Fischer-Kontroverse In dem in mehreren Phasen geführten Streit ging es vereinfacht gesagt um das Ausmaß des deutschen Schuldanteils am Ersten Weltkrieg. In seinem Buch Griff nach der Weltmacht wies Fischer die These vom unabsichtlichen „Hineinschlittern“ Deutschlands in den Krieg durch seine These zurück, deutsche Auslandspolitik habe ihre hegemonialen Großmachtambitionen langfristig gehegt, also nicht erst 1914. Durch diesen nun schon konstitutiven Charakterzug der deutschen Kaiserspolitik sah Fischer nicht nur die eskalierende Situation im Jahre 1914 bedingt, sondern auch die Kriegs- und Zwischenkriegsjahre. Aus einer speziellen Fachkontroverse wurde somit ein Streit um bestimmende Tendenzen der deutschen Geschichte, ja um deren Ziel und Sinn. Die Kontinuität zwischen Kaisertum und der Zwischenkriegszeit suchte wiederum eine logisch erklärbare Kette dort gültig zu machen, wo bis dahin von Brüchen, Kontingenzen und Betriebsunfällen die Rede gewesen war. Ritter erwies sich während der Kontroverse als typischer praeceptor Germaniae, für den die Wahrheit der geschichtlichen Narration von den nationalen Interessen nicht zu trennen ist; wohl auch deshalb fand er im Gegensatz zu Fischer starke Unterstützung der konservativen Politiker, für die es ja keine andere als nationale Wahrheit geben kann. In Fischer wurde er indes mit solch einer Form der Geschichtswissenschaft konfrontiert, die sich ausschließlich dem eigenen kritischen Urteil verantwortete. Die dem Geiste des Historismus verpflichtete und zur nationalen Geschichtspolitik tendierende Geschichtswissenschaft wurde zu Beginn der 1960er Jahre von der kritischen Geschichtswissenschaft herausgefordert, die ihrerseits zur universal aufgefassten nationalen Selbstkritik neigte. In ihrem Falle drohte kein Rückfall zu nationalen Dienstverpflichtungen, sehr wohl aber eine Vereinnahmung von ethischen Maßstäben. Beide Positionen befinden sich in einer zerbrechlichen Balance, die auszuhalten recht schwierig ist; auf der einen Seite hat man mit der Gefahr der entlastenden Relativierung durch die nationale Indienstnahme der Geschichtswissenschaft zu tun, auf der anderen mit der durch die ethische Indienstnahme der Geschichtswissenschaft bedingten Gefahr des hypertrophierten Moralisierens und des nationalen Masochismus. Was sich als nüchterne Sachlichkeit, wissenschaftliche Objektivität, nicht simplifizierende und nicht pauschalisierende Erfassung der Wirklichkeit gibt, kann auch als Alibi für historische Nationalpolitik dienen, die alle Ecken und Kanten der Vergangenheit möglichst glätten will. Die Kritik solchen Bewusstseins wiederum, die sich universal gibt, kann zum hasserfüllten Abrechnen, zum rigorosen Moralisieren, zur zwingenden Negation des Deutschen werden. 1) Wie sieht Fischer die Beziehung der deutschen Geschichte zu Hitler? 2) Worum ging es in der Fischer-Kontroverse? 3) Was ist der Nachteil der Position Ritters? 4) Was ist der Nachteil der Position Fischers?