Astronomie -- Sonne und Mond verfinstern sich Die Himmelsspektakel sind von Deutschland aus allerdings nur zum Teil oder gar nicht zu sehen. Von Helmut Hornung Der Himmel über Madrid wird hoffentlich wolkenlos sein, wenn sich am Morgen des 3. Oktober die Sonne zu verfinstern beginnt. Zunächst unmerklich, schiebt sich von oben ein pechschwarzer Halbkreis über das gleißende Tagesgestirn. Gegen 10.30 Uhr Mitteleuropäischer Sommerzeit wird das Licht allmählich fahl. Dann schrumpft die Sonne zur schmalen Sichel. Um 10.58 Uhr steht ein Feuerring am Firmament: ein hauchdünner, hell leuchtender Reif um eine schwarze Scheibe. Vier Minuten lang dauert das Spektakel, dann weicht die lichtlose Schablone zurück wie von einem unsichtbaren Räderwerk angetrieben. Um 12.24 Uhr strahlt die Sonne so, als wäre nichts geschehen. Ob das Schattenspiel über Madrid wirklich zu beobachten ist, hängt vom Wetter ab. Über die Bühne geht es in jedem Fall -- auch hinter einem Wolkenvorhang. Denn die sekundengenaue Vorhersage einer Sonnenfinsternis gehört zu den leichtesten Übungen der Astronomen. Und so wissen die Experten auch, dass die ringförmige Finsternis am Montag in einem Streifen von 164 Kilometer Breite über die Erde zieht, dabei im Nordatlantik beginnt, über die iberische Halbinsel sowie über Nord- und Ostafrika wandert und im Indischen Ozean endet. Leider inszeniert die kosmische Choreografie am Nationalfeiertag in Deutschland keine große Lichtshow: Uns erscheint die Finsternis partiell, die Sonne wird nur zum Teil bedeckt. In Berlin sind es 39, in Hamburg 40 und in München 51 Prozent der Scheibenfläche, was die Tageshelligkeit kaum dimmt. Die maximale Verdunkelung tritt einige Minuten nach 11 Uhr ein; die gesamte Vorstellung läuft etwa von 10 bis 12.30 Uhr. Das Drehbuch für eine Sonnenfinsternis ist kompliziert. Drei Akteure müssen am rechten Ort zur rechten Zeit auftreten: Der Neumond muss -- von der Erde aus gesehen -- vor der Sonne vorbeiwandern. Das tut er zwar jeden Monat. Da jedoch die Laufstrecke des Trabanten um fünf Grad gegen die Ebene der Erdbahn um die Sonne geneigt ist, zieht er meist folgenlos oberhalb oder unterhalb des Zentralgestirns vorbei. Nur wenn er die Sonne zentral trifft, führt das zu einer totalen Finsternis, wie in Deutschland zuletzt am 11. August 1999. Zur ringförmigen Finsternis kommt es, wenn der Mond so weit von uns entfernt kurvt, dass die Spitze seines Kernschattens nicht bis zur Erdoberfläche reicht; außerhalb des schmalen Kernschattens erscheint eine solche Finsternis partiell. Während sich totale und ringförmige Finsternisse an einem bestimmten geografischen Ort nur sehr selten verfolgen lassen, treten partielle Finsternisse wegen des bis zu 7000 Kilometer breiten Halbschattens viel häufiger auf. Wieder mit Spezial-Brille zuschauen Wer dem himmlischen Spektakel am Montag zuschauen will, sollte dazu eine Spezial-Brille nutzen. Ferngläser und Teleskope müssen mit zugelassenen Filtern ausgerüstet sein. Aber auch mit den besten Instrumenten werden wir die Korona der Sonne nicht sehen: Die zart schimmernde äußere Gashülle des Sterns zeigt sich nur während einer totalen Finsternis, in Deutschland erst wieder am 3. September 2081. Das nächtliche Firmament trägt herbstliche Züge. Andromeda und Pegasus dominieren im Süden, Perseus und Fuhrmann mit der hellen Kapella klettern im Osten höher. In der Richtung tummeln sich über dem Horizont Fische und Walfisch, tief im Süden glänzt einsam Fomalhaut. Höher am Himmel schimmern Wassermann und Steinbock sowie das Sommerdreieck aus den Sternen Atair (Adler), Deneb (Schwan) und Wega (Leier). Die westliche Bühne schmücken Herkules, Krone, Bootes und der unscheinbare Schlangenträger. Der Große Wagen rollt tief im Norden. Merkur bleibt im Oktober unsichtbar, während Venus an Glanz gewinnt und am westlichen Firmament als Abendstern auftritt. Mars im Stier ist der Star unter den Planeten. In den Morgenstunden des 30. Oktober erreicht er mit 69,4 Millionen Kilometern seinen geringsten Erdabstand; Anfang nächsten Monats steht der Rote Planet dann in Opposition zur Sonne. Jupiter hat sich verabschiedet, der beringte Saturn geht um Mitternacht auf und glänzt in der zweiten Nachthälfte. Mit dem Fernglas spüren erfahrene Planetenjäger Uranus im Wassermann und Neptun im Steinbock problemlos auf. Der Fahrplan des Erdtrabanten: Neumond am 3., Erstes Viertel am 10., Vollmond am 17. und Letztes Viertel am 25. Oktober. Die partielle Mondfinsternis am 17. Oktober ist von Mitteleuropa aus unsichtbar. Am 30. Oktober endet die Sommerzeit, die Uhren werden um eine Stunde zurückgestellt. (SZ vom 1.10.2005) http://www.sueddeutsche.de/,trt2m1/panorama/artikel/720/61659/ Analyse (20.09.2005 11:27 Uhr) Große Koalition des Macht-Wechsels Ampel hin, Schwarz-Gelb-Grün her. Wirklich machbar und erprobt ist nur die große Koalition. Die kommt vermutlich nur mit frischen Gesichtern auf beiden Seiten. Ein Halbzeit-Wechsel könnte die Lösung für den Streit ums Kanzleramt sein. (Von Bernd Oswald) Deutschland erlebt in den ersten Tagen nach dem Patt einen beispiellosen Poker ums Kanzleramt. Nichts ist mehr gewiss, vieles, was lange Zeit als undenkbar galt, ist mit einem Mal mitten in der Diskussion. Eine Ampel, eine Koalition aus Union, FDP und Grünen, gar eine Minderheitsregierung. Rot-Grün-Gelb ist zweimal (in Bremen und Brandenburg) schnell gescheitert, Schwarz-Gelb-Grün gab es noch nie und die Bundesregierung ist kein Ort für Koalitionsexperimente. Im Prinzip wissen alle Beteiligten, dass diese Vorschläge realitätsfern sind und auf Dauer keinesfalls die stabile Mehrheit darstellen, die sich Bürger, Regierung und auch das Ausland wünschen. Sie dienen SPD und Union nur dazu, den jeweiligen Gegner unter Druck zu setzen. Am stabilsten und programmatisch am leichtesten zu vereinbaren wäre mit Sicherheit eine große Koalition. Die Elefantenhochzeit von SPD und Union ist auch in der Praxis erprobt. Zurzeit arbeiten in Bremen, Brandenburg, Sachsen und Schleswig-Holstein vier große Koalitionen relativ reibungslos. Weder Schröder noch Merkel? Die Crux ist nur, dass die beiden Volksparteien wider Erwarten ganz eng beieinander liegen und keiner bereit ist, auf das Kanzleramt zu verzichten. Gerhard Schröder hat ein gerüttelt Maß an Chuzpe bewiesen, als er mit seinem Anspruch, Kanzler bleiben zu wollen, die erste Lähmung nach der Wahl durchbrach. So hat er Kanzlerkandidatin Merkel, die aufgrund des dramatisch schlechten Ergebnisses für die Union ohnehin angeschlagen ist, noch weiter unter Druck gesetzt. Hier findet ein knallharter Poker statt. Im Endeffekt wird sich derjenige durchsetzen, der die besseren Nerven hat. Klar ist nur: Merkel wird nicht unter einem Kanzler Schröder dienen und umgekehrt. Das ist im einen wie im anderen Fall absolut verständlich: Keiner, der die erste Geige gespielt hat, will sich auf einmal mit der zweiten zufrieden geben, schon gar nicht, wenn der Dirigent von der Konkurrenz kommt. Schröders Ausfallschritt mag von der Motivation getragen sein, zumindest Angela Merkel zu verhindern, wenn er denn schon selbst nicht Kanzler bleiben kann. Das allein wäre schon mehr, als er vor der Wahl erwarten konnte. Vorbild EZB Je länger sich der Streit um die Regierungsbildung, speziell die in einer großen Koalition hinzieht, desto mehr werden Schröder und Merkel beschädigt. Dann steigt die Wahrscheinlichkeit, dass es zwei neue Kandidaten gibt. Die müssen gar nicht aus der Bundespolitik kommen. Eher böten sich hier amtierende oder ehemalige Ministerpräsidenten an. Zum Beispiel Roland Koch, Christian Wulff und Peter Müller für die CDU, Peer Steinbrück, Matthias Platzeck (der einer großen Koalition vorsteht) und Kurt Beck für die SPD, letzterer wohl erst nach der Rheinland-Pfalz-Wahl im März 2006. Schon bei der Großen Koalition von 1966 wurde ein Ministerpräsident zum Kanzler gekürt: Kurt-Georg Kiesinger ging von Baden-Württemberg nach Bonn. Da auch mit zwei unbeschädigten Gesichtern das Koch-und-Kellner-Dilemma bleibt, böte sich noch die Halbzeit-Lösung an, die schon die Europäische Zentralbank aus einer Machtkrise befreite: Zuerst blieb Wim Duisenberg im Amt, räumte seinen Stuhl aber wie verabredet vorzeitig für Jean-Claude Trichet. Auf die aktuelle Konstellation übertragen hieße das: Zwei Jahre ein SPD-Kanzler, zwei Jahre ein Unions-Kanzler. Dann müssten sich die beiden Elefanten nur noch einigen, wer zuerst die Kanzlerwürde erhält. Auch das wäre eine sensible Frage, denn der Kanzler der zweiten Halbzeit könnte mit dem Amtsbonus in die nächste Bundestagswahl gehen. (sueddeutsche.de) http://www.sueddeutsche.de/deutschland/special/917/58859/8/index.html/deutschland/artikel/953/60893/article.html