Andrew Barker: Anticipating Freud’s Pleasure Principle? A Reading of Ernst Weiss’s War Story “Franta Zlin” (1919) Some well-remembered examples of that readiness are works by Ernst Toller (Hinkemann[1], 1924), Sean O’Casey (The Silver Tassie[2], 1927), and D. H. Lawrence (Lady Chatterley’s Lover,[3] 1928), all of which deal with soldiers rendered sexually impotent by their wounds. Much less well known is Ernst Weiss’s story “Franta Zlin”first published in the Munich periodical Genius in 1919. Marcel Reich-Ranicki recently included “Franta Zlin” in his extended collection of German literature provocatively entitled Der Kanon[4]. In May 1921 in the Berliner Börsen-Courier Joseph Roth had reported on a public reading of “Franta Zlin” at the Rowohlt Verlag by Weiss’s lover, the actress, dancer (and novelist) Rahel Sanzara.. 160, jeder durch den nächsten furchtbar verkerkert. Aus welcher Perspektive wird erzählt, wenn der Grad von Frantas Erschöpfung charakterisiert wird? 160 1. S. 159 Schoss er sich mitten im Gespräch aus unmittelbarer Nähe in den Kopf, so dass Stücke der Ladung ̶ Steinchen oder heißes Wasser, wie es Franta schien ̶ , auf den Diener und den Agutanten spritzten. 160 Kutscher, Offiziere, Soldaten, alles wollte den Geschosswolken und den niedrig, langsam fliegenden, Eierbomben abwerfenden Fliegern entkommen. Aber jeder war durch die Masse gebannt, jeder durch den Nächsten furchtbar verkerkert. 2. 162 Franta, der sanfte Mensch, konnte von Fleisch nichts essen. Er kehrte zu dem Kadever zurück […] Eine junge, dicke Judenfrau kniete laut jammnernd, Unverst’ndliches singend und kreischend neben dem Tier. […] erregte Unheimliches in dem Mann. Er warf sich auf sie, h;rte noch, wie der Kopf der Frau auf die knarrend einsinkenden Flanken des Tieres fiel. Während der flammenden Lust würgte[5] es ihn. Wühlend umwogte seine Hand die gewaltigen Brüste der verstummten, atemtief versteinerten Frau … 3 165 Plötzlich ergriff ein ungeheurer Krampf die Muskeln. Zusammenreißen des Rumpfes in Erzstarre. ERschütternder Schrei des aufgerissenen Maules. Leises Schüttern der tief herabhängenden Zweige ringsum. In den dunklen Augen schmerzliche Wut. Im Schweigen erschlaffte alles. Franta, in Sorger, rief den Rumänen schnell zu Hilfe. Niemand kam. Er fürchtet, sein Tier könnte her verenden, verdurstet oder vergiftet. 166 4 167 Ein schwarzes offenes Kästchen [… Perlen] Franza sammelte sie und lief dem Rind nach, holte ihm aus der Höhlung zwischen dem gespaltenen Huf die letzte Perle hervor. Dann hielt er die Hände vor dem Mund und schrie dem Wagen nach … 168 Es krachte neben ihm, der Einjährige stampfte auf und war sofort bis an die Augen in Blut gehüllt, aber auch Franta merkte, wie Blut in seine Stifel rann. Zwischen den zusammengepressten Beiden jagte der Schmerz zum erstenmal gegen das hoch aufzuckende Herz, und Franta verging, während er, rechtshin den Kopf beugend, ein langes Brüllen ausstieß in das weiße Schweigen der staubigen Ebene. 5 168 Sein Geschlecht war durch einen Schrapnellzünder ganz zerfetzt. Tschik[6] 170 Franta, der, sanften Herzens, früher immer gesprächig gewesen war, vestummte ganz. Bloß beim Essen öffnete er den Mund. Franta sagte von seiner Verstümmelung kein Wort; Perlen und Geld hatte er verborgen … 172 Dennoch schlief Mascha ein, getröstet durch den Gedanken, dass ihr Franta bei ihr war, oder bloß dadurch, dass sie doch noch lebte. 6 173 Perspektive von Mascha? Und die Frau weinte lange, da sie nichts zum Abtrocknen hatte außer altem Zeitungspapier, das ihnen beiden nun schon zu allem mögliche diente, als Tischtuch, als kohle, als kisen für die Nacht. 174/175 Szene beim Gericht 175 „Jesus Maria, was fällt dir ein?“ sagte Mascha. Er sagte nichts, sah sie nur so an, dass sie merkte, es war für sie. 7 176 „Ich muss mich doch bei Gericht auslösen!“ „Ich habe was zum Esssenc gekauft.“ 177 Um acht uhr morgens war sie tot. Er kniete noch neben ihr, sah auf ihre schönen großen Brüste hinab und glänzte sie an mit seinen mörderischen Augen. 8 177 Jetzt fühlte Franta sich errettet. … Keine schma wegen der Verstümmelung. Das Goldgeld, die dicken Münzen, die herrlichen Perlen, endlich alles ihm allein! 178 Er wurde freigesprochen und empfing sogar eine kleine Entschädigung für das Arbeitsentgang vom Gericht. 9 179 Die Kriegsgefangenen Russen in der Gasanstalt verstanden es, durch Bestechungen freien Ausgang zu bekommen. 181 „so hast du deine Frau erschlagen“, sagte er, „so hast du sie langsam zu Tode hewürgt! Frante! Nicht zu retten mehr! Fürchterliche Tränen! Fürchterlicher Tod!“ 10 182 Grauenhafte Engst erfällte Franta, al ser neben sich, die groben gutmütigen Züge des Russen sah, und inter ihnen den Mörder, sein Ebenbild. … Er wollte vorher noch die Perlen und die fünf großen Goldmünzen dem Russen aus frier Hand ausliefern, um sich zu retten. Aber die letzte Regung seines Geiszes ließ seine Hand nicht los, die sich in der Tasche um die kostbarkeiten spannte. 183 [Traum von der jungen, dicken Judenfrau] Der Russe floh nach dem Morde über die Schweizer Grenze. Franta Zlin wurde […] als Unbekannter, von Unbekannten ermordet, begraben. ________________________________ [1] Ein Kriegsheimkehrer, der im Krieg Hoden verloren hat (durch eine erlittene Schussverletzung zeugungsunfähig). Aufgrund der Bekanntschaft Tollers mit dem prominenten Sexualwissenschaftler Magnus Hirschfeld kann eine radikalere Lesart in Frage kommen. Grete, Hinkemanns Frau, erwartet von Hinkemanns ehemaligem Freund Großhahn ein Kind. Mitleid mit Ihrem Mann spürt sie erst in dem Moment, als sie sieht, wie er in einer Schaubude vor den Augen des Publikums Ratten und Mäusen die Kehle durchbeißt. [2] kontrastiert die trostlose Lage des behinderten Harry Heegan mit der Vitalität derer, die nicht im Krieg waren und ein normales Leben und eine normale Zukunft vor sich haben. [3] Der Schriftsteller und und kriegsverwundete und gelähmte Clifford ist impoten. [4] Alfred Döblin: Die Ermordung einer Butterblume Robert Musil: Das verzauberte Haus; Tonka Stefan Zweig: Die Weltminute von Waterloo; Schachnovelle Ernst Weiß: Franta Zlin; Die Herznaht [Der Augenzeuge] Franz Kafka: Das Urteil; Die Verwandlung; Vor dem Gesetz; Ein Bericht für eine Akademie; Ein Landarzt; In der Strafkolonie; Ein Hungerkünstler [5] Übertragen etw. verursacht jmdm. Beklemmung: der Schmerz, Ekel würgt ihn, ihn packte würgende Angst Aber der Schreck würgte mich. [6] Rest einer gerauchten Zigarette