Aleida Assmann Das neue Unbehagen an der Erinnerungskultur Eine Intervention (2013) Relevantes: Wege zum Textverständnis •Kontexte: ERINNERUNGSKULTUR •A. Breitere: Weitere Studien, Bücher von A. Assmann, eingeengt auf den Bezug zu diesem Thema •Forschung zum Thema, Namen, Texte… •Wo? Handbücher, Lexika, Bilanzschriften •B. Engere: Text plus Paratexte (Peritexte wie Klappentext.., Epitexte wie Besprechungen, Interwievs, Werbung…) Der Weg zum Text über die Verfasserin Allgemein zu A. Assmann https://de.wikipedia.org/wiki/Aleida_Assmann https://www.litwiss.uni-konstanz.de/british-and-american-studies/team/prof-em-dr-dr-hc-aleida-assmann/ Gespräche und kurze Statements Um 2010 https://www.goethe.de/ins/br/de/kul/fok/cul/20809570.html Neuestes https://www.youtube.com/watch?v=bCeLJQbMEzw https://www.youtube.com/watch?v=va4aFFuKe6Q Längeres https://www.youtube.com/watch?v=vFvggvdfIiY https://www.zeit.de/kultur/2020-12/aleida-assmann-corona-kollektives-gedaechtnis-erinnern?utm_referrer=https%3A%2F%2Fwww.google.com%2F Der Weg zum Text über Sekundärliteratur: Welches Buch aber nehmen? Relevantes aus der Sekundärliteratur? •Was erfahre ich bereits aus dem Inhaltsverzeichnis? •Was erfahre ich aus dem Kapitel zu KG und EK? •Was erfahre ich aus dem Literaturverzeichnis? •Pdfs dazu: Inhaltsverzeichnis, Kapitel KG und EK, Literaturverzeichnis Paratexte: Peritexte, Klappentexte in Kombination mit Epitexten und Kontexten • Autorin..vorlesen Bisheriges beschränkt, Wikipedia nützlicher, da auch Folgendes… Vergessen, Europa, Nation. Gespräch aus 2010 noch nützlicher? • Hier wird schon angesprochen. Gemeinsam!! • A. In den 1980er-Jahren wurden wir Zeugen der Digitalisierung und damit einer tiefgreifenden Medienrevolution der Schrift. Wie verändert sich das Gedächtnis einer Kultur, wenn sie sich auf ein neues Medium umstellt? Zum selben Zeitpunkt endete in Deutschland die Phase des „kollektiven Beschweigens“. In einer dichten Folge von Jahrestagen und öffentlichen Debatten kehrten die NS-Vergangenheit und der Holocaust ins öffentliche Bewusstsein zurück. Gespräch 2010 • B. Einsicht, dass nicht nur Individuen sich erinnern, sondern auch Gruppen, Gesellschaften und Nationen. Erinnern und Vergessen wurden als ein wichtiger Aspekt sowohl des sozialen Zusammenlebens als auch der Politik erkannt. • C. Während das individuelle Gedächtnis an die kurze Zeitspanne eines Menschenlebens gebunden ist und mit diesem vergeht, ist das generationenübergreifende kulturelle Langzeitgedächtnis durch Medien, Institutionen und Riten gestützt. • D. Logik des Erinnerns: Man hebt die Ereignisse hervor, die die eigene Person aufwerten und ignoriert alles, was ein positives Selbstbild in Frage stellen könnte. • E. Verschiebung in der Logik der Erinnerung ergab sich dadurch, dass nicht nur heroische Taten großgeschrieben wurden, sondern auch dem individuellen Leiden Raum gegeben und Verbrechen erinnert wurden, die man lieber vertuscht hätte. • F. Das deutsche Modell besteht darin, die selbsterhöhende Logik des Erinnerns auf den Kopf zu stellen und die eigene Schuld ins Zentrum des nationalen Gedächtnisses zu rücken. Das Bekenntnis zu nationaler Schuld bedeutet gerade nicht, wie viele befürchten, eine Befleckung des kollektiven Selbstbildes, sondern schafft die Möglichkeit einer Identitätswende, indem sich eine Nation ausdrücklich von den Verbrechen der eigenen Geschichte distanziert und zu zivilgesellschaftlichen Werten bekennt. • G. Diskrepanz zwischen sozialem und politischem Gedächtnis. Während die DDR heute offiziell als Unrechtsstaat verurteilt wird, lebt sie in der Erinnerung der Menschen als wichtige Phase ihrer eigenen Biografie und Identität fort. Die abrupte und pauschale Entwertung eines halben oder ganzen gelebten Lebens führt zum Erinnerungswiderstand, den wir „Ostalgie“ nennen. (Unter)Titel und Literaturliste •Intervention •Literaturliste: wozu? A. Weiterführendes, Kanonisiertes, Einschlägiges • B. T., an die sie sich anlehnt • C. T., von denen sie sich abhebt • D. zu welchen anderen Subthemen es sich äußert, auf welche weiteren Problemfelder hin es sich öffnet. Welche weiteren Begriffe kommen ins Spiel •Pdf. …. Antwort auf A und D? Klappentexte Vorderseite Rückseite •Akzente? •pdf •Akzente? Vorderseite Rückseite • In die deutsche EK. wurde viel investiert. Sie ist nicht zu übersehen, sichtbar und präsent. • Trotzdem ist sie heute auf dem Prüfstand. • Kritikpunkte werden aufgegriffen, um EK grundlegend zu befragen • Welche Rolle, soll man fortsetzen, wie, wohin, mit wem? • Wie ist es anderswo? Wege aus der Selbstbezüglichkeit. • Ek. Vom Ausland aus als Erfolg, zu Hause Unbehagen • Schwelle: Tod, Deutungsmacht, Einwanderer…. Erinnerung an Holocaust muss neu überdacht werden. • Von der Sichtung der Kritik zum Überdenken der Lage • Was noch zum Buch? Faden, Punkte, Linien •Kapitelüberblick? •Gespräch mit der Einleitung und mit den Kapiteln verschränken, mit deren Inhalt? •Ein Kapitel herausgreifen, um an ihm Relevantes zu demonstrieren? • Einleitung mit den Kapiteln, auf die Intervention hinaus? •Blick auf die Rezensionen? Verzahnen mit den Rezensionen? Farben! Interwiev von 2010 • Nicht nur Individuen erinnern sich, sondern auch Gruppen, Gesellschaften und Nationen. • Erinnern und Vergessen: wichtiger Aspekt des sozialen Zusammenlebens sowie der Politik. • Individuelle Erinnerungen: gebunden an die kurze Zeitspanne eines Menschenlebens. • Kollektive E., das generationenübergreifende kulturelle Langzeitgedächtnis wird durch Medien, Institutionen und Riten gestützt. • Wie erinnert man sich? Man hebt die Ereignisse hervor, die die eigene Person aufwerten und man ignoriert alles, was ein positives Selbstbild in Frage stellen könnte. ALLGEMEIN • Nun ein positiver Trend: es werden nicht nur heroische Taten, sondern auch Leiden und Verbrechen, für die man verantwortlich ist. Man erinnert eigene Helden, eigene Opfer, aber auch eigene Verbrechen, also fremde Opfer. JETZT ALLGEMEIN •Deutschland in den letzten 30 Jahren: Ausnahme: Schluss mit den selbsterhöhenden Erinnerungen, die eigene Schuld wird ins Zentrum des nationalen Gedächtnisses gerückt. •Was bedeutet das Bekenntnis zu nationaler Schuld? - eine Befleckung des kollektiven Selbstbildes, oder die Möglichkeit einer Identitätswende. DEUTSCHLAND JETZT •DDR: politisches und soziales Gedächtnis klaffen auseinander. DDR politisch (offiziell) ein Unrechtsstaat. Sozial (kommunikativ) eine wichtige Phase des Lebens, gut wie schlecht. Gespräch im Hinterkopf: Nun Einleitung und Kapitel zueinander pdf Einleitung und Inhaltsverz. Durch Fragen strukturieren, die Antworten mit dem farbig markierten verzahnen • Funktion des Freudhinweises? • Analogie zwischen Freuds Analyse und Deutschland nach 45? • Wir wurde Deutschland nach 1945 reintegriert in den Kreis der zivilisierten Nationen? • Wie lange wird dieser Prozess dauern? Gibt es so etwas wie Verjährung? Welche Generation kann es vergessen? • Wie steht dazu das, was A. als Erinnerungskultur bezeichnet? Ist es ein Prozess, sein Ergebnis, ist es etwas Wünschenswertes oder eher Unheilvolles? • Zu welchem Wandel soll es nach 89 gekommen sein? Wen betraf er, was an ihm war selbstkritisch? Ist dies ein Fortschritt in Kultur a la Freud? Lohnt es sich, diesen Prozess zu fördern? Was wird diesbezüglich in D. gemacht? Soll es weiter gemacht werden und warum? • Wie (von wem und warum) wird die Nützlichkeit (Unumgänglichkeit) der EK in Frage gestellt? • Wie versucht A. die EK als Prozess zu retten? Welche Schritte hält sie für wichtig? • An welchen sie beunruhigenden Prozessen hält A. die Wende fest? • Welche Prozesse führen dazu, dass die Grenze zwischen einem deutschen (nationalen) Befinden und europäischen, transnationalen, globalen Perspektiven schwindet? Gespräch im Hinterkopf: Nun Einleitung und Kapitel zueinander pdf Einleitung und Inhverz. • Je mehr Kultur, desto mehr Über-Ich, desto mehr Druck, Kampf, Unglück, Schuldbewusstsein. Kultur---Kampf-Schuldbewusstsein. • Je mehr Ruhe, Glück, desto weniger Kultur. Desto mehr Kultur, je weniger Ruhe und Glück, je mehr Schuldanerkennung. Kulturfortschritt wird mit einer Erhöhung des Schuldgefühls bezahlt. • Via negatives Gedächtnis, die eigenen kaum vorstellbaren Verbrechen sind nicht abzuspalten, sondern eben ins Selbstbild zu integrieren. Dies muss immer wieder rituell am Leben gehalten werden. • Es kann nicht abgearbeitet werden, es betrifft auch künftige Generationen, muss in die Zukunft mitgenommen werden. • Antwort.. Gut. • Westlicher Wandel, nicht mehr nur stützend sondern auch selbstinfragestellend, nicht nur eigene Opfer, sondern auch Opfer der eigenen Verbrechen. • Intensität nimmt ab, neue Generationen kein Bezug, keine Zeitzeugen mehr. Das Loch zwischen individ, persönlicher Erfahrung und Erinnerung und kulturellem Gedächtnis wird grösser, man wird es vergessen, man überlässt es den Historikern. • Die Mittler sterben aus, ihre Generation wird alt. • Mediatisierung, Migrationsprozesse. Pdf inhaltsverzeichnis, von der einleitung zu den kapiteln und deren Inhalt • Vergessen, Beschweigen, Erinnern • 1. Begriffe, individuelles und kollektives Gedächtnis, kulturelles G., Identitätsbezug. • Form und Zweck der Erinnerungskultur, hier präziser und komplexer Ad 32. • Arbeit am deutschen Familiengedächtnis, Brechen des Schweigens, Ad 33-34, Meilensteine der vergangenheitspolitischen Erinnerungskultur, hier auch die Gegenstimmen, H. Lübbe, notwendiges Schweigen, Integration aller, inklusive der (Ver)Schweigenden in die BRD, Schlusststriche, Verjährungsbemühungen. • Probleme mit der deutschen Erinnerungskultur. Erinnern als deutsche Obsession nach 45, als Fortsetzung der deutschen Hybris (Deutschland über alles, deutsche Erinnerung über alles), negative Holocaustfixierung, Scheinheiligkeit, unglaubwürdiges Engagement für die Opfer, Ritualisierung, falsche Moralisierung • Zerlegen einiger, die Unbehagen an der EK. äußern •Praxisfelder der deutschen NDR-BRD Erinnerungskultur •Transnationale Perspektiven, ad. 144, 145, von der entlastenden deutschen Selbstviktimiserung (Sabrow) zu Assmann. Auch andere betreiben die Selbstviktimisierung 146 so wie in Deutschland 148. Es funktionierte immer nach der Art: Man hebt die Ereignisse hervor, die die eigene Person aufwerten und man ignoriert alles, was ein positives Selbstbild in Frage stellen könnte. Es werden immer entweder nur heroische Taten, oder Verbrechen erinnert, entweder erinnert man sich daran, wie man geopfert wurde, oder daran, wie man, um groß und mächtig zu werden, jemanden opferte. •Dies gilt es aufzubrechen: von „entweder oder“ zu „sowohl als auch“151. Die Opferkonkurrenz gilt es zu überwinden. Das Rezept Die Intervention Das Plädoyer • Vier Modelle und das meine ist das beste: • 1. Dialogisches Vergessen: die Feinde versöhnen einander via vergessen. • 2. Erinnern, um niemals zu vergessen: man muss die Verbrechen immer wieder ins Gedächtnis rufen, damit man sie nie mehr wiederholt. • 3. Erinnern, um zu überwinden: man muss an die Verbrechen immer wieder erinnern, um sich zu verwandeln, um besser zu werden, um eine gemeinsame Zukunft gestalten zu können. • 4. dialogisches Erinnern: 195-199. Warum hält A.A. ihr Modell fürs beste? • Kurzer Blick auf Rezensionen: Kritikpunkte? • Rezensiert für H-Soz-Kult von ina Leonhard, Führungsakademie der Bundeswehr, Hamburg • Das hier zu besprechende Buch ist einer „selbstkritische[n] Diskussion über Standortbestimmung und Entwicklungsdynamik der deutschen Erinnerungskultur“ gewidmet (S. 12). Seine Autorin, die Konstanzer Literaturwissenschaftlerin Aleida Assmann, die hierzulande bekanntermaßen wesentlich dazu beigetragen hat, die (kultur)wissenschaftliche Forschung rund um die Konzepte Gedächtnis, Erinnern und Vergessen zu etablieren, greift darin „Stellungnahmen und Stimmungen“ auf, die ein „wachsende[s] Unbehagen“ an dieser Erinnerungskultur erkennen lassen (S. 13, anknüpfend an Sigmund Freud). Neben einer kritischen Würdigung der dabei vorgebrachten Argumente zielt ihre „Intervention“ darauf ab, „die Begrifflichkeiten zu schärfen und konkrete Probleme zu konturieren, um damit eine breitere Grundlage für diese wichtige Auseinandersetzung zu schaffen“ (S. 14). Assmann will ihre Ausführungen als einen Beitrag zur aktuellen Debatte um den ‚richtigen‘ Umgang mit der Vergangenheit seit 1945 verstanden wissen und präsentiert sie zugleich als Fortsetzung ihrer knapp anderthalb Jahrzehnte zuvor veröffentlichten Überlegungen anlässlich der Kontroverse um die Friedenspreisrede von Martin Walser (vgl. ebd.). • Das Buch besteht aus drei Teilen: Im ersten, mit „Vergessen, Beschweigen, Erinnern“ überschriebenen Abschnitt, der fast die Hälfte des Buches ausmacht, wird nach einer Begründung des Gedächtnisparadigmas (und damit Assmanns eigenen Forschungsprämissen, Kapitel 1) die ‚Erinnerungsgeschichte‘ der Bundesrepublik rekapituliert (Kapitel 2). Dies dient als Grundlage für die Diskussion des auch im Buchtitel angesprochenen „Unbehagens“ an der aktuellen Erinnerungskultur (Kapitel 3). Ausgehend vom dreiteiligen Fernsehfilm „Unsere Mütter, unsere Väter“, der im Frühjahr 2013 im ZDF ausgestrahlt wurde, setzt sich die Autorin hierbei insbesondere mit den Argumenten auseinander, die in den letzten Jahren von Hermann Lübbe, von Ulrike Jureit / Christian Schneider und den Teilnehmer einer von ihnen durchgeführten Tagung zum Wandel des Gedenkens an den Holocaust sowie zuletzt von Dana Giesecke / Harald Welzer entwickelt wurden. • Der zweite Teil des Buches, der den „Praxisfeldern der deutschen Erinnerungskultur“ gewidmet ist, behandelt auf gut 30 Seiten Problemstellungen, welche zum einen „[d]ie Erinnerung an zwei deutsche Diktaturen“ (Kapitel 4) und zum anderen das „Erinnern in der Migrationsgesellschaft“ (Kapitel 5) betreffen. Hierfür werden zunächst die Implikationen kursorisch zusammengefasst, die mit der Aufgabe einer ‚doppelten Bewältigung‘ von NS- und DDR-Vergangenheit verbunden sind. Anschließend geht es um die Probleme, die mit einer national kodierten, auf Vorstellungen einheitlicher Herkunft, Kultur und Sprache beruhenden Sicht der eigenen Vergangenheit einhergehen, sowie um die daraus zu ziehenden Schlussfolgerungen. Assmann verbindet ihre Überlegungen zu Erinnerung und historisch-politischer Bildung hier insbesondere mit Bezügen zu den so genannten NSU-Morden, die gegenwärtig im Rahmen eines Strafprozesses in München verhandelt werden. • Im dritten, etwa 50 Seiten umfassenden Teil des Buches werden schließlich „transnationale Perspektiven“ auf Vorgänge von Erinnern und Vergessen präsentiert. Unter der Überschrift „Opferkonkurrenzen“ (Kapitel 6) resümiert die Autorin zum einen die unterschiedlichen Bedeutungskomponenten, die mit dem Opferbegriff verbunden werden können, und diskutiert unter anderem anhand des bereits vielfach thematisierten Spannungsverhältnisses zwischen Holocaust- und GULag-Gedächtnis in Europa verschiedene Formen des Umgangs mit konkurrierenden Anerkennungsansprüchen. Zum anderen werden unter dem Titel „Vier Modelle für den Umgang mit traumatischer Erinnerung“ (Kapitel 7) verschiedene, durch empirische Beispiele jeweils kurz illustrierte Konstellationen aufgezeigt, die eine bestimmte Form des Erinnerns bzw. Vergessens kennzeichnen. • Dies leitet zu den am Ende des Buches vorgestellten „Prämissen der neuen Erinnerungskultur“ über: Die Autorin beschließt ihre Ausführungen mit einem Plädoyer für eine ethische Bindung der Erinnerung „an den universalistischen Wert der Menschenrechte“ (S. 207), die sie als Basis der seit den 1990er-Jahren in Deutschland wie anderswo auf der Welt etablierten Gedenkpraxis versteht. Deren Vorzug sieht sie namentlich darin, dass auf diese Weise Möglichkeiten für eine kritische gesellschaftliche Selbstreflexion geschaffen werden. • Wie diese kurze Skizze der einzelnen Kapitel verdeutlicht, eröffnet das Buch einen breiten Einblick in verschiedene Diskussionsstränge, die sich alle in irgendeiner Weise mit Fragen der Vergangenheitsaufarbeitung befassen. Auf diesem Forschungsgebiet bereits kundige Leserinnen und Leser werden dabei wenig Neues erfahren, greift Assmann doch im Wesentlichen Argumente auf, die von ihr selbst oder von anderen Autoren bereits andernorts dargelegt wurden. Gleichwohl gelingt es ihr insbesondere im ersten Teil des Buches, einige zentrale Widersprüche in der aktuellen Debatte um das „Unbehagen“ an der Erinnerung in Bezug auf Nationalsozialismus und Holocaust plastisch zu markieren – beispielsweise indem sie die mitunter selbst recht normativ anmutende Kritik einer normativ am Erinnerungsimperativ ausgerichteten politischen Gedenkpraxis aufzeigt (vgl. S. 92f.). Auch bei den weiteren im Buch angeschnittenen Problemfeldern finden sich immer wieder bedenkenswerte Einlassungen oder interessante Verweise – allerdings zugleich die eine oder andere seltsam verkürzt erscheinende Verknüpfung tagespolitischer Einschätzungen mit Erkenntnissen, die sich aus der Analyse bestimmter empirischer Phänomene ergeben (wie zum Beispiel auf S. 198 der Hinweis auf die Externalisierung des Antisemitismus im Film „Unsere Mütter, unsere Väter“, durch die der „Dialog-Politik“ der polnischen Regierung unter Donald Tusk „ein schwerer Schlag versetzt“ worden sei). • Lenkt man den Blick weg von den einzelnen behandelten Themen und auf die Anlage des Buches in seiner Gesamtheit, fällt es darüber hinaus schwer, einen roten Faden zu entdecken, der die verschiedenen Abschnitte miteinander verbindet. Selbst innerhalb der Kapitel ist es bisweilen nicht ganz leicht, der oftmals assoziativ anmutenden Gedankenführung der Autorin zu folgen. Dies mag einer der Gründe sein, warum das Buch dem eingangs postulierten Ziel einer Schärfung der Begrifflichkeiten nur sehr bedingt gerecht wird. Zwar führt Assmann in Bezug auf das zentrale Konzept der Erinnerungskultur (vgl. S. 32f.), für den Ausdruck ‚Vergangenheitsbewältigung‘ (vgl. S. 114ff.) wie auch für den Opferbegriff (in Kapitel 6, siehe oben) unterschiedliche Konnotationen ein. Die von ihr an einer Stelle vorgenommene Entscheidung für eine bestimmte Bedeutungsvariante wird jedoch unter anderem durch die Einführung neuer Konzepte an anderer Stelle wieder verwässert. Vor allem aber werden die in den unterschiedlichen Kapiteln als zentral herausgestellten Begriffe nicht zueinander in Beziehung gesetzt. Es bleibt also der Leserin oder dem Leser weitgehend selbst überlassen, sich zu überlegen, was eine „ethische Erinnerungskultur“ etwa mit einer „neutral“ verstandenen Vergangenheitsbewältigung (S. 192) und/oder mit „dialogischem Erinnern“ (vgl. S. 195ff.) zu tun haben mag. • Alles in allem hinterlässt die Lektüre somit einen zwiespältigen Eindruck. Als eine öffentliche „Intervention“ verstanden, die sich an ein breites, politisch wie historisch interessiertes Publikum richtet, um aktuelle Ereignisse und Entwicklungen zu kommentieren, die auf verschiedene Weise den Umgang mit gewaltbelasteter Vergangenheiten betreffen, erscheint das Buch durchaus gelungen. Als Beitrag zu einer empirisch wie theoretisch fundierten wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit Fragen, die den Nutzen und Nachteil, aber auch die Bedingungen und Einflussfaktoren einer normativ am Erinnerungsimperativ ausgerichteten politischen Kultur sowie deren eigene Geschichtlichkeit betreffen, vermögen die hier zusammengetragenen Ausführungen jedoch weniger zu überzeugen. • Der Begriff der Erinnerungskultur hat Konjunktur. Dies gilt nicht zuletzt, da sich die „Ära der Zeitzeugen“ des Zweiten Weltkriegs und des Holocausts allmählich dem Ende nähert. Zugleich genießt die deutsche Erinnerungskultur international hohes Ansehen, oftmals wird sie als Erfolgsmodell gewertet, wohingegen es wegen öffentlicher Debatten über deren Stellenwert, Ausrichtung und Gestaltungsweise innerhalb des deutschen Diskurses nach Meinung der Kulturwissenschaftlerin Aleida Assmann erforderlich scheint, mit einer „selbstkritische[n] Diskussion über die Standortbestimmung und Entwicklungsdynamik der deutschen Erinnerungskultur“ (S. 12) zu beginnen. Als Expertin für die wissenschaftliche Erforschung von Konzepten wie kulturelles Gedächtnis, Erinnern und Vergessen widmet sie sich kritischen „Stellungnahmen und Stimmungen“, die das „wachsende Unbehagen“ (S. 13) an der praktizierten Erinnerungskultur artikulieren. In vier Kapiteln geht sie sachkundig den diversen Problemen von Gedächtnisforschung respektive Problemen mit der deutschen Erinnerungskultur, den entsprechenden Praxisfeldern, transnationalen Perspektiven und aktuellen Entwicklungen nach. Assmann intendiert, eine Intervention – so der Untertitel des Bandes – in aktuelle Debatten zu leisten, die differenziert Potenziale und Grenzen der Erinnerungskultur in begrifflich präziser Diktion aufzeigt. • Die Einleitung skizziert die Genese der Erinnerungskultur als tragender sozialer Pfeiler in Deutschland, die seit der Wiedervereinigung „mit großer Energie, finanziellem Aufwand und bürgerschaftlichem Engagement“ (S. 11) betrieben wurde. • Im umfangreichsten, fast 100 Seiten ausmachenden ersten Teil, der mit „Vergessen, Beschweigen, Erinnern“ überschrieben ist, geht es um die Entwicklung des Gedächtnisparadigmas innerhalb der Erinnerungsgeschichte der Bundesrepublik Deutschland. Auf dieser Grundlage wird dem erkennbaren „Unbehagen“ an der Gestaltung der Erinnerungskultur nachgespürt. Paradigmatisch sei der dreiteilige Fernsehfilm „Unsere Mütter, unsere Väter“, welcher 2013 im ZDF ausgestrahlt wurde: „Dieser Film zeigt im letztmöglichen Moment den verbleibenden Mitgliedern der Erfahrungsgeneration, was diese erlebt haben. Es ist ein Film der zweiten Generation über Erlebnisse der ersten Generation, der sich an die dritte Generation richtet.“ (S. 38) • Der zweite Teil des Buches zu den „Praxisfeldern der deutschen Erinnerungskultur“ thematisiert zwei zentrale Problemstellungen, die im Kontext des Erinnerns immer relevanter werden: Welche Formen der Erinnerung an „zwei deutsche Diktaturen“ (S. 109) sind überhaupt zielführend und auch sachangemessen, da die NS- und die DDR-Vergangenheit einerseits verbunden, aber andererseits qualitativ unterschiedlich zu werten seien? Assmann plädiert für eine Europäisierung der Erinnerung an die kommunistischen Opfer, was vor allem in Osteuropa anschlussfähig sei. Darüber hinaus richtet sich ihr Blick auf die „postnationale Identität“ (S. 123) einer Migrationsgesellschaft, die zukünftig keine homogene Erinnerungskultur ermögliche. Probleme würden gegenwärtig evoziert, wenn eine national kodierte, auf Vorstellungen einheitlicher Herkunft, Kultur und Sprache beruhende Wahrnehmung mit den gesellschaftlichen Realitäten kollidiere, wofür ihrer Meinung nach die NSU-Morde bzw. ihre soziokulturellen Implikationen lehrreich seien: An diesem Beispiel lasse sich zeigen, „wie Erinnerungskultur und historische Bildung ineinandergreifen könnten. (…) Denn zu den aktuellen Zukunftsfragen in unserer Gesellschaft gehören heute die Migrationsthematik sowie die schwelende Fremdenfeindlichkeit und ihre historische Erbschaft“ (S. 133). • Im etwa 60 Seiten umfassenden dritten Teil geht es um „transnationale Perspektiven“ auf die Prozesse und Aktivitäten von Erinnern und Vergessen. Unter der Überschrift „Opferkonkurrenzen“ (S. 142) skizziert Assmann einerseits diverse Bedeutungskomponenten des Opferbegriffs, ferner diskutiert sie intensiv das schwierige Themenfeld des Vergleichs zwischen Holocaust- und Gulag-Gedächtnis in Europa. Andererseits stellt sie „Vier Modelle für den Umgang mit traumatischer Erinnerung“ (S. 180) vor: Diese Modelle beruhen auf den Alternativen dialogisches Vergessen, ewiges Erinnern, überwindendes Erinnern sowie dialogisches Erinnern. Nach der Musterung zahlreicher Beispiele neigt sie abschließend zu einer bestimmten Form des Erinnerns bzw. Vergessens: Das sich erst allmählich konstituierende Modell des dialogischen Erinnerns habe „eine besondere Chance in einem Staatenverbund wie Europa; hier könnte es in Zukunft stärker darum gehen, durch Formen gegenseitiger Annäherung und der Anerkennung des dem anderen zugefügten Leids die monologischen Schranken der nationalen Gedächtnisse durchlässiger zu machen und durch differenziertere und komplexere Gedächtniskonstruktionen die transnationale Identität zu stärken.“ (S. 202) • Der vierte Teil ist neueren Entwicklungen und aktuellen Fragen zum Erinnerungskulturkonzept gewidmet: Einerseits beleuchtet Assmann darin das „Gedächtnistheater“ (S. 204), in dem Menschen jüdischen Glaubens oftmals in einer Statistenrolle erscheinen würden, gleichsam als Akteure in einem jährlichen Bußritual und als Beleg für die Integrität der deutschen „Dominanzgesellschaft“ (S. 205). Den Grund dafür sieht sie in einer einseitigen „Identifikation der Deutschen mit der jüdischen Opferperspektive“ (S. 206). Dies hinterfragt sie kritisch mit Blick auf die gesellschaftliche Wirkung und die Folgen eines Perspektivenwechsels von den Tätern zu den Opfern. Einen zweiten Trend beschreibt sie mit der Entwicklung, dass „die Erinnerungskultur unter wachsendem nationalistischen Druck“ (S. 218) stehe. Aus dieser Perspektive werden das „Recht auf Vergessen“ (S. 218) und eine Entmoralisierung der Erinnerung propagiert, was Assmann an verschiedenen Beispielen (Reden mehrerer AfD-Politiker wie Gauland und Höcke) verdeutlicht. Für die Konstanzer Wissenschaftlerin evoziert dieser Umgang mit der Erinnerungskultur die zentrale Fragestellung, ob man sich auf „die realexistierenden Folgen der Globalisierung (…) einlassen muss, ohne dabei seine politische Orientierung und sein kollektives Selbstbild zu verlieren“ (S. 224). Symptomatisch stünden diese beiden Tendenzen des Unbehagens seitens der Minderheiten auf der einen und der Nationalisten auf der anderen Seite jedoch auch für die grundsätzliche Problematik, inwieweit ein „selbstkritische[r] Patriotismus“ (S. 229) im Kontext einer kosmopolitischen Einwanderungsgesellschaft eine Option für die Zukunft sein könnte. • Im Schlussteil des Buches werden „Prämissen der neuen Erinnerungskultur“ diskutiert. Die Autorin macht fünf Prämissen aus: Erinnern als anthropologische Universalie, als „Vergegenwärtigung von Vergangenheit“ (S. 234), als darstellungsbedürftig, als angewiesen auf einen ethischen Rahmen und als „Chance kritischer Selbstreflexion“ (S. 238). Assmann plädiert für das Erkennen der eigenen gesellschaftlichen Verantwortung auf der Basis universeller Menschenrechte, wodurch sie auch weiterhin in der Erinnerungskultur einen wichtigen Bestandteil sozialer Identität ausmacht: „In der Nachwirkung traumatischer Gewaltgeschichten löst die Zeit allein keine Probleme. Verbrechen gegen die Menschlichkeit lösen sich nicht unter der Hand auf, sondern erfordern rückwirkende Handlungen der Anerkennung der Opfer und der Übernahme von Verantwortung.“ (S. 239 • Aleida Assmanns Buch gilt als Standardwerk im Rahmen der Forschung zur Erinnerungskultur, das vor allem terminologisch und systematisch das Themenfeld prägnant erschließt. Bei der Lektüre fällt auf, dass die verschiedenen Abschnitte der Darstellung eher lose miteinander verknüpft sind, eine thematische Progression ist nicht immer leicht zu erkennen. Dennoch komprimiert die Autorin höchst kontroverse Forschungsmeinungen dank der hohen Sachexpertise in beeindruckender Weise. Insofern bietet auch diese dritte Auflage einen profunden Einblick in verschiedene Diskussionsbereiche und aktuelle Forschungsansätze. Die wesentliche Literatur lässt sich über den 20-seitigen Anmerkungsteil problemlos erschließen. Der Untertitel „Intervention“ verweist auf die wertend-appellative Intention des Buchs, das wegen der kompakten und problemgestützten Darstellungsweise manche Aspekte leicht verkürzend darstellen muss, um die grundsätzliche Bedeutung für die Entwicklung des Konzepts der Erinnerungskultur zu beleuchten. Der für die dritte Auflage ergänzte Teil zu neuen Entwicklungen greift zahlreiche aktuelle Phänomene auf, jedoch bleibt unbeantwortet, warum der medialen Dimension der Erinnerungskultur kein größerer Stellenwert eingeräumt wurde: Einführend spricht die Autorin zwar von einem „‚multimedialen Erinnerungsmonitor‘ (MEMO)“ (S. 204), der Medialität des Erinnerns ist jedoch kein eigenes Kapitel gewidmet. Dies könnte für dieses verdienstvolle Standardwerk für eine Folgeauflage sicherlich eine Gestaltungsoption sein • Die Konstanzer Kulturwissenschaftlerin Aleida Assmann legt eine kompakte und versierte Darstellung der vielfältigen Facetten der öffentlichen Erinnerungskultur vor, zugleich versteht sie das Buchprojekt als öffentliche „Intervention“, indem sie aktuelle Ereignisse und Prozesse kommentiert. Der Band liefert zunächst einen problemorientierten Zugang zu den Phänomenen des Vergessens, Beschweigens und Erinnerns, sodann zeigt er Praxisfelder der deutschen Erinnerungskultur auf, weitet den Fokus um transnationale Perspektiven und aktuelle Entwicklungen. Die kompakte Darstellung ermöglicht einen guten Überblick über vielfältige Fragen zum Stellenwert von Erinnerung in unserer Gesellschaft, in Bildung und Politik.