Glassová Heute war ein besonders schöner Tag. Schon der ruhige Morgen sollte als ein Signal dafür dienen. Gewöhnlich weckten mich jeden Morgen die Tauben auf, die einer der Gäste aus anderem Zimmer von diesem Stock fütterte. Heute schlief ich aber endlich genügend, weil das Gesims endlich leer war. Vielleicht hat es was damit zu tun, dass ich gestern mein Fenster zu zuschließen vergaß und an dem Tisch gleich neben dem offenem Fenster ließ ich einen Teller mit dem Rattengift liegen. Ich besorgte es mir für alle Fälle, denn schon seit den Jahren meiner Kindheit habe ich eine panische Angst vor diesen kleinen, hässlichen, meuchlerischen Tieren. Deshalb bin ich immer vorbereitet. Also als ich gegen Mittag aufstand, ging ich in die Stadt um etwas zum essen zu erjagen. Erjagen ist tatsächlich der beste Ausdruck, denn die Leute in der Stadt beginnen mich langsam kennen zu lernen und so bleiben manchen meine nicht besonders gute finanzielle Verhältnisse verschwiegen. Deshalb benehmen sich die Verkäufer immer wachsamer, obwohl die fette … - ich meinte natürlich die nette - Wilma L. regelmäßig meine Schulden bezahlt. Nach dem nicht besonders sättigendem Essen ging ich meine Patientin besuchen. Wie ich von der Dienerin erfuhr, Wilma war den ganzen Vormittag im Wintergarten beschäftigt. Ich fand sie dort, im hellblauen Kleid, wie sie sich energisch zwischen den Pflanzen in den Blumentöpfen bewegt – nicht bewegt, sondern flattert, wie ein feiner Schmetterling. Als sie mich bemerkte, setzte sie sich an eine der hölzernen Banken und bot mir eine Tasse Kaffee. „Sie werden mir nicht glauben, was für einen merkwürdigen Traum ich diese Nacht hatte… Es war dort ein Mann – Besitzer eines Hundesalons – der sein Geschäft und auch alles andere in den letzten Tagen verlor. Eines Tages fuhr er mit der S-Bahn, um irgendwelchen Bekannte zu besuchen und vielleicht ein wenig Geld zu leihen. In der S-Bahn begegnete er einem netten alten Mann, der seine Hündin namens Prinzessin dabei hatte. Dem jungen Mann gefiel die Hündin sehr und er spielte mit ihr. Da sagte zu ihm der alte Mann, dass er sie behalten solle, denn tief in seinen Augen kann er die wahre Güte und Freude sehen. Seit diesem Augenblick war der junge Mann wieder glücklich. Er öffnete einen neuen Hundesalon und verliebte sich sogar in eine wunderschöne Frau. Was meinen sie davon, lieber Herr. Ich hab den ganzen Tag nachgedacht aber der Tram blieb mir unklar.“ „Meiner Meinung nach, ist es aber sehr einfach. Der Traum ist die Verbildlichung ihrer Beziehung zu ihrem Vater – denn, nach meinen persönlichen Beobachtungen, sorgte die schlechte, oder zu enge Beziehung zwischen dem Vater und seiner Tochter in vielen Fällen für ein tiefes Trauma der Patientin. Wahrscheinlich war ihre Beziehung in der Vergangenheit voll von Unklarheiten und nach ihrer Heirat verließen sie ihn. Sie machen sich deshalb große Vorwürfe. Sie haben Angst, dass ihr Abschied sein Glück verdarb, und sie wollen ihm Ihre Treue beweisen – deshalb der Hund, den Hund ist ein Symbol der Treue – und auch der Name Prinzessin, Sie sind doch für ihren Vater die einzige Prinzessin. Der gute alte Mann, der sie beide versöhnte, könnte Gott sein, bei dem sie Hilfe und Rat zu finden versuchen.“ Da beugte sie ihren Kopf, und als sie ihn aufhob, hatte sie Tränen in den Augen. Sie sagte zu dem Traum nichts mehr, aber nach ihrer Reaktion sah ich deutlich, dass ich recht hatte – als ob mich meine Methode schon je enttäuschte.