Gerd Roos Im Labyrinth von Giorgio de Chirico: Kopien und Repliken, Varianten und Variationen von eigener und fremder Hand Giorgio de Chirico hat in seiner fast sieben Jahrzehnte währenden künstlerischen Vita Hunderte, wenn nicht gar Tausende von Kopien und Repliken, Varianten und Variationen seiner eigenen Werke gemalt. Die Forscher haben eine Reihe von Theorien und Interpretationen zu jenem Phänomen angeboten. Allerdings gibt es bisher keine Arbeit, die sich ausschließlich mit Giorgio de Chirico als Kopisten seiner selbst beschäftigt hat. Er war in der Kunstgeschichte eine Erscheinung, die es vorher in dem Maße nicht gegeben hatte. -------------------------/ + Die zweite Phase von de Chirico als Kopisten seiner selbst hat von 1933 bis etwa 1943 gedauert. Er hat den Wunsch nach Partizipation an dem ersten kommerziellen Boom der Originale der 10er Jahre gehabt, von denen er allerdingst kein einziges mehr besessen hat. Ersatzweise hat er ein Korpus von gut 50 „frischen Gemälden mit metaphysischen Motiven“ geschaffen. Hat geschaffen - vytvořil Hat geschafft - zvládl Mit Blick auf die potenziellen Erwerber hat er fast alle 50 Bilder in die 10er Jahre zurückdatiert, teils nur mündlich, weit überwiegend aber auf der Leinwand selbst. Als nach dem Krieg die Einsichten über seine stilistischen Perioden und merkantilen Praktiken zugenommen haben, steckte de Chirico in einem Dilemma: Soll er zugeben, mit der Zurückdatierung einst die Erwerber getäuscht zu haben, mit allen moralischen Konsequenzen? Oder soll er auf der frühen Datierung beharren, damit aber riskieren, immer stärker die Glaubwürdigkeit zu verlieren? Soll er riskieren, dass er immer stärker die Glaubwürdigkeit verliert? Soll er zugeben, dass er mit der Z. die Erwerber getäuscht hat? Es liegt die Vermutung nahe, dass er den schlechtesten Ausweg gewählt und die Bilder schlichtweg für falsch erklärt hat. ---------- Seine erste Ehefrau hat ihm eines Tages gesagt: „Das ist moralisch nicht hinzunehmen“ und er hat ihr geantwortet: „Ich bin nicht geboren um Moralist, sondern um Maler zu sein“. Bei André Breton hat der Verkauf heftige Reaktionen der Abscheu ausgelöst. „Unfähig, in sich selbst wie in uns die vergangene Erregung von neuem hervorzurufen, hat er auf diese Weise eine große Anzahl von ausgesprochenen Fälschungen im Umlauf gesetzt, unter ihnen es sklavische Nachahmungen, übrigens zum größten Teil zurückdatiert, und noch weit mehr schlechte Varianten. Dieser Verrat hat nur zu lange gedauert.“