Die Universität Als Robert am nächsten Morgen aufwachte und aus dem Fenster sah, sah er nur weiß, überall Nebel, man konnte nur schwer die Umrisse von Bäumen und Gebäuden erkennen. Es war noch halbdunkel in dem Zimmer, er war als erster aufgestanden, zog sich langsam und geräuschlos an, frühstückte in der morgendlichen Stille und beobachtete die noch leuchtenden elektrischen Laternen. Sein erstes Seminar fing später an, aber er konnte es nicht mehr aushalten in dem engen Zimmer, wo einer seiner Mitbewohner schnarchend alkoholische Dünste ausbreitete und noch den letzten Rest von frischer Luft verpestete. Er packte seine Sachen und verschwand. Draußen war es angenehm frisch, ein milder morgendlicher Hauch streifte Roberts Gesicht. Er ging den Úvoz entlang und dann kehrte er zum Obilní trh. Der Nebel wich vor ihm zurück und verschloss sich wieder hinter ihm, aus dem weißen Nichts traten vor seinen Augen schön verzierte Gebäude wie Kulissen, die sofort hinter ihm abgebaut wurden, Hunde kamen ohne Herrchen hergelaufen, alte Damen suchten die Bäckerei, Vögel zwitscherten unmutig und gedämpft, auch die Fahrzeuge sind irgendwie stiller gefahren, alles wartete auf die Sonne, auf ihre Strahlen, als ob sie ein Erlaubnis zum Leben bräuchten. Er stand eine kurze Weile in dem Park von Obilní trh und beobachtete die schwarzen Raben die langsam und majestätsvoll in den feuchten Rasen landeten. Ihr Gefieder war vom Nebel durchnässt und schwer, mit jeder Bewegung der Flügel spritzten sie kleine Tropfen drum herum, ihr Gefieder war glänzend schwarz wie Roberts Haar. Auch sein Haar war feucht, langsam und genießerisch strich er es sich zurück und mit dem feuchten Wasser kühlte er seine Stirn ab. Langsam erschien aus dem Nebel die Universität, er sah ihre vergitterten Fenster hinter denen schon studiert und unterrichtet wurde. Die Vorderseite war nicht sehr verlockend, ein brauner Quadrat, er kam durch die Halle vorbei und fand sich in einem größeren Atrium, wenn man es so nennen darf, das von verschiedenen Fakultätsgebäuden umgeben wurde und von einer schönen Bibliothek, die durchsichtig war, aus Glas, Stein und Holz und in der man schon Lichtinsel des Wissens sehen konnte, dunkle Regale mit Büchern und Umrisse von Gestalten. Gelächter kam von irgendwoher, jugendliches Gelächter, Mädchengelächter und aus dem Nebel tauchten plötzlich junge Menschen, manche wie Professoren angezogen, mit Anzug und Schlips, manche frei, wie es nur einem jungen Menschen an einem nebligen Herbstmorgen gestattet ist, sich frei anzuziehen, manche eine Kombination aus Esoterik und Ekologie Mode, andere rebellisch, aber alle bunt und verschieden. Ihre Art, sich zu kleiden, hat manchmal auch ihr Studienfach verraten, ihre Meinungen, ihre Wünsche und natürlich ihre Lieblingsband, manche waren lebendige Werbeplakate. Robert kam langsam den Hof entlang, viele Fenster erfassten mit ihrem blinden Auge seine Gestalt, sein Schritt war deutlich zu hören. Er hörte plötzlich ein Miau Geräusch und sah eine fette Katze auf sich zugehen, sie ging mit einer Grazie die nur Katzen verliehen ist, etwas vorsichtig aber auch gleichgültig, man konnte sich leicht täuschen lassen von ihrer häuslichen Zuneigung, die sich jetzt daran zeigte. dass sie ihren Körper an Roberts Fuß schmiegte, er sah in ihren Augen das kühle, wilde, Bestienartige. Er sah es als eine Einweihung, sein erster Tag an dieser Universität, die Katze als Pförtner, sagte er sich spöttisch im Geiste, die Katzen Immatrikulation. Die Katze tappte langsam ab, verschwand im Nebel, sie ging Richtung Büsche, wo Vögelgezwitscher zu hören war das jetzt abrupt verstummte. Es war stille, kein Ton mehr, man konnte förmlich den Schritt des Nebels hören, die weißen Wellen die langsam den Stein der alten Gebäuden zerbröckelten und Feuchtigkeit und Schimmel Jahr für Jahr hinterließen. Robert ging in das Gebäude, wo sein Seminar stattfinden sollte. Er hatte noch Zeit, er ging durch die dunklen und stillen Gänge und sah lauter Kartons mit alten Büchern, aus denen sich ältere Generationen ihr Wissen geholt haben. Kartons über Kartons, in manchen Gängen waren sie fast bis zur Decke aufeinander gestapelt, und zwischen ihnen weiße Statuen, antike Figuren mit blinden Augen und vorgestreckten Fingern, Ratio, Ratio, Ratio!!! Manchmal waren sie recht gespenstisch, wenn man sie hinter den Kartons nicht erkennen konnte, die Neonlampe ein bisschen flimmerte, dann sahen sie wie lebendige Menschen aus. Die Horror- Universität, dachte Robert mit einem Lächeln, zuerst eine schwarze Katze ( sie war überhaupt nicht schwarz) und dann antike Zombies. Eine so einer Statuen stand auch vor dem Computerraum, das sah dann komisch aus, zuerst Ratio, dann das Internet, konnte man hier schreiben. Langsam kam Robert zu dem Raum wo Pandilosz sein Seminar halten sollte. Gleich sehe ich ihn von Auge zu Auge, dachte Robert, seine Sprache aus den Büchern wird jetzt lebendig, seine Bücher enden nicht im Kartons und auch meine Bücher werden nicht im Karton landen. Langsam kam er zum Seminarraum, zwischen Computern und antiken Statuen, alten Kartons und aktuellen Neuigkeiten auf der Anzeigetafel.