Autobiograhie, Memoiren, Erinnerungen, Texte zur Autobiographie 1.Goethe: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. (1811 – 1831) 2.Walter Benjamin: Berliner Kindheit um 1900. (entstanden nach 1933, veröffentlicht 1950) 3.Klaus Mann: Der Wendepunkt (englisch 1942, deutsch 1952) 4.Gottfried Benn: Doppelleben (1950) 5.Carl Zuckmayer: Als wär´s ein Stück von mir. (1967) 6.Thomas Bernhard: Die Ursache. [Salzburg] (1975 ) 7.Elias Canetti: Die gerettete Zunge. Geschichte einer Jugend (1977) • 1. Texte Autobiographie •Heinrich Böll: Was soll aus dem Jungen bloß werden? Oder: Irgendwas mit Büchern (Die Zeit, 1981) •Franz Fühmann: Vor Feuerschlünden. Erfahrungen mit der Dichtung Georg Trakls (1982). Lizenzausgabe: Der Sturz des Engels. •Ruth Klüger: Weiter leben. Eine Jugend (1992) •Vilém Flusser: Bodenlos. Eine philosophische Autobiographie (1992) •Fritz Beer: Hast Du auf Deutsche geschossen, Grandpa? Fragmente einer Lebensgeschichte (1992) •Peter Härtling: Leben lernen. Erinnerungen (2003) •Hellmuth Karasek: Auf der Flucht. Erinnerungen (2004) •Günter Grass: Beim Häuten der Zwiebel (2006) •Als Kontrastfolie: •Felicitas Hoppe: Hoppe. Roman (2012) • Goethes Definition des Genres als Wertungskriterium gültig •Denn dieses scheint die Hauptaufgabe der Biographie zu sein, den Menschen in seinen Zeitverhältnissen darzustellen und zu zeigen, inwiefern ihm das Ganze widerstrebt, inwiefern es ihn begünstigt, wie er sich eine Welt- und Menschenansicht daraus gebildet und wie er sie, wenn er Künstler, Dichter, Schriftsteller ist, wieder nach außen abgespiegelt. Hierzu wird aber ein kaum Erreichbares gefordert, daß nämlich das Individuum sich und sein Jahrhundert kenne, sich, inwiefern es unter allen Umständen dasselbe geblieben, das Jahrhundert, als welches sowohl den Willigen als Unwilligen mit sich fortreißt, bestimmt und bildet, dergestalt daß man wohl sagen kann, ein jeder, nur zehn Jahre früher oder später geboren, dürfte, was seine eigene Bildung und die Wirkung nach außen betrifft, ein ganz anderer geworden sein. Funktion •Rechtfertigen •Informieren •Unterhalten •Aktualisieren, Vergangenheitsvergegenwärtigung •Musealisieren •Zum Nachdenken bringen Wie fallen die Autobiographien mit den Epochen der Literatur nach 1945 zusammen? •Heinz Ludwig Arnold: Die drei Sprünge der westdeutschen Literatur: eine Erinnerung. Wallstein Verlag, 1993 • •Die Moralisierung der Literaten •Die Politisierung der Literaten •Die Privatisierung der Literaten • Paul de Man •‘Autobiography as Defacement’ (1979) •Paul de Man: Autobiographie als Maskenspiel. In: ders.: Die Ideologie des Ästhetischen. (1993) •… der Versuch, die Autobiographie so zu definieren und zu behandeln, , als ob sie eine unter vielen literarischen Gattungen wäre. […] jeder Einzelfall scheint eine Ausnahme von der Regel zu sei; jeder in Frage kommende Text scheint sich dem Zugriff zu entziehen und in benachbarte oder sogar in ganz fremde Gattungen abzugleiten. • Paul de Man •Aber sind wir uns wirklich so sicher, dass die Autobiographie von der Referenz auf dieselbe Weise abhängt wie ein Fotograf von seinem Objekt […] ? Wir nehmen an, das Leben würde die Autobiographie hervorbringen wie eine Handlung ihre Folgen, aber können wir nicht mit gleicher Berechtigung davon ausgehen, das autobiographische Vorhaben würde seinerseits das Leben hervorbringen und bestimmen? […] die Metapher als Zweck und die Metonymie als Mittel zum Zweck. [Marcel Proust: Suche nach der verlorenen Zeit] Paul de Man •134, eine Lese- und Verstehensfigur, die in gewissem Maße in allen Texten auftritt. […] Das jedem Verstehensprozess eignende Moment der wechselseitigen Spiegelung offenbart die jeder Erkenntnis, auch der Selbsterkenntnis, zugrundeligende tropologische Struktur. Die Bedeutung der Autobiographie besteht nicht darin, dass sie eine verlässliche Selbsterkenntis liefert […], sondern darin, dass sie auf schlagende Weise die Unmöglichkeit der Abgeschlossenheit und der Totalisierung aller aus tropologischen Substitutionen bestehendnen textuelllen Systeme demonstriert (und das heißt, dass es solche Systeme nicht geben kann). Tropologie als Lehre von Kriterien, welche Tropen für welche Methode geeignet sind •White H. (1986) Auch Klio dichtet oder Die Fiktion des Faktischen. Studien zur Tropologie des historischen Diskurses. Klett-Cotta, Stuttgart; •Original •Mit den vier Tropen der Metapher, der Metonymie, der Synekdoche und der Ironie erfasst er systematisch die „poetische Logik“ des historischen Diskurses und bezieht dessen Formen der Darstellung historischen Geschehens auf Grundformen der menschlichen Weltaneignung. • Philippe Lejeune, Le Pacte autobiographique (1975) •Die Autobiografie ist "die retrospektive Schilderung in Prosaform, die eine real existierende Person ihrem Daseins gibt, wobei sie den Hauptakzent auf das individuelle Leben legt, insbesondere auf die Lebensgeschichte der eigenen Persönlichkeit." •"Damit es überhaupt eine Autobiografie geben kann, muss der Autor mit seinen Lesern einen Pakt, einen Vertrag eingehen, in dem er verspricht, sein Leben, und nichts als sein Leben, in allen Einzelheiten zu erzählen." • •Anspruch von Wahrhaftigkeit trotz Erinnerungslücken, mangelnder Wahrheitstreue, gewählter Erzähltechnik • Vergangenheitsvergegenwärtigung •Walter Benjamin: Berliner Kindheit um neunzehnhundert.Mit einem Nachwort von Theodor W. Adorno (1950) •Ein Verfahren der Impfung gegen das Heimweh • •Individuelle vs. kollektive Erinnerung Obsah obrázku muž, lyžování, jezdectví, stojící Popis byl vytvořen automaticky Kaiserpanorama •Ein Gerät, das bis 25 Besucher stereoskopische Bilderserien durch ein Guckloch betrachten lässt. Das erste Kaiserpanorama gab es 1880 in Breslau, drei Jahrzehnte später schon in etwas 250 Städten. Ein erhaltenes Kaiserpanoramea gibt es auch im technischen Museum in Brünn. Obsah obrázku fotka, černá, bílá, lidé Popis byl vytvořen automaticky Kaiserpanorama •Kaiserpanorama •Es war ein großer Reiz der Reisebilder, die man im Kaiserpanorama fand, daß gleichviel galt, bei welchem man die Runde anfing. Denn weil die Schauwand mit den Sitzgelegenheiten davor im Kreis verlief, passierte jedes sämtliche Stationen, von denen man durch je ein Fensterpaar in seine schwachgetönte Ferne sah. Platz fand man immer. Und besonders gegen das Ende meiner Kindheit, als die Mode den Kaiserpanoramen schon den Rücken kehrte, gewöhnte man sich, im halbleeren Zimmer rundzureisen. […] ein Klingeln, welches wenige Sekunden, eh das Bild ruckweise abzog, um erst eine Lücke und dann das nächste freizugeben, anschlug. Und jedesmal, wenn es erklang, durchtränkten die Berge bis auf ihren Fuß, die Städte in allen ihren spiegelblanken Fenstern, die fernen, malerischen Eingeborenen, die Bahnhöfe mit ihrem gelben Qualm, die Rebenhügel bis ins kleinste Blatt sich tief mit wehmutsvoller Abschiedsstimmung. Aktualisieren •Klaus Mann: Der Wendepunkt. Ein Lebensbericht (1952) •1942: The Turning Point: Thirty-Five Years in this Century • •Wie wirkte im damaligen Deutschland die Idee, jeder Mensch habe an bestimmten Lebenspunkten die Möglichkeit, seinem Leben eine bestimmende Wendung zu geben? Obsah obrázku muž, oblek, podepsat, vpředu Popis byl vytvořen automaticky Uwe Naumann und Birgit Fulton •Uwe Naumann: Ruhe gibt es nicht. Zum 100. Geburtstag von Klaus Mann. •DIE ZEIT, 16.11.2006 Nr. 47 •Naumann beginnt: Ein Roman Heimito von Doderers beginnt mit den Sätzen: »Jeder bekommt seine Kindheit über den Kopf gestülpt wie einen Eimer. Später erst zeigt sich, was darin war. Aber ein ganzes Leben lang rinnt das an uns herunter, da mag einer die Kleider oder auch Kostüme wechseln, wie er will.« Diese Worte kann man wie ein unfreiwilliges Lebensmotto des Schriftstellers Klaus Mann lesen. Rückschläge •Mai 1937: Klaus Mann unterzieht sich einer Heroin-Entziehungskur in Budapest •April 1939: Klaus und Erika Mann: Escape to Life. (unterhaltsam erzählte Kurzbiografien deutscher und österreichischer Exilanten, u.a. Einstein, Brecht, Carl Zuckmayer, Ernst Toller, Max Reinhardt und George Grosz) •Dezember 1942: Nach intensiver Überprüfung durch das FBI wegen seiner politischen Einstellung und sexuellen Orientierung, wird Klaus Mann schließlich zur US-Army zugelassen. Dienstantritt im Januar 1943." •Juni 1945: Klaus Mann als Korrespondent der US-Armeezeitung in München. Die elterliche Villa hatte dem Projekt Lebensborn als Zeugungsstätte des Nachwuchses von SS-Angehörigen und sog. arischen Frauen gedient. •Sommer 1948: Der Langenscheidt-Verlag nimmt wegen der Popularität von Gründgens Abstand von der vereinbarten Veröffentlichung des Mephisto. Über Jean Cocteau •Er bleibt geistvoll noch in der narkotischen Trance. Was ihm von den Lippen kommt, ist nicht lallende Offenbarung. Es sind geschliffene Aperçus, druckreife Pointen, kaustische Bonmots. Sein Esprit ist stärker als die geliebte Droge [Opium]. Nicht einmal im Rausch lässt er sich so weit gehen, dass er die Wahrheit sagte. Oder sagt er sie eben, indem er mit Paradoxen um sich wirft? Ist das Spiel, die Maske, die Verstellung seine Wahrheit? Je suis un mensonge que dit toujours la vérité … Der große Lügner, der große Wahr-Sager hat dies Wort als Motto für seine Autobiographie gewählt. •un mensonge a lie Heimsuchung des Europäischen Geistes •Vor seinem Selbstmord in Cannes am 22.5.1949 schrieb er: •Der echte Intelllektuelle erachtet nichts als gegeben, bezweifelt alles. Sein Hauptmerkmal ist eine grenzenlose und leidenschaftliche Neugier. In alles Neue und Gefährliche ist er vernarrt. Anders als Priester, der sich des Schutzes und Geleites einer mächtigen Hierarchie erfreut … Gottfried Benn (1886-1956) •„[…] Die Lage im verworrenen Frühjahr 1933 war nun so, daß nach dem Fortgang der berühmtesten Träger der Abteilung hier ein knappes halbes Dutzend Mitglieder zurückblieb, die sich dem Ansturm gewisser völkischer und volkhaft ausgerichteter Autoren gegenübersahen, die die alte Gruppe eliminieren und alle kulturellen Positionen besetzen wollten. Uns hielten sie alle mehr oder weniger für Kulturbolschewisten. Die Vorgänge spielten sich für uns im Dunkeln ab, niemand wußte, woran er war, und es standen nicht nur ideelle Fragen zur Debatte, sondern auch materielle. Nicht für mich, ich habe nie einen Pfennig aus irgendeinem dieser Fonds bezogen oder irgendwelche anderen Vorteile gehabt. […] Obsah obrázku fotka, vsedě, monitor, různé Popis byl vytvořen automaticky Rechtfertigung •1950, Der Spiegel, über das Wortduell •Peter de Mendelssohn: Das zweite Leben. •Gottfried Benn: Kunst und Macht (artistisch produktive Typen), 1934 verstummt. •Benns Revision „Kunst und drittes Reich“, 1941 geschrieben, 1949 gedruckt. •1935 ließ er sich reaktivieren, begutachtete Dienstbeschädigungen im Krieg. •Kaserne in Landsberg Schatten der Vergangenheit, 395 •1934, vergriffen •Ich habe nur wenige Sätze fortgelassen und verändert, die sich auf eine der jetzigen Besatzungsmächte bezogen … •Das Parteiprogramm. Ich hatte es nie zu Ende studiert, war auf keinmer NS-Versammlöung gewesen. […] Dass die Parteiprogrammpunkte verwirklicht würden, das konnte man nach den Erfahrungen mit den politischen Verhältnisse überhaupt auf keien Fall erwarten. •Drei Juden, die ich als genial bezeichnen würde: Weininger, Else Lasker-Schüler, Mombert. Als Talente ersten Ranges würde ich nennen: Sternheim, Liebermann, Kerr, Hofmannsthal, Kafka