Hermann Hesse 2. 7. 1877 Calw – 9. 8. 1962 Montagnola/Tessin. der weltweit meistgelesene deutschsprachige Autor, «ein durchschnittlicher Entwicklungs-, Ehe- und Innerlichkeitsromancier - eine typisch deutsche Sache» (Gottfried Benn, 1950) Erfolgsschriftsteller «Peter Camenzind» errreichte 1909, fünf Jahre nach dem Erscheinen, eine Auflage von 50 Tausend; bis 1970 wuchsen die deutschsprachigen Ausgaben von Camenzind auf 540. 000 an, die an «Camenzind» anschliessenden Werke «Unterm Rad» erreichten 1970 eine Gesamtauflage von 226. 000, «Knulp» 265. 000, «Demian» 300 000, «Steppenwolf» jedoch erst 135 000. «Steppenwolf» heißen in Amerika Beatbands oder Underground-Lokale. In Amerika erschien Der Steppenwolf in zwei Millionen Exemplaren und Hesse wurde zum Guru, Meister des Okkulten, Schilderer der Ekstase und Seelenwanderung und Führer zur Meditation. Hermann Hesse Hesses Geburtsshaus "Nie mehr ist eine andere Stadt in den Ländern, in denen ich seither gewohnt habe und gereist bin, mir so bekannt geworden wie Calw; noch immer ist die Vaterstadt für mich Vorbild, Urbild der Stadt, und die Gassen, Häuser, Menschen und Geschichten dort Vorbild und Urbild aller Menschenheimaten und Menschengeschicke." Hermann Hesse Mit welchem Nobelpreisträgersteht hier der schwäbisch-bedächtige, öffentlichkeitsscheue Introvert? Hermann Hesse Den Nobelpreis hat Hesse auch seinem Freund Thomas Mann zu verdanken, der zum 60. Geburtstag von Hermann Hesse in die Neuen Zürcher Zeitung schrieb: "Und ist es nötig, zu sagen, dass der 'Steppenwolf' ein Romanwerk ist, das an experimenteller Kühnheit dem 'Ulysses' von James Joyce, den 'Faux-Monnayeers' von André Gide nicht nachsteht." Hesse selbst fuhr nach Stockholm nicht, bedankte sich nur für die „Anerkennung der deutschen Sprache und des deutschen Beitrags an die Kultur“. An einen befreundeten Maler schrieb er: „Heut ist in Stockholm der Klimbim, erst Nobel-Gedenkfeier in großer Gala, dann Bankett, wobei auch ein Spruch von mir verlesen wird.“ Hermann Hesse Hermann Hesse in Tübingen (1895–1899) „In den ersten Tübinger Zeiten war ich sehr strebsam und solide, später soff ich viel mit Studenten herum.“ „Wir galten als dekadent und modern Und glaubten es mit Behagen. In Wirklichkeit waren wir junge Herren Von höchst modestem Betragen.“ Hermann Hesse Hermann Hesse in Montagnola, Tessin In der Casa Camuzzi, einem Haus mit einem Türmchen und der Wetterfahne, mietete Hesse 1919 vier Räume. Sein Zimmer mit dem Balkon wird auf dieser Zeichnung durch einen blühenden Baum verdeckt. Walter Benjamin über Hermann Hesse Über Hesse und seinen «Steppenwolf»: «Er kann sehr viel. Sein Schauen hält eine eigene Mitte zwischen der Kontemplation eines Mystikers und dem Scharfblick eines Amerikaners.» Hesse gegen die Deutschtümelei 1914 hatte sich der 37-jährige Hesse gegen jeglichen Chauvinismus und für eine Versöhnung Deutschlands, Englands und Frankreichs eingesetzt. Seine Romanfigur Harry Haller, der Steppenwolf, den Hesse Ähnliches erleben ließ, löste eine barsche Kritik aus: die Darstellung der Prostituierten-Beziehungen seien schweinisch, jüdisch und anti-national. Hesse in der Preußischen Akademie Hesse wird 1926 auswärtiges Mitglied in die Sektion Dichtkunst der Preußischen Akademie gewählt. 1931 tritt er aus der Preußischen Akademie der Künste wieder aus: "Ich habe das Gefühl, beim nächsten Krieg wird diese Akademie viel zur Schar jener 90 oder 100 Prominenten beitragen, welche das Volk wieder wie 1914 im Staatsauftrag über alle lebenswichtigen Fragen belügen werden". Hesse und die Preußische Akademie Es entstanden zwei Lager in der Sektion, ein nationalkonservatives, auf dessen Seite Wilhelm Schäfer, Georg Kolbenheyer, Emil Strauß, Hermann Stehr und Josef Ponten standen und das „Berliner Lager“, zu dem Alfred Döblin, Ludwig Fulda, Walter von Molo, Eduard Stucken und Oskar Loerke zählten, unterstützt durch Thomas und Heinrich Mann. Mit Döblins Artikel "Bilanz der Dichterakademie“ wurde die Debatte zusätzlich zugespitzt. Hintergrund war der Austritt von Guido Erwin Kolbenheyer, Wilhelm Schäfer und Emil Strauß sowie Hermann Hesse im Jahre 1931. Döblin „Es meldete sich an der Provinizialismus, Heimatkunst, Kunst der Scholle, des sehr platten Landes und redete aus orphischer Tiefe – uns an, protestierte gegen Berlin. Bei einigen verband sich dies mit wohlbekannten aggressiven Tönen, das zweite Wort war ‚deutsch’, ‚Volkstum’“. Hesse und Emil Strauß Freund Hein, schon 1902 bei S. Fischer erschienen, ist, die Geschichte einer Verzweiflung, die mit dem Tod endet und mit Hesses "Unterm Rad" als Schülertragödie eine ähnliche Rezeitonsgeschichte aufweist. Hermann Hesse schreibt 1960, vier Tage nach dem Tod von Strauß: Seine Neigung zum Rassenhass, vielmehr seine aus Brasilien mitgebrachte arische Verachtung andrer Rassen, habe ich teils spät bemerkt, teils nicht ganz ernst genommen. Bald darauf ging er zu Hitler. Es war nicht so, wie Sie es sehen, dass die Nazis sich ihn geholt hätten, er ging gute zehn Jahre vor 33 ganz aus eigenem Antrieb begeistert mit. (Brief an Werner Weber 14. August 1960) Die Hesse (Franz Blei) Franz Blei: "Das große Bestiarium" "Die Hesse, so wird eine liebliche Waldtaube genannt, die man aber wild nicht mehr auftrifft. Ihrer Zierlichkeit wegen wurde sie ein beliebter Käfigvogel... [der dem Stadtbewohner die Sensation der Natur verschaffe, dank ganz kleiner Drüsen], "aus denen sie einen Geruch absondert, der leise an Tannenduft erinnert" . Hesse über die Machergreifung 1933: „Es ist Kriegs- und Pogromstimmung, freudig und schwer betrunken, es sind Töne von 1914, ohne die damals noch mögliche Naivität. Es wird Blut und anderes kosten, es riecht sehr nach allem Bösen.“ Der «Steppenwolf», die «Betrachtungen» und «Narziss und Goldmund» durften erst während des Krieges, als nach 1939 nicht nachgedruckt werden, vorher blieb Hesse auf dem deutschen Büchermarkt fast ohne Einschränkung präsent. Wie wurde Hesse für seinen Indienstoff in Siddharta sensibilisiert? Die Mutter war Angehörige einer Missionarsfamilie, deren Aufenthalt im westlichen Indien erste Anregungen für die langjährige Beschäftigung Hesses mit fernöstlicher Kultur und Gedankenwelt lieferte. Der Großvater mütterlicherseits, Dr. Hermann Gundert, war Leiter des Calwer Verlagsvereins und hatte als langjähriger Missionar und Indologe bedeutende philologische Werke über indische Sprachen, insbesondere das Malayalam, eine der vier großen dravidischen Sprachenherausgegeben. Durch Hesses Zutritt zu Gunderts umfangreicher Bibliothek u. die publizistische Tätigkeit seiner Eltern erhielt er entscheidende literarische Anstöße. Hesses Demian, unter dem Pseudonym Emil Sinclair veröffentlicht Hesses Verzweiflung úber die Greuel des Kriegs sowie Tod des Vaters und Trennung von der gemütskranken Frau mündeten in Depressionen (1916), die ihn zwangen in einem Luzerner Sanatorium den späteren Freund Dr. J. B. Lang, einen Schüler Carl Gustav Jungs aufzususchen. Dank Lang gelangten Motive der Gnostik in Hesses Demian (Bln. 1919). Hesses Aufsatz Künstler und Psychoanalyse (1918) wurde sowohl von Jung als auch von Freud mit Beifall aufgenommen. Demian Der wahre Autor des Demian wurde zuerst von C. G. Jung u. Otto Flake erkannt. Hesse und die Weimarer epublik: Ich sehe die Welt als Künstler an und glaube, zwar demokratisch zu denken, fühle aber durchaus aristokratisch, d. h. ich vermag jede Art von Qualität zu lieben, nicht aber die Quantität. Er identifizierte sich später mit Ortega y Gassets Buch Der Aufstand der Massen (1930), mit Schopenhauers Geschichtspessimismus und hielt jede politische Handlung für sinnlos. Demian. Die Geschichte einer Jugend von Emil Sinclair. Wie sieht Emil Sinclairs Entwicklung zum Selbst aus? Sinclais Mitschüler Franz Kromer stiftet ihn zu kleine Diebstählen an und bringt ihn so in seine Abhängigkeit. Des verzweifelten Sinclair nimmt sich ein anderer Mitschüler, Max Demian, an, der an die Auserwähltheit Sinclairs und seine eigene glaubt. In einer eigenwilligen Auslegung der biblischen Geschichte von Kain und Abel wird das Recht, sich über alle konventionellen Bedenken hinwegzusetzten und nach eigenen Wünschen und Träumen zu handeln begründet. Nach Jahren, in der Zeit einer Pubertätskrise, sieht er in seinen Träumen eine Frau, die immer mehr die Züge Demians annimmt. Demian In der alten Gottheit Abraxas ist das Göttliche und das Teuflische vereinigt. In Demians Mutter Eva erkennt er das geheime Wunschbild seiner Träume, die ideale Verbindung des Weibes als Frau und Mutter. Im Krieg übernimmt Sinclair Demians Vermächtnis, ein von bürgerlichen Konventionen freies Leben zu führen. Zitat: Der vogelfliegt zu Gott. Der Gott heißt Abraxas. (91) Der Vogel kämpft sich aus dem Ei. Das Ei ist die Welt. Wer geboren werden will, muß eine Welt zerstören. (Demian, 1919, 142) Demian, 1919 ein Kultbuch der Jugendbewegung Kein Mensch ist jemals ganz und gar er selbst gewesen; jeder strebt dennoch es zu werden, einer dumpf, einer lichter, jeder wie er kann. ... Mancher wird niemals Mensch, bleibt Frosch, bleibt Eidechse, bleibt Ameise. Wir können einander verstehen; aber deuten kann jeder nur sich selbst. die Welt stand um mich her wie ein Ausverkauf alter Sachen, fad und reizlos, die Bücher waren Papier, die Musik war ein Geräusch. So fällt um einen herbstlichen Baum her das Laub. er fühlt es nicht, Regen rinnt an ihm herab, ... Vivos voco zwischen 1919 und 1923 von HH. edierte Zeitschrift Hesse beteiligt sich an der „Streitschrift“ des Simplicissimus-Verlages „Gott strafe England“. Seine„Differenzen mit der Redaktion des ‚Simplicissimus‘ wegen deren politischer Haltung“. In der Zeitschrift „Vivos voco“ verwahrt er sich gegen die „pathologische Judenfresserei der Hakenkreuzbarden“. Siddhartas Weg von Ich über Entselbstung zum Selbst 1. Wo lernt er die Entselbstung, nicht mehr Ich zu sein? 2. Wer hat ihm Govinda geraubt,und ihm Siddhartha, sein selbst geschenkt? 3. Worin liegt Siddhartas Erwachen ? 4. Wer ermöglicht ihm das Selbst zu erleben? nie hatte er dies Selbst wirklich gefunden, weil er es mit dem Netz des Gedankens hatte fangen wollen. 4. Wer sind Kindermenschen? Kindermenschen 5. Warum beneidete er die Kindermenschen? Die Geschichte Siddhartas erinnert anden Werdegang des historischen Buddha. In welchen Aspekten weicht sie davon ab? Kindermenschen um die Wichtigkeit, welche sie ihrem Leben beizulegen vermochten, um die Leidenschaftlichkeit ihrer Freuden und Ängste, um das bange, aber süße Glück ihrer ewigen Verliebtheit. Wasser bei C.G. Jung Nach C.G. Jungs Psychologie symbolisiert der Fluss und Wasser doch stets die Abgründigkeit des Unbewussten. Der Sohn ist ein Rückfall in seiner Entwicklung: ein Kindermensch, der eines Menschen wegen leidend, einen Menschen liebend, an eine Liebe verloren, einer Liebe wegen ein Tor geworden. Was ist OM, wer ist Vasudeva? ein Mensch war, der ihm zuhörte, dass dieser regungslos Lauschende seine Beichte in sich einsog wie ein Baum den Regen, dass dieser Regungslose der Fluss selbst, dass er Gott selbst, dass er das Ewige selbst war. Vasudeva bringt die Menschen nicht nur auf die andere Seite des Flusses, sondern auch an das andere Ufer ihrer Seele, mit Jung gesprochen: vom Ich zum Selbst. Er verkörpert den Archetypus des „Alten Weisen“ als Symbol der seelischen Ganzheit des Selbst. Warum ist S. „Ausdruck einer Befreiung vom indischen Denken“ ? Individualismus Taoismus Das verdrängte Selbst von Harry Haller entdeckt Sein Konflikt löst sich durch die Bekanntschaft mit der Prostituierten Hermine, die Haller an sein verlorenes, herabgewürdigtes und verdrängtes Selbst erinnert. Mit ihr lernt er in der schmerzhaften Selbstanalyse des »Magischen Theaters« die schwierige Aufgabe zu meistern, sich zu akzeptieren und den bedrohlichen Symptomen der Zeit mit Humor zu widerstehen. Verurteilung der Nachkriegsgesellschaft:in Hochjagd auf Automobile im Magischen Theater des Steppenwolf. Der Steppenwolf Ein Mensch, der fähig ist, Buddha zu begreifen, (…) sollte nicht in einer Welt leben, in welcher common sence, Demokratie und bürgerliche Bildung herrschen. Nur aus Feigheit lebt er in ihr. Morgenlandfahrt Welche Symbolik schreibt Hesse einer Morgenlandfahrt zu? 1932: Morgenlandfahrt: Hesses Erzählung ist eine Beichte über seinen Verrat an dem Freund, von dem er sich 1919 abgewandt hatte und den er durch diesen langen Brief der Reue wiederzugewinnen sucht. In der Schlussszene des Romans fließt auch die die Kraft vom Dichter zu seinem Geschöpf, bis H. H. welk und bleich wird. Als „Brüder im Geiste“ tauchen im Roman längst verstorbene, von Hesse geschätzte Künstler aller Epochen nebst den von ihnen gesch Morgenlandfahrt …] Ich erkannte: wohl hatte ich mich einer Pilgerfahrt nach dem Morgenlande angeschlossen, einer bestimmten und einmaligen Pilgerfahrt dem Anscheine nach - aber in Wirklichkeit, im höheren und eigentlichen Sinne, war dieser Zug zum Morgenlande nicht bloß der meine und nicht bloß dieser gegenwärtige, sondern es strömte dieser Zug der Gläubigen und sich Hingebenden nach dem Osten, nach der Heimat des Lichts, unaufhörlich und ewig, er war immerdar, durch alle Jahrhunderte unterwegs, dem Licht und dem Wunder entgegen, und jeder von uns Brüdern, jede unserer Gruppen, ja unser ganzes Heer und seine große Heerfahrt war nur eine Welle im ewigen Strom der Seelen, im ewigen Heimwärtsstreben der Geister nach Morgen, nach der Heimat. Morgenlandfahrt Atokommentar Hesses: Welchen Sinn oder welche Tendenz meine Erzählung habe, darüber kann ich nicht mitreden. Es soll mir lieb sein, wenn die Zahl der Meinungen darüber recht groß ist /…/ Das Thema der Morgenlandfahrt ist: Sehnsucht nach Dienen, Suchen nach Gemeinschaft, Befreiung vom unfruchtbar einsamen Virtuosentum des Künstlers.