106 G. Graefen / M. Moll 8.2.5 Schreibübung und Textanalyse: Stilelemente feststellen Aufgabe: Lesen Sie Text 4 und beantworten Sie schriftlich die Frage, wogegen sich diese Satire richtet. Die „Festrede" ist in einem sehr traditionellen Stil geschrieben. Unterstreichen Sie die Ausdrücke und Fügungen, die Ihnen als traditionell oder veraltet erscheinen. 8.2.6 Lexikalische Übung zu Text 3 Aufgabe: Vervollständigen Sie die Sätze entsprechend der Textvorlage 3 oben oder finden Sie Paraphrasen, die sinngemäß der Textvorlage entsprechen. 1. N dient Mittel DI 2. Sprache ist wichtig für die Entstehung einer sozialen Identität, d.h. einer sozialen Identität bei. sie 3. jahrhundertelang = 4. Sprache hängt von der Gesellschaft ab: die Gesellschaft _die Sprache zumindest teilweise. Anders gesagt: Sprache und Gesellschaft stehen in einer_.- 5. Die Struktur der Sprache_die Struktur der Gesellschaft_■ 6. Eine bestimmte Struktur der Gesellschaft kann auf die Sprache und umgekehrt. 7. Der Zusammenhang von D und D ist gut_- am im Bereich der Sprachgeschichte. Wissenschaftssprache Deutsch 107 8. Die Beziehung wird einsichtig eines Beispiels. 9. Die Beziehung zwischen Frauen und Männern findet in der Sprache einen deutlichen 10. „Work" ist die englische zu deutsch „Arbeit". 8.3 Zitat, Wiedergabe und Paraphrase In geistes- und sozialwissenschaftlichen, auch in juristischen Texten wird deutlich häufiger zitiert und wiedergegeben als in naturwissenschaftlichen oder medizinischen Texten. Die erstgenannte Fächergruppe basiert insgesamt stärker auf Texten. Die Verwendung von veröffentlichten Erkenntnissen anderer Autoren im eigenen Text kann verschiedene Funktionen haben. Sie dient vor allem - der Einführung von Begriffen, - der Beschreibung des jeweiligen Forschungsstandes, - der Darstellung des Gegenstands, - dem Aufbau der eigenen Argumentation, entweder als stützendes Wissen oder als Beleg, wenn Mängel, Defizite oder Irrtümer der Forschung angesprochen werden und kritisiert werden sollen. Im Allgemeinen wird versucht, die Menge der wörtlichen Zitate stark zu begrenzen auf wesentliche und besonders aussagekräftige Textstellen. Deutlich größer ist die Menge der wiedergegebenen Textstellen, also der Paraphrasen oder der referierenden Inhaltsangaben. 8.3.1 Paraphrase (Wiedergabe) mit argumentativer Einstufung Quelle: Primärtext sprachliche Bearbeitung der Wiedergabe Textwiedergabe durch Zitat oder durch Paraphrase Sowohl bei der Textwiedergabe im Referat als auch in der schriftlichen Arbeit werden Paraphrasen verwendet, also nicht wörtliche Wiedergaben von Aussagen aus der wissenschaftlichen Literatur. Durch die sprachliche Bearbeitung der Wiedergabe wird oft auch eine Einstufung und evtl. eine Bewertung des Primär- 108 G. Graefen / M. Moll Wissenschaftssprache Deutsch 109 textes bzw. der Inhalte vorgenommen. Der Sprecher oder Schreiber zeigt dem Leser dadurch seine Einschätzung des Inhalts. Die einleitenden Formulierungen der Paraphrase sind also wichtig, da der Autor durch sie den Inhalt neutral oder gewichtend wiedergeben kann. So gibt die Einbettung der Wiedergabe mit Ausdrücken der Wortfamilie meinen / Meinung dem Gesagten den Charakter der Subjektivität. Wird eine Textstelle als Behauptung gekennzeichnet, gelten die Äußerungen des Primärautors als wissenschaftlich nicht belegt und strittig. Im Folgenden sind einige charakteristische Verben und Fügungen zur Einleitung der Redewiedergabe aufgeführt. • Wiedergabe mit argumentativer Einstufung (ohne und mit Literaturbeleg) r den Standpunkt F (2000) vertritt --die Ansicht ■■ X - die Auffassung ■ die Position ■ nach (der) Ansicht / (der) Meinung von F F gelangt / gelangte zu der Ansicht / Überzeugung, dass ... F ist der Ansicht / Auffassung / Überzeugung F meint, dass ... F hält A fest F geht von D aus nach Ansicht von F (2000) handelt es sich bei X um ... im Hinblick auf A ist F der Auffassung von Müller (1999), wonach ... gegen den sozialwissenschaftlichen Ansatz hält F (2000) fest, dass ... bei der Beurteilung von D geht F davon aus, dass ... (2000, 20) • Gewichtende Wiedergabe (ohne und mit Literaturbeleg) Der Verfasser kennzeichnet mit diesen Verben, ob das Zitierte vom Primärautor als wichtig bzw. weniger wichtig eingestuft wird. Einstufung als wichtig: Einstufung als weniger wichtig: F betont A F bemerkt A F hebt A hervor F erwähnt A F stellt A heraus F unterstreicht A F bekräftigt A F stellt A in den Mittelpunkt Beispiele F (2000: 25) betont besonders den Aspekt X bei der Behandlung von D hebt F hervor, dass ... (2000, 25) F (2000) unterstreicht besonders den Sachverhalt X der Sachverhalt X wird auch von F unterstrichen / bekräftigt (vgl. 2000: 25) F bemerkt / erwähnt in diesem Zusammenhang auch, dass ... (2000, 25) • Wiedergabe mit dem Hinweis auf die wissenschaftliche Tätigkeit (ohne und mit Literaturbeleg) F untersucht / behandelt / betrachtet A F befasst sich mit D / beschäftigt sich mit D F setzt sich mit D auseinander F geht der Frage nach, ob ... / warum ... F untersucht in seiner ersten Publikation (2000) vor allem A in dieser Publikation (2000) beschäftigt / befasst er sich auch mit D in F (2000) wird N behandelt / betrachtet in seinem Artikel (2000) geht er auch der Frage nach, weshalb / wie ... mit diesem Problem setzt sich auch F (2000) auseinander 8.3.2 Implizite und explizite Beurteilung oder Bewertung Im Folgenden ist durch Kursivdruck markiert, welche Ausdrücke für die positive Bewertung (als richtig) oder für die negative Bewertung (als unrichtig) einer Theorie oder Aussage verantwortlich sind. gegen A macht F zu Recht geltend, dass ... F kommt wegen D zu dem Schluss I zu der Schlussfolgerung, dass ... bereits F hat A entdeckt I herausgefunden seit... liegt die Erkenntnis vor, dass ... das Problem N gilt seit... als geklärt I ist geklärt N hat sich gezeigt I herausgestellt / ergeben eine genauere Betrachtung erweist, dass ... {Schwächen Defizite eine Annahme Schwachpunkte ist plausibel I gut nachvollziehbar ■■ ist selbstverständlich ist (wirkt) unklar, vereinfachend ist eine Illusion 8.3.3 Übung zur Textanalyse: Bewertung durch die Einleitung der Redewiedergabe Aufgabe: Überlegen Sie an dem Textbeispiel des Soziologen Ulrich Beck, wie die verschiedenen Arten der Einleitung der Redewiedergabe (unter dem Text) die Aufnahme des Primärtexts durch den Leser beeinflussen. Primärtext: Die global agierende Wirtschaft untergräbt die Grundlagen der Nationalökonomie und der Nationalstaaten. Dadurch wird eine Subpolitisierung völlig neuen Ausmaßes und mit unabsehbaren Folgen ausgelöst. Es geht [für das Kapital] 110 G. Graefen / M. Moll darum, in einer neuen Runde den alten Widersacher „Arbeit" elegant auf das historische Abstellgleis zu schieben; aber auch und vor allem darum, dem „ideellen Gesamtkapitalisten", wie Marx den Staat nannte, gleichsam zu kündigen; also sich aus den Klammern von Arbeit und Staat, wie sie im 19. und 20. Jahrhundert entstanden sind, zu befreien. (aus: Beck 1998, S. 14) Wiedergabemöglichkeiten (Beispiele) A Beck (1998, S. 14) vertritt die These, dass die Globalisierung die Grundlagen der Staaten zerstört. B Beck (1998, S. 14) behauptet, die Globalisierung der Wirtschaft laufe letztlich auf eine ,Kündigung' gegenüber dem bisherigen Nationalstaat hinaus. C Angesichts der heutigen Folgen der Globalisierung wagt Beck die Prognose eines Zerfalls der Nationalstaaten (Beck 1998, S. 14). D Beck (1998) ist einer der wenigen, die erkannt haben, dass die Globalisierung langfristig sehr schädliche Auswirkungen haben wird. E Im Hinblick auf die Risiken der Globalisierung geht Beck so weit, einen Zerfall der Nationalstaaten vorauszusagen (Beck 1998, S. 14). F U. Beck analysiert präzise, wie die „global agierende Wirtschaft ... die Grundlagen der Nationalökonomie und der Nationalstaaten (untergräbt)" (1998, S. 14), mit „unabsehbaren Folgen" sowohl für die Staaten als auch für nationale Arbeiterschaften. G Ulrich Beck ist ein Befürworter der pessimistischen Sichtweise der Globalisierung, die angeblich die nationalen Grundlagen zerstört (vgl. Beck 1998). Wissenschaftssprache Deutsch 111 deutscher Mentalität. Die Frage nach dem, was denn „typisch deutsch" sei, beschäftigt Forscher, die sich um das „Deutschlandbild" bemühen ..." (aus: Ehlich 1999, S. 283) Dadurch, dass der Konjunktiv so selten in der Paraphrase (Wiedergabe) verwendet wird, ist bei einer längeren Paraphrase keine genaue Trennung zwischen den Gedanken des Primär- und des Sekundärautors möglich, was manchmal - wegen der Gefahr von Plagiaten - als Problem gesehen wird: „Der weit verbreitete Verzicht auf den Konjunktiv als Zitationsmarker erschwert dem Rezipienten, zwischen der gedanklichen Leistung des referierten Autors und der des referierenden Autors zu unterscheiden." (Jakobs 1997, S. 162 f.) Diese Trennung ist allerdings sowieso kaum möglich, weil bei der Wiedergabe, wie wir gesehen haben, fast immer Momente der Deutung und der Bewertung ins Spiel kommen. Eine präzise Trennung der „Leistungen" gelingt dann nicht. 8.3.5 Übung: Konjunktivform des Verbs beurteilen Aufgabe: Überprüfen Sie die folgenden Sätze daraufhin, ob die Konjunktivform des Verbs nötig ist. Formulieren Sie gegebenenfalls Verbesserungsvorschläge. 1. „Laut traditioneller Aussage der Schulgrammatik sei der Satz ein selbständiger ... Satz oder Teilsatz." 2. Die Autoren „behaupten, dass die konzeptuelle Seite eines Satzes ein Ereignis ausdrücke. Ein typischer Satz enthalte, ihrer Meinung nach, ein Ereignis mit mindestens einem Teilnehmer und bezeichne zudem eine Handlung." 3. „Seiner Meinung nach bestehe eine erfolgreich abgeschlossene Verhandlung aus..." 8.3.4 Welche Rolle spielt der Konjunktiv I bei der Wiedergabe? Für die Wiedergabe eines wissenschaftlichen Textes wird selten der Konjunktiv I verwendet, der deutlich häufiger in Zeitungsberichten vorkommt. Da in einem wissenschaftlichen Text meist andere „Signale" für die Wiedergabe vorhanden sind, weiß der Leser normalerweise, dass wiedergegeben wird. In einem Wiedergabesatz wie oben (Kap. 8.3.3): ,ßeck behauptet, dass ..." kann der Konjunktiv zusätzlich als deutlicher Hinweis auf eine inhaltliche Distanzierung des Autors benutzt werden. Dazu ein anderes Verwendungsbeispiel, bei dem der Autor kritische Distanz zum Wiedergegebenen verdeutlichen will: Bl „So fragt Roth (1979): „Was ist typisch deutsch?". Ein besonders für amerikanische Lernerinnen des Deutschen entwickeltes Arbeitsbuch von Behal-Thompson/Mog behandelt unter der Frage „Typisch deutsch?" Aspekte 8.3.6 Übung: Studentische Produktionen beurteilen / verbessern Aufgabe: Verbessern Sie die missglückten Formulierungen. 1. Über die Eigenschaften von Metaphern „gibt es ... verschiedene Meinungen." 2. „Piatons Ansichten nach bringt uns dieses Wissen nichts ..." 3. „Schon Wilhelm von Humboldt vertrat die Ansicht, daß Sprachen nicht nur der Bezeichnung von Gegenständen dienen." 4. „Das Buch von Christian Lehmann ... versucht, eine allgemeine Theorie der ... darzustellen ..."