Stefan Zweig beschreibt in seiner Novelle Vierundzwanzig Stunden aus dem Leben einer Frau, wie die 42-jährige Witwe die Hände eines 24-jährigen Speilers betrachtet. Egon Hostovský, der Übersetzer von von Zweig, beschreibt, wie schwierig es war, für Zweigs Beschreibungen der der Gestik und Mimik tschechische Ausdücke zu finden. Das einzig wandelhafte werden bei einer solchen perspektivischen Einstellung dann die Hände – die vielen hellen, bewegten, wartenden Hände rings um den grünen Tisch, /.../ jede ein Raubtier, zum Sprung bereit, jede anders geformt und gefärbt, manche nackt, andere mit Ringen und klirrenden Ketten aufgezäumt, manche behaart wie wilde Tiere, manche feucht und aalhaft gekrümmt, alle aber angespannt und vibrierend von einer ungeheuren Ungeduld. Unwillkürlich mußte ich dann an einen Rennplatz denken, wo im Start die /340/ aufgeregten Pferde zurpückgehalten werden, damit sie nicht vorzeitig losprellen: genauso zittern und heben und bäumen sie sich. Alles erkennt man an diesen Händen. Stefan Zweig: Novellen, Bd. 2. Aufbau-Verlag Berlin 1980 (2. Aufl.) Vierundzwanzig Stunden aus dem Leben einer Frau. S. 339 Auch bei anderen Autoren ist die Körpersprache m,anchmaml wichtiger als die verbalen Äußerungen: Als er oben am Hügel mit dem jungen Mädchen auf dem kurzen trockenen warmen Grase lag, in der Abendsonne, berührte er leise[1] ihre Hand. Altenberg: Wie ich es sehe. Deutsche Literatur von Lessing bis Kafka, S. 89 Der junge Mann an ihrer rechten Seite betrachtete diese Hand wie ein lebendig gewordenes Kunstwerk; sie war so fein, so weiss und so beweglich. Jeder Finger war wie eine schlanke Ballerine und im Handgelenke ging das ganze kleine Kunstwerk auf und ab wie in einem Scharnier aus Stahl und Kautschuk. Altenberg: Wie ich es sehe. Deutsche Literatur von Lessing bis Kafka, S. 147 Der Gast erhebt sich leise, streckt die Hand ein wenig aus, wie segnend, geht fort. Altenberg: Was der Tag mir zuträgt. Deutsche Literatur von Lessing bis Kafka, S. 662 Langsam kam sie heran, stützte sich auf die Sessellehne. Sie strich wieder mit den flachen Händen über seine Haare. Dann setzte sie sich langsam nieder. Altenberg: Was der Tag mir zuträgt. Deutsche Literatur von Lessing bis Kafka, S. 678 »Schön Dank!« erwiderte Sender, schlug herzlich in die dargebotene Hand ein und drückte sie warm. Franzos: Der Pojaz. Deutsche Literatur von Lessing bis Kafka, S. 38459 Er streckte dem Lehrling die Hand hin. Aber dieser tat, als sähe er es nicht. Franzos: Der Pojaz. Deutsche Literatur von Lessing bis Kafka, S. 38493 »Ich weiß doch nicht, Herr Graf«, nahm jetzt Lewin unter verbindlicher[2] Handbewegung gegen Drosselstein das Wort. »ob ich Ihnen zustimmen darf. Fontane: Vor dem Sturm. Deutsche Literatur von Lessing bis Kafka, S. 26077 Ich konnte nur durch eine matte Handbewegung antworten; Stopfkuchen warf noch einen Blick in die Gasse und einen hinter den Schenktisch und sagte: Raabe: Stopfkuchen. Deutsche Literatur von Lessing bis Kafka, S. 139892 Der Arzt erhob sich mit höflichem Lächeln, trat mit den Assistenten ans Fenster und sagte ein paar Worte, die er mit einer waagerechten, schwankenden Handbewegung begleitete. Rilke: Die Aufzeichnungen des Malte Laurids Brigge. Deutsche Literatur von Lessing bis Kafka, S. 142361 Er lächelte und machte ein paar schnelle, sprunghafte Bewegungen mit seinen kleinen weißen Händen, die bedeuten wollten, daß er ungemein beschäftigt sei. Rilke: Die Aufzeichnungen des Malte Laurids Brigge. Deutsche Literatur von Lessing bis Kafka, S. 142362 »Grandezza«, wollte er sagen. Er suchte das Wort, fand es nicht und ersetzte es durch eine Geste. Ball: Flammetti. Deutsche Literatur von Lessing bis Kafka, S. 9576 »Ach!« replizierte der Mondmann mit einer wegwerfenden Geste und ließ sich auf die Bank kraftlos niederfallen. Panizza: Dämmrungsstücke. Deutsche Literatur von Lessing bis Kafka, S. 135275 ... blieb er noch einen Augenblick stehen, legte den Daumen seiner rechten Hand an die Nase, die übrigen vier Finger schnell bewegend – eine Geste, die für Oswald weniger schmeichelhaft, Spielhagen: Problematische Naturen. Erste Abtheilung. Deutsche Literatur von Lessing bis Kafka, S. 152632 ________________________________ [1] Synonym: sanft [2] in einer Art, die das Gefühl persönlichen Entgegenkommens verbreitet, freundlich, liebenswürdig