ZWEI UNERKANNTE WERKE VON AXTÜN PILG RAM
VON OTTO DEyESCH
Ans dem Meister des Orgelfußes und der Kendel von St. Stephan in "Wien, dtr nciLh vor drei .[alinzelmti*n nur aus diesen beiden Wieniir und den bäiditheji Brunner "Werken bekannt *vart i&t in der Zwischenzeit durch die Arbeit von Stilkritik und Urkundenfnr-schung eine der reichst profilierten K ütiKl IfijrL'^t-ii Ltr-Li um IJÜÜ ^■■wwfilon, gleich bedeutend als Architekt wie als Bildhauer. Den entscheidenden Anstoß zur Erweiterung des Pi Igrarnschen Oeuvres hat. der geniale III ick Wilhelm Vucges durch Erkenntnis der Klein-jikillkcn in Biru- ln/.u-. LjculfiilmL/., der Münchener Grablegung von tmd des
Wiener Falkners, eis Werke Pilgrams gegeben1. Eine von ähnlichem Feingefühl für stilistische Werte getragene Ucslimniuug Ruduli SchneUbacks: das Sakra tnont&llÄUS in St. Kilian zu Heilbronn, ermöglichte es, die umfangreiche Tätigkeit l'ügranis wehrend der achtziger und neunziger Jehre in Schwaben aufzurollen1. Zur EWkousli-iiktiíin <1cí bildhaucrischen Prühwerts haben Theodor Dennnlei1, August StcinliniKier1 ntui Haus Koepi' wesentlich Heigelrngen.
Schließlich konnte ich die beiden großartigen Holzplastiken von Domini kanemiön-chen im Mährischen Landesmuseum eis Werke der Tiruinier IVrinde des Meisters er-ktttnm. Meine an wenig varbreiLcttr Slelle imbllzierLc* Bestimmung wurde drei Jahre nach ihrer Veröffentlichung von Albert Kutal, dem sie unbekannt geblieben war, t>e-stätigt, indem er unabhängig zum selben Ergebnis gelengte'. Schließlich wurde unsere Kenntnis von Pilgrems Tätigkeit als Architekt durch die Porarliuiigstrgebnisse von Koepí*, Rupert Feucbtnitiller', Bruno Crinuschitz" und Karl Oettiugei11 bedeutend erweitert. Der [.eť/lgenannte hat in seinem Werk »An Um Pilgram. luuI die UjI<1Eiulh.t v
. I. KimiL(p:íc1iiflilií XV (XIX), 1953, p. 1 líff,
* Die fpatpolLsthí Arahilíktnr mul Anton ťjlffi-íui, Wien 1551.
,Ď Pie Risse von Anton Pustám. Wiener Jb. t. Jlunjipestliifhte XV (XIX), 11*53, p. 101 h*.
II Ein unbekannt« Catnvírk: Anton HlgrůiiLS-in Wien. [Jiů uíiíí-r. Fuitlit, WLívt li]iü. V119, 23. Apríl.
Thii caMcnt di^u'nJaaikd fram I47.2S] .U7.M an Tue. 03 Msy 2/022 10: ] 5i21 UTC All uxe Hdfajcct la htlps: abaut.JKluixjrgicnDí
EWJ;[ [J^UtlKANNTE WER Kl: VON AKTÜK P] J.CHAM
in.,
Ahb. 1 Artmi PalprjinL. ]\irLLiL drs RüLiLJUKes Lei Rriinn
Dies, ist der gegenwärtige Stand der Forschung. Er ermöglicht uns, Schaffen und Laufbahn des Meisters wie füJgt tu überblicken:
Anton Pilgram, dessen Fa.railipnna.me sich zweifellos von dem sLidos-tböhniisrhenj nahe, von Iglau du der mährischen inviv/r gelegnen Städtchen Pihjram herleitet - es verfügt, haute noch iibfii" wuchtige elte. Tore, wie Pilgram später eines in Brünn achuf —, durfte in den 1450er Jahren geboren sein und seine Schulung in der Werkstatt Hans Puthsbaurris in Wim erhalten haben, wie dit Kritik der Zeichnungen der Dürillhiuliütte, im Besitz der Akademie Oer Bildenden Künste in Wien, ergeben hat. Eine Heilbrunner Rätsbotschaft, die 14ÜI an Kaiser Friedrich III. delegiert wurde, hatLc den Auftrag, nicht nur die 1 üiertragnngr der Reicrislehen von Heilbronn und. Wimpfen eil Riirger-meister Hans Erer d. J, zu erwirken, sondern auch sich nach Vorläget) für den geplanten Chorbau vtin St, Kilian umzusehen, Diese Vorlagen erhielten sie in dar Werkstatt des nnrabanuiEisters Puchsbaum in Gestalt von Nachrissen des Chors der Stadtkirche von
Ttaii canlcnt dcwnloadcd crom 147.351.237.64 an Tue. 03 May 2012 10: ] 5-21 UTC All Lue Hjbject to http»:. arxiiit.JKloTjargIcrms
,:mm
cjtto hi;n i:.si:h
Steyr, vermutlich durch einen Schüler und Mitarbeiter hergestellt, der nach Heilbronn berufen wurde und kur?. darauf (H#2i den Eiiiii dos Chors vun St. Kilian begann. Chor und Sakra inen lahaus von Hcilbronn sind Pilgranis Werk. Als die Arbeiten in St. Kilian abgeschlossen waren, nahm Pilgram eine Beruf wog nach Wimpfen 0 m Berg an, wo er seit t-\-\)2 an der Sladtkirche baute, bis dir Arbeiten um li(K) ins Stocken gerieten, tritt Pilgram als Erbauer des Nurdschifis von St. Jakob in Brünn auf. 1508 errichtete er das »Judentor« der Stadt, 1510 eine Treppe mit einem Erker in der Schule von St. .Taknb. 1511 erfolgte sein Amtsantritt in Wien, wo er l)l(j lLllicIl einen neuen Dom-baunieistor ersetzt wurde, anscheinend nach erfülltem Ableben.
Tu diese Laufbahn des Architekten verleilt sind nun die Werke des Steinmetzen und ß ildltauers: lei I s architekton ische Skul nlur wieSakra nunit.shä uscr, bi h 11 Kein, Kn 1 isulen, Por ■ talschmuck, teils reine Skulplu r wie Aha rsch rein figureu und selbständige Kleinplastiken.
Das früheste bekannte Werk ist das Sakrameutshaus von St. Kilian in lleilbronii. Iis ist im Zuge des dem Vorbild von Steyr folgenden Chorhaus eii tu landen, in dem dieses Werk architektonischer Plastik von Anbeginn vorgesehen wurde. Das Denken des Architekten hat »vesentliche Züge von Pilgrams bildhauerischem Schallen bestimmt. Iliezu gehört vor allem eine spannungsvolle Stj-affuiig, man mochte fast sagen: GeometriStern 1 ig der plastischen Irinnen. Der Sstz,daBdie (Gerade d ie kürzeste Verbindung zwischen zwei Punkten ist, ist für seine Vorstellungsweise grundlegend. So entzieht die kristallinische Syntax, die von Anfang bis Ende die Entwicklung des Bildhauers beherrscht, Kurven erscheinen nur, wo nötig und sinnvoll, dann aber sind sie energiegeladen und niemals spielerisches Ornament- Damit stellte sieh Pilgram schon in seinen Anfängen gegen den herrschenden Stil seiner Zelt,der er kühn vorauseilte. Wie eckig lilhI winkelig in ihrer Artikulationf zugleich wie spannungsvoll süul schon die Heilbrunner Früh-wei-ke, nie Gstalten des Gesellen und des Meisters^ wenn sie das Verhältnis von Last und Stütze veranschaulicht1« und gleichsam die Architektur anthropüiiioinhisiereu! Wie straff und geradlinig schichte! sich das Kai teil werk, wie spannt sich das Gewand um den Körper! Figuren, die unbeschäftigt stehen wie die Heiligen itu Kialcnwerk, schliefen sich hingegen zu büdsäulenhafter Ruhe. Dabei haben die Heilbrunner Plastiken durchaus das Gepräge von r'rühwerken, atmen rme <"-euis-e k ndlicllkeit und Naivität, die beweisen, daß ihr Schopfer da in etwas vorstieH, das für ihn Neuland der künstlerischen Gestaltung war, Große Erfahrung im Formen des Menschenbildes dürfte er damals noch, nicht gehabt haben, Bei der St Überleitung von Pilgratns bilHhauerischem Werk wurde- unter anderem auf den Zusammenhang mit Nikolaus Gerhaerls StraU-üurger Schöpfungen hingewiesen, Es darf dabei aber nicht außer acht gelassen werden, daß Pilgram mit. Werken Nikolaus Gerhacrtä schon in Wien und Wiener Neustadt in Berührung gekommen sein dürfte, also eine gewisse Aufnahmefähigkeit für den oberrheinischen Stil vorausgesetzt werden muß.
Dem Heilbrunner Werk am nächsten steht der knieeude Stein (Kon zel ?) -Träger in Kottweil. Er hat noch ein wenig von dem Dumpfen, Verquollenen, rundlich Verschlif-fenen, »Unexlösteii« der Kottweiler Frülnvcrke. Er ächzt mehr unter seiner Last, ist nicht so kämpferisch sriiarf gespannt uie der Kan/.elträger von Oehriiigen (Berlin, Deutsches Museum), in dem alle Grate und Profile hart, messerscharf und blank wie Klingen
Tbii Lxmlcnt di^wnlaadcd &am 147.^5].U7.M an Tue. 01 May 2022 IC:] 531 UTC
All Mir unTiii-i-r In hrlrK-.'-Virvuir iwlrtr nrn.lprmt
7,ivfi i: rv n-v.k atntjtk \vf.e kr. v-o-tj imok i3 cc.fif am
£01
hervortreten; der im Höchstmaß der Amlrerigung zum Kristall sich verhaltende MeJi&ch12, D-Si Geflecht hervortretender Adern f aar-lliert. die Stirn. Knapp vor dyin Oehringsr Kandel träger dürfte der von Koepf ernannte Heutingsheimer liegen, in dem sieb die kristallinische Verhärtung des erstertn schon vorbereitet. Großartig das Motiv des aklfgestütdCEm rechten Arms, rle-srieri Hand Einen Sfeinrjl-ock urnklanmnr.rt.; ht wird
j4i/b.2>'}. Artlöm PJI^cant, IWei RulJLtrren an HalLauspurliil Ln Brünn
gleichsam zum Pfeiler, eingespannt zwischen zwei Rlockkapitellen, das in Oehringen gerieft, durchgcgliedc-tt wird, während es in Heutingsheim eine polygonale Masse bildet, Die Lässigkeit, mit der der kuiiträpastLE*rte Arm in Rnttwe.i] Eiuf dem aufgestützten Üc-Lii liegt, zeigt Müdigkeit^ aber nicht Anspannung an, sieht also der tänzelnden Leichtigkeit des Heilbrunner Gesellen psychologisch näher als die hohe Konzentration von Heutinj^-hpim und Oshringen.
15 Drrnmlcr hat das MillLthe Verhältnis vjii Kottweil -and Ocbrliigen bereit* rirhiig r-rkarmi:. imi7-dt'cn hat 4is OutLinger, aller künSlLunsckiM^ Aussage entgegen, umgi^liL"rjrl_ Dlll G htlpd:' atout.JKica'jGru.lünris
HU
otto BENESCII
Mit den beiden letztgenannten Steinplastiken stehen wir schon dicht an der großartigen Kunz-entr-ation dar MiirLthťnŕr Grablegung vun 149(j. Wjjs für eine Grüßtä im kleinen! Wie wendeh sich de die verbissene Strenge zu tragischem Ernst? Die geradlinige Stoßkraft des Faltemverks schießt zu vielstimmigen Drusen iusammcn. Die Herkunft dieses Stils von pinem Meister aus Niknl-Hiis GertiHerts Nachfolge, ITens Syfer von Heilbronn, dessen Früh werk gleichfalls Schnellbach geklärt hat"., wurde von der Forschung immer Wieder bcLuiiL. Vur aÜLm ist der Zusammenhang mit Syferü Grablegung im Wormser Pom (um 1+88) offenkundig. Die edle Tragik und Stille dieses Werks bat Pilgiam zum Verstummen unter der würgenden Gewalt des Schincrzri göiteigifri. Die StitftftiUftg der Trauer verbindet dir pCrsunas dramalis hei Syíf-ľ. bei Pilgram jedoch der fiami de.s Schmerzes, in den sie alle wie in einen Schraubstock gespannt sind, obgleich sie mit brennenden Augen aneinander vorbeigehen und keine auf den Toten blickt, wie Vuege beobachtet hat {die mechanisch zwecklose BflweguiigL mit der Johannes Mari He Schlei HTMipfel wie. ein Ssitenbündel strafft!),
u Wirke aus dir Jugend- und. Heifí*ŕJl Jei Haus í v Ter, Jahrb. ii. Prnjil. Krlsmlgg. SO{l930),p. lOSn".
Abb. 4. i\-iiion Pilgriim, Iii- Dominikaner, Moli, 15+ cm. lirünn, Mihrlictuti Larud-eaaiuaeüm Abb-L Anton PilgT-oni, hl LJ^i;i Lei i ko.ni r, (St. ľetj-Ľis AlarLyr?). HoLz, 134 cm, ISrüniif MahrLschea LnjsdesimiaLuin
This canlcnt dtfwnktadcd LŤara 147.2S1.ZS7.M on Tue. 03 May 2022 10:15^1 UTC All iise udfaject Lo hf1p£:''abaut.J9c1ar jarnému