Erzählprosa des Expressionismus Als im Sommer 1978 im Centre Pompidou die Ausstellung „Paris-Berlin“ eröffnet wurde, in der die Malerei und auch die Literatur des Expressionismus ein erhebliches Gewicht hatten, bekundete Michel Foucault ein „gewaltiges Erstaunen“. In einem Interview erklärte er: „Als ich mir ‚Paris-Berlin‘ ansah und die deutschen Autoren der Jahre 1910 bis 1930 las, wurde mir bewußt, daß das 20. Jahrhundert mit seinen Ideen, Problemen, spezifischen kulturellen Formen tatsächlich existiert. In meinen Augen ist diese Ausstellung der Beweis des 20. Jahrhunderts“ (Der Spiegel, 30. 10. 1978). Das Werk Kafkas weist einige gemeinsame Züge mit dem Expressionismus auf: seine Werke erscheinen im expressionistischen Kurt Wolff-Verlag[1], es gibt Berührungspunkte mit der expressionischen Generation in der Darstellung des Vater-Sohn-Konfllikts[2], der großstädtischen Entfremdung und in der Problematisierung der literarischen Kommunikation. Stand jedoch der Begriff Expressionismus in der Neuen Sachlichkeit synonym für exaltierten Subjektivismus, kann man Kafka kaum dazu zählen. Seine visionäre Prosa ist in vielem dem Expressionismus verwandt, von der lautstarken Utopie des neuen Menschen setzt sie sich aber explizit und skeptisch ab. (z. B. Kafkas Kritik am »Lärm und Wortgewimmel« eines Gedichtbands von Johannes R. Becher in: Gespräche mit Kafka. Hg. Gustav Janouch. Ffm. 1961). Weder die ästhetisch-formale, antitraditionalistische noch die aktivistisch-politische Aufbruchsstimmung der Epoche steht bei Kafka im Vordergrund. Zum Kurt Wolff[3] Verlag: Mit jungen Literaten wie als Lektoren gelang es Wolff rasch zu expandieren und, vor allem mit der 1913 begonnenen Buchreihe Der jüngste Tag (in der auch Sternheim und Kafka zu ersten Veröffentlichungen kamen), zum führenden Verleger der modernen dt. Dichtung zu werden, die mit dem Etikett »Expressionismus« nur unzureichend charakterisiert ist. Seit 1919 in München ansässig, geriet der Verlag in den 20er Jahren in wirtschaftliche Turbulenzen. Achtrag zur Lyrik des Expressionismus: Als Entdecker, Herausgeber und Förderer frühexpressionistischer Dichter gilt Alfred Richard Meyer[4]: Er Lektor und Journalist, der seine frühen Gedichte in literarischen Zeitschriften (unter anderen »Hyperion«, »Sturm«, »Aktion«, »Gegenwart«, »Schaubühne«) veröffentlichte. 1907 datiert die Gründung eines eigenen Verlags in Berlin-Wilmersdorf: Meyers »fünf lyrische Pastelle« Ahrenshooper Abende – noch als »Privatdruck des Verfassers« erschienen – initiierten jene neuartige Publikationsform, die als »der Beitrag Meyers zur Verlagsgeschichte des Expressionismus« (Paul Raabe: Die Zeitschriften und Zeitungen des Expressionismus. Stgt. 1964, S. 144) gilt: »Das Lyrische Flugblatt«. 1907 bis 1923 (kurzfristig nochmals 1930/31) verlegte Meyer über 130 solcher einzelnen, broschierten Bögen; einsetzend mit der Erstausgabe von Benns Morgue 1912, versammelte seine Reihe wichtige Namen des Frühexpressionismus (Heym, Lasker-Schüler, Lichtenstein). Meyer übernahm die Technik des frühexpressionistischen Reihungsstils, dessen groteske Effekte er artistisch zu nutzen wußte. Seinen größten dichterischen Erfolg hatte er mit »Munkepunke«, einer als Alter ego erfundenen und bis 1929 publikumswirksamen Kunstfigur, deren Bowlenbuch (1913). Tanz-Plaketten (1913), Groteske Liebesgedichte (1921), Gemisch-Gemasch (1921) und Eroto-Phonetik (1922) den barock wuchernden Versuch darstellen, Gastrosophie und Erotomanie aufgehen zu lassen in der Sprach- und Sprechlust von Unsinnspoesie. Die maer von der musa expressionistica. Düsseld. 1948 (Ess.). Zu den wichtigsten Programmatikern der expressionistischen Prosa zählt Alfred Döblin * 1878 Stettin/Oder, † 1957 Emmendingen bei Freiburg i. Br. Die widerspruchsvolle Persönlichkeit Döblins wurde in einer Familie geformt, die von schweren Konflikten zwischen sehr gegensätzlichen jüdischen Eltern belastet war. Der Vater Max Döblin (1846-1921) war ein musisch vielseitig begabter Schneidermeister, die Mutter Sophie, geb. Freudenheim (1844-1920), eine praktisch und rational veranlagte Tochter eines Materialwarenhändlers[5], die für die künstlerischen Neigungen ihres Mannes und später auch des Sohnes wenig übrig hatte. Zum traumatischen, später wiederholt thematisierten Ereignis in Döblins Jugend wurde die Flucht des Vaters aus der familiären Bindung im Juni 1888. Mit einer 20 Jahre jüngeren Angestellten seiner Zuschneidestube verschwand er nach Amerika und ließ die Familie in sozialem Elend zurück. Alfred Döblin, das vierte von fünf Kindern, mußte aus dem Gymnasium genommen werden. Noch im selben Jahr siedelte die Familie nach Berlin über. Erst 1891 konnte Döblin seine gymnasiale Ausbildung fortsetzen. Mit 22 Jahren machte er nach erheblichen Schwierigkeiten (bes. in Mathematik) 1900 ein mittelmäßiges Abitur. Doch während der Schulzeit hatte der Vielleser auch die »Götter meiner Jugend« gefunden: Kleist und Hölderlin. Hinzu kamen Nietzsche, Schopenhauer, Spinoza und Dostojewski. Ab Okt. 1900 studierte er Medizin: bis März 1904 in Berlin, wo er nebenbei auch Vorlesungen zur Philosophie hörte, dann in Freiburg i. Breisgau Dort spezialisierte er sich auf Neurologie und Psychiatrie, legte im Juli 1905 die Abschlußprüfung mit »gut« ab und promovierte noch im selben Monat über Gedächtnisstörungen bei der Korsakoffschen Psychose. Ab Nov. 1905 arbeitete er bei Regensburg, ab Okt. 1906 in Berliner Krankenhäusern. Im Okt. 1911 eröffnete er eine neurologische Kassenpraxis. Die Konflikte in dem Doppelleben als Arzt und Dichter verstärkten sich in dieser persönlichen Krisenzeit durch die Ehe (Jan. 1912) mit der Medizinstudentin Erna Reiss, Tochter eines wohlhabenden Fabrikanten und Typ seiner pragmatischen, kunstfeindlichen Mutter. Schon als Student schrieb Döblin literarisch ernstzunehmende Erzählungen und Romane. In dem gleichaltrigen Herwarth Walden fand er einen langjährigen Freund, der ihn in die Kunst- und Literaturszene Berlins einführte. Mit zahlreichen literar. und kunsttheoret. Beiträgen in dessen 1910 gegründeter Expressionistenzeitschrift »Der Sturm«, seiner 1913 im Verlag Georg Müller und d. T. Die Ermordung einer Butterblume erschienenen Sammlung früher Erzählungen und dem Roman Die drei Sprünge des Wang-lun (Bln. 1915). Die drei Sprünge des Wang-lun stellen der westlichen Zivilisation das östliche Ethos des »Nicht-Widerstrebens« und »Nicht-Handelns« entgegen. Der Roman, für den DÖBLIN 1916 den Fontane-Preis bekam, wurde u. a. von Martin Buber und der daoist. Philosophie angeregt . Der Roman beginnt mit einer Zueignung. Es ist offensichtlich eine Anspielung an Goethes Faust, dem auch eine „Zueignung“ vorausgeschickt wurde. Der Unterschied könnte jedoch kaum größer sein. In den Versen Goethes werden die schwankenden Gestalten seiner dichterischen Vision angesprochen und eine Klage erhoben über den Verlust des ursprünglichen Publikums der Frühphase seines Werks und über die Unmöglichkeit mehr Einfluss auf die Rezeption seines Werks auszuüben: Ihr naht euch wieder, schwankende Gestalten, Die früh sich einst dem trüben Blick gezeigt, Versuch ich wohl, euch diesmal festzuhalten? Fühl ich mein Herz noch jenem Wahn geneigt? … Mein Leid ertönt der unbekannten Menge, Ihr Beifall selbst macht meinem Herzen bang, Und was sich sonst an meinem Lied erfreuet, Wenn es noch lebt, irrt in der Welt zerstreuet. Absichtlich unpoetisch klingt die Zueignung am Anfang des Romans Döblins: Dass ich nicht vergesse – Ein sanfter Pfiff von der Straße herauf. Metallisches Anlaufen, Schnurren, Knistern. Ein Schlag gegen meinen knöchernen Federhalter. Dass ich nicht vergesse – Was denn? Ich will das Fenster schließen. Die Straßen haben besondere Stimmen in den letzten Jahren bekommen. …Ich tadle das verwirrende Vibrieren nicht. Nur finde ich mich nicht zurecht. Ich weiß nicht, wessen Stimmen das sind, wessen Seele solch tausendtönniges Gewölbe von Resonanz braucht. Dieser himmlische Taubenflug der Aeroplane…. Dieses Blitzen von Worten über hundert Meilen: Wem dienst es? Mit der für Döblin von nun an typischen Ansammlung riesiger Mengen histor. Materials erzählt der Roman das histor. verbürgte Schicksal einer daoist. Sekte, die im China des 18. Jh. zusammen mit ihrem Führer Wang-lun von den kaiserl. Truppen ausgerottet wurde. Zum Schauplatz der dargestellten Kämpfe wird damit die Geschichte, die (auch in den noch folgenden histor. Erzählwerken) eine Geschichte von Aufständen, Unterdrückungen und Kriegen ist. Trotzdem ist es kein historischer Roman mit einer klaren Handlung und Topographie. Wang-lun, ein Dieb und Räuber, vollzieht den ersten Sprung, als er mitansehen muss, wie ein Unschuldiger von einem Hauptmann getötet wird. Wang-lun erdrosselt den Offizier einige Tage später inmitten der Stadt vor seinen Soldaten und flüchtet in die Berge. Hunger treibt die Ausgestoßenen aus den Bergen. Sie scheuen nicht davor zurück , ein Dorf zu plündern. Von dem Einsiedler Ma-noh lernt dann Wang-lun die taoistische Lehre der Gewaltlosigkeit. Ich muss den Tod über mich ergehen lassen und das Leben über mich und beides unwichtig nehmen, nicht zögern, nicht hasten … Ich will wunschlos, ohne Schwergewicht das kleine und das Große tragen, mich abseits wenden, wo man nicht tötet .. Ich will arm sein, um nichts zu verlieren. Nicht handeln: wie das weiße Wasser schwach und folgsam sein; wie das Licht von jedem dünnen Blatt abgleiten. Auch die ursprünglich unpolitische Bewegung errichtet ein Königreich mit dem ehemaligen Mönch Ma-noh als Priesterkönig an der Spitze. Wang-lun schreckt vor einem Massenmord nicht zurück, vergiftet die Brunnen im Stadtteil, in dem sich die Sekte niedergelassen hat. Er vollzieht jetzt den zweiten Sprung in die absolute Anonymität und Passivität. Der dritte Sprung besteht darin, einen offenen Kampf gegen das Mandschu-Kaisertum aufzunehmen, das die Sekte ausrotten will. Die Stärke dieser Polemik über die Gewaltanwendung liegt in der Darstellung der Massensszenen, am Ende bleibt doch nur die Frage: Stille sein, nicht widerstreben, kann ich es denn? Wie auch in Döblins zweitem histor. Roman Wallenstein (Bln. 1920) gehört dabei die Sympathie des Autors nicht den Siegern, sondern den Besiegten, den Schwachen und den Leidenden. Die vom Historismus des 19. Jh. kultivierten »großen Männer, die Geschichte machen«, treten zurück hinter die vitale Macht eines kollektiven Geschehens, das sich in Döblins Romanen mit einer Fülle histor. Fakten und ohne den ordnenden Eingriff eines auktorialen Erzählers gleichsam selbst erzählt. Als Romanautor blieb Döblin lange der einzige unter den Expressioninsten. Anz, Thomas veröffentlichte 2002 sein Buch Literatur des Expressionismus[6]. Kp. 2. heißt Schlüsselfiguren 2.1 Bürger und Künstler 2.2 Väter und Söhne 2.3 Irre 2.4 Kranke 2.5 Tiere 2.6 Gefangene 1.Welche prosaischen Genres überwiegen? Ein allgemeines Merkmal ist die Bevorzugung kürzerer Prosatexte. Mit Ausnahme von Döblin schreiben die Expressionisten novellistische Texte und Skizzen. Eine Flut von Romanen und umfangreicheren Erzählungen entsteht erst in den Nachkriegsjahren, als Expressionismus zu einer Mode bei den heute meistens zurecht vergessenen Autoren einer Art hochgestochener Trivialliteratur. Anfänge dieser Entwicklung kann man schon in Kasimir Edschmid Erzählband Die sechs Mündungen sehen, die 1915 einen sensationellen Erfolg hatten (im Münchner Kurt Wolff ). Beispielhaft für expressionistisches literar. Programm und für seinen Stil ist die Novelle Der Lazo[7] aus dem Band Die sechs Mündungen: Der Held, aus großbürgerlichen Haus stammend, entflieht der Zivilisation und sucht in der Fremde, hier im Wilden Westen, ein Leben in dauernder Erregung, das nicht von gesellschaftlichen Konventionen, sondern von Gefühl und Faustrecht bestimmt wird. Dieses Grundmuster variierte Expresssionismus immer wieder geographisch und zeitlich. Verglichen mit der Poesie und Dramatik hatte die expessionistische Prosa unmittelbar eine geringere Resonanz gefunden. Repräsentative Anthologien gab Karl Otten erst 1957 (Ahnung und Aufbruch) und 1963 (Ego und Eros) heraus. Die Anthologie von Max Krell Die Entfaltung. Novellen an die Zeit (1921) erreichte bei weitem nicht die Ausstrahlung von Pinthus´ Lyrik-Anthologie Menschheitsdämmerung. Außerdem sind die Texte formal und inhaltlich kühn und verunsichern den Leser durch ihre ungewohnte Sprache (*Leiß, Stadler, 316). Der Antitraditionalismus schlug sich in folgenden programmatischen Äußerungen nieder: Karl Pinthus: Glosse, Aphorimsus, Anekdote (1913): Weil wir das Esentielle lieben, sind wir knapp im Ausdruck und in der Form. Carlo Mierendorff[8]: Wortkunst. Von der Novelle zum Roman: Ganz unten war anzufangen; man wurde karg. Wog die Worte, überschärfte die Empfindlichkeit, operierte die Wucherungen weg, jätete, beschnitt. /…/ Raffte zusammen, baute sehr klug mit dem Hirn und sehr hell von Gehör, sich aufs heftigste bescheidend und genügsam. 2. Gilt Frank Wedekind als Leitbild der jungen expressionistischen Dramatiker, wen bewundern bzw. ahmen die Prosaisten nach? Gottfried Benn war zeitlebens vom Autor der Göttinnen und der Kleinen Stadt fasziniert. J. R. Becher schrieb an seinen Verleger H. Bachmair Die Göttinnen seien frappant[verblüffend] in der ungeheuren herrischen Gebärde. Ganz dramatisch. Genial. Warum war er für sie so anziehend: wegen der unbürgerlichen Heldin und ihrem Willen zur freien Lebensgestaltung, der tabu-befreiten Erotik, besonders aber wegen der Stilkühnheiten, der Sprache, die imstande war, zugleich knapp und üppig zu sein, sowie Bilder in schneller Folge in Bewegung zu setzen: Vom Garten herauf und über die Terasse hinweg brachen mit glühender Gewaltsamkeit massige Wülste[9] roter Pflanzen. Sie drängten ihre gedunsenen Kelche zwischen die Säulchen des Geländers, sie krochen feucht in Knollen über die Fliesen hin, wölbten sich in klebrigen Bügeln auf der Balustrade und erfüllten den Garten mit einem dunstenden[10] Blutmeer. 3. Welche Stilmerkmale weist die expressionistische Prosa auf? Als modern empfunden wurden auch knappe Darstellungen von Bildern und Gesten, aus denen der Leser das Innenleben der Figuren zu schließen hat. In seinem »Berliner Programm«, das unter dem Titel an Romanautoren und ihre Kritiker 1913 im »Sturm« veröffentlicht wurde, forderte Döblin Man lerne von der Psychiatrie, ….sie hat das naive der Psychologie längst erkannt, beschränkt sich auf die Notierung der Abläufe, Bewegungen – mit einem Kopfschütteln, Achselzucken für das Weitere und das Warum und Wie. Die sprachlichen Formeln dienen nur dem praktischen Verkehr. Zorn, Liebe, Verachtung bezeichnen in diesem Sinne Erscheinungskomplexe, darüber hinaus geben diese primitiven und abgeschmackten Buchstabenverbindungen nichts. Er meinte damit einen »Kinostil« neutraler Beobachtung, der auf kausale Erklärungen, erläuternde Erzählerkommentare und psychologisierende Aussagen über das Innenleben der Figuren verzichten sollte. Schon früh entwickelte er, bestärkt noch durch den Futurismus, eine epische Technik, die mit ihrer paratakt. Aneinanderreihung einzelner Wörter, kurzer Sätze und sich verselbständigender Erzählsequenzen dazu geeignet war, die verwirrende Dynamik simultaner Großstadtreize und sozialer Massenbewegungen literarisch zu imitieren. Mit seinem Hinweis Man lerne von der Psychiatrie lenkte er auch auf die psychopathischen Themen Aufmerksamkeit. Bevorzugte stilistische Mittel für seine Zielsetzungen fand er im inneren Monolog oder erlebter Rede, oft mit satirischen oder grotesken Ausschlägen[11]. 1910 im Sturm erschien die Erzählung Die Ermordung einer Butterblume. Kaufmann Michael Fischer wird durch ein völlig belangloses Ereignis aus der Bahn geworfen. Sein Stock blieb an dem spärlichen Unkraut hängen. In einem Wutabfall schlägt er auf die Butterblume los. Vor die Blumen war er gesprungen und hatte sie mit dem Spazierstöckchen gemetzelt, ja, mit jenen heftigen aber wohlgezielten Handbewegungen geschlagen, mit denen er seine Lehrllinge zu ohrfeigen gewohnt war, wenn sie nicht gewand genug die Fliegen im Kontor fingen und nach der Größe sortiert ihm vorzeigten. Phantasien und Wahnvorstellungen über seine Tat die Herrschaft über ihn, die Wendungen besitzen unterschwellig sexuelle Nebenbedeutungen, die „Ermordete“ erhält den weiblichen Namen Ellen. Die Übermacht des Wahns wird durch einen ständigen Wechsel von Außen- und Innenperspektive, Präsens und Präteritum verdeutlicht. Die Verdrängung des Unbewußt-Triebhaften seiner Persönlichkeit läßt ihn kein seelisches Gleichgewicht mehr gewinnen. Im Weinen an einem Morgen steht er der Gesundung nahe, aber weil er die Schuld daran der Butterblume Ellen, nicht sich selbst zuschreibt; er versucht die eigene Entschuldung dadurch zu erreichen, das er der Blume ein eigenes Konto anlegt. Er glaubt den Wald dadurch übertölpelt zu haben: Laut lachte und prustete er. Und so verschwand er in dem Dunkel des Bergwaldes. Der Wald, ein Symbol für die dunklen Seelenbereiche, scheint ihn förmlich zu verschlucken. Das Groteske aus der Sicht der an der Grenze des Wahnsinns stehenden Gestalten steht besonders bei Albert Ehrenstein oder Georg Heym im Vordergrund. Nicht immer bleibt jedoch der Erzähler hinter der Darbietungsart des inneren Monologs oder der erlebten Rede verborgen. Aus Widerspruch gegen das sorgfältig gebaute Kunstwerk greift mancher Schriftsteller zu der Form des Feuilletons, das durch die unwahrscheinliche Handlung oder durch eigentlich unangebrachte Anspielungen verfremdet wird. Der Philosoph Salomo Friedländer, der unter dem Pseudonym Mynona Belletristik schrieb, nannte auch seine satirischen Erzählungen Grotesken: Rosa, die Schöne Schutzmannsfrau und andere G. (1913). In dem Text Der Schutzmannshelm als Mausefalle parodiert er die verfeinerte psychologische Prosa: Reclam, Prosa des Expressionismus, 283: Zwischen Pilili und Odoard war von Anfang an eine Spannung. Das ist so zu erklären: Es gibt schamhaft verkrochene Seelen, die beim Anblick, im Erleben eines Feinsten, Leisesten, Zartesten sofort gern trotzig tun, ja rüpelhaft werden. Cau|seu|se, die; -, -n [frz. causeuse] (bildungsspr. veraltet): 1. gesprächige Frau; Schwätzerin. 2. kleines Sofa. Der Titel ist etwas irreführend, denn die Zentralfigur ist der Sohn eines reichen Financiers Bröhle, Odoard, der aus Haßliebe einen Kolibri, den Liebling der Familie – eigentlich das Symbol eines paradiesischen Familienlebens - umbringt und über seine Tat in heillosen Trübsinn verfiel. Der Schutzmannshelm ist nur eine ziemlich willkürlich gewählte Requisite in seinem Plan der Tötung des Kolibris. Außerdem dient der Helm dazu, um ein Schiller-Zitat einzubringen: Der Sohn bezahlt für den Helm, in dem er die Maus gefangen hält, dem Schutzmann 60,-Mark und behauptet Mein ist der Helm und mir gehört er zu.[12] Der auktoriale Erzähler entrüstet sich über seine eigene Schreibart: Hä, wie gemein ist diese gezierte Ausdrucksweise, um in sie gleich wieder zu “verfallen” und sie gleichzeitig zu verfremden: ein so allerliebst niedliches Tierchen, von der Natur so konfitürenmäßig entzückend ausersonnen, daß alle Literatur ihm einfach übel nachhinkt. Seine Geschwister Gordon, Chlodwig, Seibolt sowohl wie Hulda, Tolla, Tixa und Finette vergötterten das Tierchen, küßten es, umarmten es, befreiten es von Ungeziefer, erzogen es, machten es zahm, rein , fromm, kinderlieb und bieder, Wie in den damaligen Familienzeitschriften üblichen Geschichten fügt er auch ein Belehrung, einen der Hauptsätze der gesamten Hygiene für Liebende hinzu: liebt bitte dauernhaft und Dauerhaftes! Große Trauer kann sonst auch schwer reiche Familien befallen. Liebt niemals einen Kolibri! Das schützt euch vor Melancholie. Willkür herrscht nicht nur im Fabulieren, sondern in der Syntax der expressionistischen Prosa. Carl Sternheim in seiner ersten Erzählung Busekow (1913) schreibt: Reclam, Prosa des Expressionismus, 177: Als Gesine erschien, erhielt seine Haltung vollends etwas Heldisches. Er flog und wippte auf Draht, schlug mit der Linken einen mächtigen Bogen gegen nahendes Vehikle, und der Platz hallte von seiner Stimme. Die Auslassung von „wie“ (vor auf Draht) und dem unbestimmten Artikel (vor nahendes Vehikel) gibt dem Stil einen spröden Anschein. Die gehobene, vornehme Sprache, die zu der banalen Geschichte nicht paßt, wirkt ebenfalls verfremdend. 179 An Kaisers Geburtstag hatte einer für den anderen wichtige Mitteilung. Er war zum Wachtmeister ernannt. An sein Ohr hinsinkend, gestand sie Mutterschaft. Von Erspartem lebend, war sie schon seit Wochen ihrem Berufe fremd. Er verläßt seine Frau, die ihn früher mit Vorwürfen über seine Unfruchtbarkeit quälte, und wird bei seinem Dienst von einem vorbeifahrenden Auto getötet. Seine Angst und Abscheu vor seiner Frau Elise konzentriert sich in einen Traum: 170 Er träumte, in leerem Raum stünden sie sich gegenüber, nackt. Wie ihre Augend sich sengend ihm ins Gesicht bohrten, war er gezwungen, sie anzusehen. Einen schauerlichen Leib erblickte er, wie Stöcke die Beine, von Hautrunzeln bedeckt. Erbärmlich das übrige… Nirgends aber war noch der leiseste hüllende Flaum zu erspähen, und der Kopf glich einer polierten Kugel. Mit ausgestreckter Hand, die wie eine Kastagnette knackte, klopfte sie abwechselnd gegen sein gepolstertes Bäuchchen, den Schädel und krächzte dazu: Heuwanst, Heukopf! Und alsbald begann er aus der Öffnung seines Mundes Stroh zu speien, bündelweis, ohne Aufhören, meterweis. Sie lächelte giftig dazu, klopfte und knatterte: Heukopf, Heuwanst, Heukopf. In Schweiß gebadet erwachte er /.../ rief ihr zu: Ja, ja, Elisa, ich bin ein Elender; wirklich ein Unfruchbarer! Sie war nicht im Raum. Zu den frühesten Versuchen, die erzählende Prosa von traditionellen Mustern zu lösen zählt Carl Einsteins Bebuquin oder Die Dilletanten des Wunders. (Erschienen 1912, entstanden 1906-1909 mit der Widmung für André Gide. Auch Einstein teilt mit Döblin die Abneigung gegen die psychologische Prosa: 1912 schrieb er in seiner Anmerkung Über den Roman: Psychologie ist ein dilletantisches Vermuten, scholastisches Gerede, spintisierender Bombast, verfehlte, veheuchelte[13] Lyrik. Die Grenze zwischen Geschichte und Essay wird aufgehoben. Bebuquin verbringt seine Tage in der Boheme- und Zirkuswelt der Großstadt. Im Text wechseln scharfsinnige Betrachtungen und wirre Halluzinationen. Er glaubt an den kreativen Geist, sieht aber die Kluft zum Materiellen, daß immer den Geist hinunterzieht. Dieser Kontrast ist in folgender Textprobe prägend: Ich aber wünsche, daß mein Geist, der sich etwas anderes als diesen Körper – Gartenzäune, Stadtmauern und Safes, Pensionate und Jungfernhäute – denken will, auch ein Neues wirkt und schafft. – Ich kann absonderliche Wesen machen, Verrücktes zeichnen, auf Papier, in Worten, ich selbst bin verzerrt; aber mein Bauch bleibt ein Fresser. Welch geringe Versuche der Heiligen, nach Sprüchen der Evangelien den Körper zu verwandeln. Die Darstellung selbst wird zum Gegenstand und verdrängt die Geschichte. Gegenständliches wird zwar benannt, aber man rätselt, was sich hinter der waghalsigen Metaphorik versteckt. S. 53 Er fand das Logische so schlecht, wie Maler, die für die Tugend ein blondes Frauenzimmer hinsetzten Kurz zur Person von Carl Einstein (nach Killy Literaturlexikon): Einstein, Carl * 26. 4. 1885 Neuwied, † 2. oder 3. 7. 1940 Boeil-Bézing/Basses-Pyrénées (Freitod); Als Sohn eines jüd. Lehrers kam E. 1888 nach Karlsruhe, wo der Vater Direktor am Israelitischen Landesstift geworden war. Ab 1903 studierte er in Berlin Philosophie, Kunstgeschichte, Geschichte u. Altphilologie, wahrscheinlich ohne Examen. Er verkehrte in der Boheme mit Ludwig Rubiner u. dem Kreis um Franz Pfemferts Zeitschrift »Aktion«. 1912 brachte ein Aufenthalt in Paris Kontakte zu den Malern des Café du Dôme (Rudolf Grossmann, Hans Purrmann u.a.) u. zu den Kubisten, 1913 heiratete er Maria Ramm, Pfemferts Schwägerin. Eingezogen 1914, vor Verdun verwundet, wurde E. 1916 nach Belgien beordert. Im Nov. 1918 war er Mitgl. des Soldatenrats Brüssel, dann lebte er in Berlin zeitweise im Untergrund. Er beteiligte sich an Dada in Zusammenarbeit mit George Grosz u. den Brüdern Herzfelde, arbeitete danach als Kunstkritiker, u.a. bei den Zeitschriften »Querschnitt« u. »Kunstblatt«, u. verfaßte diverse Aufsätze u. Monographien. In der Propyläen-Kunstgeschichte erschien Die Kunst des 20. Jahrhunderts (Bln. 1926), durch die er internationale Anerkennung fand. Während dieser Jahre veröffentlichte er fast keine literar. Texte, hielt aber Freundschaft mit Schriftstellern wie Gottfried Benn u. Ivan Goll. 1928 zog E. nach Paris, wo er 1929-1931 in Zusammenarbeit mit Georges Bataille[14] die Zeitschrift »Documents« herausgab. Zu den Freunden im Exil zählten Georges Braque, Michel Leiris, André u. Clara Malraux. Gottfried Benn schlug in seiner Prosa andere Wege. Nicht eine paradoxe Kombination von Denken und Entrückung, von Logik und Groteske, sondern ein lyrisches Pathos seiner ekstatischen Traum und Rauschwelt sind für seine Rönne-Prosa Gehirne (1916) charakteristisch. Benn erfährt die erstarrte, ins Sinnlose entrückte Welt der Gesellschaft, der Wissenschaft, der gegebene Tatsachen als Bedrückung und Gefangenschaft, aus der er in seine visionäre Innenwelt ausbricht. Einstein gestand schon sein Unvermögen mit seiner Innenwelt noch zu spielen. Benn schreibt assoziativ, diskontinuierlich, Innen (innerer Monolog) und Außen (Bericht) fließen ineinander, er kombiniert eine sinnliche Bildsprache mit Abstraktion und Reduktion, es zeigt sich aber, dass alles mit Hinblick auf die finale Steigerung durchkomponiert ist. Man könnte seinen Stil mit einem Vers von ihm charakterisieren: Trunken zerebral[15]. Ekstase und Intellektualität sind widersprüchliche Merkmale in Benns Novellen Gehirne. Näheres zu Benn findet man u. a. in Killys Literaturlexikon: Benn, Gottfried * 2. 5. 1886 Mansfeld/Kreis Westprignitz, † 7. 7. 1956 Berlin Der Sohn eines protestant. Pfarrers u. einer Welschschweizerin verbrachte Kindheit u. Jugend in Sellin in der Neumark (heute Polen). Er studierte auf Wunsch des Vaters zunächst Theologie u. Philosophie. Im Oktober 1905 gelang es ihm, in die Kaiser-Wilhelm-Akademie für das militärische Bildungswesen in Berlin aufgenommen zu werden, die v. a. Offiziers- u. Beamtensöhne ausbildete. Die Bedeutung dieser strengen, aber auch vielseitigen Ausbildung für seine geistige Entwicklung hat B. später betont: »Härte des Gedankens, Verantwortung im Urteil, Sicherheit im Unterscheiden von Zufälligem und Gesetzlichem, vor allem aber die tiefe Skepsis, die Stil schafft, das wuchs hier« (GW 4, 28). Nach einer halbjährigen aktiven Dienstzeit arbeitete er als Unterarzt in der Berliner Charité, vermutlich in der Psychiatrie. 1912promovierte er mit der Dissertation Über die Häufigkeit des Diabetes mellitus im Heer zumDr. med. Zuerst wurde er aktiver Militärarzt, konnte jedoch wegen eines angeborenen Gesundheitsfehlers (Wanderniere) seinen Abschied nehmen. In den folgenden Jahren war er als Assistenzarzt an Berliner Kliniken tätig u. führte annähernd 300 Sektionen aus. 1914 fuhr er als Schiffsarzt in die USA. Nach dem Ausbruch des Weltkrieges kehrte er als Sanitätsoffizier zur Armee zurück. Er nahm an der Erstürmung Antwerpens teil u. erhielt das Eiserne Kreuz 2. Klasse. Im Oktober 1914 wurde er als Oberarzt an das Militärgouvernement nach Brüssel versetzt: »Ich war Arzt an einem Prostituiertenkrankenhaus, ein ganz isolierter Posten, lebte in einem konfiszierten Haus, elf Zimmer, allein mit meinem Burschen, hatte wenig Dienst, durfte in Zivil gehen, war mit nichts behaftet, hing an keinem, verstand die Sprache kaum; strich durch die Straßen, fremdes Volk; eigentümlicher Frühling, drei Monate ganz ohne Vergleich, [...] ich lebte am Rande, wo das Dasein fällt und das Ich beginnt. Ich denke oft an diese Wochen zurück; sie waren das Leben, sie werden nicht wiederkommen, alles andere war Bruch« - so hat B. 1921 rückblickend diese Zeit geschildert u. gefeiert (GW 4, 7 f.) Im Herbst 1917 ließ er sich als Facharzt für Haut- u. Geschlechtskrankheiten in Berlin, Belle-Alliance-Straße 12, nieder. Das Studium der Naturwissenschaften, die militär. Disziplin u. Haltung, dazu die Erfahrung des Krieges u. das Elend in Kreiß- u. Seziersaal: Damit ist das biograph. Material des expressionist. Dichters B. benannt. Eine Reihe von Prosa-Dichtungen treten seit 1914 neben die Lyrik u. werden für einige Jahre zum eigentlichen Feld B.s schriftstellerischer Produktion. Die bedeutendste Leistung seiner Brüsseler Zeit sind die »Rönne-Novellen« (Gehirne, schon Juli 1914 verfaßt. Die Eroberung. Die Reise. Die Insel. Der Geburtstag), die seit 1916 gesammelt u. d. T. Gehirne. Novellen in der von Franz Werfel in Leipzig herausgegebenen Reihe »Der jüngste Tag« veröffentlicht wurden. Der Arzt Dr. Werf Rönne ist die Zentralgestalt dieser Erzählungen, mit denen Benn seine durch Carl Einsteins Roman Bebuquin (1912) u. Georg Heyms Novellenbuch Der Dieb (1913) beeinflußte Vorstellung einer absoluten Prosa verwirklichte. Für Rönne scheint Handeln ohne Zusammenhang, die Persönlichkeit löst sich im Sinne von angepaßten Verhaltensabläufen auf (»Was soll man denn zu einem Geschehen sagen? Geschähe es nicht so, geschähe es ein wenig anders. Leer würde die Stelle nicht bleiben.« GW 2, 17). Indem Rönne aus der gewohnten Umgebung herausfällt, steigen Visionen einer archaischen Urwelt in ihm auf; er erlebt traumhafte Entrückungen, der Ich-Zerfall wird zur ekstat. Regression. Am Ende der Novellen stehen Wendungen wie »Zerstäubungen der Stirne«, »Entschweifungen der Schläfe« (Gehirne), »das schweifende Vergehen« (Die Eroberung), »manchmal rauscht es: wenn du zerbrochen bist« (Der Geburtstag). Sieht man die »Rönne-Novellen« von der Situation ihrer Entstehung aus, so lassen sie sich als Protest gegen den Krieg verstehen. Die gesamte Weltanschauung u. die verinnerlichten Zwänge, die die Voraussetzungen für den funktionierenden Soldaten sind, werden aufgelöst. Im Berlin der 20er Jahre, »aufblühend, halb Chicago und halb Paris«, führte B. dann seine einsame Junggesellenexistenz. (Seine erste Frau starb 1921.) ________________________________ [1] Mai 1913 Der Heizer als Band 3 der Bücherei Der jüngste Tag,1915 Die Verwandlung als Bd. 22/23 derselben Editionsreihe, 1917 als Band 34 derselben Reihe Das Urteil (1920 2. Aufl.) 1919 – obwohl der Druck schon 1917 begonnen hatte – Ein Landarzt. kleine Erzählungen (Auf der Galerie, Vor dem Gesetz, Eine kaiserliche Botschaft, Die Sorge des Hausvaters, Ein Bericht für eine Akademie, Ein Traum). Die Letztgenannte erschien Almanach der neuen Jugend auf das Jahr 1917. Der Almanach und die expressionistisch-pazifistische Zeitschrift Neue Jugend war ein Unternehmen von Heinz Barger und Wieland Herzfelde. In der Offizin Drugulin erschien 19109 In der Strafkolonie. Kurt Wolff verdankte die Offizin viele Erstausgaben der Werke von Georg Trakl, Franz Kafka, Franz Werfel, Walter Hasenclever, Max Brod, Robert Walser, Carl Sternheim, aber auch von Heinrich Mann und Karl Kraus. Im Kurt Wolff Verlag gab 1913 Max Brod Arkadia. Ein Jahrbuch für Dichtkunst heraus, hier wurde Das Urteil zum erstenmal veröffentlicht. [2] Nach einem ersten Plan sollten Urteil, Heizer (Lpz. 1913) u. Verwandlung in einem Buch mit dem Titel Söhne vereinigt werden (an Wolff, 11. 4. 1913), nach einem späteren Urteil, Verwandlung u. In der Strafkolonie u. d. T. Strafen (an Wolff, 19. 8. 1916). [3] 1887-1963 [4] 1882-1956 [5] alle Waren, welche die Hauptartikel unsrer gewöhnlichen Kleinhandlungen ausmachen (Kolonialwaren, Gewürze usw.) [6] : Literatur der Existenz. Literarische Psychopathographie und ihre soziale Bedeutung im Frühexpressionismus. Stuttgart 1977. *ursprünglich Diss. [7] Las|so, das (österr. nur so), seltener: der; -s, -s [engl. lasso < span. lazo] [8] Mierendorff, Carlo, auch: Dr. C. Willmer, * 24. 3. 1897 Großenhain/Sachsen, † 4. 12. 1943 Leipzig beim Bombenangriff; Politischer Publizist *seit 1930 Abgeordneter der SPD im Reichstag, Prosaautor. Nach einer Kriegsverletzung hielt er sich 1915/16 in Darmstadt auf, wo er den Kleinverlag Die Dachstube (1915-1918) gründete. Hier erschienen auch die ersten Novellenbände, Der Gnom (1917. Darmst. 1980) u. Lothringer Herbst (1918. Ebd. 1980), »eine durchgearbeitete und nach ästhetischen Grundsätzen geplante Prosa im Stil des Expressionismus« (Albrecht, S. 26). [9] r Wulst – gerundete Verdickung an einem Körper [10] b) ausdunstend Geruch verbreiten; Dunst (1 b) ausströmen: aus ihrer Haut dunstete sie parfümiert; in der Wärme dunsteten Leder und Polsterung. ein D. von Tabakrauch und Speisen erfüllte die Gaststube; der warme D. (die warme Ausdünstung) der Pferde; [11] Flügelbewegungen von sehr kleinem A. [12] aus der dritten Szene der Jungfrau von Orleans [13] Durch Heucheln verzerrte, heucheln – (nicht vorhandene Gefühle, Gemütszustände, Eigenschaften) als vorhanden erscheinen lassen, vortäuschen, vorgeben: Mitgefühl, Freude h.; er antwortete mit geheuchelter Liebenswürdigkeit; [14] stand zeitweilig dem Surrealismsus nahe [15] Benns Gedicht Schweifende Stunde