Die deutschsprachige Literatur aus Mähren steht im Schatten der Prager deutschen Literatur; wenn man sie auf Autoren jüdischer Herkunft beschränkt, dann um so mehr. Es ist zum Teil auch auf die Prager bzw. böhmische Perspektive der Historiker der deutschsprachigen Literatur in Böhmen Mähren und Österreichisch-Schlesien zurückzuführen, zum Teil muß man allerdings zugeben, daß im Vergleich zu Prag die mährische Literaturszene weniger ausgeprägt war und Brünn für Olmütz oder Iglau keine große Anziehungkraft als Landeshauptstadt ausübte, weil das Literatur- und Theaterleben viel deutlicher als in Böhmen auf Wien orientiert war. Erfolgreiche Autor strebten nach Wien. Erst die Entstehung der Republik, die neue Lage der deutschsprachigen Kultur als einer vom tschechoslowakischen Staat abgewerteten Minderheitenkultur und die früher nicht gekannte Behinderung durch die Grenze zwischen Mähren und Österreich führten zu einer neuen Rolle Brünns für die Deutschen in Mähren. Im März 1919 entstand Die deutsche Gesellschaft für Wissenschaft und Kunst, die zwar jüdische und nicht jüdische, links und rechts orientierte Mäzene, Künstler, Schriftsteller und Publizisten, Musiker und Wissenschaftler aus ganz Mähren vereinigte, aber die Abwanderung der Schlüsselpersönlichkeiten nach Deutschland und Österreich nicht verhindern konnte. Nach der Machtergreifung im Jahre 1933 kamen zwar Autoren wie Felix Langer oder Max Zweig nach Mähren zurück, mußten aber bald in ein neues Exil gehen. Andere gebürtige Mährer – wie Adolf Donath oder Hugo Sonnenschein – zwangen die Umstände zwar zur Rückkehr in die Tschechoslowakei, sie blieben aber in Prag. Die Ausgliederung der Autoren jüdischer Abstammung aus der deutschsprachigen Literatur aus Mähren ist nur insoweit gerechtfertigt, weil ihre Schriftstellerkarriere mit dem Antisemitismus gewisser Zeitgenossen konfrontiert wurde und weil ihre spätere Rezeption durch das Totschweigen in der NS-Zeit noch zusätzlich behindert wurde. Sonst waren sie meistens assimiliert oder interessierten sich für jüdische Themen erst dann, nachdem ihnen ihr literarischer Durchbruch mit anderen Themen gelungen war, wie z. B. Oskar Jellinek. Nur Eduard Kulke (1831-1897) und Max Grünfeld (1856 -1933), zwei Autoren der Ghettogeschichten, haben sich bewußt von ihren religiös indifferenten oder konvertierten Zeitgenossen abgehoben und die Welt der jüdischen mährischen Gemeinden festgehalten, das durch den gesellschaftlichen Wandel nach Erlassung liberaler Gesetze von 1848 bzw. 1861 allmählich verschwand. Jüdische Autoren Kafka, Brod oder Oskar Wiener[1] haben seinerzeit das Bild der Prager deutschsprachigen Literatur so wesentlich mitgeprägt, daß sogar ihre nichtjüdischen Zeitgenossen Meyrink und Leppin verfolgt wurden, weil sie von den Antisemiten irrtümlich für Juden gehalten wurden. Deutschsprachige Mährer jüdischer Abstammung sind nicht so eng mit ihrem Herkunftsland verbunden, wenigstens nicht im Bewußtsein breiter Leserschichten. Eine interessante Symbiose deutschsprachiger jüdischer Schriftsteller mit ihrem tschechischmährischen Hinterland, dem sie ihre Stoffe verdanken, findet man nur bei Jakob Julius David, Philipp Langmann oder Oskar Jellinek, und zwar nur in einem Teil ihres Werkes. Andere wollten nicht als Mährer gelten und vermieden darum diese Themen, um nicht als „Provinzler“ wahrgenommen werden. Die meisten verbrachten sowieso nur kürzere Lebensabschnitte in Mähren, wurden erst in Wien, Berlin oder in Prag berühmt und gingen völlig in dem neuen Milieu auf. Ihr ganzes Leben lang verbrachten in Mähren vor allem Autoren regionaler Bedeutung. Die Nähe Wiens, das wenig attraktive Angebot an Hochschulen in Mähren[2] und die Kurzlebigkeit interessanter Zeitschriftenprojekte in Brünn[3] sind Ursachen dafür, daß das literarische Leben in Mähren nur vorübergehend intensiver wird, vor allem in der Zeit zwischen 1889 und 1918. Wichtige gebürtige Mährer jüdischer Abstammung verlassen spätestens nach dem Abitur das Land. Das gilt für Sonnenfels, Lorm, David sowie für die Vetreter der starken Generation, deren Geburtsjahr zwischen 1880 und 1895 liegt und deren Werk erst nach 1918 kulminiert: Hans Müller und sein Bruder Ernst Lothar (*1890), Oskar Jellinek (*1886), Ernst Sommer (*1888), Max Zweig(* 1892) und Felix Langer (*1889) studieren Jura in Wien, Ernst Weiß (*1882) Medizin daselbst, Hermann Ungar (*1893) Jura in München, Ludwig Winder (1889) beginnt nach der Handelsakademie seine journalistische Laufbahn ebenfalls in Wien, Hugo Sonnenschein (*1889) beginnt nach dem Abitur in Brünn Literaturwissenschaft in Wien zu studieren. Sie sind alle nur dann der mährischen Literatur zuzuzählen, wenn sie im mährischen Literaturleben präsent bleiben und hier als bedeutende Landsleute wahrgenommen werden bzw. wenn ihr Werk thematisch mit Mähren verbunden blieb. Eine mechanische Zuordnung zur mährischen Literatur nach Geburtsort, wie sie im Fall von Leo Greiner[4] oder Flesch-Brunningen[5] z. B. bei Mühlberger vorliegt, scheint mir problematisch zu sein, weil man so in die Nähe der methodologisch abzulehnenden Literaturgeschichte der deutschen Stämme und Landschaften von Josef Nadler gerät. Viel logischer erscheint mir deshalb vor allem Weiß, z. T. auch Ungar, und Winder im Kontext der Prager deutschen Literatur und David, Müller, Lothar und Jellinek im Kontext der Wiener Literatur darzustellen, obwohl ihre mährische Erfahrung sicher Spuren in ihrem Werk hinterlassen hat. Eine Ausnahme ist hier Langmann, dessen neuromantisches Spätwerk nach seiner Niederlassung in Wien 1901 fast ohne Resonanz blieb, während seine überwiegend naturalistischen Werke mit mährischen Stoffen Erfolg hatten. Und wenn das Symposion nicht auf die Epoche der Monarchie beschränkt wäre, müßte man wohl auch den 1882 in Wien geborenen Karl Kreisler nennen, dessen Leben und Werk zwischen 1909 bis zu seiner Deportation nach Theresienstadt mit Brünn verbunden bleibt. Die Zahl derjenigen jüdischen Autoren, die z. B. der Landeshaupstadt Brünn ihr Leben lang treu geblieben sind, ist klein und sie sind heute beinahe vergessen. Im folgenden wird näher nur auf zwei von ihnen eingegangen, auf Alois Isidor Jeitteles und Max Grünfeld. Auch wenn die große Zeitspanne von fünf bis sechs Generationen und das äußere Kriterion der Herkunft, nach dem diese Auswahl getroffen wurde, zur Folge hat, daß die Zusammenhänge zwischen den sieben Autoren bloß marginal bleiben und keinen komparatistischen Ansatz ermöglichen, sollte man doch einen gemeinsamen Rahmen abstecken. Es wäre wohl eine Konstruktion, würde man zum Beispiel Sympathien für den Josephinismus als ein gemeinsames Merkmal bei allen sieben Autoren anzunehmen. Es bietet sich eher ein literatursoziologischer Ansatz, der die Entwicklung der Rahmenbedingungen des literarischen Lebens untersucht und die Rolle der sieben gewählten Autoren darin feststellt. Konservative Poetik verurteilte sie zu einer Außenseiterrolle: Jellinek, Zweig Trotz der erwähnten Vorbehalte gegen Geburtsort als Zuordnungskriterion soll hier – schon wegen des Tagungsortes im Schloß der Dietrichsteiner und in der unmittlebaren Nähe des berühmten Nikolsbuger Ghettos, in dem u. a. auch der chassidische Rabbiner Samuel ben Hirsch ha-Levi Horowitz (1726-1778) wirkte, ein in dieser Stadt geborener Justiz- u. Verwaltungsreformer, Publizist und Theatertheoretiker der österreichischen Aufklärung nicht unerwähnt bleiben, nämlich Joseph Freiherr von Sonnenfels (1733 – 1817). Seine Biographie zeigt den schwierigen Aufstieg eines getauften Juden aus dem Nikolsburger Ghetto bis in die Kreise des Wiener Kaiserhofs. Der erste Band von Sonnenfels´ Gesammelten Schriften (Wien 1783) enthält auch die autobiographische Schrift An mein Herz, in der allerdings seine jüdische Herkunft und die Konversion zum Katholizismus unerwähnt bleiben und eher seiner Gönner mit Dankbarkeit gedacht wird. Über die ersten 12 Jahre seines Lebens steht hier wenig, vielleicht deshalb, weil die Nikolsburger Jahre der Familie für die Konversion des Vaters ausschlaggebend waren, aber kaum aufklärerische Impulse fü[.1] r den Sohn brachten.: Meine früheste Kindheit war von dem fürstlichen Hause Dietrichstein in Schutz genommen. Ich war einer von den vielen Zöglingen, die durch liebreiche Vatersorge dieses erhabenen Hauses dem Staate heranwachsen[6] Noch einmal verdankte er dem Grafen Johann Karl von Dietrichstein eine wichtige Fürsprache, nämlich 1754, als er um seine Entlassung aus dem Deutschmeisterregiment in Klagenfurt ansuchte, nachdem er fünf Jahren als Soldat gedient hatte. Diese fünf Jahre sollten ihm helfen, ohne Erniedrigung die Herstellung der verfallenen Umstände meines Vaters abzuwarten. Eine ergiebigere, nicht zuletzt auch unterhaltsamere biographische Quelle als An mein Herz scheint ein Brief an einen ungenannten Freund zu sein, den der Olmützer Biograph von Sonnenfels, Willibald Müller, zitiert. Sonnenfels beanstandet darin die mangelnde Bildung seines piaristischen „Prefecten“ in römischer Literatur; er behauptet bei den Piaristen nur das gelernt zu haben, was [ihn sein] glückliches Gedächtnis im Vorbeigehen behalten ließ. […]Vielleicht war das ein Glück; die Leinwand, worauf der Maler arbeitet, ist ohne alle Farbe besser, als besudelt.[7] Sonnenfels beschreibt hier u. a. die Periode des Antichambrierens, nachdem ihm die durch Popowitsch besetzte Lehrkanzel der deutschen Sprache an der Universität Wien nicht gegeben wurde. Er kann sich mit der Wiener Protektion nicht anfreuden und faßt die Erfahrung, als seine Zeugnisse von der Universität, seine Aufsätze in französischer und englischer Sprache und seine gedruckten Stücke von den Mächtigen gar nicht angesehen wurden, im folgenden Dialog zusammen: Was will der Herr? Herr, ich suche eine Anstellung und wenn mich meine Verwendung unterscheiden wird, hoffe ich eine Beförderung. Von wem ist der Herr hergeschickt? Von Niemandem. Ich wußte, daß ein Mann an ihrem Platze zugänglich sein muß, und ich war überzeugt, daß die Verwendung bei Ihnen Jedermann den Zutritt öffnet. […] Wer verlangt denn nach allem dem [Vorgelegten] ! Ich frage, wird der Herr von Jemandem recommandiert?[…] ich dächte, der Herr ist wohl gar ein Lutheraner? Keineswegs. Wenigstens ist es des Herrn sein Deutsch! Und das Gedruckte da? Es sind Versuche von mir! So, ein Autor gar? Der Herr ist in meine Kanzlei zu gescheidt. [...] Um Vergebung, […] das wußte ich nicht, daß Ihre Untergebene keine gescheidten Leute sein dürften, auch wohl nicht vernünftig? Die Ursache läßt sich errathen und so bescheide ich mich wohl, bin ich in Ihrer Kanzlei nicht tauglich.[8] In dieser schwierigen Zeit ist der ambitionierte junge Absolvent der Universität und Verfasser der Programmschrift der von ihm mitbegründetetn Deutschen Gesellschaft (1761) gezwungen, eine Stelle des Rechnungsführers der Arciéren-Leibgarde anzunehmen. In seiner Schrift An mein Herz lautet es so: Hier fand ich mich in einer Stellung, von der ich damals glaubte, daß sie die Aussicht zu einer Verbesserung auf immer mir verschrenken würde; die ich aber heute als den eigentlichen Anfang meines Wohlstandes betrachten muß. Ich kam in Verbindung mit Freiherrn von Petrasch. Der Theaterreformator Petrasch (1714-1772), dessen Societas incognitorum eruditorum in terris austriacis in Olmütz in den Jahren 1746 – 1751 den ersten Versuch einer kosmopolitsch orientierten wissenschaftlichen Gesellschaft der Aufklärung in Österreich darstellt, war der erste Lieutenant der Garde und trotz des bestehenden Rangunterschiedes zwischen einem Untergeordneten und einem Vorgesetzten nahm er Sonnenfels in seine Haus auf. Dank seiner allseitigen Förderung entstand hier Sonnenfels´ Rede auf Maria Theresien und eine Empfehlung Petraschs an den publizistisch engagierten Juristen, Staatsrath von Borie, verhalf Sonnenfels 1763 zu der Berufung auf die neu gegründete Lehrkanzel für Polizei- und Staatswissenschaften. Der neue Professor startete anonym sein erstes Zeitschriftenprojekt: Fragmente des Vertrauten, das an die Vorbilder der moralischen Wochenschriften anknüpft. Er versteckt allerdings sein Anliegen, aufklärerisches Gedankengut zu verbreiten, hinter den Vorwand, Einblicke in das Geschehen in vornehmen Häusern zu vermitteln, ohne dabei die richtigen Namen der behandelten Personen preiszugeben. Die schon etwas aus der Mode kommende Form der moralischen Wochenschrift präsentiert er nur als Zugeständnis an die Zensur. So erregt er Neugierde der Leserinnen. Die staatstreue Gesinnung und sein moralischer Eifer lassen ihn allerdings folgende Zeilen gegen die lockere Rokokogesellschaft schreiben, die heute als unzumutbare Verletzung der Privatsphäre gelten würden und nicht einmal als Rechtfertigung der sensationslüsternen Medien akzeptabel wären: Die Gebieterin wird eine entehrende Vertraulichkeit zurücknehmen, dessen sie eine unbesonnene Magd gewürdiget, und sie wird ihren Ruhm in Sicherheit setzen. der feile Unterhändler, der mit seine Geheimnissen einen schändlichen Handel treiben durfte, wird gescheuet werden. Die Siege rascher Eroberer weden erschweret seyn: vielleihct würden sie nicht ungerühmt gesiegt haben wollen! In zahlreichen Gesellschaften, in engeren Kreisen, auch nur vertrauter Freunde, wird Zurückhaltung und Eingezogenheit herrschen. Noch einsam, wird man unsichtbare Zeugen scheuen, und seine Handlungen danach richten.[9] Dem heutigen Leser graut vor einer Welt, in der man vor Angst vor einem “Vertrauten” noch einsam, unsichtbare Zeugen scheuen wird und seine Handlung danach richten. Unsere Erfahrung mit Diktaturen läßt uns diese Zeilen des Aufklärers nicht unbedenklich finden, also ahistorisch lesen. Sonnenfels kämpfte damals mit gedruckten Spiegelbildern der Gesellschaft gegen die übermächtigen Gegner der Aufklärung. Und dieser Kampf der Publizisten gegen undurchsichtige Seilschaften am Hof und in der Kirche war in der Josephinischen Zeit erfolgreich oder führte wenigstens zur Ablösung der alten Strukturen durch neue. Sympathisch wirkt andererseits an diesen Fragmenten, wie sie mit eingerückten Leserbriefen und fiktiven Träumen die Kenntnis der fortschrittlicheren deutschen Literatur (Gleim, Hagedorn, Wieland) auch in Österreich verbreiten, wie sie sich doch an der Messerschneide des Lasziven bewegen, das sie bekämpfen wollen. Die bedeutendste und mit Unterbrechungen auch die am längsten erscheinende Wochenschrift Sonnenfels´ war Der Mann ohne Vorurtheil (1765-67). Der Verfasser, ein anderer Rousseau[10], flüchtet vor dem Gewühle der Stadt auf seinen Landsitz und nimmt sich eines edlen Wilden Capa-kaum an, mit dem er dann (auf Dringen seiner Leser) die Wiener Gesellschaft besucht. Ganz überraschend wirkt die Kritik an der zunftmäßigen Organisation des Handwerks (II/1, 6. Stück) u. die schonungslose Schilderung des Elends der bäuerlichen Bevölkerung (II/1, 1. Stück). Das Thema der Benachteilligung der Juden bleibt jedoch ausgeklammert. Verstreut findet man hier auch Kritik an dem Stegreiftheater. Systematisch kämpfte Sonnenfels gegen die Figur des Hanswurst am Wiener Volkstheater in seinen Briefen über die Wienerische Schaubühne (Wien 1768. Neudruck Graz 1988. Herausgeberin Hilde Haider-Pregler). Polemisiert hat er allerdings auch gegen Lessing, dessen Hamburgischer Dramaturgie er die meisten Anregungen verdankt. Sonnenfels ist vor allem als ein Mann bekannt , der sich um die Abschaffung der Tortur in Österreich verdient machte. Er konnte es wagen mit dem Fürsten Kaunitz als Rückendeckung, seine Einwände gegen die Folter in seinen Universitätsvorlesungen auszusprechen. Das wichtigste Argument gegen die Wirksamkeit dieser unmenschlichen Verhöre entlehnt er Grotius : Der Unglückliche auf der Folterbank wird lügen, wenn er die Marter zu ertragen, und lügen, wenn er sie nicht zu ertragen fähig ist.[11] Sonnenfels hatte wesentlich zur Herausbildung liberaler Verhältnisse in der österreichischen Literatur beigetragen und damit Voraussetzungen für die Entfaltung des literarischen Lebens der nächsten Generationen mit anderen Aufklärern geschafft. Schon im Mann ohne Vorurtheil II/2, bekennt er sich allerdings als Befürworter der staatlichen Zensur, in der er ein wichtiges Instrument des Staates zur moralischen und sprachlichen Erziehung des Publikums sah. Darin war er den Ideen des aufgeklärten Absolutismus verpflichtet, der zwischen der Rechtssicherheit und religiösen Toleranz einerseits und der Bevormundung des Einzelnen durch den Staat andererseits keinen Widerspruch sah. Schon nach den Josephinischen Judenpatenten (für Mähren 1782), die unter anderem das Studium den nicht getauften Juden ermöglichten, das grausame Familiantengesetz jedoch nicht außer Kraft setzten, kam Alois Isidor Jeittelles (1794 – 1858) in Brünn zu Welt. Er studierte in Prag und in Wien Medizin und verkehrte in der Kaiserstadt mit Beethoven, Grillparzer und den Schauspielern des Burgtheaters Seine literarischen Neigungen teilte er mit seinem Vetter Andreas Ludwig Jeitteles (1799 – 1878)[12], der nach seiner Konversion zum Katholizismus im Jahre 1828 sich in Wien habilitierte und zwischen 1834 – 1869 Professor der Medizin an der Olmützer Universität war und unter dem Namen Justus Frey Gedichte schrieb. Mit einem anderen Cousin, Ignatz Jeitteles (1783 – 1843)[13], gab Alois Jeitteles kurz das enzyklopädische Wochenblatt für Israeliten Siona (1819) heraus. Bleiben wir aber bei Alois Jeittles, der vor allem durch die Vertonung seiner Gedichte An die ferne Geliebte durch Beethoven bekannt wurde. Die Behauptung des Biographen Beethovens, Anton Schindler, Beethoven hätte die Kinder Israels in der Kunst gehaßt, ist also wenigstens in Bezug auf Alois und Ignaz Jeitteles nicht haltbar. Die Gedichte sind in dem Wiener Taschenbuch Aglaja erschienen [14], das 1819 bis 1832 Joseph Schreyvogel redigierte. Es ist kein dichterisches Meisterwerk, die Reimpaare Qual –Tal und Pein –sein wiederholen sich, aber die rhythmische Vielfalt und die Tonlage der Klage eines auf dem Hügel sitzenden und in das nebelige Tal blickenden Geliebten sprachen wohl Beethoven damals an. Er schreckte auch vor den abgedroschenenen Reimen Brust - Lust und von denjenigen Strophen nicht zurück, die gestehen, ohne „Kunstgepräng´ erklungen“ zu sein. Trotzdem erreichten die Lieder von Jeitteles „die Huldin“: wenn alle Kommunikationskanäle versagen, kann man immer noch sein Lied dem Westwind anvertrauen: Will denn nichts mehr zu dir dringen, Nichts der Liebe Bote sein? Singen will ich, Lieder singen, Die dir klagen meine Pein. Denn vor Liederklang entweichet Jeder Raum und jede Zeit, Und ein liebend Herz erreichet, Was ein liebend Herz geweiht! Die Reimkunst von Jeitteles war mehr für parodistische Zwecke als für Liebeslyrik geeignet. Leben und Dichtung wurden nach den Umwälzungen der Napoleonischen Kriege vom Fatalismus beherrscht, dessen typischer Ausdruck auf der Bühne die Modegattung „Schicksalsdrama“ war. Auch der bedeutendste österreichische Dramatiker Grillparzer erreichte seinen größten Erfolg mit seinem ersten Bühnenstück Die Ahnfrau, nicht mit den späteren und reiferen Werken, die aber diese Modegattung mieden. Zacharias Werners Einakter Der 24. Februar oder Adolf Müllners Stücke Der 29. Februar und Die Schuld feierten noch größere Publikumserfolge und provozierten durch ihre Stereotypen direkt zur Parodie. Jeitteles schrieb sie gemeinsam mit Ignaz Franz Castelli (1781 – 1862), dem Librettisten des höchst erfolgreichen sentimentalen Singspiels Die Schweizerfamilie (Wien 1810. Musik: Joseph Weigl). Sie nannten sie Schicksalstrumpf[15] (1818) und veröffentlichten sie in Leipzig unter dem Pseudonym von den Brüdern Fatalis. Die Handlung übertrifft die Schicksalstragödie an Unwahrscheinlichkeiten und wird von Moralino und Schicksal kommentiert. So fragt Kunigunde, warum ihr das alles geschehen sei. Und die Antwort Moralinos lautet: Weil das Schicksal war so dumm. Wär kein Schicksal dumm auf Erden, Könnten Trauerspiele werden??? Kunigunde freut sich darüber, ein Stoff zum Trauerspiel geworden zu sein. Weil sich ihr Mann zu schwach fühlt, sie wegen der Untreue umzubringen, bittet er darum das Schicksal, das zum Dolch wird. Ich glaube, Jeitteles´ Theaterfreunde haben sich bei der Parodie köstlich amüsiert. Seit 1821 lebte Jeittles als Arzt in Brünn, und versuchte hier, seine Übersetzungen Calderons zu veröffentlichen (es erschien nur der erste Band Das Fegefeuer des heiligen Patricius, 1924). Seine Zusammenarbeit mit dem Brünner Theater blieb auf ein einziges Stück beschränkt: nach einer spanischen Vorlage schrieb Jeitteles die Komödie Ddie Macht des Blutes, die am 28. 8. 1837 aufgeführt wurde. Von 1848 bis zu seinem Tode leitete er die Redaktion der Brünner Zeitung. Im Vormärz beginnt das Werk des ersten hier behandelten Autors, der es wagte, als freischaffender Journalist, Prosaiker, Philosoph und Lyriker sich und eine Familie zu ernähren. In Nikolsburg als Sohn eines wohlhabenden Kaufmanns geboren und in Brünn im Greisenalter gestorben, ist Hieronymus Lorm (1821-1902) ein Autor, der die Zeitungen zu füllen half, durch sein Handikap bekannt wurde und durch seinen Pessimismus der resignativen Stimmung in der Gesellschaft nach 1848 entgegenkam. Der junge Lorm wuchs in einem gastfreundlichen Haus in Wien auf und lernte Bodenstedt oder Auerbach früh kennen. Eine Freundschaft verband ihn mit Moritz Hartmann (seit 1842), den er im Exil unterstützte. Nach Lorms eigener Flucht ins Ausland konnte sich wieder er auf die Aufnahme in der Wohnung Hartmanns in Leipzig verlassen. Lorm, dieser gelähmte, seit seinem 16. Lebensjahr taube und seit 188l völlig erblindete Autor war freischaffend, d. h. schrieb unter Zwang, so viel zu schreiben, um davon leben zu können.S eine Überproduktion ließ ihn keine guten Prosawerke schreiben: Lesefutter nennt sie sein Biograph Karl Kreisler[16]. Seine Gedichte und philosophischen Versuche sind nicht uninteressant, aber in ihrem literarischen Wert häufig überschätzt worden. Am wichtigsten waren in den 40er Jahren seine Kritiken in Kurandas im Ausland erscheinenden Zeitschrift Grenzboten. Nach seiner Flucht aus Wien veröffentlichte er sie in Leipzig in Buchform als Wiens Poetische Schwingen und Federn (1847). In der Einleitung behauptet er provokant, die Dichtung in Österreich sei Zeitvertreib von Männern, die zumeist an den Staatsdienst gebunden, ängstlich besorgt sein müßten, ihre Stellung nicht zu gefährden., - mit einem Wort dilettieren. Lorm überschätzt hier seinen Freund Hartmann und ist all zu hart z. B. in seinem Urteil über Grillparzer. Erst bei Hermann Bahr um 1900 wurde das Wort Dilettant auf ihre lateinische Wurzel delectare zurückgeführt und wieder aufgewertet worden. Für Lorm war dilettieren eindeutig ein Mangel an Professionalität. Für ihn selbst war Literatur jedoch eine Brotarbeit - also kein viel besseres Los, als zwischen Amt und Kunst hin- und hergerissen zu werden. Lorms Gedankenwelt ist um den Begriff des grundlosen Optimismus[17] aufgebaut. Über den grundlosen Optimismus heißt auch der einleitende Essay in Lorms Band Philosophisch-kritischen Streifzüge aus dem Jahre 1873. Für dieses Buch erhielt er von der Universität Tübingen das Doktorat der Philosophie. Ein Glück, das Grund hat, geht mit ihm zu Grunde stündlich Und nur ein grundlos Glück ist wahr und unregründlich. Lorm verwirft die menschliche Existenz als ein sinnloses Unterfangen. Nur in der Stille des Nichtseins, in der Nirwana könne man noch die ursprüngliche göttliche Ordnung, Frieden und Ruhe erblicken. Außerdem offenbare sie sich dem Menschen im Naturgenuß. Lorm bekannte sich zu der hinduistischen Weisheit: Geborenwerden ist ein Verbrechen, so schwer, daß Todesstrafe darauf gesetzt ist. Dem gelähmten und blinden Dichter blieben nur Erinnerungen an einen weit zurückliegenden Naturgenuß. Nach 1881 konnte er sich mit seiner Tochter nur noch in einem speziellen Tastalphabet verständigen. Nie suchte er aber Zuflucht in einer religiösen Gemeinschaft, auch nicht der jüdischen. Er hielt sich für „absolut konfessionslos“ Jehovah war ihm ein launischer alter Rabbiner.[18] Wie verzerrt allerdings die Realität bei Lorm in seinen serienmäßig hergestellten, als Kulturbilder deklarierten Prosawerken wiedergegeben wird, zeigt seine längere Erzählung Eine mährische Gräfin.[19] Die Erzählung spielt 1847 und 1848 in Oberdöbling, in Brünn und auf dem Schloß Waltron in Mähren. Eine nicht unbedeutende Rolle fällt im Roman der Bankierfamilie Wentheim zu, hinter der man das Wiener Haus Wertheimstein vermuten kann. Lorm selbst hat seine Jugendgedichte der jungen Josefine Gomperz, der späteren Frau von Wertheimstein, gewidmet, die er 1841 in Brünn kennenlernte. Der jüdische Altersgenosse der Gräfin, der Bankier Wentheim wird aber in Übereinstimmung mit den damals verbereiteten antisemitischen Vorurteilen gechildert: als unsolide, nur auf eigenen Vorteil bedacht, das Äußere hervorkehrend, ein Erpresser. Salon Wentheim dient ihm nur als Statussymbol: Wentheim war in Wahrheit auch im geselligen Leben nur Spekulant ...[20] Erst sein Sohn Leander hat sich bessere Manieren angeeignet, ist ein Mann von Charakter. Er läßt die Familienfirma auflösen, um der Gräfin ihr Geld auszahlen zu können und steigt in die Politik ein – als Abgeordneter des Frankfurter Parlaments. Erst später wird er zum Industriellen, bleibt aber ledig, weil er die geliebte gräfliche Tochter nicht heiraten durfte. Die Tochter der Gräfin heiratet nämlich ihren Onkel, den dafür seine mütterliche Freundin lobt: Sie machen es dem Fürsten Richard Metternich nach, der ebenfalls seine Nichte heiratet, die Comtesse Pauline Sandor, die Tochter seiner Schwester.[21] In der Erfindung der unmöglichsten Verwicklungen ist Lorm ein Meister, in seinem Entgegenkommen dem Geschmack der Leser ist er bereit, die gängigen Vorurteile gegen die Juden oder gegen Frauen zu bestätigen. Max Grünfeld (1856 -1933) stammte aus Kremsier, studierte am Beth Hamidrasch und an der Universität Wien, wurde Religionsprofessor in Olmütz und unterrichtete dann 45 Jahre Geschichte an den Mittelschulen Brünn, davon ab 1920 am Reformrealgymnasium in der Hybešova 43, der einzigen jüdischen Mittelschule in den böhmischen Ländern. Grünfeld ist eine Ausnahme unter den hier behandelten jüdischen Autoren, weil er seine jüdische Identität nicht aufgegeben hat. Sein schmales literarisches Werk versucht Originale aus dem Kremsierer Ghetto seiner Jugend für Nachkommen zu bewahren. Er konnte an die Tradition der mährischen Ghetto-Geschichten von Eduard Kulke (1831 Kostel u Mikulova– 1897, Wien) anknüpfen, der zwar eine technische Ausbildung hatte, weil er aber keine Hochschulkarriere machen konnte, eher als Musikkritiker und Wagnerianer bekannt wurde. Seine Ghetogeschichten erscheinen schon in den 60er und 70er Jahren: Aus dem jüdischen Volksleben (Hamburg 1871) und Geschichten (Leipzig 1869). Das Erzählen ermöglicht Grünfeld, seinen Lesern oder Hörern jiddische oder hebräische Worte beizubringen und das Ghettoleben mit seinem Brauchtum aus der Zeit vor der Assimilation festzuhalten. Im Jahre 1895, als das Genre der Ghetto-Geschichte kaum mehr gepflegt wurde, erschien in Prag sein Band Die Leute des Ghetto. Realistische Erzählungen und Schilderungen. Sowohl der humoristische Ton, der sich von der sentimentalen Stimmung der ersten Ghettogeschichten Leopold Komperts sympathisch abhebt, als auch die Stellung eines Nachgesangs auf dieses Genre verbindet ihn mit dem etwas redseligeren und tschechisch schreibenden Vojtěch Rakous (1862 – 1935).[22] Weil Grünfelds Werk auf dieses Genre beschränkt blieb und Grünfeld sich sonst vor allem als Prediger in Brünn einen Namen machte, wurde er häufig aus dem Kontext der deutschsprachigen Literatur in Mähren ausgegrenzt. Grünfelds Repertoire der Originale aus dem Ghetto ist tatsächlich nicht allzu umfassend. So wiederholt er in dem Band mit dem etwas irreführenden Titel Mährische Dorfjuden[23] in einer noch schlichteren, an das Mündliche angelehnten Erzählweise seine Erinnerungen an das Kremsierer Ghetto: an eine Sitzengebliebene als Fräulein Rosa[24], an Die Nebenbuhler als Einige Schnurren Mendels, des Schalksnarren, Die Turmuhr und die Rindsfelle[25], seine Erzählung über Maier-Beer zerfällt in mehrere, miteinander noch nicht verbundene andererseits jedoch anekdotenhaft zugespitzte Erinnerungen, wie z. B. Majer Gleser und die Sudah[26]. Der Unterschied zwischen dem Band Die Leute des Ghetto und Mährische Dorfjuden liegt unter anderem darin, daß Grünfeld offener nach dem Prinzip Naturalia non sunt turpia verfährt, z. B. in dem Text Nuche in die zweite Zerstörung Jerusalems (der 2. Chorban)[27]. Die Motive in der älteren Fassung sind mehr gebündelt (das Thema der rivalisierenden Fellhändler wird auch noch mit dem Motiv der unverheirateten Töchter gekoppelt) und erzählerisch abgerundet. Jakob Julius David (1859 – 1906) ist heute ein außerhalb Österreichs vergessener Novellist und Romanschriftsteller, und das zu Unrecht. Von seinem Dichterstolz zeugt seine Trennung vom Verleger Minden, von dem er seinen Band Lyrik zurückkasufen will[28]: Mit Ausnahme meines Bändchens führen Sie nur noch Lorm, mit dem ich - heißen Sie mich größenwahnsinnig, wie Sie wollen – nicht konfundiert werden möchte. David entstammte einer jüdischen Pächterfamilie aus Nordmähren, wuchs im Kuhländchen auf und besuchte das Kremsierer und Troppauer Gymnasium. Weil er in eine Katholikin verliebt war, konvertierte er in Wien, ohne dadurch die Dame für sich gewinnen zu können. Roman Rocek nannte ihn „Dichter zwischen den Zeiten, den Moden, allen Geschmacksrichtungen und allen Weltanschauungen“. An den Naturalismus erinnert die distanzierte Darstellung, die Vermeidung einer emotionellen und mitleidvollen Haltung gegenüber seinen Figuren. Er greift das Zentralthema der Jahrhundertwende - das Verhältnis von Kunst und Leben - auf, allerdings aus der Position eines sozial deklassierten Künstlers. Karl Kraus nannte ihn einen der wenigen anständigen Menschen der hiesigen Literatur (in der Fackel Nr. 2001). Vor allem sein Wiener Roman Am Wege sterben (1900), ein Zeitdokument über das Leben von fünf Studenten aus Mähren und Schlesien in Wien , widerspricht dem Klischee vom prächtigen Wien der Jahrhundertwende. Auch seine Bauerndarstellung entsprach nicht der damals populären Heimatliteratur und ihren Stereotypen. Jüdische Gestalten kommen in seinem Werk selten vor. In der Novelle Cyrill Wallenta (1904) gibt es eine Randfigur –der jüdische Kneipenbesitzer Moses, im Höferecht ist eine die Rolle des Mautjuden Bergmann deutlicher gezeichnet. Am ausführlichsten wird Simon Siebenschein im Roman Am Wege porträtiert. Für ein verkapptes Selbstporträt kann man Davids Novelle Ein Poet? halten. David selbst hielt sie für seine beste Novelle. Es ist die Geschichte eines verhinderten Dichters, den seine not zwingt, immer nur auf der Jagd nach noch neuen Sensationen für seine Zeitungsberichte. Seine dichterischen Ambitionen verbirgt er in den Beschreibungen der Umstände der berichteten Unglücksfälle. Ein abend mit seinem als Journalist schon gut etablierten, überheblichen Mitschüler beschleunigt seine Entschluß, sich zu erschießen. ein sachlicher Bericht über den eigenen Tod trifft genau den von den Redaktionen erwünschten Zeitungsstil, dem er sich nicht anpassen wollte. Die Pointe der Novelle spricht der mächtige Redakteur, dessen entgegenkommen den Selbstmörder Josef Bernhofer von seiner Tat hätte abbringen können: Es ist schrecklich jetzt, wo der Mensch schreiben kann, jetzt erschießt er sich. Für die Witwe spendet er etwas Geld und regt eine Sammlung an. Auch David galt als der Unangepaßte, der die Regeln des Literaturlebens im Zeitalter der Neuen freien Presse nicht akzeptieren wollte und deshalb es nie zum Ruhm gebracht hat, obwohl sein Werk sicher zum besten zählt, was das deutschsprachige jüdische Mähren hervorgebracht hat. Versuchen kurz zusammenzufassen: Sonnenfels lernt Österreich in einem rhetorisch vollendeten, dem damaligen österreichischen Ohr lutherisch klingenden Deutsch zu schreiben und die Amtssprache zu vereinheitlichen. Nur zwischen Zeilen kann man lesen, mit welchen Schwierigkeiten und Intrigen der zum Katholizimsus konvertierte Jude zu kämpfen hatte. Jeitteles versucht vergeblich die Bemühungen seiner Wiener Jahre in Brünn fortzusetzten. Auch dem dem Ende der Metternichära erwies sich seine Brünner Zeitung als keine passende Platform für einen literarischen Diskurs. Lorm kritisiert die literarischen Verhältnisse im Vormärz-Österreich, schreibt aber später völlig im Einklang mit den Erwartungen seiner nicht allzu gebildeten Leser. Im Unterschied zu den Prager Autoren um die Zeitschrift Herder-Blätter waren die meisten mährischen jüdischen deutschsprachigen Autoren weniger für die tschechische Kultur interessiert als die Prager. ________________________________ [1] Wiener (1873 –1944), älter und traditioneller orientiert als die Generation der Herder-Blätter (vier Hefte 1911/12), war Autor des Prager Romans Im Prager Dunstkreis, 1919, und Herausgeber der Anthologie Deutsche Dichter aus Prag, 1919. [2] Die Ständeakademie wird 1847 von Olmütz nach Brünn verlegt und 1849 in eine technischen Bildungsanstalt umgewandelt, von der Olmützer Franzensuniversität (1827 – 1855) bleibt nach 1855 nur noch die Theologische Fakultät, die Gründung der Brünner technischen Hochschule verzögert sich: erst im Jahre 1873 ensteht die deutsch dominierte Hochschule, neben der seit 1899 die tschechische technische Hochschule exisitert. [3] Vor allem Moderne Dichtung (1890-1891) und Der Mensch (1918). [4] Greiner ( [5] Flesch entstammte einer jüdischen, seit zwei Generationen getauften jüdischen Kaufmannsfamilie, die in Brünn reich geworden war und in den erblichen Adelsstand als „Edle von Brunningen“ erhoben wurde. Seine Mutter übersiedelte mit ihrem dreijähjrigen Sohn nach Abbazia, heute Opatija, um ihrem Geliebten, einem Linienschiffskapitän der K. u. k. Kriegsmarine, nahe zu sein, ließ sich scheiden und lebte später in Wien, wo Flesch-Brunningen schon die Volkschule besuchte. Brünn wird in seinen Lebenserinnerungen Die verführte Zeit (1988) gerade nur im Zusammenhang mit der Herkunft seiner Eltern erwähnt. Die Mutter, geborene Brosch, war Nichte ihres Ehemannes. [6] Sonnenfels gesammelte Schriften. Wien, mit von Baumeisterischen Schriften, 1783. S. 5 [7] Willibald Müller: Josef von Sonnenfels. Biographische Studie aus dem Zeitalter der Aufklärung in Österreich. Wien: Wilhelm Braumüller: 1882. s. 12 und 13. [8] Ebenda, S. 18. [9] Sonnenfels gesammelte Schriften. Wien, mit von Baumeisterischen Schriften, 1783. S. 96 ff. – bei der Paginierung der Fragmente S. 16. [10] Ebenda. S. 105. [11] Ebenda. An mein Herz, Blatt 5. [12] Lucy Topoľská: Olomoucký německý básník Justus Frey. In: Gaudeamus, Olomouc VSMO 1973, S. 39ff. [13] Ignatz Jeittles Hauptwerk ist Ein alphabetisches Handbuch zur Theorie der Phi- losophie des Schönen und der schönen Künste(2 Bde., Wien 1835/36. Neudr. Hildesh./New York 1978), das im Gegensatz zu seinen journalistischen Beiträgen im Vormärz Zählen seine Journalbeiträgen seine konservative, der Goethe-Zeit nicht mehr gerechten Ansichten verrät. [14] 1820 erschien in diesem Almanach Grillparzer Gedicht Campo vaccino, das der »riesigen Ver- gangenheit« die »neue, flache Zeit« gegenüberstellte und Grillparzer bei Hof verdächtig machte. [15] Ein Wortspiel mit dem weggelassenen Fugen-S: ein Trumpf des Schicksals, aber auch der schicksalhafte Strumpf, um den sich die Handlung dreht. [16] Karl Kreisler: Hieronymus Lorm. Schicksal und Werk. Veröffentlichung der Dt. Gesellschaft für Wissenschaft und Kunst in Brünn.Verlag L & A. Brecher, Brünn 1922. S. 27. [17] So heißt auch sein Buch (1894). [18] Kreisler, a. o. z. W. S. 104/105. [19] Weihnachtsgabe des Vereines "Deutsches Haus" in Brünn an seine Mitglieder. Verlag des Vereines Dt. Haus in Brünn 1897. Druck von Rudolf M. Rohrer in Brünn. [20] Ebenda, S. 54. [21] Ebenda, S. 190. [22] Vojkovičtí a přespolní (1910). [23] Dr. Max Grünfeld: Mährische Dorfjuden. Eine Sammlung von heiteren Erlebnissen, Erinnerungen, Erzählungen aus dem mährischen Ghetto. Brünn: Jüdischer Buch- und Kunstverlag Brünn, Adlergasse 9. [24] Ebenda, S. 42 – 44. [25] Ebenda, S. 46 – 48. [26] Der Dorfgeher. Ghettogeschichten aus Alt-Österreich. Hg. Günther A. Höfler, Ingrif Spörk. Leipzig: Reclam, 1997. S. 125: „Er aß nicht, nein, er fraß mit einer gewissen Bersekerwuth.“ [27] Ebenda, S. 22 – 23. [28] Davids Brief vom 18. 8. 1899 an Minden. Zietiert nachHermann Groeneweg: J. J. David. In seinem Verhälnis zur Heimat, Geschichte, Gesellschaft und Literatur. Graz: Wächter-Verlag 1929. ________________________________ [.1]