Dürer hat Cranach gezeichnet Die Bildniszeichnung eines bärtigen Mannes von Dürer im Muséé Bonnat stellt Lucas Cranach den Älteren dar. Ein Vergleich mit den Selbstbildnissen Cranachs mag dies zunächst erweisen. Die breiten Backenknochen, die kräftige Adlernase, der eigenartige Muskelzug von der Nase zum Mundwinkel herab, der von einer scharfen Falte begleitet wird, dies alles kann sich nicht deutlich wiederholen. Auch Eigentümlichkeiten der Haar- und Barttracht bringt die Dürrerzeichnung wieder. Die Identität des Dargestellten dürfte hiermit erwiesen sein. Die Bestimmung des Blattes auf Dürer hat Winkler mit vollem Recht vorgenommen. Sie wurde von Flechsig angefochten, der bemerkt, dass dieser Kopf „verglichen mit allen Silberstiftzeichnungen, die wir aus den Jahren 1520 ab haben, nicht von Dürer“ sei. Auch im Datum sieht Flechsig eine andere Hand, er denkt an Baldung. --- Ein Vergleich mit der Zeichnung Friedrich des Weisen aus demselben Jahre: Die stilistische Übereinstimmung beider Blätter ist durchaus so groß, wie man es bei gleichzeitiger Entstehung und gleicher Technik erwartet. Auf beiden Köpfen liegt ein helles, mit zartestem Schattenspiel abgestuftes Licht, und die Gesichter sind in echt Dürerscher Art mit wechselnd parallelen und kreuzweisen Lagen feinfüllig modelliert. Ich glaube, es erübrigt sich, die stilistische Zusammengehörigkeit der beiden Köpfe bis in alle zeichnerischen Details hinein zu verfolgen. Hervorgehoben sei nur noch das Dürerische im Blick und im Ausdruck des Cranachkopfes. Was Flechsig gegen die Jahreszahl einwendet, konnte ich nicht ergründen. Sie zeigt den frischen lockeren Duktus der Dürerschen Hand, wie man ihn gerade bei Signaturen und Datierungen antrifft, und in den Zahlenformen nichts Fremdes. Die Zugehörigkeit des Cranachkopfes zu dem Kopfe Friedrichs des Weisen wird auch durch äußere Gründe bestätigt. Beide Blätter stammen offenbar aus demselben Skizzenbuch. Für die ursprüngliche Zusammengehörigkeit der Blätter spricht auch noch ihre gemeinsame Provenienz aus der Sammlung Thomas Lawrence.