Stilistik I •Stilistik I: •Schwerpunkte: •1.Theoretische Grundlagen: • - Wesen und Gegenstand der Stilistik • - Beziehungen der Stilistik zu anderen Disziplinen • - Entwicklung der Stilistik •2.Stilistische Grundbegriffe: • - Stil – Text – kommunikative Situation • - Stilauffassungen • - Stil und Sprachvarietäten (Existenzformen der Sprache) • - Synonymie • - Stilschichten und Stilfärbungen •3. Mikro- und Makrostilistik: • - makrostilistische Kategorien • - mikrostilistische Stilelemente • - Tropen und Stilfiguren - z.B. Metapher, Metonymie, Oxymoron Fachliteratur • Fachliteratur: •Malá, Jiřina: Stilistische Textanalyse: Grundlagen und • Methoden, Brno 2009 •Fleischer, W./Michel, G./Starke, G.: Stilistik der deutschen Sprache. Zürich 1993 (Leipzig 1975 etc.) •Sowinski, Bernd: Stilistik. Stuttgart 1991, 1999 •Sandig, Barbara: Deutsche Stilistik. Berlin – New York 1986, • Textstilistik 2006 •Fix, Ulla/Poethe, Hannelore/Yos, Gabriele: Textlinguistik und Stilistik für Einsteiger. Frankfurt am Main etc. 2002 •Eroms, Hans-Werner: Stil und Stilistik. Eine Einführung, Berlin 2008 •Čechová, M. a kolektiv: Současná česká stylistika. Praha 2003 1. Wesen und Gegenstand der Stilistik •Stilistik – selbstständige linguistische Teildisziplin •neben anderen linguistischen Teildisziplinen: Phonetik und Phonologie, Morphologie, Syntax, Lexikologie - das Sprachsystem •„neue“ linguistische Disziplinen nach der kommunikativ-prgamatischen Wende: •Soziolinguistik - Dialekte, Soziolekte •Textlinguistik – der Text •Pragmalinguistik – die Kommunikation •Psychlinguistik - Ideolekte •Stilistik: Probleme der angemessenen und wirkungsvollen Gestaltung des Textes, der Rede •Sprachliche Äußerungen in den vielfältigen Sphären der menschlichen Kommunikation - Alltag, Öffentlichkeit, Wissenschaft, Massenmedien, Belletristik •Gegenstand – die Kategorie „der Stil“ • Der Stil •Stil – allgemein: „Der hat Stil...“ – „Das hat keinen Stil“ • Art und Weise der Gestaltung, der Äußerung • •die Ausdrucksweise - Sänger XY - Kleider, Stimme, • Lieder - originell, erhaben, vulgär, witzig…. • •Kunst (Architektur, bildende Kunst, Musik, Literatur) • •Epochenstil – Gotik, Barock, Jugendstil… •Individualstil - Goethe, Novalis, Picassso, Mozart… •„Janusgesicht“ (Hans-Werner Eroms) • •Sprachstil – Art und Weise der sprachlichen Äußerung • im Text (Textgestaltung) Stilauffassungen •Stil ist immer textgebunden und von der konkreten kommunikativen Situation beeinflusst • •Übersicht der wichstigsten Stilauffassungen: •1. strukturalistische Stilauffassung - Auswahl und Anordnung der Stilelemente im Text •2. funktionalstilistische Stilauffassung - Funktionalstile (Prager Schule) •3. kommunikativ-pragmatische Stilauffassung - kommunikative Zshge: Stil als sprachliche Handlung: Auffordern, Warnen, Befehlen, Argumentieren… • •alle Stilauffassungen: komplementär zu betrachten II.Stilistische Grundbegriffe •1. Stil •2. Text •3. Kommunikative Situation - Kommunikationsmodell: • Sender - Text - Empfänger •(Textproduzent) (Textrezipient) •Übertragungskanal, Sprachkode • integrative Stildefinition: •Der Stilbegriff schließt die Tatsache der Auswahl- und Anordungsmöglichkeiten spezifischer Ausdrucksvarianten aus einem Feld äquivalenter sprachlicher Mittel und Konstruktionen ein. Die sprachlichen Mittel und Konstruktionen stellt das Sprachsystem zur Verfügung. Die Wahl der Ausdrucksvariante ist durch die äußeren Bedingungen (kommunikative Situation, soziale Umgebung) und durch innere Bedingungen wie Kenntnisse, Fertigkeiten, Gewohnheiten, Interessen, Einstellungen und Motive des Textproduzenten sowie –rezipienten determiniert. (Fleischer/Michel/Starke 1993) •Der Stil ist also zwischen dem Text und seinen Strukturen und der kommunikativen Situation und ihren Gesetzmäßigkeiten angesiedelt. • Stilschichten (-ebenen) •neutral/normalsprachlich: Haus, arm, sprechen… • •oberhalb der neutralen Stilschicht: -bildungssprachlich/exklusiv: Hybris -dichterisch, gehoben, offiziell: Fittiche, Postwertzeichen • •unterhalb der neutralen Stilschicht: -umgangssprachlich: gucken, kriegen, Kerl -salopp: bekloppt, Schnauze, ein ungewaschenes Maul haben -derb, grob, vulgär, obszön: Fresse, Arsch, ins Gras beißen… • Synonymie •Synonyme: •„sinnverwandte Wörter“ – formal unterschiedlich - (fast) gleiche oder ähnliche Bedeutung •Einteilung der Synonyme: •1. kontextunabhängige S. (im WB): •1.1. „absolute“ – Appell-Aufruf, importieren-einführen •1.2. begriffliche – Einkommen-Gehalt-Lohn-Gage-Honorar (Hyperonym-Hyponym-Beziehungen) •1.3. stilistische – Kopf-Haupt-Rübe-Birne •2. kontextuale S. • Stilfärbungen: zusätzliche gefühlsmäßige (emotionale) Nuancierungen: stilistische Markierungen (WB) (Konnotationen) • •1. scherzhaft: im Adamskostüm sein, sich die Radieschen von unten angucken •2. spöttisch: Amtsmiene •3. vertraulich (familiär): Alterchen, groß/klein/Pipi machen...Kindersprache, in die Waagerechte gehen... •4. verhüllend (euphemistisch): ums Leben kommen, Tüten kleben, einen Seitensprung machen, das älteste Gewerbe der Welt, Venuspriesterin, über den Jordan gehen •5. veraltend u. veraltet: Backfisch, Muhme (- Tante) •6. Papierdeutsch (gespreizt), Amtssprache: aktenkundig, laut Gesetz... •7. übertrieben (hyperbolisch): neunmalklug...totlachen •8. abwertend (pejorativ): der Köter •9. Schimpfwort: Ochse, Aas, Esel... •10. ironisch: passen wie die Faust aufs Auge, da blieb kein Auge trocken... • Weitere stilistische Differenzierungen •funktional: Fachsprache: z.B. Rechtssprache: einstweilige Verfügung •sozial: z.B. Jugendsprache: cool Gaunersprache (s Argot), Berufsjargon •territorial/regional: nationale Varianten: nd.-sd., Austriazismen, Helvetismen, Dialekte •zeitlich (sprachhistorisch): Archaismen, • Neologismen • • Entwicklung der Stilistik •junge oder alte linguistische Disziplin? •Etymologie des Wortes – stylos (altgr.), stilus (lat.): Säule • metaphorische Übertragung: hölzerner • oder metallener Schreibgriffel • metonymisch: Art und Weise des Schreibens •1. griechische und römische Antike – Rhetorik – Kunst der Rede: • inventio • dispositio • elocutio – (ornatus) - Formulierung, Redeschmuck:Tropen und Stilfiguren - rhetorische Mittel • memoria • actio • stilus Homeri, stilus Aesopi • ARISTOTELES – rhetorisch-normative Stilistik, Poetik Geschichte der Stilistik •CICERO – „De oratore“ (Vom Redner) •M. Fabius QUINTILIANUS (Spätantike) – Ausbildung des Redners • Systematisierung rhetorischer Mittel • •2. Mittelalterliche Stilistik – Rezeption und Adaption der antiken Rhetorik: •Klöster, mittelalterliche Universitäten: •Sieben Freie Künste: Trivium: Grammatik, Rhetorik, Dialektik • Quadrivium: Arithmetik, Geometrie, Musik, • Astronomie • Notker von St. Gallen (gest. 1022): Rhetorica • Stile: griechisch – klug • römisch – erhaben • attizistisch – elegant • asianisch - wortreich, blumig • Geschichte der Stilistik •3. Neuzeit - Rückbesinnung auf antike Ideale: Renaissance • Humanismus und Reformation – Erasmus von Rotterdam • (16. Jh.) Phillip Melanchthon • Michel de Montagne • Martin Luther • Barock (17. Jh.) – „schwülstiger“ Stil (Opulenz) • Martin Opitz (1624) • Grimmelshausen: Der abenteuerliche Simplicissimus Teutsch • 18. Jh. – Aufklärung, Klassik • Goethe: Einfache Nachahmung der Natur, Manier • und Stil - Essay • 19. Jh. – Emanzipation der Stilistik - linguistischeTeildisziplin • Novalis – Individualstil (Romantik) • Anfänge der Linguostilistik: normative - Regeln • deskriptive Stilistik Geschichte der Stilistik •Anfänge der Linguostilistik: normative Regeln • deskriptive Stilistik •W. von Humboldt: normative Stilistik •Karl Ferdinand Becker: „Der deutsche Stil“ (1848) – normative und • deskriptive Stilistik •Nietzsche (1882): Lehre vom Stil • •4. das 20. Jh: "Blütezeit" der Stilistik • R.M.MEYER: Deutsche Stilistik (1906) • Literaturwissenschaftliche Stilistik - lit. Werke, Individualstil (Psychoanalyse: S. Freud, C.G. Jung) • Psychologie - 20er Jahre des XX. Jhs.: • LEO SPITZER - Grundlagen der Stilanalyse • der russische Formalismus • Stilistik im 20. Jh. • PRAGER SCHULE – 1929 - 30er Jahre: Sprachtheorie (K. Bühler), Phonologie (Trubetzkoy), Syntax (V. Mathesius) •Stilistik: R. Jakobson : strukturalistische Stilaussfassung •die Funktionalstilistik: Gebrauchstexte •FS: Stil der Alltagsrede • Stil der Wissenschaft • Stil des Amtsverkehrs • Stil der Belletristik • Stil der Presse und Publizistik • B. Havránek • J. Mukařovský - Poetik • Sprachpflege Die Entwicklung der Stilistik nach dem II. Weltkrieg: •Weiterentwicklung der strukturalistischen und funktionalistischen Stilaufassung (R. Jakobson, Prager Schule, B. Havránek) auf dem Gebiet der Slavistik und der Germanistik •Elise Riesel - Germanistin österreichischer Abstammung, Moskau: Deutsche Stilistik • Stil der Alltagsrede, Stilmittel, Komposition, Darstellungsverfahren •Wolfgang Fleischer - Leipzig •Georg Michel - Potsdam •Bernd Sowinski – ehem. BRD •Bernd Spillner - 1974 Stilistik - litwiss. Stilistik •50er, 60er und 70er Jahre des XX. Jhs.: •Besonders FS und das stilistische Potential der deutschen Gegenwartssprache, Stilelemente, Stilzüge, Tropen und Stilfiguren (antike rhetorische Mittel) • • Stilistik nach der kommunikativ-pragmatischen Wende •um 1970 – kommunikativ-pragmatische Wende – •Abwendung vom Sprachsystem – Zuwendung zur Kommunikation •„neue“ linguistische Teildisziplinen – Tetxlinguistik, Pragmalinguistik, Sozio- und Psycholinguistik, Diskursanalyse u.a. •90er Jahre - kognitive Linguistik • Fragen der Stilistik in die übergreifenden Zusammenhänge der Textlinguistik und Kommunikationsforschung intergriert (G. Michel) •Stilistik der 80er, 90er Jahre bis 2000... reflektiert und bearbeitet die Erkenntnisse der TL • und Pragmalinguistik, kognitiven Linguistik, Psycholinguistik • Kommunikativ-pragmatisch orientierte Stilistik: •Kommunikativ-pragmatisch orientierte Stilistik: Ende der 70er, 80er Jahre •Hauptvertreter: Barbara Sandig (Saarbrücken) 1978, 1986 - Stilistik • Ulrich Püschel (Trier) • (G. Michel, B. Sowinski) •Stil als Vollzug einer sprachlichen Handlung (Aufforderung, Wunsch, Warnung...) •Kommunikative Zusammenhänge stark im Vordergrund •Textsortenstilistik – Gebrauchstexte, Massenmedien, Gesprächstile, Stilsemiotik, Probleme der Didaktik und Methoden der Stilanalyse, Stil in interkulturellen Zusammenhängen • Gruppierung der Lexeme: Stilschichten und Stilfärbungen •bekommen •kriegen •erhalten •empfangen •essen •futtern •fressen •speisen •sehen •schauen •glotzen •gucken • • • • • • •sterben •entschlafen •ableben •abkratzen •schlafen •ruhen •pennen •schnarchen •Kopf •Haupt •Birne •Rübe •Schädel • • • • •Gesicht •Antlitz •Fresse •Mund •Maul •Klappe •Gosche •Schnauze •Schnabel •Schlabber •Hand •Flosse •Füße •Quanten •Schuh •Latschen •Schlappen •Quanten •nur im Plural •landschaftlich, besonders berlinisch, salopp Füße, Schuhe •erfrier dir nicht die Quanten! (dwds.de) • •