Traumdeutung Die Patientin Wilma L. hatte in der Nacht von 23.8 auf den 24.8 folgenden Traum, den ich mit ihren eigenen Worten hier wiedergebe. Eine Analyse meinerseits wird folgen. Der Traum : „Ich fahre in einer offenen Kutsche, die von einem weißen Pferd gezogen wird. Ich sehe mich nur von hinten, aber ich weiß, das ich es bin, ich bin jünger, habe langes Haar, weißes Kleid und ein rosa Band um die Hüfte. Drumherum ist eine schöne Frühlingslandschaft zu sehen, weit in der Ferne sieht man hohe Felsen. Ich selbst halte die Zügel in der Hand und nach meiner Lust bewegt sich das Pferd schneller oder langsamer. Auf den sonnigen Hügeln sieht man ab und zu Menschen, aber sie sind zu fern als das man sie erkennen könnte. Neben der Straße, auf der ich reite, fließt ein kleiner Bach, wenn ich schneller reite, fließt auch der Bach schneller, wenn ich langsamer werde, wird der Bach auch langsamer. Man sieht ab und zu einen Hasen über die Straße laufen oder einen Fasan, der stolziert und sich nach beiden Seiten umsieht. Plötzlich sind die Felsen schon ganz nah, näher als ich gedacht hätte und an den Eingang in eine enge Schlucht zwischen den Felsen, wo kein Sonnenschein seine Wärme passieren lässt, steht ein Mann. Ich kann sein Gesicht nicht erkennen, es ist verschwommen, er nimmt mir die Zügel aus der Hand und zeigt mir mit einer unerbittlichen Geste dass ich mich in die Kutsche setzen soll. Das Pferd scheint von dem fehlenden Sonnenschein grau zu sein, auch der Rücken des Mannes ist grau. In der Schlucht kann man Wörter hören, die ich nicht verstehe, noch mit einem Echo verstärkt. Mein rosa Band ist weg, der Bach fließt wütender und der Grund ist mit spitzen Felsen durchbohrt. Das Pferd läuft auch schneller und schneller, seinen mühsamen Atem hört man doppelt so stark in der engen Schlucht. Plötzlich sehe ich dass die Felsen sich zusammengeschlossen haben und wir in einer Sackgasse sind. Aber wenn ich mich aus der Kutsche vorbeuge sehe ich dass in den Felsen eine schwarze Höhle ist, auf die wir mit einem rasenden Tempo zusteuern. Und plötzlich sind wir drin, überall nur schwarz, der Mann, mein Kleid, das Pferd, man sieht nichts, nur schwarz und plötzlich, ohne das ein Licht mich auf diese Überraschung vorbereitet hätte, sitze ich wieder im vollen Sonnenschein, die Zügel in der Hand, wie am Anfang des Traums, in der Kutsche. Das ist alles.“ Hier endet der Bericht von Wilma L. Nachdem ich sie anhörte und mir Notizen gemacht habe, habe ich ihr versprochen dass ich ihr morgen eine Analyse des Traums vorlegen werde. Der Traum, so hab ich ihr gesagt, hängt auch mit ihren Rückenbeschwerden zusammen. Die Nacht über habe ich den Traum in Einzelteile zerlegt und dann wieder zusammengefügt. Den nächsten Tag habe ich Frau L. meine Analyse vorgetragen. Ich werde sie jetzt genau so wiedergeben wie ich sie auch der Frau L. vorgetragen habe in den verwilderten Garten ihres Hauses. Die Analyse : Frau L., dieser Traum hängt sehr, wie ich gleich zeigen werde, mit ihren Rückenbeschwerden zusammen. Aber er gibt auch eine Antwort auf diese Beschwerden. Das Mädchen in den Traum sind Sie, das ist sicher. Sie reitet auf einem Pferd in einer schönen Frühlingslandschaft, schön gekleidet und sie hält die Zügel fest in der Hand, das ist wichtig, wie ich gleich zeigen werde. Dieses Bild ist ein wunderbares Beispiel für die schöne Vorstellung von Jugend, Gesundheit und Glück. Der Bach stellt die Zeit vor, die ihnen nach Laune schnell oder langsamer fließt, die Leute sind womöglich ihre Familie die sie unbekümmert in ihrer Jugend spielen lassen. Aber schon hier sind erste Vorzeichen eines Wandels zu sehen, der schreckliche Hase und sein steter Freund, der noch hinterlästigere Fasan. Wie Dante, der von den drei Teufeltieren auf seinem Lebensweg bedroht wurde, so schleichen sich der Hase und der Fasan auch um ihre zarte Jugend um sie zu vernichten. Der Hase als Symbol der Feigheit und der Fasan als Leben im Luxus, einfach gesagt der Fasan als Symbol des abscheulichen Komforts. Und da diese Tiere unbeschadet ihren Weg kreuzten, folgt schon die nächste Katastrophe. Die Felsen, müssen sie verstehen, sind eine Herausforderung für sie. Diese Herausforderung könnte sie groß und stark machen, da aber der Hase und der Fasan ihren Weg gezeichnet haben, muss ihnen ein Mann helfen. Aus der Hilfe wird dann Abhängigkeit, die Zeit fließt schneller und schneller und ehe sie sich versehen kommt das unerbittliche Ende, hier, die schwarze Höhle. Sie haben die Zügel aus den Händen gelassen, sie beugen sich den Willen eines anderen, darum die Rückenschmerzen. Frau L., sie müssen wieder reiten, sie müssen wieder die Zügel in ihre Hände bekommen, sie müssen auf die Jagd gehen, sie müssen so viel Hasen und Fasane niederschießen wie nur möglich. Wenn sie keine Waffe haben, können sie die Fasane auch mit der Kutsche überfahren und auf die Hasen die Hunde hetzen. Sie dürfen sich nicht von den Felsen einengen lassen, ihnen gehört eine breite Landschaft. Das war meine Analyse. Frau L. saß da ganz perplex in den Garten während ich mich verabschiedete. Vor dem Haus habe ich ihren Mann getroffen, er hatte gute Laune und kam mit einem schelmischen Lächeln auf mich zu. Ich habe ihn im schnell mit der Situation bekannt gemacht und habe ihn beschworen seiner Frau Beistand zu leisten. Er hat mich während meiner ganzen Rede noch immer mit diesem schelmischen Lächeln angeguckt und dann fing er an langsam zu sprechen : „Ist ja gut, ist ja gut, hören sie sich aber diesen Witz an, Eines Tages hat Safir Rotschild getroffen. Kaum haben sie ein Wörtchen miteinander gewechselt, da sagt Safir : „Hören Sie Rotschild, könnten sie mir 100 Dukaten leihen?“ „Na gut“, antwortete Rotschild, „aber nur unter der Bedingung, das sie einen Witz erzählen.“ „Wenn es sein muss“, antwortete Safir. „ Gut, dann kommen Sie morgen in mein Büro.“ Safir erschien auf die Minute genau. „Ach“, sagte Rotschild, „als er ihn bemerkte, Sie kommen um ihre 100 Dukaten“. „Nein“, antwortete Safir, „Sie kommen um ihre 100 Dukaten“.