Sollizitaroren hinzu. Sie steht in einer schematischen Relation zur Skriptorentaxe. Die Sollizitatoren können auch bei Gratis-Expedition eine Pauschalgebühr erheben, ebenso die Sekretäre. Während die gesetzliche Taxe an das Amt geht (und teilweise dem Papst und anderen Kollegien zufließt), erhält der Bedienstete, der die tatsächliche Arbeit ausführt, eine kleinere Gebühr pro labore - vor allem, seit die Einführung der Ämterkauflichkeit zur Gründung übergroßer Kollegien führt (vgl. § 106). Überhöhte Taxierungen, d.h. fehlerhafte Anwendung der Taxordnung, kommen oft vor. Daneben erwarten alle Kanzleimitglieder zusätzliche Trinkgelder, die der Petent tunlichst zahlt, da er sonst Verzögerungen der Expedition zu gewärtigen hat. Die Kurienhandbücher unterrichten über die angemessene Höhe solcher Trinkgelder. VII. DIE NICHTPÄPSTLICHEN PAPSTURKUNDEN A. KONZILIEN Dephoff, Basel; Lazarus. Basler Konzil S. 197-234,303-341; Marchai, Supplikenregister. Abbildungen von Urkunden: B a t t e 11 ir Acta Taf. 29a, b; Aus 1200 Jahren,Nr. 68. Bleibulle: Ewald, Siegelkunde S. 153; Kittel, Siegel S. 167-169; Schneider, Siegel. Abbildungen der Bleibulle: Ewald, Siegelkunde Taf. 40; Kittel, Siegel S. 168f.; Schneider, Siegel nach S. 320.; Ferdinand P a u 1 y, Aus der Geschichte des Bistums Trier II, Trier 1969, Abb. 117. Die Beschlüsse der ökumenischen Konzilien wurden in der älteren Zeit von den § 149 Kaisern, dann von den Päpsten publiziert. Eine andere Situation ergab sich im 15. Jahrhundert, da die Reformkonzilien teils ohne, teils im Gegensatz zu den jeweiligen Päpsten tagten. Das Konzil von Konstanz, besonders aber dasjenige von Basel, das sich ja geradezu als kollektiver Papst fühlte, haben deshalb im eigenen Namen und unter eigenem Siegel Urkunden ausgestellt und dafür eine eigene Kanzlei eingerichtet. Urkunden und Kanzlei folgen freilich ganz dem kurialen Vorbild, jedoch nicht ohne einige bemerkenswerte Abweichungen. Die Intitulatio lautet in Konstanz Sacrosancta {et) generalis synodus Constan-tiensis, in Basel ausführlicher Sacrosancta generalis synodus Basiliensis, in spiritu sancto legitime congregata, universalem ecclesiam representans.1 Der stilus curiae wird im übrigen weitgehend eingehalten, sofern nicht der kollektive Aussteller Änderungen erforderlich macht: als ehrende Prädikate dienen bei den Bischöfen venerabilis (statt venerabilis frater), sonst dilectus ecclesie füius (statt dilectus filius). Die Grußformel lautet Salutem et omnipotentis dei (statt: apostolicam) benedictionem. In der Sanctio wird mit indignatio(nem) omnipotentis dei ac universalis ecclesie (statt der Apostelfürsten) gedroht. Das Datum enthält selbstverständlich kein Pontifikatsjahr, jedoch ggf. den Zusatz sede apostolica va-cante; das Jahr wird in der Formulierung (sub) anno a nativitate miUesimo qua-dringentesimo tricesimo secundo angegeben, wobei der WeihnachtsstÜ Anwendung findet. Die Bleibulle zeigt in Konstanz auf der Vorderseite zwei gekreuzte Schlüssel und die kreisförmige Umschrift S. SACRE SINODICONSTANCIENSIS; die Rückseite ist ein gewöhnlicher Apostelstempel, womöglich derjenige Johannes' (XXIII.). Die Basler Bleibulle hat auf der Vorderseite die Schrift + SACROSANCTA GENERALISSINODUSBASILIENSIS. die Rückseite zeigt eine Konzilsszene. 1 Hochheilige allgemeine Synode zu Basel, im Heiligen Geist rechtmäßig versammelt, die gesamte Kirche vertretend L 82 Die nichtpapstlichen Urkunden Wie in der päpstlichen Kanzlei lassen sich litterae cum filo canapis, litterae § 150 cum serico und Bullen unterscheiden; auch gibt es litterae clausae. Die Rolle des Papstnamens, dessen Folgebuchstaben nach der Initiale verziert werden, übernimmt dabei das SACROSANCTA. Jedoch sind Unsicherheiten beim Zusammenspiel von graphischer Ausstattung und verwendetem Faden zu beobachten: so gibt es Urkunden mit verziertem Papstnamen und Hanffaden, und umgekehrt mit einfachem Papstnamen und Seidenfaden. Es gibt auch Bullen mit Hanffaden; überhaupt wird der Seidenfaden eher selten verwandt. Besondere Schwierigkeiten bereitet die Ausstattung der 1. Zeile der Bullen, da es kaum möglich ist, den langen Konzilstitel und die Verewigungsformel (noch dazu in gotischer Majuskel und Elongata geschrieben) in einer Zeile unterzubringen: meistens wird das gesamte Protokoll in normaler Schrift geschrieben (teilweise mit hervorgehobenem SACROSANCTA) und reicht dann bis in die zweite Zeile; einige Schreiber pressen das Protokoll aber auch in die 1. Zeile, wobei höchstens die Verewigungsformel in Elongata geschrieben ist. Das Konzil von Basel hat auch Sekretbriefe auf Papier ausgestellt. Sie entspre- § 151 chen im übrigen formal den litterae cum filo canapis. Der Verschluß erfolgt durch ein rotes Wachssiegel; dieses zeigt dieselbe Konzilsszene wie die Bleibulle, kreisförmig umgeben von der Umschrift Sigillum sacre generalis sinodi Basiliensis universalem ecclesiam representatis in gotischer Minuskel. Der Geschäftsgang der Konzilskanzleien war demjenigen der päpstlichen Kanz- § 152 lei nachgebildet, dii. unter einem Vizekanzler arbeiteten Skripturen, Abbrevia-toren, Plumbatoren und Registerbeamte. Das Konzil von Basel hatte auch eine Audientia (seit Juli 1433: Lazarus.S. 224 Anm. 135). Die Kanzleivermerke entsprechen weitgehend dem kurialen Gebrauch, sind aber noch ungenügend erforscht und zum Teil schwer zu deuten. Abweichend war in Basel die Genehmigung der Suppliken, die nicht von Referendaren bearbeitet, sondern in den Konzilsdeputationen beraten wurden; in den ersten Jahren erkannten die Konzilskanzlei und die Kanzlei Eugens IV. wechselseitig die genehmigten Suppliken an. Die Register der Konzilskanzleien sind fast vollständig untergegangen; nur aus Basel sind einige Supplikenregister erhalten. Über die Funktion der päpstlichen Kanzlei hinaus ging die Aufgabe der Konzilskanzleien, die Konzilsdekrete zu vervielfältigen. Dies geschah in Form einer Bulle. Für sie scheint ein besonderer Tax vermerk üblich gewesen zu sein, bei dem ein Konzilsnotar die Taxe in seinem Namen einschloß (z.B. Io. de Sanctoseve -triginta sex solidi - rino). Die gesamte Urkundenproduktion läßt sich für Konstanz nicht ermitteln; in Basel dürfte sie mehrere Zehntausend Stück erreicht haben. Kardinale 83 B KARDINÄLE Bat te Iii, Per una diplomatica; Erben, AUF 8; Radoctay, Urkunden; Rest, Abialiurkunden (Die Kardinalsurkunden sind bisher nur unzureichend erforscht) Abbildungen: Aus 1200 Jahren Nr. 79, 80; Bayerns Kirche Taf. VIII; Mathias Corvinus Nr. 815; ... mit Brief Abb. 78 1. Kardinalskolleg Das Kardinalskolleg als solches urkundet nur während der Sedisvakanz. Die Ur- § 153 künden gleichen formal weitgehend den Papsturkunden. Die Intitulatio lautet entweder Miseratione divina episcopi, presbiteri et diaconi sacrosanete Romane ecclesie cardinales, oder es nennen sich die Häupter der drei Ordines. Es folgt die Adresse in der üblichen Form; ist der Adressat jedoch ein König, wird sie der Intitulatio vorangestellt. Als Grußformel ist Salutem in domino üblich. Im Datum wird stets das Inkarnationsjahr gesetzt; den Schluß bildet die Formel apo-stolica sede vacante. 2. Sammelablässe Die Kardinäle gewähren im 15. und 16. Jahrhundert (ergänzend zu den einschlä- § 154 gigen Papsturkunden) kurzfristige Ablässe, worüber sie Urkunden ausstellen. Diese oft sehr großformatigen Urkunden dienen der öffentlichen Verkündung des Ablasses und werden teilweise an den Kirchentüren angeschlagen. Sie beginnen mit der Aufzählung der Aussteller, nach ordines geordnet. Es folgt die allgemeine Adresse Universis Christifidelibus presentes litteras inspecturis (,visuris et auditu-ris) und die Grußformel Salutem in domino sempiternam. Der Kontext folgt einigen wenigen, ganz stereotypen Formularen. Das Datum lautet Dat. Rome in domibus nostris (oder: nostrarum solitarum residentiarum) anno a nativitate domini [Zahl] die vero [moderne Datierung], pontificatus sanetissimi in Christo patris et domini nostri, domini N. divina Providentia pape [Zahl] anno [Zahl]. An der Plica hängen die roten Spitzovalsiegel der Kardinäle (oft durch Blechkapseln geschützt) an Hanffäden in derselben Reihenfolge wie in der Intitulatio. Rechts auf der Plica steht der Name des Schreibers, der gewöhnlich auch in der Kanzlei tätig ist. Ein Taxvermerk steht im 15. Jahrhundert links auf, im 16. Jahrhundert unter der Plica; ebenso finden sich auf der Rückseite ein oder zwei Namen. Die äußere Ausstattung entspricht den päpstlichen litterae cum serico, wobei der Name des 1. Kardinals wie der Papstname behandelt wird. Schrift und Zeilenabstände sind größer als bei den Papsturkunden. Mitunter treten Capitalis und Cancelleresca italica an die Stelle von gotischer Majuskel und kurialer Minuskel. Die Sammelablässe werden gern farbig verziert (vom Petenten). In diesem Fall § 155 werden die gotischen Majuskeln der 1. Zeile nicht geschwärzt, sondern abwech- I/IV ill>.ll>^»C«IIIVIIbll UIHUIIUCII selnd farbig ausgemalt und Blumenranken etc. angebraclit. Diese Urkundenähnein den Prunksupplikcn (§ 34). Zur Zeit des Autenthaltes der Kurie in Avignon stellen mitunter mehrere dort § 156 weilende (Hrz)bischöfe ähnliche Ablaßurkunden aus, teilweise auch unberechtigt. Bei diesen Urkunden pflegt die Adresse der Intiiulatio voranzugehen. 3. Legatenurkunden Urkunden von Kardinallegaten sind recht häufig; in ihnen werden die Papstur- § 157 künden nachgebildet. Die Legaten bedienen sich teils lokaler Schreiber, teils fuhren sie eine Mituaturkan/.lei mit sich, deren Mitglieder aus der päpstlichen Kanzlei abgeordnet sind. Die Intitulatio beginnt mit dem Namen des Kardinals; es folgt die Floskel miseratione divina, die Titelkirche in Rom und eine genaue, oft umständliche Bezeichnung der Legatur. Die Adresse steht im Dativ; dabei wird für Bischöfe die ehrende Bezeichnung reverendo (oder: venerabili) in Christo patri (auch wenn der Legat selbst Bischof ist), sonst dilecto nobis in Christo gesetzt, oder es steht eine allgemeine Adresse (Universis et singulis. . .). Die Grußformel lautet Salu-tem in domino (sempiternam). Statt Adresse und Gruß kommt auch die Verewigungsformel Ad perpetuam rei memoriam vor. Die Datierung entspricht der der Sammelablässe (§ 154). Die Legatenurkunden können Kanzleivermerke wie die Papsturkunden tragen. Häufig ist ein Schreibervermerk rechts auf der Plica.ein Taxvermerk links unter der Plica, eine Expeditionsfreigabe durch den Legaten (Anfangsbuchstabe seines Namens) in der rechten oberen Ecke und eine Registrierungsnotiz auf der Ruckseite der Urkunde. Das rote Spitzovalsiegel hängt an Hanffäden. C.BEHÖRDEN Tamburini, AnnSSArch 11; ders., AHP 11; Göller, Pönitentiarie II, 1 S. 82-89 Abbildungen: Brackmann, Papsturkunden Taf. 5c, 11 Die Urkunden der kurialen Behörden sind nur unzureichend erforscht. Ihre Form entspricht § 158 weitgehend den Legatenurkunden (§ 157), wobei es keinen Unterschied macht, ob der ausstellende Behördenchef Kardinal ist oder nicht. Besonders ausgeprägt ist das Urkundenwesen der Pönitentiarie und der apostolischen Kammer. Die Urkunden der Kammer der Kardinäle entsprechen denjenigen der apostolischen Kammer. 1. Pönitentiarie Sowohl der Kardinalgroßpönitentiar als auch die einfachen Ponitentiare stellen § 159 Urkunden aus. Die Urkunden der letzteren werden unmittelbar in der Kirche, in der der Pönitentiar amtiert, ausgefertigt (litterae ecclesiae). Für die Urkunden des Großpönitentiars ist ein komplizierter Geschäftsgang zu durchlaufen: die Behörden 85 schriftliche Supplik ist an den Papst zu richten, wird aber vom Großpönitentiar signiert. Für die Ausstellung der Urkunden steht der Pönitentiarie eine eigene Kanzlei zur Verfügung, die der apostolischen Kanzlei nachgebildet ist; die Pöni-tentiarieschreiber sind kollegial organisiert (§§ 104, 106). Die Pönitentiarie führte eigene Register für Suppliken und Urkunden, die seit dem 15. Jahrhundert erhalten sind; sie sind aber aus Gründen des Beichtgeheimnisses in der Regel der Forschung nicht zugänglich. Die Urkunden des Großpönitentiars entsprechen im Protokoll den Legatenurkunden (§ 157), jedoch steht die Adresse voran, wenn der Adressat ein Bischof ist; die Funktion des Pönitentiars wird nicht genannt. Als Siegel dient ein rotes spitzovales Amtssiegel. Kanzleivermerke sind u.a. die Schreiberunterschrift rechts auf der Plica, der Taxvermerk links unter der Plica und der Vermerk bn (= bene ?) am linken Rand. 2. Kammerurkunden Die Kammerurkunden entsprechen formal den Legatenurkunden (§ 157), jedoch § 160 steht im Protokoll die allgemeine Adresse und die Adresse an einen Bischof voran. Der Kämmerer nennt sich domini pape camerarius. Die Datierung wird mit Dat. Rome in camera apostolica eingeleitet. Das Siegel kann auch am Pergamentstreifen hängen. Die Kammer beurkundet auch in der Form des Notariatsinstruments. VIII. BIBLIOGRAPHIE A. QUELLEN 1. Originale Originale von Papsturkunden finden sich in nahezu allen Archiven der Welt. Die Zahl der erhal- § 161 tenen Stücke durfte die Millionengrenze ubersteigen. Noch größer ist die Kopialuberlieferung. d.h. vor allem die Ausstellerregister, die im Vatikanischen Geheimarchiv in Rom aufbewahrt werden. Die Aufarbeitung all dieser Archivalien durch Urkundenbücher und Regestenwerke ist aber noch völlig unzureichend und für die einzelnen Zeitabschnitte auch ungleichmäßig durchgeführt, so daß im Einzelfall häufig der Besuch der einschlägigen Archive erforderlich ist. Informationen über die Empfängerarchive bietet: Archive im deutschsprachigen Raum, 2 Bde., Berlin/New York 1 1974 (Minerva-Handbücher). Auch innerhalb der Archive ist die Ermittlung der Stücke oft recht mühsam, da die Papsturkunden gewöhnlich im Zusammenhang der einzelnen Archivfonds belassen werden. In den Registern der Findbücher kommen die Stichwörter Papst (evt. auch Bapst geschrieben), Rom oder die einzelnen Namen in Frage, für Kardinäle Rom, Kardinal, Cardinal, Kuiie oder der Name, für die Konzilien Konstanz, Constanz, Costnitz bzw. Basel oder Konzil, Synode, Generalkonzil, Generalsynode etc. Das Vatikanische Geheimarchiv (Archivio Segreto Vaticano, 1-00120 Cittä del Vatica- § 162 no) ist seit 1882 der Forschung zugänglich und steht auf Empfehlung in sehr liberaler Weise dem Benutzer offen. Diese Empfehlung vermitteln in der Regel die ausländischen historischen Institute in Rom: Deutsches Historisches Institut (Istituto Storico Germanico), Via Aurelia antica, 391,1-00165 Roma. Über die Bestände des Vatikanischen Archivs informieren: Karl August Fink, Das Vatikanische Archiv, Rom 31951. Lajos Päsztor, Guida delle fonti per la storia dell' America Latina negü archivi della Santa Sede e negü archivi ecelesiastici d'Italia: Archivo Segreto Vaticano, Cittä del Vaticano 1970 [Gesamtdarstellung, keineswegs nur für Lateinamerika] Leonard E. B o y 1 e, A survey of the Vatican Archives and of its medieval holdings, Toronto 1972. Hermann H o b e r g, Das Vatikanische Archiv seit 1950, RQ 77 (1982) 146-156. Michele Maccarrone, L'apertura degli Archivi della Santa Sede per i pontiticati di Pio X e di Benedetto XV (1905-1922), RSCIt 39 (1985) 341-348. Allgemeine Bibliographie: Giulio B a t t e 11 i (Hg.), Bibliografia dell' Archivio Vaticano, 4 Bde., Cittä del Vaticano 1962/6 Für einzelne Fonds sind femer wichtig: Diener, QFIAB 51; G i u s t i, Studi; Katterbach, Inventario; M e r c a t i, QFIAB 27; S e 11 a, Sigilli; Sussidi I u. III. 2. Regesten und Editionen Zeitlich umfassende Editionen ausgewählter wichtiger Stücke bieten die Bullarien: § 1 Bullarum, diplomatům et privilegiorum sanctorum Romanorum pontificum Taurinensis editio .... 27 Bde., Turin/Neapel 1857/85, gewöhnlich bezeichnet als Bullarium Romanům, editio Taurinense. {Ab Band V ist bei Tagesdaten vom 1.1.-24.3. Vorsicht geboten, da die Herausgeber den calculus Florentinus nicht beachtet haben.) Zuvor: Quellen 87 C. Cocquelines/J. Mainard, Bullarum, privilegiorum ac diplomatům Romanorum pontificum amplissima collcctio, 28 + 4 Bde., Rom 1733/62, auch zitiert als Magnum bullarium Romanům. Bullarien haben auch die verschiedenen Orden publiziert. Zeitlich begrenzte Werke: a) bis 1198 (d.h. bis vor Innozenz III.) i Regestenwerke: O. Seeck, Regesten der Kaiser und Päpste für die Jahre 311 bis 476. Stuttgart 1919. Ph. Jaffé/F. Kaltenbrunner/P. Ewald/S. Loewenfeld, Regesta Pontificum Romanorum ab condita ecclesia ad annum post Christum natum MCXCVIII, 2 Bde., Leipzig ' 1885/8, zu zitieren als JK., JE., JL., also jeweils mit dem Namen des Bearbeiters der 2. Auflage (die 1. Auflage stammte von Jaffé allein). Editionen : Julius v. Pflugk-Harttung, Acta pontificum Romanorum inedita, 3 Bde., Tübingen 1881, Stuttgart 1884/8 (Nachdruck Graz 1958) S. Löwenfeld, Epistolae pontificum Romanorum ineditae, Leipzig 1885 (Nachdruck Graz 1959) Pontificum Romanorum Diplomata Papyracea, quae supersunt in tabulaiiis Hispaniae, lta-liae, Germaniae. Rom 1929 Harald Zimmermann, Papsturkunden 896-1046, Wien 1984ff. In diesem Zusammenhang ist auch von Wichtigkeit: Paul Fridolin Kehr, Ältere Papsturkunden in den Registern von Innozenz III. bis Paul III., NGG (1902) 394-558 Die Originale vor 1198 sammelt die Pius-Stiftung für Papsturkunden (benannt nach Papst § 165 Pius XI., der selbst ein angesehener Historiker war; auch Göttinger Papsturkundenwerk genannt; ursprünglich initiiert von Paul Fridolin Kehr). Jahresberichte jeweils im Deutschen Archiv für Erforschung des Mittelalters; vgl. auch K e h r, Plan; d e r s., Sammlung; Schief-fer, AnnSSArch 12. Vorgesehen sind drei Arbeitsschritte: 1) Materialsammlung mit Publikation von Reiseberichten, 2) Publikation von Regesten, jeweils nach Landern geordnet, sowie - in fernerer Zukunft - 3) Gesamtedition. Bisher sind publiziert: zu 1) Paul Fridolin Kehr /(M. Klinkenborg /Walther H o 11 z m a n n /Raffaello § 166 V o 1 p i n i), Papsturkunden in Italien. Reiseberichte zur Italia Pontificia, 5 + 1 Bde., Cittá del Vaticano 1977 (Acta Romanorum Pontificum 1-6) [Nachdruck aus NGG 1896-1962, Bulletino senese di storia patria 6 (1899) 51-102, Miscellanea Cassinese 2 (1899) 1-90, ASRomSP 13 (1900) 277-283, Archivio Storico Italiano 5. ser. 32 (1903) 1-18, QF1AB7 (1904) 8-41 u. 14 (1911) 1-37) [zuvor: F. Kaltenbrunner, Papsturkunden in Italien, Sitzungsberichte der kaiserlichen Akademie der Wissenschaften zu Wien, phil.-hist. Kl. 94(1879)627-705; S. Löwen-f e ld, Papsturkunden in Italien. Ein Nachtrag, Sitzungsberichte der kaiserlichen Akademie der Wissenschaften zu Wien, phil.-hist. KI. 97 (1880) 55-68} Wilhelm Wie der hold, Papsturkunden in Frankreich, NGG 1906-1913 Hermann Meinert /Johannes Ramackers /Dietrich Lohrmann, Papsturkunden in Frankreich. Neue Folge, Bd. 1: Berlin 1932/3, Bd. 2-7: Göttingen 1937/76 (Abhandlungen der Gesellschaft der Wissenschaften zu Göttingen, philol.-hist. Klasse, 3. Folge 3, 4, 21, 23,27,35,41,95) Paul Fridolin Kehr /(P. Rassow/J. R i u s/P. G a 1 i n d o), Papsturkunden in Spanien. Vorarbeiten zur Hispania Pontificia, 2 Bde., Berlin 1926/8 (Nachdruck Göttingen 1970) (Abhandlungen der Gesellschaft der Wissenschaften zu Göttingen, philol.-hist. Klasse, Neue Folge XVIII, 2; XXII, 1); d e r s., Die ältesten Papsturkunden Spaniens, Berlin 1926 (Abhandlungen der Preußischen Akademie der Wissenschaft, phil.-hist. Kl. 2) Walther H o 11 z m a n n, Papsturkunden in England, Bd. 1-2: Berlin 1930/5, Bd. 3: Göttingen 1952 (Nachdruck Göttingen 1970) (Abhandlungen der Gesellschaft der Wissenschaften zu Göttingen, philol.-hist. Klasse, Neue Folge XXV, 1; 3. Folge XIV, XXXIII) Albert Brackmann, Papsturkunden im östlichen Deutschland. Ein Reisebericht, NGG (1902)193-223 Rudolf Hiestand, Vorarbeiten zum Oriens Pontificius: Bd. 1/2; Papsturkunden für Templer und Johanniter. Archivberichte und Texte, Göttingen 1972/84; Bd. 3: Papsturkunden für Kirchen im Heiligen Lande, Göttingen 1985 Johannes Ramackers, Papsturkunden in den Niederlanden, Berlin 1933 (Abhandlungen der Gesellschaft der Wissenschaften zu Göttingen, philol.-hist. Klasse, 3. Folge, 8) Carl Erdmann, Papsturkunden in Portugal, Berlin 1927 (Abhandlungen der Gesellschaft der Wissenschaften zu Göttingen, philol.-hist. Klasse, Neue Folge 20, 3) [ergänzend dazu Rudolf H i e s t a n d, Initienverzeichnis und chronologisches Verzeichnis zu den Archivberichten und Vorarbeiten der Regesta pontificum Romanorum, München 1983 (MGH Hilfsmittel 7)] zu 2) |l*7 Paul Fridolin Kehr /(Walther Holtzmann /Dieter Girgensohn), Itaüa Pon-titicia sive repertorium privilegiorum et litterarum a Romanis pontificibus ante annum MCLXXXXVII1 Italiae ecclesiis, monasteriis, civitatibus singulisque personis concessorum, Bd. 1-9: Berlin 1906-1962, Bd. 10: Zürich 1975 [Ergänzungen und Nachtrage dazu: F. Bartoloni, Additiones Kehnanae, QF1AB 34 (1954) 31-64; Walther Holtzmann, Kanonistische Ergänzungen zur Italia pontificia, QFIAB 37 (1957) 55-102 u. 38 (1958) 67-175; d e r s.,/Dieter Girgensohn, Nachträge zu den Papsturkunden Italiens, X, NGG. 1962 S. 205-247; Raffaello Volpini, Additiones Kehrianae, RSCIt 22 (1968) 313-424 u. 23 (1969) 313-361; Dieter Girgensohn, Miscellanea Italiae pontificae. Untersuchungen und Urkunden zur mittelalterlichen Kirchengeschichte Italiens, vornehmlich Kalabriens, Siziliens und Sardiniens (zugleich Nachträge zu den Papsturkunden Italiens XI), NGG (1974) S. 129-196; ferner dazu: Rudolf H ie s t a n d, Initien- und Empfängerverzeichnis zu Italia pontificia I-X, München 1983 (MGH Hilfsmittel 6)1 Alben Brackmann /Hermann Jakobs /Wolfgang Seegrün /Theodor Schief-f e r, Germania Pontificia sive Repertorium privilegiorum et litteraxum a Romanis pontificibus ante annum MCLXXXXVIII Germaniae ecclesiis, monasteriis, civitatibus singuüsque personis concessorum, Bd. 1-2: Berlin 1911/27, Bd. 4: Göttingen 1978, Bd. 6: Göttingen 1981 [Bd. 3 und 5 noch nicht erschienen]. Mit gleicher Zielsetzung: Maurice P. Sheehy, Pontificia Hibernica. Medieval Papal Cahan-cery Documents Concerning Ireland. 640-1261, Dublin 1962 ff. Robert S o m e r v i 11 e, Scotia Pontificia. Papal Letters to Scotland before the Pontificate of Innocent III, Oxford 1982. Publikationen der Register(fragmente) und andere, nach Päpsten geordnete Sammlungen: § 168 Pelagius I.: Pius M. G a s s 6 /Columba M. B a 111 e, Pelagü I Papae epistulae quae super-sunt (556-561), Montserrat 1956 Gregor I.: Dag Norberg, S. Gregorü Magni Registrum Epistularum, 2 Bde., Turnholti 1982 (Corpus Christianorum, Series Latina 140. 140 A); MGH Epp. I, II Leo III.: MGH Epp. V Sergius II, Leo IV., Benedikt III.: MGH Epp. IV Nikolaus /.. Hadrian II.: MGH Epp. VI Johannes VIII, Stephan V., Formosus: MGH Epp. VII Johannes XIX.: Leo S a n t i f a 11 e r /Gerhard Rill /Willy S z a i v e r t, Chronologisches Verzeichnis der Urkunden Papst Johanns XIX. (1024 Juni bis 1032 August), RHMitt 1 (1956/7) 35-76 Gregor VII.: Leo S a n t i f a 11 e r, Quellen und Forschungen zum Urkunden- und Kanzleiwesen Papst Gregors VII., I. Teil: Quellen: Urkunden, Regesten, Facsimilia, Gttädel Vatica-no 1957 (Studi e testi 190); MGH Epp. sei. II CalixtlL: Ulysse Robert, Bullaire du Pape Calixte II (1119-1124). Essai de Restitution, 2 Bde., Paris 1891 Anaklet (IL): PL 179, 690-731; Pier Fausto P a 1 u m b o, Lo scisma del MCXXX, Rom 1942, S. 641 ff. Alexander III: Löwenfeld, Epistolae (wie § 164) S. 149-209 b) seit Innozenz III: § Regestenwerke: A. Pott hast, Regesta Pontificum Romanorum inde ab anno post Christum natum MCXCVIII ad annum MCCCrv, 2 Bde., Berlin 1874/5, zu zitieren als P.; ergänzend dazu: Initienverzeichnis zu August Potthast, Regesta pontificum Romanorum (1198-1304), München 1978 (MGH Hilfsmittel 2). Die Stücke für deutsche Empfänger in den Vatikanischen Registern ab 1378 verzeichnet das Repertorium Germanicum, herausgegeben vom Deutschen Historischen Institut in Rom: Repertorium Germanicum. Verzeichnis der in den päpstlichen Registern und Kameralakten vorkommenden Personen, Kirchen und Orte des Deutschen Reiches, seiner Diözesen und Territorien vom Beginn des Schismas bis zur Reformation; bisher: Quellen 89 Band I: Clemens VII. von Avignon, Berün 1916 Band II: Urban VI., Bonifaz IX.. Innocenz VII. und Gregor XII., 1933/38 (ND Berlin 1961) Band III: Alexander V., Johann XXI1L, Konstanzer Konzil, Berlin 1935 Band IV: Martin V.. Berlin 1943/58, Tübingen 1979ff. Band VI: Nicolaus V., Tübingen (erscheint in Kürze) [Zuvor erschien ein Probeband: Robert Arnold, Repertorium Germanicum. Regesten IUI den päpstlichen Archiven zur Geschichte des Deutschen Reichs und seiner Territorien im XIV. und XV. Jahrhundert. Pontificat Lugens IV. Bd. 1. Berlin 1897 Jedoch erwies sich das dort zugrundegelegte System als zu aufwendig. \ Knappe Anleitung zur Benutzung: W. D e e t e r s, Uber das Repertorium Germanicum als Geschiehtsquelle. Versuch einer methodischen Anleitung, Blätter für deutsche Landesgeschichte 105 (1969)27-43. Für die spatere Zeit gibt es nur noch: Josef Hergenröther, Leonis X Pontificis maxi-mi regesta, 2 Bde., Freiburg 1884/91. Die Originale von Innozenz III bis zum Konstanzer Konzil sammelt, auf Anregung von F. § 170 B a r t o 1 o n i, das sog. Censimento {mit Zentrum beim Vatikanischen Archiv). Vgl. Bar-t o 1 o n i. Per un censimento; Largiadér, BAPI 2; B a 11 e 11 i, RSCIt 14; S a n t i -f a 11 e r, MIÖG 72; P r a t e s i, AnnSSAich 12; Z ö 11 n e r, Probleme. Im Rahmen des Censimento oder mit gleicher Zielsetzung ließen sich als bisher erschienen ermitteln: Jose Goňi Gastambide, Regesta de lasbulasde los archivos navarros (1198-1417), Anthologica Annua 10 (1962) 253-354. Anton Largiader, Die Papsturkunden des Staatsarchivs Zürich von Innozenz III. bis Martin V. Ein Beitrag zum Censimentum Helveticum, Zürich 1963. d e r s.( Die Papsturkunden im Gatterer-Apparat zu Luzern von Innozenz III. bis Martin V., AZ 61 (1965) 76ff. ders., Die Papsturkunden der Schweiz von Innozenz III. bis Martin V. ohne Zürich. Ein Beitrag zum Censimentum Helveticum, 2 Bde., Zürich 1968/70. H. Paulhart, Papsturkunden in Oberösterreich. Originale spätmittelalterlicher Papsturkunden in österreichischen Archiven aus der Zeit 1198-1417, Mitteilungen des oberösterreichischen Landesarchivs 8 (1964) 160-172. Leo Santifaller, Verzeichnis von Originalen von Papsturkunden des Bundeslandes Tirol (Nord- und Osttirol), 1198-1415, in: Festschrift Nikolaus Grass I, Innsbruck 1974, S. 243-252. ders., Verzeichnis von Originalen von Papsturkunden der Diözese Bozen-Brixen, 1198-1415, in: Festschrift Franz Huter II, Innsbruck 1969, S. 283-398. W. Zöllner, Die Papsturkunden des Staatsarchivs Magdeburg von Innozenz III. bis zu Martin V.: 1. Das Erzstift Magdeburg, Halle 1966 {Wissenschaftliche Beiträge der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg 13 C 3). ders., Die jüngeren Papsturkunden des Staatsarchivs Magdeburg. Bestände Halberstadt, Quedlinburg und übrige Gebiete, Leipzig 1982 (Studien zur katholischen Bistums-und Klostergeschichte 23). Giacomo Zarotti.I documenti pontificideü" Archivio Capitolare di Parma, Mailand 1960. ders., Documenti pontifici delľ Archivio Vescovile di Parma, Parma 1960. Bernard B a r b i c h e, Les actes pontificaux originaux des Archives Nationales de Paris, Cittädel Vaticano 1975ff. Eine umfangreiche Zettelsammlung von Originalen hat Paul Maria Baumgarten zusammengetragen. Sie wird publiziert als: Sched ario Baumgarten. Descrizione diplomatica di Bolle e Brevi origináli da Innocenzo III a Pio IX, 4 Bde., Cittä del Vaticano 1965ff. Die mit Innozenz III. kontinuierlich einsetzenden Register sind fir das 13. und 14. Jahrhun- g 171 dert weitgehend veröffentlicht: Innozenz III: E. Baluze, Epistolarum Innocentii III romani pontificis libri undeeim, 2 Bde., Paris 1682; PL 214-217; Wilhelm M. P e i t z, Regestum domni Innocentii papae -iuper negotio Romani Imperii (Reg. Vat. 6), Rom 1928; F. K e m p f, Regestum Innocentii III papae super negotio Romani Imperii, Rom 1947; O. Hageneder/H. Haidacher (Hgg.), Die Register Innocenz' III., Graz 1964ff. Honorius III.: P. P r e s s u t t i. Regesta Honoru Papae III .... 2 Bde.. Rom 1885/95 Die folgenden Registerpublikationen stammen, soweit als Publikationsort Paris genannt ist. von der Ecole francaise de Rome (vgl. dam F a w t i e r, MAH 72): Gregor IX.: Les Registres de Grégoire IX. Recueil des bulles de ce pape .... 4 Bde., Paris 1890-1955. Innozcn: IV.: Les registres d'lnnocent IV .... 4 Bde.. Paris 1884-1921. Alexander IV.: Les registres d'Alexandre IV .... 3 Bde., Paris 1895/9. Urban IV Us registres d'Urbain IV . . .4 Bde.. Paris 1899-1958. Clemens IV.: Les registres de CWment IV . . ., Paris 1893-1945. OregorX. und JohannesXXI.: Les registres de Gregoire X et de Jean XXI. Paris 1892-1906. Mikolaus III.: Les registres de Nicolas III . . ., Paris 1898-1938. Martin IV : Les registres de Martin IV . . ., Paris 1901/35. Honorius IV.: Les registres de Hononus IV . . ., Paris 1886/8. Xikolaus IV : Les registres de Nicolas IV .... 2 Bde.. Paris 1887/93. Bonifaz VIII: Les registres de Boniface VIII .... 4 Bde.. Paris 1884 -1939. Benedikt XI.: Les registres de Benott XI . . ., Paris 1883-1905. Clemens V.: Regestum dementis Papae V . . . cura et studio monachorum ordinis S. Benedict] |in Montecassinol editum. 8 Bde., Rom 1885/92; daxu: Y. Lanhers u.a., Tables des registres de Clement V publics par les Bin^dictins, Paris 1948/57. Johannes XXII.: Jean XXII. (1316- 1334). Lcttres communes .... 13 + 3 Bde., Paris 1904/ 47; Lettres secretes et curialesdu pape Jean XXII relatives a la France, 3 Bde.. Paris 1900/67 Benedikt XII: Benoit XII (1334-1342). Lettres communes et cunales .... 3 Bde., Paris 1903/11; Benott XII (1334- 1342). Lettres closes, patentes et curiales se rapportant a la France. Paris 1899-1920; Benoit XII (1334-1342). Lettres closes et patentes interessant les pays autres que la France, 2 Bde.. Paris 1913/50. Clemens VI: Clement VI. Lettres closes, patentes et curiales . . . autres que la France, Pans 1900/61; Lettres closes, patentes et curiales se rapportant a la France, 3 Bde., Paris 1910/61. Innozenz VI: Innocent VI. Lettres secretes et curiales, Paris 1959. Oban V : Les registres d'Urbain V . . ., Paris 1926; Urbain V. Lettres secretes et curiales se rapportant a la France, Paris 1902/55; Urbain V. Lettres communes . . ., Paris 1954. Gregor XI: Gregoire XI. Lettres secretes et curiales . . . autres que la France, Paris 1962/65. Gregoire XI. Lettres secretes et cunales relatives a la France, Pans 1935 57 B. SEKUNDÄRLITERATUR Das folgende Verzeichnis enthalt alle Titel, die in diesem Buch abgekürzt zitiert sind, sowie eine Reihe weiterer einschlägiger Arbeiten. Untersuchungen, die sich auf einzelne Urkundengruppen oder auf einzelne Kanzleibeamte beziehen, sind nicht aufgenommen. Abkürzungen ! AAS Acta Apostolicae Sedis AD Archiv für Diplomatik, Schriftgeschichte, Siegel- und Wappenkunde AfkKR Archiv für katholisches Kirchenrecht AHP Archivům Histonae Pontificae AnnSSArch Annali della Scuola Speciale per Archivisti e Bibliotecari dell' Universita di Roma ASRomSP Archivio della (Reale) Societa Romana di Storia Patria AUF Archiv für Urkundenforschung AZ Archivalische Zeitschrift BAPI Bollettino dell' Archivio Paleografico Italiano BECh Bibliothěque de l'Ecole des Chartes BISIAM Bolletino dell* Istituto Storico Italiano e Archivio Muratonano DDC Dictionnaire de Droit Canonique EncCatt Enciclopedia Cattolica Enclt Enciclopedia Italiana hg. herausgegeben von Hg-. Hgg. Herausgeber HJb Historisches Jahrbuch LexMA Lexikon des Mittelalters LThK Lexikon für Theologie und Kirche MAH Mélanges ďarchéologie et d'histoire MGH Monumenta Germaniae Historica MIÖG Mitteilungen des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung KI A NGG Nachrichten der Königlichen Gesellschaft \bzw der Akademie) der Wissenschaften zu Göttingen, philol.-hist. Klasse PL J. P. M i g n e, Patrologia Utina, Paris 1844ff. QFIAB Quellen und Forschungen aus Italienischen Archiven und Bibliotheken RevQH Revue des Questions Historiques RHMitt Römische Historische Mitteilungen RQ Römische Quartalschrift Tür christliche Altertumsk unde und Kirchengeschichte RSCIt Rivista di Storia della Chiesa in Italia Acht. Peter: Der Recipe-Vermerk auf den Urkunden Papst Bonifaz' VIII., Zeitschrift für bayerische Undesgeschichte 18 (1955) 243-255. - Drei Fälschungen von Papsturkunden des 13. Jahrhunderts, BAPI 2/3 parte I (1956/7) 33-57 und Tafeln. - Kanzledcorrekturen auf Papsturkunden des 13. und 14. Jahrhunderts, Brünn 1971 (Foüa Diplomatica 1). A n c e 1, D. R.: La seaetairerie pontificale sous Paul IV., RevQH 79 (1906) 408-470. Arnold, Robert siehe § 169 Arnd t. Wilhelm/T a n g 1, Michael: Schrifttafeln zur Erlernung der lateinischen Paläo- graphie, 3 Bde., Berlin 1904/7 (ND Hildesheim 1976) Aus 1200 Jahren. Das Bayerische Hauptstaatsarchiv zeigt seine Schätze, Neustadt an der Aisch 1979 (Ausstellungskataloge der staatlichen Archive Bayerns 11) B a c c i, Antonio: Segreteria dei brevi ai principi, in: EncCatt XI 247f. B a I u z e siehe §171 Bangen, Josef Heinrich: Die Römische Kurie, ihre gegenwärtige Zusammensetzung und ihr Geschäftsgang, Münster 18S4. B a r b i a n i, Ottavio Vestrio: In Romanae aulae actionum et iudiciorum mores ad Iacobum Pellaeum. Venedig 2 1560. B a r b i c h e, Bernard: Les „Scriptores" de la chancellerie apostolique sous le pontificat de Boniface VIII (1295-1303), BECh 128 (1970) 115-187 - Les actes pontificaux originaux des Archives Nationales de Paris, 2 Bde., Citta del Vatica-no 1975/8. - Litterae ante coronationem. Note sur quelques actes pontificaux originaux conserve's aux Archives Nationales de Paris, in: Palaeographica, diplomatica et archivistica. Studi in onore di Giuüo Battelli II, Rom 1979 (Storia e letteratura 140), S. 263-275. - siehe auch § 170 Barraclough, Geoffrey: Audientia litterarum contradictarum, in: DDC I 1387-1399. - Corrector litterarum apostolicarum, in: DDC III 681-689. - The Chancery Ordinance of Nicholas III., QFIAB 25 (1933/4) 192-250. - Formulare für Suppliken der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts, AfkkR 115 (1935) 435-456- - Minutes of Papal Lettres, 1316-1317, in: Miscellanea Archivistica Angelo Mercati, Citta del Vaticano 1952 (Studi e testi 165) S. 109-127. B a r t o 1 o n i, Franco: Per un censimento dei documenti pontifici da Innocenzo III a Mar-tino V (escluso). Relazione, discussione e voto finale al Convegno internazionale di studi per le fontidel medio evo europeo, Rom 1955. - siehe auch §§ 167, 170 B a 111 e, Columba M. siehe §168 Battelli, Giulio: BoUa, in: EncCatt II 1778-1781 - Registri Pontifici, in: EncCatt X 656-660. - Una supplica ed una minuta di Nicolö III, QFIAB 32 (1942) 33-50. - Una supplica originale „per fiat" di Urbano V, in: Scritti di paleografia et diplomatica in onore di Vincenzo Federici, Florenz 1944, S. 277-292. - I transunti di Lione nel 1245, MIÖG 62 (1954) 336-364 - Due frammenti dei registri membranacei di demente VI, BAPI 2/3 parte I (1956/7) 69-76. - II censimento dei documenti pontifici dal 1198 al 1417, RSCIt 14 (1960) 138-140. - Bibliografia deU'Archivio Vaticano, 4 Bde., Cittä del Vaticano 1962/6. - „Membra disiecta" di registri pontifici dei secoli XIII e XIV, in: Melanges Eugene Tisse-rant IV, Cittä del Vaticano 1964 (Studi e testi 234), S. 222-249. - Acta Pontificum, Cittä del Vaticano 1 1965 (Exempla sciipturarum III). - Per una diplomatica dei nunzi pontifici: un frammento di registro dell' anno 1404, in. Miscellanea in memoria di Giorgio Cencetti, Turin 1973, S. 539-554. - siehe auch §162 B a t z e r, Ernst: Zur Kenntnis der Formularsammlung des Richard von Pofi, Heidelberg 1910 Bauer, demente: Studi per la storia delle ftnanze papali durante il pontificato di Sisto IV, ASRomSP 50 (1927) 319-400. - Die Epochen der Papstfinanz, Historische Zeitschrift 138 (1928) 457-503. Baumgarten, Paul Maria: Das päpstliche Siegelamt beim Tode und nach Neuwahl des Papstes. RQ 21 (1907) 32-47. - Der Ersatz eines zerbrochenen Bullenstempels unter Innozenz IV., RQ 23 (1909) 114— 116. - Neueste Ausstattung der apostolischen Breven, RQ 27 (1913) 43f. - Bullenstempel, RQ 28 (1914) 48-52. - Von der apostolischen Kanzlei, Köln 1908. - Die Entwicklung der neuzeitlichen Bullenschrift, RQ 23b (1909) 16-34. - Registrierungsnotizen auf Originalen und in den Registerbänden des 14. und 15. Jahrhunderts, RQ 26 (1912) 114*-152*. - siehe auch §170 Bayerns Kirche im Mittelalter: Ausstellungskatalog 1960, München 1960. B 1 a u 1, Otto: Studien zum Register Gregors VII., AUF 4 (1912) 113-228. Bock, Friedrich: Die Geheimschrift in der Kanzlei Johanns XXII., RQ 42(1934) 279-303. - Über die Registrierung von Sekretbriefen, QFIAB 28 (1937/8) 147-234. - Studien zur Registrierung der politischen Briefe und der allgemeinen Verwaltungssachen Johanns XXII., QFIAB 30(1940) 137-188. - Einführung in das Registerwesen des Avignonesischen Papsttums, QFIAB 31 (1941) I- 107 und Tafeln. - Studien zu den Originalregistern Innocenz' III., AZ 50/51 (1955) 329-364. - Studien zu den Registern Innocenz* IV., AZ 52 (1956) 11-48. - Originale und Registereinträge zur Zeit Honorius III., BAPI 2/3 parte I (1956/7) 99-116. - Kodifizierung und Registrierung in der spätmittelalterlichen Verwaltung, AZ 56 (1960) II- 75. - Bemerkungen zu den älteren Papstregistern und zum „über Diurnus Romanorum Pontificum", AZ 57 (1961) 11-15. - Päpstliche Sekretregister und Kammerregister, AZ 59 (1963) 30-58. B o n a m i c i, Philippus: De claris pontificiarum epistolarum scriptoribus ad Benedictum XIV Pont. Max. Uber, Rom 1753. B o rin o, C. B.: Note Gregoriane per la storia di Gregorio VII e della Riforma Gregoriana 4-5, 12-15: Puö il Reg. Vat. 2 (Registro di Gregorio VII) essere il registro della cancel-leria?, Studi Gregoriani 5 (1956) 391-402 u. 6 (1959/61) 363-389. - Note Gregoriane per la storia di Gregorio VII e della riforma Gregoriana 16: II Registro della cancellaria di Gregorio VII era costituito dalla trascrizione delle lettere in volume, Studi Gregoriani 6 (1959/61) 390. B o s h o f, Egon/ Wolter, Heinz: Rechtsgeschichtlichw mipbViti owtme piv n CS<»»^»<" « 7\iigt»f~Ki» Vi« C^fror .ipliniM, IvM.^Jfn,,, t, ,i4J.,r. |vtimr |iii^ iiiThtih nm> «»nrri ijirjiiltfttUt tjikiii» «ruurt*- »utipnrf ur iV per (■♦ImmVnw i'flin| iii-i tthrvkiniiM poiVurnnir tffxc mit), t^t pirpm* Vtlor ti iniymiM« ^i1i| «mp (uf^ru? jvf~~Hi ItinmtJMif jjmrr .tu Vninvnri'p »t|pli[ü jvt^mwP ump er 0 >mwiJ~Km-iuii) iii-ti) ^£ihi(i [imr n ■^&4,n£sr n iiinic t*(^ci)tiii* iHono|xin mm rniiii(*iir< (vmf i)iic nitp^nnii' [ iMnomihtlt hfr iW Mhiip h'iuP ip* i»tivtf|viin<)2. fr pr-fftWnp mir iiipinmttn «»«f~hf mrViP yitffTmif-* Vrimnc prrnfip r)V»»iVNt-i|p. lU'rnpn^tYtMWIf p2«»m prt^.iwi MtlHrCd ini'(ilirtiin«»P noCip *»roiW»» .»>iuif~}rT«r »ii»_>rt»iirv(}iif »\r liftt'rmtvt' ff"oviinpnuiwp flntf cx*»r n«mnti) •« &irtV»»P er |e*nnny»l»iip uel tifijP x|.%»f^W(tK»iip- ninni.\rnl»rvt- ii<4*ii° er ot\in <*,>» n«i(~K*n^ iiir iii>iif/7i<* ßftir,-d!$ m»(~7» mi* #»f «tu nirt apiim *n*n|inii»»iniip 4rft*ffau%$ ftt\>n j»trrivii»i*i nrmommiip. t>Wna u> |vri tlT«Miri/i| _^»i»«.iti(ipT^>^ii((i enfr «WWW* irmmnn» liatir Umr p»«yn«ni» mv OH%f%e»umt*tnti orrrmn mni*m£ inmfi<*pff*I »«et « l^itffftn* nMirroiit».1^w) 1111» »mrrii*. IJ^r «tftvin;"»UY p*«^i»tt«pi» tnmt.il hoc cOTi^mwwbii« J || , —-----— - — - - I ■ w i ^ —' i i »V M l ^ .»ww----- —---j , f tibi ac perpmk n*^« nucomtUL' rt Aowtrtc- fto*k <^*v» in w» w»j««miom ei* fim« um* AU«m jmwcHao vn tuA- et fmniluruiit» tuaj^N^mrfkrw^ pvvfYntw.' «tUtwtut «• fneect «U bMU^CnMtwnu tut tnwu. ^vtfbttuim m^ttu^nttu« . "jf^itlli caqy> cmimiw Vwwtinum liotat katvc vadium rvc€ conccfTiotu« M^HMH iicl «i Anfu tcttMxaao cvntcatcc ^iqun» dittrm m>»y«>wH«wi e«wtwp«tT»lu>vt*i et beatoit Ortu rt CViuU At>U^> «tu« (~c '—"H<*i*rtt- «—mcucjfÄiutii ttt^icatTie Abb. 3 Litterae cum serico Nikolaus' V. von 1453 März 26;Papstname in gotischer Majuskel. Die Urkunde ist per cancellariam expediert; am linken und rechten Rand findet man die Freigabe durch den Kanzleileiter: L(ectum) F(ranciscus) [« Francesco Condulmario, Vizekanzler 1437-1453). VbI. 6 5 22. 130 :ci\bnm\A»»rn5 cybilvar tu it brncrti; TrumiHonÄ pxina a^fman) tcÄrtfrictnir/icnr in (tum flicke n|pc(Uh ome :cnu"rn rrm Abb.4 Litterae cum filo canapis Sixtus' IV. von 1472 Mai 16. Die Urkunde ist per viam correctoris expediert und trägt rechts neben dem Text das Audientiazeichen. Vgl. §§ 22, 139. 'Sri • - Tic >Lww,t. »-ir«™*» ««* m**m Cur..™ ... Mttlti v t.-> iwl*|*mhtt(«ninkMf UyTtP'rtkamir 4 .iMuklfl' •vAiam itfl*-r Jj». [.-. L-......!ri~J»oir orLtic mm| ^»Lut.««! I?. ^ "" I l,— «rtiivKa jAC« Lvi •»VF3** «"iitrn .iJam- oi»«wrM •iKr.ivwiajiaflir ~^J*«|Ui»u- s.V.»U>. w — ,r ..-!• * .In».- — 'ihm *rC ... j.- V.r>-r V «JLmmv ' — ~. > ,v"*»"«ni mtnmerr .vf^, |,. .UCr L.....I L---:,L ^ luv« *n*r^fw^***t*>rn trau er i min* oiiM .>rui ur! nuifSlaoi | ^™ »i'tittt* "tnw r^iif! Ii*t4 .««r ^Wi» er C LtrrfcirTO J^ijrrt Kr«V.r»««» (inr CijcllanM* * JO—La (£" «^V«.i>r«U» er «^uMnoxki -»ii« 4rfrwu» rrro..!~.rrN»i.J>io. «iL m ■X • -Oll., -M i>-~— «™...w«f «- P J«« Abb 5 Bullt (im engeren Sinn) Innozeni' V1H. von 1487 November 7. Die Urkunde ut per cancel-laham expediert. Genehmigung* und Expeditionsdatum liegen ein halbes Jahr auseinander, da die Urkunde erst im April (1488) komputiert ist (Vermerk links unter dem Text) Vgl. SS 24. 117. 125 III yiivW «iL ■pV*S>Ci»»« oLi Auk Iii MT* .>!■ cJ>»> ,,*L Mo ml «viiltrn «ur ulv» imS»~io»n»~tvirM. nr i^Tcu L.,..lr^ (»M»^i«Lr |*Tl,f»,4.» |»tti*»i LxirlUi ,^*'"< C_ aJL« •te< ^Cv™«,i'"W ffIMM *H5* fW «l%aUto illwMi — V^^. ,i^|WM_ irfWntrr v.^u^, Ttpiihnpin^v |-.r>r*w vr #»i |uUt^Viwu |inMB imLi *wLi iinr7i......i>^n i i> w»dL InUmcTot cxi^o,«* ^H^Vcm'n". rr|m*tLw |n1v»tj#~rtrp iPav«*uk u 4> firr».,iin*»«^^ iiiki« j u-i^-.Jirr m,OrMnat'Vii<:r .TT tfj^rmm' ^rxfi«ww, "»mm«!- .v-.k.v. ^> - W. rH.jt k ^ 1* »«X -fruoCBiirW crLreap «r*TtDT* fcvninw A*h-j»**ri*« Li«uVOs> Is^J^^^rik»* ,-rliwr |Vorvn.-* l^MiWW*>sT C»«whniiiimul ar i^rtfeint 4*m|.n punwn**« nmummtHj tu^ci»nli> • L»m«w>i .ii • «n|Mi rtawan« 03vr>«) t», u- J(lm,, La: **Omfrwx vrdmnfQr* i^^ntm*»* ^(l|r^.n/-r*. L*mi. *^t_>»jv\ ,/|.. u -10 Abb. 6 S u p pIi k an Gregor XIII.. datiert 1573 März 7. Im corpus der Supplik sind einige nicht genehmigte Passagen gestrichen. Die Signatur stammt von der Hand des Papstes: hinter dem corpus steht Fiat ut petitur, V., hinter den Klauseln Fiat, V. |= Ugo Boncompagni]. Unterhalb der Klauseln die Datierung Dar. Rome apud Sanctum Petrum Nonis Martii Anno Primo. Vgl. §§ 31. 116, 117. !t t^nfjvnrn or&wf$tnAi rvrittlcc?h m hxt±rtffujip\v\tuyn^n\chrun> Kvbilxuttm tium ix^vniffrljornmwJittTTTtt' Q*£ arnJftn vr/iium Abbin rmjuratrr'wnnjT^tn hju^c/jro rrru ctjOJtittf 'fidy TturTfnwri^nfn/iijfzommtnixt^^ xc lemarnt^wene m^t/io p-o/erjuim wirm N-ome'^ I Abb. 7 B re vc Sixtus' IV. von 1473 Oktober 30. Rechts unter dem Text die Unterschrift des secretarius domesticus. Vgl. §§ 35. 98 ClMBKi« PP A"i ,mw4 i*h*>,A j**tŕv jufmor unrtUn tx*** A4. (pn*^ 'Uhnift Jumra»Ar Qmjgßt] irfrum jtnť itf)rt*t%w, 11- iheintrf Jrrv ct*)i>tt), Jumtiu) (er, IH \*ii\hr jtrticn: '..i«»fi'> i*' "UfWtfc« ^niit Wf^w«; 'v? f9 CiHldilttm M&fy .It unnStM\l*lb»i r!™.*,«»- hť/tu/Ar*** rUKStpt*«.. *,t frťlMM tW£tríi»L ynÍ(«l .h'W LVn^nO >uu»äWJ>;'j uaá:.ťn«nK, f/xA*|ä .Ijfrc^hMO« dh Jifirij «i* JLuá.f tr Jitt PcUt\t%4Í) c»*k Jivtt^Jiiý U pim. UUMfmiMMM «»Nr*»«? rwhmt ,IÍ l^r, tuett rfpliČA ,ttnCrv tórium :enji\yrt»nut.),ít- imriintu}, uUtyttV JtrtJHttUhh, t\ tnHjtt) ijute Jflhn, {r métm, ftf iŠ) i(í bá /ttttJftŕ.tt prv ŕínt"nc'^»caíír pitnými* Mßrkjin iiPtw CltctmiHu^ /nfti ŕamín ;™ C*-&~*L ^n-itr-T*. /w^irZ; ___ v^v*«T-(Uuh et- S^t>Uvv)s rd/W HcviAi H*r cUor tj:yJü- A\*iKph**r) l2>*n«t»*^o ^Turwrw «mml*- ^f/r-maKc' tyr-Knlö ^«"»W1 r»-- ui^ . • - - - - - - - y"n Abb. 10 Rubrizellen (InhaltsVerzeichnis) zu einem Bullenregiiter Eugens IV. Linke Spalte: Schlagwort; mittlere Spalte: Inhaltsangabe mit Namen des Empfängers; rechte Spalte: Seitenangabe. Die Schrift der Rückseite schlägt durch, ein Phänomen, das bei Papierregistern oft zu beobachten ist und die Lesbarkeit sehr beeinträchtigen kann. Vgl. § 77. COTiP &emuir%Jc (utu J[tm\ ttruvtntt] yyvMn / 1 i ^ 11 Brevenregiste r für ftrevia de curia. Erster Band Innozenz' VIII. vom August 1484. Links der Name des Sekretärs. tu er) ftftMQi artimys tjiuQutcutif^ l^cßirmnf y ^QJbf«u# ~pUraiOc«i V:ot "sCa t i MM mm owxx ula^-jurnuin .1>tu| "Tau nomlnI< a uifirnw ar in au« (vpioja* .1 >n.ulvilL oui mram rvwqimf vuruLiBun mimcrw c|]tfVow|aairSunu* Iwn^nLitf .icwlLmiu~H ^tnc c| f,j> wo* um in Iyk pira |uroluiuwiutu* incLn.ifi ur tu~|olvmnw crJiart|7oix* ruAic^Ti A rat^ üiu pwcmpro: fTicrinr~XHuio .Oirta jiiuU (x ali|*LvnnfiaJi^iu mfigiu|# lilxi« ua ^oj »»»ü n> itunm wfa*j WWwA fiyngca er m ^ur|~~reMicl«M in (fvrucl h oxSmu* ^T*amui«n .1 prtfntfo nr^ukcrfjxicii ur aum jfknn#^pau*u* .uüSiin (utitc h* 4 ?Vnu|~*ren|« n«non cccL|« ah u cedu pirvodualc* er in k-ticku h»u< liiuuf wi^i aiiaut* ~?lnn( tx* utl 1«^!* .tpkoe ~iap\tu» pntjuu iwnjieuur cLirqm er infTifxr iu| fctfaraiui onumena /«rcrtcraii.» reo iifuVumrovurVu & an J >u f~^~Tc«| m/U&vr/ptctl Ixuccmccvc pofjia» u* apliajm ronrranuir> ci>M* iiv\ju.u)iw A>j fnnnluv uoti* >\c iOafil««^ W'<1 7avn\ A\\M i-Oamumtt Simmi *V^\ illc/iin&pia^nutrciUtfTnio^tiaVtaqx ^iinc^uarni-. un tu piruu j.ui, mpxciin/ Abb. 15 Urkunde des Konzils von Basel von 1444 Februar 20 (litterae cum serico)