Jakob Julius David (1859-1906) Ein Bild, das Text, Mann, Person, tragend enthält. Automatisch generierte Beschreibung •Journalist & Schriftsteller •Kindheit & Jugend im heutigen Tschechien •ab 1877 lebt und arbeitet er in Wien •Studium der Germanistik und Geschichte •journalistische Arbeiten für u. a. Wiener Allgemeine Zeitung, Neues Wiener Journal, Wiener Zeitung •verfasste Romane, Erzählungen, Dramen, Lyrik, Biographien und Essays Schlaglichter - Erzählungen • •erste Erzählung „Fanny“ 1886 in der Deutschen Zeitung publiziert und 1890 unter dem Titel „Das Höferecht“ als Buch veröffentlicht •in den 1890ern verstärkt Erzählungen mit u. a. historischen Stoffen, etwa der Erzählband „Probleme“ (1892) •ebenfalls in den 1890ern urbane (Wiener) Erzählungen, etwa im Erzählband „Vier Geschichten“ (1899) • • Das königliche Spiel (1899) •Der Schachspieler Adolf Adolfi sitzt mit einer namenlosen Figur in einem Kaffeehaus und spielt Schach •Die Erzählung wird abwechseln von der namenlosen Figur als Erzählinstanz und durch Dialoge mit bzw. Monologe von Adolf Adolfi erzählt •Die Rahmenhandlung spielt sich in einem Kaffeehaus und später auf einer Straße in Wien ab •Die Zeit der Rahmenhandlung bewegt sich um die Jahrhundertwende Das königliche Spiel / Handlung / 1 •Adolf Adolfi kommt aus Rumänien und wohnt seit 15 Jahren in Wien. •Als Kind war er oft krank und konnte nicht aus dem Bett. Seitdem verträgt er keinen Lärm mehr. So lernte er Schach und Sprachen von seinem Vater, der der beste Schachspieler in Jassy (Rumänien) war. Seine Familie war wohlhabend. Das königliche Spiel / Handlung / 2 •Adolf heiratete seine Cousine sehr jung und hat vier Kinder. •Nach dem Tod seines Vaters führte er das Familienunternehmen weiter, aber es ging nicht gut, weil die Leute ihn seltsam fanden. •Also zog er nach Wien und eröffnete ein Geschäft. •Es ging gut, aber er war oft krank und seine Frau war nicht an die Arbeit gewöhnt. • Das königliche Spiel / Handlung / 3 •Eines Tages fing Adolf an, Schach um Geld zu spielen, was seine Frau nicht mochte. •Als sie starb, war er nicht traurig und verkaufte das Geschäft. •Er hatte kein gutes Verhältnis zu seinen Kindern, außer zu dem Mann seiner Tochter (einem alten Freund von ihm), der sich um sie kümmerte. •Adolfi reiste viel und gewann Schachturniere in Amerika. •Er schickte das Geld seiner Tochter, konnte aber nie lange an einem Ort bleiben, weil die Leute schnell das Interesse verloren. •Seine Tochter beging Selbstmord und er wollte wissen, warum sie es getan hatte. Er lebt immer noch in Wien und spielt Schach. • Textausschnitt / 1 •„Er war ein sehr armer Teufel, aber er vergab sich nichts; war weit herumgekommen und drückte sich gewählt aus. Aber gesehen hatte er eigentlich nichts von der Welt, die er bereist. Denn ob er von der sonnigen Havanna sprach, ob von Hastings oder Nürnberg, er wußte nur von den Kämpfen, die dort auf dem Brette geschlagen worden waren. Sonne und Menschen waren ihm gleichgültig und ganz aus dem Gedächtnis geschwunden, das sonst jeden einzelnen Zug, den ganzen Gang einer Partie mit untrüglicher Treue aufnahm und für immer verwahrte.“ Textausschnitt / 2 •„Als er im Gasthause ablegte, fuhr er nach seiner ängstlich reinlichen Gewohnheit unmerklich mit dem Rockärmel über seinen Hut. Mir fiel dabei erst auf daß darum ein Trauerflor geschlungen war. Wir saßen einander gegenüber. Ich liebt' es nämlich, diesen Kopf voll vor mir zu sehen. Er war wie gehämmert von gewaltiger Gedankenarbeit: die Sorge aber hatte tiefe Runen in diese mächtige Stirn mit den starken und trotzigen Jochbögen eingegraben. Bei aller Sicherheit des Auftretens und Benehmens lag eine gewisse Willensschwäche um den Mund und das sehr kurze Kinn. Nach dem Essen demonstrierte er gern. Er hatte zu diesem Zweck ein handliches Ledertäschchen mit kleinen und zierlichen Elfenbeinplättchen als Schachfiguren, das man ihm in Newyork geschenkt.“ Textausschnitt / 3 •„Diesen Abend blieben wir aber vereint sitzen. Wie einer, der heftige Schmerzen darin empfindet, so hielt er den Kopf zwischen die Schultern gezogen. Die Mundwinkel waren verzerrt, und um die Brauen gewitterte ein häufiges Zucken. Er sprach sehr viel, aber aus einer schlimmen Mißstimmung heraus, den Satz nicht beendend und in krausen und weiten Sprüngen der Gedanken. Er kramte viel in seinen Papieren, zeigte mir nun dieses, nun ein anderes jener Zettelchen, die er kostbaren Schätzen gleich verwahrte. Etwas mußte ihm geschehen sein, oder in seiner Seele hob sich etwas und brachte sie in unruhige Wallung, wie der Riesenfisch der Sage das Meer sich heben läßt, wenn er aus dem Grundlosen der Sonne entgegenstrebt. Und in diese zweck- und ziellose Gesprächigkeit fielen bange und peinliche Pausen des Schweigens, in denen er sonderbare Figürchen aus Brot formte, sie vor sich hinstellte, um sie verloren zu betrachten.“