Sprachliche Anforderungen PRNJ007 Titulkování, 06.04.2021 Vojtěch Zádrapa Wechsel des Sprachmodus • bei der interlingualen Untertitelung wird nicht nur die Sprache, sondern auch der Sprachmodus gewechselt: gesprochene → geschriebene Sprache • dies bringt mit sich eine Reihe von Komplikationen 2 GOTTLIEB 1997: 111 Gesprochene Sprache • unterschiedliche ästhetische Normen • typisch: • unvollendete und grammatikalisch inakzeptable Sätze, Pausen, Unterbrechungen, unsinnige Aussagen, Selbstkorrekturen, überlappendes Sprechen • Dialekte oder Soziolekte • dies wird in Dialogbüchern verwendet, damit die Sprache der Figuren mündlich und natürlich wirkt 3 Sprachliche Anforderungen • Sprache dient außerdem zur Charakterisierung der Figuren (sozialer Status, regionale Herkunft) • trotz der graphischen Form, ist den Zuschauern bewusst, dass Untertitel die gesprochene Sprache reflektieren • zu den sprachlichen Anforderungen an Untertitel gehört deswegen auch die Wiedergabe von: • Akzenten, Dialekten, Slangs, Umgangssprache bzw. gebrochener Sprache • die Mehrzahl dieser Markierungen geht unausweichlich verloren 4 „Jako v jakémkoli jiném typu překladu se převádí význam, nikoli slova. Kromě významu je třeba zachovat styl, registr, tón a specifičnost vyjadřování postavy. V titulcích se používá přirozený a idiomatický jazyk.“ Pošta et al. 2020 5 Filmtext: Schwierigkeitsgrad • Wortwahl: möglichst nah am durchschnittlichen Wortschatz des zielsprachlichen Publikums • schriftlich fixierte Sprache • einfache, gebräuchliche Wörter sind leichter lesbar • keine Allgemeingültigkeit (Sendungen mit fachspezifischen Themen) • immer das Alter, das Sprach- und Bildungsniveau sowie den sozialen Hintergrund der Zielgruppe in Betracht ziehen 6 „K tvorbě titulků je třeba přistupovat s pokorou a mít na paměti, že divák má zájem nikoliv číst titulky, ale poslouchat a sledovat audiovizuální dílo. Méně je často více.“ Pošta et al. 2020 7 Dialekte • die Wirkung eines Dialekts kann man in der Übersetzung nicht nachahmen • keine Äquivalente in anderen Sprachen, unterschiedliche Konnotationen in verschiedenen Sprachgemeinschaften • deutsche Dialekte werden als geographische Markierung wahrgenommen • Dialekte in Großbritannien werden mit Klassenzugehörigkeit assoziiert • die Ersetzung eines Dialektes durch einen anderen wird nicht empfohlen • aber: manchmal notwendig (z. B. My Fair Lady) • meistens durch eine nicht regional gefärbte Umgangssprache wiedergegeben 8 „Charakterizovat mluvčího jako obyvatele Bavorska nebo Bretaně není českými jazykovými prostředky možné; jediné, čeho může překladatel dosáhnout, je odlišit řečí venkovana od jazykově vyspělejších postav, které mluví celonárodním jazykem. Pro naznačení venkovské řeči je záhodno užít jazykových rysů regionálně bezpříznakových, tedy ne přímo konkrétního nářečí, ale takových fonetických, lexikálních nebo syntaktických rysů, které jsou společné několika nářečím, proto se přestávají cítit jako speficické pro určitý kraj a spojují se spíše s obecnější představou venkova…“ Levý 2012: 117 9 Slang • Ausdrucksweise bestimmter sozialer, beruflicher oder vergleichbarer Gruppen • Übertragung zwischen der Ausgangs- und Zielsprache prinzipiell möglich • Slang kann einzelnen Gruppen in der Ausgangs- und Zielsprache nicht 1:1 zugeordnet werden • deshalb wird Slang genauso wie Dialekte durch nicht regional gefärbte Umgangssprache wiedergegeben 10 Umgangssprache • příklonné -s • in der gesprochenen Sprache vertritt -s das Hilfsverb být (2. Person, Vergangenheit) • Beispiele: našels, koliks, pročs, cos, kohos • lieber umgangssprachliche Ausdrücke als Endungen 11 „Některé nespisovné koncovky jsou přijímány více a na větším území než jiné. Nespisovné koncovky v psaném textu nejsou obvyklé, a proto mohou ztěžovat porozumění.“ Pošta et al. 2020 12 „Es ist […] nicht nötig, dass ein umgangssprachliches Element in der Zielsprache demselben umgangssprachlichen Element in der Ausgangssprache entspricht: Das Element kann auch an einer anderen Stelle verwendet werden, allerdings immer in Anbetracht der Ausdrucksweise der Sprecher, die nicht zu ändern ist.“ Levý 2012: 121, eigene Übersetzung 13 Akzente, gebrochene Sprache, Stottern • als Mittel der Charakteristik einzelner Figuren • der charakteristische Redestil bzw. Sprachstörung der Filmfiguren sollte berücksichtigt und nachgeahmt werden • man sollte nicht für alle Figuren eine universale Sprache verwenden • die Charakterisierung der Figuren kann verloren gehen 14 „Die Muttersprache, die von einem Ausländer oder einer Person mit einer Sprachstörung geradebrecht wird, wird zum Träger einer allgemeinen, begrifflichen Bedeutung (ein Franzose in der russischsprachigen Umgebung oder Lispeln) und daher ist es notwendig, sie durch ähnlich geradebrechtes Tschechisch zu ersetzen und im Tschechischen nach dem gleichen allgemeinen Prinzip andere Laute oder Wörter zu radebrechen.“ Levý 2012: 108, eigene Übersetzung 15 Kraftausdrücke • stärkere Wirkung in der geschriebenen Sprache als in der gesprochenen • wir sind zwar gewöhnt, sie zu hören, aber nicht zu lesen • keine Zensur des Ausgangstextes • Entscheidung trifft immer der Auftraggeber • adäquate Übersetzung der Kraftausdrücke • motherfucker ≠ Mutterficker, besser: Arschloch, Scheißkerl • wichtig ist die Äquivalenz des zielsprachlichen Ausdrucks 16 Musik • nicht immer untertitelt, bestimmt der AuftraggeberIn/UntertitlerIn selbst • Usus: Je wichtiger für das Handlungsverständnis ein Lied ist, desto eher wird es auch untertitelt. • Rhythmus und Reim sollten zumindest angedeutet werden • tschechische Interpunktionsregeln und Typografie 17 Praktische Übungen 18 Stottern • Videodatei: Die Rede des Königs • Film vom stotternden König Georg VI., der am Ende sein Stottern besiegt und eine fehlerfreie Rede an die ganze Nation hält 19 The King’s Speech 20 Gebrochenes Deutsch • Videodatei: Unsere Mütter, unsere Väter_Eine andere Zeit • Figur: Lilija, ukrainische Krankenschwester • ein deutlicher Akzent, grammatische Fehler 21 Offizielle Untertitel von ČT 22 Kraftausdrücke und Dialekt • Videodatei: Sauerkrautkoma • eine bayerische Krimikomödie • Handlung: Die Hauptfigur ist Franz Eberhofer, ein Provinzpolizist, der nach München versetzt wird. Er zieht zu seinem Freund Rudi ein. Beim Umzug stiehlt jemand das Auto seines Vaters, in dessen Kofferraum später eine Frauenleiche gefunden wird. 23 Quellenverzeichnis • GOTTLIEB, Henrik (1997): Subtitles, translation & idioms. Copenhagen. PhD Thesis. University of Copenhagen. ISBN 8789065395. • LEVÝ, Jiří (2012): Umění překladu. 4., bearbeitete Aufl. Praha: Apostrof. ISBN 978-80-87561-15-7. • POŠTA, Miroslav/Barbora VRBOVÁ/Alena NOVOTNÁ/Tomáš HNYK/Marta BARTOŠKOVÁ (2020): Zásady tvorby titulků k audiovizuálním dílům. 24