JAKOB VAN HODDIS Morgens Ein starker Wind sprang empor. Öffnet des eisernen Himmels blutende Tore. Schlägt an die Türme. Hellklingend laut geschmeidig über die eherne Ebene der Stadt. Die Morgensonne rußig. Auf Dämmen donnern Züge. Durch Wolken pflügen goldne Engelpflüge. Starker Wind über der bleichen Stadt. Dampfer und Kähne erwachen am schmutzig fließenden Strom. Verdrossen klopfen die Glocken am verwitterten Dom. Viele Weiber siehst du und Mädchen zur Arbeit gehn. Im bleichen Licht. Wild von der Nacht. Ihre Röcke wehn. Glieder zur Liebe geschaffen. Hin zur Maschine und mürrischem Mühn. Sieh in das zärtliche Licht. In der Bäume zärtliches Grün. Horch! Die Spatzen schrein. Und draußen auf wilderen Feldern Singen Lerchen. 219 JOHANNES R. BECHER Lokomotiven Die brüllen jäh ins Land -: Lokomotiven! Steil ob der Viadukte Schwung die rasendsten Kokotten. Die fest im Raum gestampfter Böden schliefen: Ob Wiesen-Massen! Fluß-Turm! Nacht-Stern-Grotten! Lokomotiven! Sturmböcke! euere spitzigen Brüste (... Torpedos und rubinvoll ...) stoßend durch Gemäuer aller Äther grad! Glänzender Panzerhüftc schmiegt der Draht. Doch einstmals bäumt ihr auf vor seidener Küste: 222 Die Brücken platzen krätschen schwarz entzwei! Des Tunnels Röhre knickte. Schienen lallen. Gelöst Räder in Lüfte krallen ... Es schnurrt ...------ Bengalische Feuer blühen, ringsum sausend! Und stürzt und schlagt und poltert in den Grund! So wirr zerschleudert. Schiefer Mund Krümmt hoch zum Mond. Langsam rhythmisch noch die Gelenk-Gestänge auf und nieder hauen ... (... Ein Dichter, Falter, schwebt um dich, du blankeres Tier. Du Majestät! wie zogst du ein in Hallen. Der Schwestern Pfiffe gell in Lüften schallen. Tier-Kräuter-Wildnis schmiegt im Glieder-Werk.) GEORG TRAKL Vorstadt im Föhn Am Abend liegt die Stätte öd und braun, Die Luft von gräulichem Gestank durchzogen. Das Donnern eines Zugs vom Brückenbogen -Und Spatzen flattern über Busch und Zaun. Geduckte Hütten, f>fade wirr verstreut, In Gärten Durcheinander und Bewegung, Bisweilen schwillt Geheul aus dumpfer Regung, In einer Kinderschar fliegt rot ein Kleid. Am Kehricht pfeift verliebt ein Rattenchor. In Körben tragen Frauen Eingeweide, Ein ekelhafter Zug voll Schmutz und Räude, Kommen sie aus der Dämmerung hervor. Und ein Kanal speit plötzlich feistes Blut Vom Schlachthaus in den stillen Fluß hinunter. Die Föhne färben karge Stauden bunter Und langsam kriecht die Röte durch die Flut. Ein Flüstern, das in trübem Schlaf ertrinkt. Gebilde gaukeln auf aus Wassergräben, Vielleicht Erinnerung an ein früheres Leben, Die mit den warmen Winden steigt und sinkt. Aus Wolken tauchen schimmernde Alleen, Erfüllt von schönen Wägen, kühnen Reitern. Dann sieht man auch ein Schiff auf Klippen schert« Und manchmal rosenfarbene Moscheen. 220