25. Zeitschrift von Werner Faulst ich 25.1. Begriff und Typologie Die Zeitschrift hat es in der Forschung nach wie vor schwer, ihre mediale Eigenständigkeit durchzusetzen. Zumeist wird sie, aus Gründen der historischen Entwicklung und der wirtschaftlichen Verflechtung, unter dem Oberbegriff „Presse" fälschlicherweise der Zeitung zugeschlagen. Die vergleichsweise geringe Zahl der Untersuchungen, die der Zeitschrift bislang gewidmet sind, vermittelt ein wenig zutreffendes Bild von der Komplexität und Bedeutung dieses Einzelmediums insgesamt. Als Wort ist Zeitschrift erstmals 1751 belegt. Bei der Begriffsbestimmung wird heute entweder die Abgrenzung vom Medium Zeitung versucht oder eine medienspezifische Funktionsbestimmung. Ersteres ist begrenzt hilfreich, obwohl es mit „Wochenzeitungen", „Informationsdiensten" u. ä. einen Bereich gibt, in dem sich beide Medien überlappen. Die Zeitschrift als eine periodische Publikation, die als Druckwerk fortlaufend und in regelmäßiger Folge erscheint, unterscheidet sich von der Zeitung in mehrfacher Hinsicht: Zwar erscheint sie regelmäßig, aber zumeist in sehr viel größeren Abständen als die Zeitung (wöchentlich, monatlich, viertel-, halbjährlich und jährlich - wobei das .Jahrbuch" eine Nähe wiederum zum Medium Buch aufweist). Zwar ist sie ebenfalls von inhaltlicher Vielfalt bestimmt, aber nicht als einzelner Informationsträger, sondern nur als Medium insgesamt. Vor allem ist sie nicht an unmittelbarer Aktualität orientiert. Allerdings gilt letzteres nicht für frühere Perioden, etwa zu Zeiten des Vormärz, als Zeitschriften aufgrund ihres Umfangs von den damaligen Zensur; maßnahmen ausgenommen waren und deshalb auch klassische Aufgaben der Zeitung übernahmen. Das zweite Begriffsverständnis setzt bei einer Funktionsbestimmung der Zeitschrift als eines spezifischen Einzelmediums an. Demnach charakterisiert sich die Zeitschrift dadurch, daß sie nach eigenem Programm einem umgrenzten Aufgabenbereich oder einer 356 //. Einzelmedien 25. Zeitschrift 357 gesonderten Stoffdarbietung dient und dabei ihre Adressaten, ihr Publikum, ihre Öffentlichkeit jeweils selbst bestimmt. Allgemeine Funktionen wie Information, Bildung, Unterhaltung werden dabei spezifiziert zu fachlicher Information, spartenmäßiger Bildung, loto-gestützter, „illustrierter1* Unterhaltung (wobei die Nähe zum Medium Foto deutlich wird). Solche übergreifenden Definiiionsver-suche sind aber bislang kaum historisch fundiert; eine entsprechende 'ITieorie der Zeitschrift als Einzelmedium liegt noch nicht vor. Zeilschrift wird noch heute in der Regel pragmatisch als bloßer Sammelbegriff genutzt für eine kaum überschaubare Vielzahl und Vielfalt von Publikationsträgern, die bestenfalls in Gruppen rubriziert werden können. Dabei wird naturgemäß der historische Gesichtspunkt vernachlässigt -z. B. die gesellschaftliche Funktion der frühen Wochenschriften im 17. Jahrhundert, die Bedeutung populärwissenschaftlicher Fachzeitschriften im 18. Jahrhundert, die Entstehung von Kunden-, Haus- und Werkzeitschriften Ende des 19. Jahrhunderts oder die mit Hörfunk und Fernsehen entstehenden neuen Aufgaben von Programmzeilschriften im 20. Jahrhundert. Auch nur ein quantitativer Uberblick über alle Zeitschriften seit dem 18. Jahrhundert ist kaum möglich, weil viele Zeitschriften nur sehr kurzzeitig existierten oder in verschwindend geringen Aullagen auf dem Markt verbreitet waren und sind. Allein für die Bundes republik und beschränkt auf heute schätzt man, mangels genauer Statistiken, das Zeitschriftenangebot auf über zehnlausend Titel mit einer Auflage von über 200 Millionen Exemplaren (Hermann Meyn). Das sogenannte Zeitschrif lenwcscn als Spezialbereich der Publizist ikwissenschafl hat eine Vielzahl von Typologien hervorgebracht, meist nach inhaltlich-thematischen Gesichtspunkten wie auch Willi Stamms „Leitfaden für Presse und Werbung" (seit 1946, ab 1949 jährlich) oder die IVW-Auflagen-Liste (Informal Urgemeinschaft zur Feststellung der Verbreitung von Werbeträgern GmbH, seit 1950 vierteljährlich), mit bis zu dreißig Sachgruppen und mehr. Demgegenüber hat sich eine grobe Einteilung in vier Haupttypen von Zeitschriften durchgesetzt: 1. Publikumszeilschriften (auch Unterhaliungs- oder Freizeilzeilschriften), 2. Fachzeitschriften, 3. Standes-, Berufs- und Verbandszeitschriften sowie, als Sondergruppe, 4. (Werbende) Kunden-, Anzeigen-, 1 laus- und Werkzeit-schriflen (Günter Kieslich im Fischer-Lexikon „Publizistik"). Diese werden unterschiedlich aufgefächert, wie sich am Beispiel der l'ublikumszeitschriften, die zu mehr als drei Vierteln aus An zeigen finanziert werden, zeigen läßt. Man unterscheidet die Publi-kumszeitschrilten (Gesamtauflage Anfang der neunziger Jahre: knapp 90 Millionen Fxemplare pro Erscheinungszeilraum) in vier Untergruppen: erstens Illustrierte, Unterhaltungs , Familien-, Film-, Programm-, 1 Ieimatzeitschriften und Nachrichtenmagazine; zweitens Frauen-, Mode- und Gesellschaftszeilschriften; drittens kulturelle, politische, weltanschauliche, populärwissenschaftliche Zeitschriften und Jugendzeitschrillen; viertens Sport-, Bade- und Reise Zeitschriften. Besondere Bedeutung aus politischer Sicht kommt dabei den Nachrichtenmagazinen, den aktuellen Illustrierten, den Frauenblätlern, der Programm presse und der Regenbogenpresse zu. Nachrichtenmagazine wie „Time" oder „Der Spiegel" haben zum Teil erheblichen Einfluß gehabt auf die Gestaltung der nationalen Gesellschaften nach dem Zweiten Weltkrieg. Aktuelle Illustrierte, die meist über Kioske verkault werden, sind „Stern", „Neue Revue" und „Bunte Illustrierte". Hier werden neben Sex and Crime oft auch aktuelle politische Themen angeboten, gelegentlich als Skandal verpackt („Enthüllungsjournalismus"). Frauenzeitschriften wie „Freundin", „Für Sic", „Petra", „Madame" und „Brigitte" offerieren in Fesischreibung einer veralteten frauenspezifischen Rolle Themen wie Mode, Kosmetik, Kochen, Gesundheit und Lebenshilfe, während eine Zeitschrift wie „Emma" (seit 1977) emanzi-pative Ziele der Frauenbewegung verfolgt. Die Programmpresse, speziell das Flaggschiff „Hör Zu", hat im Medien-Produktverbund besondere Bedeutung für die Zurichtung auf die elektronischen Medien Hörfunk und Fernsehen und die Steuerung von Rezeption und Konsumtion in der Freizeit. Die Regenbogenpresse schließlich mit ihrer I leile Well Ideologie und der Holherichterslattung über das Leben von Königen. Grafen und anderen feudalen Stars bietet eine ganz besondere Art von tröslend-verdummender Unterhaltung. Aus wirtschaftlicher Sicht nimmt sich die Bedeutung der Zeitschriften freilich etwas anders aus. Beispiele: Als weltweil grüßte Zeitschrift gill der „Reader's Digest" (deutsch „Das Beste"). Auflagenmäßig dominiert in Deutschland mil großem Absland die „ADAC-Moiorweli" (7,8 Millionen Exemplare), die an die Mitglieder unentgeltlich abgegeben wird. Bei den deutschen Publikums-zeitschriften lühren Titel wie „Hör Zu", „Das Haus", „Fernsehwoche" und „Neue Post" vor „Stern", „Burda-Moden" oder „Bravo". Anzeigenblätter werden in geschätzten Auflagen von 40 Millionen Exemplaren verteilt; die Schälzungen der Umsatzzahlen hier 358 II. Einzelmedien reichen bis zu 2 Milliarden Mark. Zeitschriften der katholischen und der evangelischen Kirche kommen auf bis zu tausend Titel und mehr, mit angenommenen Auflagen von mindestens 13 Millionen Exemplaren. Die Industriegewerkschaft Metall verteilt ihre gleichnamige Zeitschrift alle vierzehn Tage in einer Auflage von 2,6 Millionen Exemplaren; alle Zeitschriften der DGB-Gewerkschaften zusammen erreichen immerhin rund 8 Millionen Exemplare. Werkzeitschriften - Nennungen bewegen sich hier zwischen 600 und 1200 Titeln für die alten Bundesländer - haben als Instrument für Öffentlichkeitsarbeit „nach innen" eine ähnliche Funktion. Bedeutung haben auch die unterschiedlichen Zahlen der Leser, die ein Zeitschriflenheft findet; sie reichen von zwei bis drei Lesern bis zu mehr als zwanzig Lesern (wobei die in Lesezirkeln kursierenden Exemplare berücksichtigt sind). 25.2. Zu Geschichte, Produktion und Rezeption In der Frühgeschichte des Mediums existierten Anzeigenblätter, Intelligenzblätter und Gelchrlenzeilschrifien weitgehend nebeneinander. Als erste Zeitschrift in deutscher Sprache erschienen 1688 die „Monatsgespräche" von Christian Thomasius. Bis 1720 wurden in Deutschland unter anderem 74 allgemeinwissenschaftliche Zeitschriften veröffentlicht, die für weite Volkskreise bestimmt waren, 20 historische Fachjournale, die von den akademisch gebildeten Kreisen gelesen wurden, 74 historisch-politische Journale, die sich größter Beliebtheit erfreuten, und unter den wissenschaftlichen Fachzeilschriften der Zeit ragten die theologischen mit 26 Titeln hervor. Ab 1730 verbreitete sich nach englischen Vorbildern die neue Gattung der moralischen Wochenschrift, und im Gefolge begann die Ära der Familienzeitschriften. Frauenzeitschriften, Erbauungsblätter. Im letzten Drittel des 18. Jahrhunderts wurden in Deutschland mehr als zweitausend neue Zeilschrilten gegründet, darunter auch Kinder- und und Modezeitschriften. Jena, Weimar, Altona, Erfurt und Tübingen wurden die wichtigsten Verlagsorte. Im zweiten Jahrzehnt des 19. Jahrhunderts wurden zahlreiche pädagogische und andere Fachzeitschriften gegründet. Spätestens ab Mitte des Jahrhunderts begann ein Umschwung von der autor-beslimmten zur leserbestimmten Zeitschrift. Bereits 1830 erschien in den USA die ,,Sun". die erste Zeitschrift für den Massenmarkt, 1842 die ..Illustrated London News". Ab 1850 setzte auch in 25. Zeitschrift 359 Deutschland der Massenabsalz von Unierhallungszeitschriften ein, mit der „Gartenlaube" (ab 1853) als Prototyp. Technische Erfin düngen wie die Fadenheftmaschine. neue Papierhersicllungsvir-fahren und vor allem die Fotografie prägten die Entwicklung hin zur „Illustrierten" für den Massenmarkt. 1885 erschienen in Deutschland mehr als dreitausend Zeitschriften mit rund 8,5 Millionen Exemplaren; 1905 wurden nicht weniger als fünftausend Fachzeitschriften gezählt. Als erste Werkzeitschrift erschien 1888-90 der „Schlierbacher Bote". 1930 gab es in Deutschland illustrierte Zeitschriften in wöchentlicher Gesamtauflage von 5 Millionen Exemplaren, die mindestens 20 Millionen Leser fanden. Die Gründungsdaten heute noch bekannter Publikumszeilschriften wie ..Hör Zu" (1946), „Spiegel" (1947), „Constanze" (1948, ging 1969 in „Brigitte" auf), „Stern" (1948), „Hören und Sehen" (1953) oder „Bunte Illustrierte" (1954) verweisen auf die Neuanfänge nach dem Zweiten Weltkrieg. Die Nachkriegszeit bis heu te ist von drei Merkmalen geprägt: einem Boom des Mediums, einer zunehmenden Konzentration und einer in Sprüngen erfolgen den Diversifikation. Zum Boom: Bereits 1964 gab es in der Bundesrepublik 242 Publikumszeitschriften mit einer Gesamtauflage von 43,3 Millionen Exemplaren. Zehn Jahre später wurden von 220 Publikumszeitschriften 67,3 Millionen Exemplare verkauft. 1984 wurden 349 Publikumszeitschriften mit einer Gesamtauflage von 945 Millionen Exemplaren gezählt. Und 1991, nach der deutsch deutschen Wiedervereinigung, gab es in Deutschland 589 Publikumszcitschrifien mit einer Gesamtauflage von knapp 120 Millionen Exemplaren. Zur Konzentration: 1966 wurde der Bauer-Konzern mit „Revue" und „Quick" zu Deutschlands Illustriertenkönig. 1968 beherrschten bereits die vier großen Verlage Bauer, Burda, Springer und Gruner + Jahr den Markt zu 56,7%. Bis 1975 hatten die vier ihren Marktanteil auf 69,2% gesteigert. 1989 erschienen allein bei Bauer monatlich rund 80 Millionen Zeitschriftenexemplare unier vierzig verschiedenen Titeln mit einem Gesamtumsatz von rund 2 Milliarden Mark. Zur Diversifikation: Die Fachzeitschriften entwickelten sich bei annähernd gleichbleibenden Gesamtaullagen von 444 Titeln (insgesamt 15,9 Millionen Exemplare Auflage) 1964 über 674 Titel im Jahr 1974 (19 Millionen Exemplare) und 766 Titel erneut zehn Jahte später (13,2 Millionen Exemplare) bis zu 917 Titel im Jahr 1991 (16,3 Millionen Exemplare). Um diese Vielfall zu vemnschau 360 // Einzelmedien liehen, seien exemplarisch lediglich die Publikumszeitschriften, und nur des Heinrich Bauer-Verlags, aufgelistet, der 1990 einen Marktanteil von (gewichtet) 32 % halle: „Quick", „Fernsehwoche", „TV Hören und Sehen", „Auf einen Blick", „Esquire", „Tina", „Bella", „Maxi", „Bravo", „Bravo Girl", „Neue Mode", „Kochen & Genießen", „Unsere Illustrierte", „Praline", „Neue Revue", „Neue Post", „Das neue Blatt", „das neue", „Auto Zeitung", „Motorrad Reisen", „Selbst ist der Mann", „Wohnidee", „Bauidee", „Playboy", „Wochenend", „TV Movie". Die große Mehrheit der I laushalte ist mit Zeilschriften ausgestattet (81,8 %, Tageszeitung: 88,6 %); das gilt überdurchschnittlich für berufstätige Paare und Familien mit Jugendlichen bzw. für Jüngere. Als Freizeitaktivitäl ist Zeitschriftenleklüre deutlich attraktiver geworden; 1978 wurde sie nur von 44 % genannt, 1987 bereits von 62 %. Zeitschriften werden täglich oder fast täglich von 29,6 % der Bevölkerung gelesen, von weiteren 45,8% ein- bis zweimal wöchentlich. Damit liegen sie im Gesamtvcrgleich hinter Fernsehen (95,9 %), Radio (91,7 %) und Tageszeitung (91,2 %) an vierter Stelle (76,9 %); bezogen auf die wochenspezifische Mediennutzung stehen sie, bei wöchentlichem Erscheinen der meisten Zeitschriften, aber an erster Stelle (47,3 %), noch vor Wochenzeitungen (45,8 %), Schallplatie/CD/MusiCassette (24,4 %) und den übrigen Medien, Die Nutzung der Zeitschrift insgesamt ist weitgehend geschlechtsunabhängig, obwohl bei den einzelnen Zeitschriftenarten gravierende Unterschiede bestehen. So werden Zeitschriften mit Schwerpunkt Mode. Kinder, Erziehung, Einrichtung stärker von Frauen (34,4 %) als von Männern (10,4 %) gelesen, desgleichen die Regenbogenpresse (32,6%/ll,9%). Auto- und Sportzeitschriften umgekehrt eher von Männern (40,2 %) als von Frauen (10,6%), desgleichen Fachzeitschriften (32,4%/13,5%) und Männerzeitschriften (6,8 %/2 %), während Programmzeitschriften (80,8%/80.1 %) und Aktuelle Illustrierte (51,7 %/54,4 %) von den Geschlechtern annähernd gleich häufig gelesen werden. Der Zeitaufwand der Nutzung pro Tag ist ebenfalls spezifisch: Zeitschriftenlektüre dauert im Durchschnitt 36 Minuten (Tageszeitlingslektüre 42 Minuten. Buchlektüre 84 Minuten, Femsehen 133 Minuten). Die Zeitschrift wird vor allem als Quelle für interessante Themen und Gesprächsstoff geschätzt. 25. Zeitschrift 361 Literatur Arbeitsgemeinschaft wissenschaftliche Literatur (Hrsg.): Die wissenschaftliche Zeitschrift. Funktion und Probleme. Stuttgart 1977. Bohrmann, Hans und Peter Schneider: Zeitschriftenforschung. Berlin 1975. Dovifat, Emil (Hrsg.): Handbuch der Publizistik, Bd. 1-3. Berlin 1968-1969. Groth, Otto: Die Zeitung, 4 Bde. Mannheim 1928-1930. [ laacke, Wilmont: Die Zeitschrift - Schrift der Zeit. Essen 1961. Haacke, Wilmont: Die politische Zeilschrift, 1665-1965, Bd. I, Stuttgart 1968. I lagemann, Walter: Die deutsche Zeitschrift der Gegenwart. Münster 1957. Holzer, Horst: Illustrierte und Gesellschaft. Freiburg 1967. Honsowitz, Herbert: Fernsehen und Programmzeitschriften. Eine Aussagenanalyse der Programmprcssc. Berlin 1975. Kirchner, Joachim: Das deutsche Zeilschriftcnwcsen: Seine Geschichte und seine Probleme. 2 Bde. Wiesbaden 1958 und 1962. Lehmann* Ernst H.: Einführung in die Zeitschriftenkunde. Leipzig 1936. Nutz, Waller: Die Regenbogenpresse. Eine Analyse der deutschen bunten Wochenblätter. Köln und Opladen 1971. Saxer, Ulrich, Wolfgang I.angenbucher und Angela Fritz: Kommunikationsverhalten und Medien. Lesen in der modernen Gesellschaft. Gütersloh 1989. Ubbens, Wilbert: Zeitschriftenstatistik. Zur globalstalistischen Beschreibung des deutschen Zeitschriftenmarktes. Berlin 1969. 26. Zeitung von Werner Faulstich 26.1. Begriff und Theorie Ursprünglich heißt „Zeitung" soviel wie „Nachriehl" oder Bericht über ein Ereignis. Sprachgeschichtlich liegt die Wurzel im angelsächsischen „getidan" (sich zutragen, sich ereignen), niederdeutsch „tiding", spälmitielhochdeutsch „zidung". Nach traditionellen Theoriekonzepten wird die Zeitung als spezifisches Medium durch vier Merkmale charakterisiert: allgemeine Zugängliehkeit (Publizität), Zeitnähe (Aktualität), regelmäßiges F.rscheinen (Periodizität) und inhaltliche Vielfalt (Universalität). Im Vergleich mit den neueren elektronischen Medien komml noch das Merkmal der freien Verfügbarkeil des Mediums nach Ort, Zeit, Leselempo usw. hinzu (Disponibilität). Ein anderer Ansatz definiert Zeitung nach ihrer „Doppelnatur": einerseits Informationsträger mit kultureller und politischer Funktion, andererseits Werbeträger mit wirtschaftlichen Zielen. Entsprechend müssen die Interessen von Lesern und von Inserenten voneinander unterschieden werden bzw. gliedern sich die Einnahmen in Erlöse aus dem Verkauf und Anzeigenerlöse. Die (nach derzeitiger Lage unaufhebbare) Kollision von öffentlichen und privaten Interessen wird als wesentliches Merkmal der Zeitung begriffen: Ohne die Anzeigeneinnahmen (im Durchschnitt zwei Drittel) kein niedriger Bezugspreis, kein Massenabsatz und keine Demokratisierung der Information; ohne Leser (ein Drittel der Einnahmen) keine Anzeigen. Die Vermischung von Werbung und redaktionellen Beiträgen bzw. ihre saubere Trennung gehört deshalb zu den Schlüsselproblemen der Zeitung. Als Sammelbezeichnung für Zeitungen und Zeitschriften jeder Art hat sich der Begriff Presse ausgebildet. Gelegentlich werden darunter auch die entsprechenden Verlage, Journalisten und sonstigen Institutionen wie z. B. die Presseagenturen gefaßt („Pressewesen"). Wichtige Unterscheidung bei der Zeitung, besonders der Tages- 26 Zeitung 363 zeitung, ist die Differenz von Ausgabe, publizistischer Einheit und Verlag. Bei Ausgaben handelt es sich um örtliche Bezirksausgaben, oft mit eigenem Titel, die den lokalen Teil selbst gestalten, den überregionalen Teil („Mantel") dagegen unverändert übernehmen. Unter publizistischer Einheit wird ein Mutterblatt mit „Vollredaktion" verstanden, das diesen Mantel liefert. Je nachdem, ob die Tochter ebenfalls der Mutter gehört oder ein rechtlich selbständiges, nur vertraglich gebundenes Unternehmen ist, spricht man dann von einem oder von mehreren Verlagen. So hatte beispielsweise die Stuttgarter Zeitung (eine publizistische Einheit, ein Verlag) 1991 täglich eine Ausgabe (Verkaufsauflage 156600), die Westdeutsche Allgemeine Zeitung (ebenfalls eine publizistische Einheit, ein Konzern) 47 verschiedene Ausgaben (Gesamtauflage 653 100) und die Südwestpresse (eine publizistische Einheit, aber 23 Verlage) 41 Ausgaben (Gesamtverkaufsauflage 425 200). Die jüngste Statistik für das Jahr 1991, die erste „gesamtdeutsche" nach dem Beitritt der DDR zur Bundesrepublik Deutschland, ergab 158 publizistische Einheiten (Vollredaküonen)mit 1673 Ausgaben von410Zeitungsverlagen mit einer Verkaufsauflage von insgesamt 27,2 Millionen Exemplaren. In der Welt erscheinen täglich über 8000 Zeitungen mit einer geschätzten Gesamtauflage von rund 400 Millionen Exemplaren. 26.2. Typologie Je nach Merkmal lassen sich verschiedene Arten und Typen von Zeitungen unterscheiden. Gemäß dem Aspekt der Periodizität beispielsweise trennt man die Tageszeitung von der Wochenzeitung. Letztere (z. B. „Die Zeit") wird gelegentlich auch dem Medium Zeitschrift zugeordnet. Eine besondere Art der Wochenzeitung bilden die Sonntagszeitungen. Naturgemäß ist an die Unterscheidung nach Periodizität auch eine unterschiedliche Aktualität geknüpft. Ebenso wie „Zeitung" in aller Regel „Tageszeitung" meint, wird unter „Aktualität" zumeist „Tagesaktualität" verstanden. Nach dem Kriterium der Publizität bzw. dem Verbreitungsgebiet unterscheidet man Lokal- und Regionalzeitungen von überregionalen oder nationalverbreiteten Blättern. Dazu kann man nach der Art der Distribution auch unterscheiden in Abonnementzeitungen und Straßenverkaufszeitungen, letztere gelegentlich noch nach Morgen- und Abendzeitung differenziert. Im allgemeinen Sprachge- 364 II Einzelmedien brauch haben sich weitere Kriterien eingebürgert: Nach dem Inhali unterscheidet man Typen wie die Wirtschaftszeitung, das Nachrich-tenblatt oder den Generalanzeiger. Nach dem geographischen Standort grenzt man Heimal- oder Provinzzeitung von anderen Zeitungen ab. Ferner spricht man von Parleizeitung, Arbeiterzeitung, Massenblatt, Kirchenblart usf. Eine Besonderheil stellen Anzeigenblätter dar, die kostenlos verteilt werden und nur bedingt als Zeitungen im engeren Sinn bezeichnet werden können. Das Merkmal der Universalität bezieht sich auf die thematische Vielfalt der Zeitung, die redaktionell in der Regel in verschiedene Ressorts oder Sparten aufgegliedert ist. Die fünf klassischen Ressorts sind Politik. Wirtschaft, Feuilleton, Lokales und Sport (nicht zu vergessen die Anzeigen mit der höchsten Priorität). Hinzu kommen oft noch Leserbriefe, besondere Themen wie Reise, Auto, Frau und Mode, Fernsehprogramm, Kinder oder, wie seit einiger Zeit bei der „Frankfurter Rundschau", Medien. Die Zeitung wird, neben den Anzeigen, von verschiedenen Darstellungsformen (Textsorten) geprägt: informierende Darstellungsformen (Nachricht, Reportage, Interview), meinungsäußernde Darstellungsformen (Kommentar, Glosse, Kritik/Rezension) und unterhaltende Darstellungsformen (Roman, Kurzgeschichte, „kleine Form" wie Anekdote, Comic-slrip, Witz, Gedicht etc.). Als die „großen" Zeitungen in Deutschland können derzeit unter anderen die folgenden gelten: Die Straßenzeitung „Bild" (seit 1952) nimmt aufgrund ihrer Auflage von 4,3 Millionen Exemplaren eine einmalige Sonderstellung ein. Im Jahr 1983 lasen fast 12 Millionen Bundesbürger, das heißt ein Viertel der Bevölkerung über 14 Jahren, diese Zeitung regelmäßig oder häufig. Die Tages- und Wochenzeitungen haben nur Auflagen von 100000 bis 500000 Exemplaren: Die „Frankfurter Allgemeine Zeitung" (seit 1949) gehört zu den nationalen „quality papers" und fühlt sich der Tradition und konservativen Werten verpflichtet. Im Renommee vergleichbar sind „Die Welt" (seil 1946) und die „Süddeutsche Zeitung" (seit 1945), erstere konservativ und letztere liberal, ähnlich wie die Wochenzeiiung „Die Zeil". Eher kritisch ausgerichtet ist die „Frankfurter Rundschau" (seit 1945), während „Rheinischer Merkur/Christ und Welt" (1946/1948, zusammengelegt 1980) und das „Deutsche Allgemeine Sonntagsblatt" (seit 1948) kirchlicher Provenienz sind. 26. Zeitung 365 26.3. Zur Geschichte Vorläufer der Zeitung waren gedruckte Blätter und Flugschriften sowie sogenannte „Messrelaüonen" (Publikationen mit Nachrichten aus ganz Europa anläßlich von Verkaufsmessen). Anfänglich dominierten generell internationale und überregionale Nachrichten, weil lokale Informationen durch die Zensur stark behindert waren. Nach einer groben historischen Einteilung der Geschichte der Zeitung pauschal als Medium, unter Unterschlagung nationaler Besonderheilen und Unterschiede, kann man sechs Enlwicklungsphasen unterscheiden, die sich teilweise überlappen: - Phase 1 reicht von der Frühgeschichte des Mediums Zeitung bis zur ersten „Zeitungsgeschichle" 1695 von Kaspar Stiehler. Die ersten Zeitungen im heutigen Sinn, die regelmäßig wöchentlich unter dem gleichen Titel erschienen, waren nach neuesten Forschungen im Oktober 1605 die „Relation: Aller Fürnemen vnd gedenckwürdigen Historien" (Straßburg) sowie 1609 der „Aviso" (Wolfenbüttel). 1660 wurde in Leipzig die erste Tageszeitung („Einkommende Zeitungen") gedruckt. Im Jahr 1680 erreichte die bekannte Zeitung frankfurter Journal''eine Auflagevon 1500 Exemplaren. Um 1700 gab es bereits 50 bis 60 deutschsprachige Zeitungen. Im gesamten 17. Jahrhundert soll es 170 deutschsprach ige Zeitungen gegeben haben. Inhaltlich waren das ungeordnete Zusammenstellungen aktuel-IerNachrichten über militärische Ereignisse, Unglücksfälle, Naturkatastrophen, Fürstenhäuser usf. Der Preis betrug 6 Pfennig (= 20 % des damaligen Tagesverdienstes von 24 bis 32 Pfennig). Rechnet man durchschnittliche Auflagen um 300 Exemplare und zehn Leser pro Exemplar hoch, so dürfte die Gruppe der Zeitungsleser zu dieser Zeil in Deutschland etwa 200000 Menschen umlaßt haben. - Phase 2 bildet die Zeit der politischen Auseinandersetzung um Meinungs- und Pressefreiheit im 18. Jahrhundert und der Ausdif-ferenziemng in verschiedene Zeitungstypen bis zur Verbreitung der zunehmend dominanten Anzeigenfinanziening ab 1800. Die Zeitung (gemeinsam mit dem Medium Zeitschrift) fungierte als wichtiges Instrument bei der Herausbildung des Bürgertums und der bürgerlichen Öffentlichkeit. Unter dem Einfluß der Ideen der Aufklärung und der neu entstehenden wirtschaftlichen Macht des ! lan-delskapitals entwickelte sich die private Presse zum Sprachrohr gegen den privilegierten Adel und die Kirche, auch gegen die Intelligenzblätter (intellegere = Einsicht nehmen) und Generalanzeiger der Fürsten mit bezahlten Anzeigen, amdichen Beiträgen und Ver- 366 //. Einzelmedien 26. Zeitung 367 lautbarungen sowie beaufsichtigten redaktionellen Beiträgen (in Deutschland seit Mitte der zwanziger Jahre). Meinungsbildende Zeitungen mit überregionaler Bedeutung waren damals unter anderen die „Vossische Zeitung", die „Augsburger Abendzeitung" und der „Schwäbische Merkur". - Phase 3, etwa die erste Hälfte des 19. Jahrhunderts, wird bestimmt durch die kontinuierlichen technischen Entwicklungen, die Ausbildung der Nachrichtenagentur als neuer Instanz sowie durch die Dominanz kommerzieller Werbeanzeigen. Schon 1633 war in Paris das erste Anzeigenblatt erschienen, 1665 waren die ersten Zeitungsanzeigen aufgekommen, und ab 1780 hatten sich Anzeigenteil und Textleil die Waage gehalten. Nun aber verbreitete sich die Zeitungswerbung immer stärker, insbesondere nach der Aufhebung des staatlichen Anzeigenmonopols in Preußen 1850. 1835 wurde die Agence Havas gegründet, die erste Nachrichtenagentur der Welt, gefolgt unter anderen von der Associated Press 1848. Noch 1840 konnten in Deutschland aber höchstens 4 % der Bevölkerung lesen. Insbesondere die technischen Erfindungen führten zur Ausbildung der Massenpresse (in den USA und in Frankreich bereits seit 1835). Wicht ige Daren aus der Entwicklung des Druckwesens: 1811 Tiegeldruckpresse, 1822 Typensetzmaschine, ab 1830 neue Papiermaschinen, 1845 Rotationsmaschine, 1851 Falzmaschine, 1862 Komplettgicßmaschine, 1871 Kastenbein-Setzmaschine, 1883 Zeilengießmaschine, 1891 Zwillingsrotationsmaschine. - Phase 4 bezeichnet die. gesellschaftliche Dominanz des Mediums Zeitung in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts bis in die zehner Jahre und den ersten Zeitungsleser-Boom. An die Stelle der Druk-ker waren hauptamtliche Journalisten mit häufig ausgeprägtem politischem Bewußtsein getreten. Die Partei- und Meinungspresse herrschte vor. 1866 kamen rund 300 Zeitungen in Deutschland täglich auf den Markt; die Zahl aller damals periodisch erscheinenden Zeitungen wird auf 1525 geschätzt. Die ersten Pressekonzerne bildeten sich auch in Deutschland heraus. Um 1900 gab es knapp 3500 Zeitungen, von denen fast die Hälfte sechsmal wöchentlich erschien. Im Jahre 1910 lasen immerhin bereits 36% der Bevölkerung Zeitung. Auch die Verbesserungen beim Verkehr und der Nachrichtenübermittlung trugen zur Dominanz der Zeitung bei. - Phase 5 umfaßt, unterbrochen von den beiden Weltkriegen, die Zeitspanne zunehmender Konzentration und Bedeutungs- und Nutzungsänderung mit dem Aufkommen der elektronischen Medien, vor allem des Hörfunks und dann des Fernsehens. Gegen Ende der Weimarer Republik wurden in Deutschland 4275 Zeitungen gezählt, davon erschienen 3262 sechsmal und öfters pro Woche. Es dominierten jedoch die „unpolitischen" Massenblätter vom Typ Generalanzeiger mit Skandal- und Human-interest-Geschichten. Zur Zeit des Nationalsozialismus wurde die Presse in Deutschland gleichgeschaltet. Ende 1944 beherrschten die Nationalsozialisten 352 Tageszeitungen mit einer Gesamtauflage von 21 Millionen Exemplaren. In Privatbesitz waren nur noch 625 Zeitungen mit einer Gesamtauflage von 4,4 Millionen Exemplaren. Nach Kriegsende 1945 gab es zunächst nur Mililärzeitungen sowie insgesamt 187 Lizenzzeitungen. Erst 1949 wurde die alliierte Pressekontrolle aufgehoben, und der Wiederaufbau der deutschen Presse begann. Ab Mitte der fünfziger Jahre setzte sodann der kontinuierliche, bis heute anhaltende Prozeß der Pressekonzentration ein. Einzelne herausragende Ereignisse der neueren bundesdeutschen Pressegeschichte waren unter anderen die Spiegel-Affäre (1962), die, Jint-eignet-Springer"-Kampagne (1968) und der Wallralf-Einsatz bei „Bild" (1977). Seit den achtziger Jahren wird die Situation geprägt durch das duale Rundlunksystem, das heißt das Engagement der Zeitungsverleger beim privaten lokalen Hörfunk und als Fernsehanbieter (supramediale oder Medienkonzentration). - Die derzeitige Phase 6 wird gekennzeichnet durch die daraus ableitbaren neuen Formen von Zeitung wie der „persönlichen" Zeitung, die man sich zukünftig am Bildschirm nach eigenen Präferenzen aus den Angeboten einiger weniger multimedialer Konzerne selbst wird zusammenstellen können. Vorläufer sind die sogenannten Neuen Medien (Videotext als „Faksimilezeitung", Bildschirmtext). 26.4. Zensur und Geschichte Die Geschichte der Zeitung läßt sich freilich auch als Zensurgeschichte begreifen. Sie reicht, als Geschichte des Kampfes um die Pressefreiheit, vom 16. Jahrhundert bis heute (Presse als „vierte Gewalt" neben Exekutive, Legislative und Judikative). Wesentliche Daten: 1740 erließ Friedrich IL für kurze Zeit die unumschränkte Pressefreiheil in Berlin. 1789 wurde mit den Menschenrechten auch die Pressefreiheit durch die französische Nationalversammlung proklamiert. 368 //. Einzelmedien 26. Zeitung 369 1791 wurde sie in die Verfassung der USA aufgenommen. 1819 wurde mit den Karlsbader Beschlüssen die Vorzensur begründet und mit der Märzrevolution 1848 wieder aufgehoben. 1874 wurde ein rcichseinhcitliches Pressegesetz erlassen. 1878 wurden durch das Sozialistengesetz 42 Tageszeitungen verboten (aufgehoben 1890). 1914 wurde eine Kriegszensur erlassen (ab 1917 teilweise aufgehoben), 1919 wurde die Pressefreiheit in den Grundrechtskatalog der Weimarer Verfassung aufgenommen. 1931/32 wurden in Preußen 284 Zeitungen zeitweise verboten. 1933 setzen die Nationalsozialisten das Grundrecht der Pressefreiheit außer Kraft, ersetzt durch das Schriftleitergesetz 1934, mit dem die Presse in den NS-Dienst gestellt wurde. 1949 wurde die Pressekontrolle der Alliierten aufgehoben. Die Pressefreiheil ist heule Bestandteil des Grund- und Menschenrechts der Meinungsfreiheit (Art. 5 im Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland). Das Gnindgesetz soll die Freiheit gegenüber staatlichen Eingriffen und gegenüber privater Macht verbürgen. Außerdem haben die Bundesländer Pressegesetze erlassen. Noch heute folgt das Bundesverfassungsgericht der Auffassung des politischen Liberalismus, daß die Presse in einer Demokratie öffentliche Aulgaben wahrzunehmen habe (Information der Bürger. Beitrag zur politischen Willensbildung, Kritik- und Kontrollfunktion, Ausdruck der öffentlichen Meinung). Das Bundesverfassungsgericht hat sogar eine Bestandsgarantie formuliert, nach der der Staat, etwa in Form einer Pressefusionskontrolle, eingreifen kann, wenn sich aus Presse- und Meinungsmonopolen Gefahren für das freie Pressewesen ergeben können. Pressefreiheit als Grundrechtschutz umfaßt auf der einen Seite, zum Schutz der demokratischen Öffentlichkeit, auch das Auskunftsrecht und Zeugnisverweigerungsrecht der Presse, auf der anderen Seile das Recht auf Gegendarstellung und den Leserbrief zum Schutz des Individuums. Zunehmend unterliegt allerdings die Pressefreiheil (publizistisches Verfügungsrecht) den wirtschaftlichen Interessen auf dem Informations- und Medienmarkt (wirtschaftliches Verfügungsrecht). Man spricht deshalb neben der „äußeren" auch von der „inneren Pressefreiheit", der Freiheit der Joiirnalisien gegenüber Zensurmaßnahmen und Vorgaben der Verleger, die gewährleistet sein müsse. Institutionen wie der Deutsche Presserat und Interessenverbändc wie der Deutsche Journalistenverband und der Bundesverband Deutscher Zei- tungsverleger übernahmen - mit umstrittenem Erfolg - entsprechende Aufgaben der freiwilligen Selbstkontrolle. Redaktionsstatute pro Zeitung sollen die Kompelenzabgrenzung zwischen Verlag und Redaktion und innerhalb der Redaktion erleichtern. 26.5. Pressekonzentration Bereits 1951 war die Pressekonzentraüon hoch. In Bayern beispielsweise druckten 20 Lizenzzeitungen 1,6 Millionen Exemplare, 119 „Heimatzeitungen" dagegen insgesamt nur 550000 Exemplare. Zahlenvergleiche in größerem Abstand verdeutlichen, daß die kontinuierlichen Konzentrationstendenzen das gesamte Zeitungswesen unifassen: 1959 gab es in der Bundesrepublik Deutschland 200 publizistische Einheiten in 581 Verlagen. Zehn Jahre später waren sie aul 149 publizistische Einheilen (517 Verlage) zusammengeschmolzen, 1979 existierten noch 122 publizistische Einheiten (400 Verlage) und 1989 nur noch 119 publizistische Einheiten (358 Verlage). Der Spitzenkonzern im Zeitungsbereich (Springer) hielt 1968 bei Zeitungen bundesweit einen Marktanteil von 39,2 %, in vielen lokalen und regionalen Teilen sogar bis zu 100 %. 1978 hatten die zehn größten Zeitungsverlage bei den Tageszeitungen einen Markl-anteil von 57,1 % (darunter Springer mit 29,4 %); 1991 hatten die fünf Großen Marktanteile von 41,6% (Tageszeitung) bzw. 28% (Abonnementzcilung) bzw. 93.2% (Kaufzeitung). 1991 führte Springer insgesamt bei den Tageszeitungen und den Kaufzeitungen mit großem Abstand je aul Platz I, bei den Abonnementzeilungen lag der Konzern auf Platz 3. Auch die Lokal- und Regionalmonopole beim Medium Zeitung nehmen weiter zu. Ein wesentlicher Schritt in der Gesamtentwicklung war die beginnende medienübergreifende Konzentration und damit eine Machtballung ganz neuer Art in den achtziger Jahren. Am 21.3. 1975 forderten die Zcitungsverleger auf einer Delegiertenversamm-lung erstmals Zugang zur Breitbandkommunikation. Die großen Pressekonzerne stiegen nach und nach bei den Neuen Medien und bei Hörfunk und Fernsehen ein. Bereits 1986 waren 176 Zeitungsverlage in den Neuen Medien (einschließlich Kabel- und Satellitenfernsehen und Privatxadio) engagiert. Am Beispiel Springer: Zum Konzern gehören nicht nur die „Bild-Zeitung", die „Welt", das „Hamburger Abendblatt", die „Berliner Morgenpost", die „B.Z.", die „Bergedorfer Zeitung" und zahlreiche andere Blätter, sondern 370 II. Einzelmedien 26. Zeitung 371 auch Beteiligungen an „Radio Hamburg", „Radio NRW", „Radio Regenbogen", „Radio ffn", „Antenne Bayern" und anderen Hörfunksendern, an SATl, dem Deutschen Börsenfernsehen, RTL Hessen und anderen film- und fernsehbezogenen Unternehmen bis hin zu den Neuen Medien. Die frühere Konkurrenz von Zeitung/Zeitschrift und Radio/Fernsehen, der auch politische Kontrollfunktion zugesprochen wurde, ist als Medienkonkurrenz aufgehoben. Und die Vernetzung unterschiedlicher Mediensysteme hat auch die nationalen Grenzen längst überschritten. Diese Ausweitung des anfangs regionalen, dann nationalen „Pressesystems" zum inlerna-lionalen und nun globalen „Mediensystem'- markiert, bei aller Beibehaltung einer regionalen Presse, ein zentrales Problem der Medienpolitik. Die deutsch-deutsche Vereinigung 1989 brachte nach dem Untergang der „Kommando-Kommunikation" der DDR keine neuen Strukturen, sondern beförderte im Gegenteil den Konzentrations -schub gerade im Pressebereich. Die in den östlichen Bundesländern neu entstehenden Zeitungs-Auflagenriesen mit Quasi-Monopolen gingen ganz oder mehrheitlich in den Besitz der westdeutschen Multimedia-Konzerne über: z. B, die „Mitteldeutsche Zeitung" an DuMont, die „Sächsische Zeitung" und die „Berliner Zeitung" an Gruner + Jahr bzw. Bertelsmann, die „Volksstimme" an Bauer, die „Leipziger Volkszeilung" und die „Ostsee-Zeitung" an Springer, usf. Die vom Burda-Verlag gegründete BILD-Konkurrenz „SuperZeitung" konnte sich am Markt nicht behaupten. 26.6. Zur Produktion Die Zeitungsredaktion, die eine Zeitung „macht", bedient sich dabei im Prinzip dreier verschiedener Quellen: erstens der Nachrichtenagenturen, zweitens der Public Relations-Verlaulbarungen und Pressemitteilungen anderer und drittens eigener Recherchen. Der Nutzungsanteil und -grad ist von Zeitung zu Zeitung unterschiedlich und unterscheidet sich auch von Redaktion zu Redaktion innerhalb einer Zeitung. Insgesamt muß heute aber gelten, daß Zeilungsredakteure kaum noch selbst recherchieren oder eigenständige Beiträge verfassen. In der Regel werden statt dessen lediglich die auf dem Informationsmarkt von außen angebotenen Texte und Materialien ausgewählt (Selektion), den Erwartungen der eigenen Zielgruppe angepaßt (Transformation) und zusammengefaßt oder ge- kürzt (Komprimierung). Der Redakteur hal sich zum „Textverarbeiter" am Bildschirm gewandelt, und technisch sind bei der Herstellung der Zeitung die früheren drei Produklionsstufen Satz, Reproduktion (Maiern) und Druck dadurch zusammengeschrumpft. Nachrichtenagenturen sammeln Nachrichten aller Art und bieten sie den Redaktionen gegen Gebühren an. Viele solcher Agenturtexte werden unverändert einfach abgedruckt, vor allem bei kleineren Zeitungen. Die wichtigste Nachrichtenagentur ist die Deutsche Presse-Agentur (dpa). Dort gehen über freie Mitarbeiter, Bezirksredaktionen, Außenbüros usf. täglich rund 200 000 Wörter ein, von denen rund 65 000 über Landesbüros, Regionaldiensie und direkt weitergegeben werden. Weitere Nachrichienagenturen sind der Deutsche Depeschen-Dienst (ddp/adn), die amerikanische Associated Press (AI'), die britische Reuters (rtr), die französische Agence France Presse (afp) sowie thematisch-ideologisch spezialisierte Agenturen wie der Evangelische Pressedienst (epd), die Katholische Nachrichtenagentur (KNA) oder die Vereinigten Winschaftsdienste (VWD). Zusätzlich gibt es mehr als 900 Presse- und Informationsdienste, die täglich, wöchentlich oder monatlich erscheinen, herausgegeben von Verbänden, Vereinen, Einrichtungen u.a.; sie sind zum Teil kostenlos zu beziehen und markieren den Ubergang zur zweiten Hauptquelle bei der Informationsbeschaffung. Institutionen wie die Bundesregierung oder die Landesregierungen, Non-profit-Organisationen wie Behörden, Verbände, Städte und Kommunen, Kulturbetriebe, Kirchen oder karitative, politische, sportliche Vereinigungen, nicht zuletzt auch die zahlreichen kommerziellen Unternehmen (Industrie, Handel, Banken, Versicherungen usf.) veröffentlichen ununterbrochen Presse-Mitteilungen und Public-Relations-Verlautbarungen. Diese Informationsflut ist lange Zeit übersehen oder in ihrer Bedeutung falsch eingeschätzt worden. Heute weiß man, daß solche Öffentlichkeitsarbeit, die in jedem Fall interessenspezifisch, parteilich ist und oft auch Propaganda- und Werbezwecken dient, zumeist mehr als die Hälfte aller Zeitungsartikel ausmacht oder prägt. Das gilt insbesondere bei lokalen Zeitungen, aber auch für manche renommierten, nationalen Blätter. Der allgemeine PR-Boom in westlichen Gesellschaften 'ist logische Folge der Umwälzungen von einer Industrie- zur Kom-munikationsgesellschaft, in der die Information zur gewinnträchtigsten Ware geworden ist. Das Bild oder Image in der Öffentlichkeit, die meist als „Medienöffentlichkeit" gelten muß, ist dabei oft wichtiger als die tatsächliche Leistung. 372 77. Einzelmedien 26. Zeitung III Selbständige Recherchen sind leuer, etwa weil sie eigene Korrespondenten erfordern, und stellen in der Regel nur noch eine tertiäre Nachrichtenquelle dar. Derzeit gibt es rund 32000 hauptberufliche Journalisten in Deutschland, davon rund 10000 angestellt bei Tageszeitungen. Dazugerechnet werden müssen die zahlreichen „freien" Mitarbeiter. Auch die Größe der Redaktion spielt eine entscheidende Rolle. Zehn oder weniger Redakleure bei einem Heimatblatt bieten sehr viel weniger Spielraum für eigenständiges Recherchieren als beispielsweise die 150 Redakteure (und weiteren 500 „Freien" im In- und Ausland) der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung" oder die mehr als 200 Journalisten des „Spiegel" (plus weitere 100 Mitarbeiter in der Dokumentation). Die Hierarchien innerhalb der Redaktionen sind klar ausgeprägt und reichen, pauschal skizziert, vom Verleger über den Chefredakteur und seinen Stellvertreter bis zum Chef vom Dienst, dem Ressortchef, dem Redakteur, dem Anzeigenakquisiteur, dem „festen" freien Mitarbeiter und dem „freien" Mitarbeiter. Hinzu kommen noch Technische Assistenten, Sekretärinnen und anderes Hilfspersonal. Charakteristisch ist der enorme Zeildnick bei der Produktion, die in der Regel mit täglichen Redaktionskonferenzen beginnt. Die tatsächliche Alltagsarbeit der Zeitungsredakteure steht in deutlichem Widerspruch zu ihrem Selbstverständnis und ihrem Berufsethos. Das betrifft zum einen berufliche Standards wie die berühmte Trennung von Nachricht und Meinung oder die Abgrenzung des redaktionellen Teils von der Werbung, zum andern auch Zielvorstellungen wie „Wächter der Demokratie", „Sprachrohr der Bevölkerung", „Kritiker an Mißständen", „objektiver, neutraler Berichterstatter", „Anwalt Benachteiligter". „Unterhalter per Sensationen und menschlichen Begebenheiten" u. ä. Man hat lange die „Gatekeeper"-Funktion eines jeden einzelnen Redakteurs hoch bewertet - weil hier die Fntscheidung darüber falle, welche Informationen „durchgelassen" und welche aufgehalten werden. Sie gilt jedoch nur prinzipiell für die Berufsgruppe der Journalisten insgesamt, speziell die Journalisten der Nachrichtenagenturen; und über-geordnele Interessen („Sachzwänge") dürften ihre Entscheidungsrelevanz mindestens ebenso stark durchdrücken, wenn vielleicht auch nur indirekt als „Schere im Kopf" des einzelnen Journalisten. Ahnliches gilt wohl auch für die ,Agenda-setting"-Funktion, wonach die Selektion des Redakteurs entscheide, welche Themen gesellschaftlich überhaupt zur Sprache kommen. 26.7. Zur Distribution Bei deosten der Tagespresse (Abonnemenizeitung) dominiert (Durchschnittswerte gemäß 1990) die Herstellung (42 %) mit der Verwaltung (8%) vor Redaktion (19%) und Verlrieb (19%). Bei der Distribution unterscheidet man zwischen Vertriebsformen (Einzelverkauf, Abonnement) und Vertriebswegen. Letztere umfassen den Direktverkauf und den Verkauf über Verteilerorganisationen (Großhandel, werbender Buch- und Zeitschriftenhandel). Abonnementzeitungen werden üblicherweise durch den verlagseigenen Zustelldienst („Träger") beziehungsweise postalisch („Postzeitungsdienst") vertrieben. Der Einzelverkauf, der in Ländern wie England, Frankreich, USA im Gegensatz zur Bundesrepublik Deutschland bei weitem überwiegt, erfolgt durch Distributionsinstanzen wie Ladengeschäfte. Kioske, Verkaufssicllen in Betrieben und ambulante I ländlcr. Zu den Ladengeschäften gehören vor allem Lebensmittel- und Gemischtwarengeschäftc, Schreib- und Papierwarengeschäfte sowie Trinkhallen. Der neue elektronische Vertriebsweg der Zeitung (Videotext etc.) hebt den zeitaufwendigen Faktor Vertrieb, ein zentraler Nachteil des aktuellen Nachrichlenmediums Zeitung in Konkurrenz mit anderen Medien, als Behinderung auf. 26.8. Rezeption und Nutzung Die Zeitung ist ein Lesemedium, und so wie im 17. Jahrhundert nur vergleichsweise wenig Menschen dieses Medium haben nutzen können, setzt es auch heute unabdingbar, selbst noch auf dem Bildschirm, die Fertigkeit des Lesens und die Bevorzugung des Lesens vor dem Zuschauen, Zuhören und anderen Rezeptionsformen voraus. Die Geschichte des Zeitungslesens bzw. der Leser und Leserinnen von Zeitungen reicht vom anfänglichen lauten Vorlesen über Lesegesellschaften, Lesekabinelte und Lesezirkel im 18. Jahrhundert bis zum extensiven und höchst selektiven Lesen oder Durchblättern der Zeitung heutzutage. Ein Zeitungsexemplar wird im Durchschnitt heute von zwei bis drei Personen zur Hand genommen, von Männern häufiger als von Frauen. Die Nutzung des Mediums Zeitung hai sich in Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg deutlich verändert. 1964 verfügten 70 % der erwachsenen Bevölkerung über ein Zeilungsabonnement oder eine 374 //. Einzelmedien 26. Zeitung 375 regelmäßig gekaufte Zeitung. 1970 wurde das Medium von 88 % genutzt, von 70% regelmäßig (35 Minuten täglich). 1980 waren es 89 % der erwachsenen Bevölkerung, 78 % regelmäßig (38 Minuten täglich). 1982 verfügten 72 % über ein Zeitiingsabonnement oder eine regelmäßig gekaufte Zeitung 1990 nutzen 96% der erwachsenen Bevölkerung das Medium, 76% regelmäßig (30 Minuten täglich). Einerseits also wird die Zeitung von immer mehr Menschen genutzt, andererseits aber hat sich die Art des Lesens verändert und ging die Lesezeit zurück. Im Jahr 1992 war der Zeitwert für Zeitungslesen, in Konkurrenz mit den anderen tagesaktuellen Medien, der niedrigste seit 1964. Man kann dementsprechend drei Rezep-tionsphasen unterscheiden: erstens von 1964 bis 1974 die Nutzung aktueller Medien, insbesondere der Zeitung, mit einem Anstieg des Fernsehens; zweitens von 1974 bis 1985 eine relative Stabilität und Gleichstellung der Zeitung mit Radio und Fernsehen; und drittens von 1985 bis 1990 ein Strukturwandel bei der Nutzung aktueller Medien zu Lasten der Zeitung. Kaufzeitungsleser sind stärker unterhaltungsorientiert, Leser der überregionalen Presse stärker informationsorientiert. Leser der Lokal- und Regionalprcsse nutzen vor allem den Lokaltcil und auch Anzeigen und Veranstaltungshinweise. Der Lokalteil der Tageszeitung hat in den achtziger Jahren jedoch deutlich an Reichweite und an Bindung verloren, insbesondere bei der Kernleserschaft der Zeitung (wohl infolge der neuen regionalen Hürliinkprogramme). Zeitung wird, in Konkurrenz mit anderen Medien im Tagesablauf, relativ kontinuierlich über den ganzen Tag hinweg gelesen, mit zwei Schwerpunkten: zwischen 7 und 9 Uhr vormittags sowie, weniger deutlich ausgeprägt, zwischen 12 und 15 Uhr. Die Nutzung der Zeitung zunehmend als Ganztagesmedium bestätigt sich auch durch den Refund, daß Zeilungsleklüre nur noch zur Hälfte in der Freizeit absolviert wird. Die Vielnutzung der Zeitung nimmt weiter ab, im Gegensatz zur Vielnutzung anderer Medien. Lediglich bei den formal höher Gebildelen ist die Nutzung der Zeitung stabil bis steigend. Bedenkenswert erscheint, daß Jüngere Vergleichs weise immer weniger regelmäßig Zeitung lesen (1987 waren das bei den 14- bis 17jährigen nach eigener Einschätzung nur noch 59.5 %. und überwiegend Roulevardzeilungen und Anzeigenblätter). In aller Regel Lest man die Zeitung, die dem eigenen ideologischen, politischen, weltanschaulichen Standort entspricht; damit vermeidet man Irritationen („kognitive Dissonanz") und entsprechende Unlustgefühle. Schon die Wahl der Zeitung ist demnach eine Selektion und damit eine Beschränkung, die durch selektive Lektüre, gemäß dem Kriterium der subjektiven Relevanz, noch verstärkt wird. Der Zeitungsleser konstruiert sich demnach „seine" Nachricht aus dem Angebot „seiner" Zeitung, deren Redakteure ihrerseits die Zeitung aus dem Angehot der Nachrichtenagenturen konstruiert haben, die ihrerseits ihr Nachrichtenangebot aus der Vielzahl der eingegangenen Nachrichten und Berichte konstruiert haben. In der Verständigung über diesen mehrfach gestaffelten Prozeß bilden sich die Zcitungsleser ihr Bild der aktuellen Nach richten Welt. Die Zeilungsverlage lühren in unregelmäßigen Abständen Copy-tests (Testen der einzelnen Seite einer Ausgabe bei Lesern) und Meinungsumfragen durch, um neben Leserbriefen und Leseranru fen in den Redaktionen weitere Informationen über ihre Leser und deren Erwartungen zu erhalten. Nur sehr wenige Leser schreiben an ihre Zeitung (maximal 1-2%); sie bilden keinen repräsentati ven Querschnitt der jeweiligen Leserschaft, schon gar nicht gemessen an dem, was als Leserbrief tatsächlich veröffentlicht wird. Uber ihre speziellen Leser und deren konkrete Urteile und Wünsche haben die meisten Zeitungsredaktionen jedoch nur sehr vage und unfundierie Vorstellungen. Literatur Dovifat, Ilrail und Jürgen Wilke: Zcilungslclire. 2 Bde. Berlin M976. Fächer, Heinz-Dietrich (Hrsg.)-. Deutsche Zeitungen de* 17. bis 20. Jahr- • >•■■..I. ii- Pullach und München 1972. Groth, Otto: Die Zeitung. 4 Bde. Mannheim 1928-30. Koszyk, Kurt: Deutsche Presse 1914-1945. Berlin 1972. Maaßeii, Ludwig: Die Zeitung. 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