Jakob Wassermann *1873 Fürth, † 1. 1. 1934 Altaussee/Steiermark der deutsche Balzac (so Stefan Zweig) Carl Jacob Burckhardt (1891 - 1974), Großneffe des Kulturhistorikers Jac. Burckhardt wirft Wassermann epische Indiskretionen vor Schnitzler über JW: Physische Energie, rigorose Disziplin und vor allem ein «Selbst-vertrauen, das nie intermittiert» (nachlässt) Burckhardt über JW (nach Dirk Niefanger) Der gute Wassermann mit seinen Fieberhaft gesammelten Stoffen, geschäftig wie ein amerikanischer Bildreporter! Bliebe es beim "Photografieren", einer Hauptliebhaberei unserer Tage, so wäre das nicht so schlimm, denn im Grunde photographiert er gutmütig.Schlimm ist, dass er seine Bilder unbedenklich mischt und kombiniert. (Geschichte aus meiner Schulzeit - Fapelhafter Stoff, sagte KW und begann aufzuschreiben) Es ist ein heikles Ding, wie der Schriftsteller sich verhalten soll, wenn er vor die Notwendigkeit gestellt ist, Personen seines Umgangs, ja solche, die nur harmlos seine Nähe gesucht haben, in seine dichterische Welt zu transponieren.In der Jugend ist man darin ziemlich unbedenklich; ich zum mindesten war es; man nimmt es auf sich; brechen alte Bande, knüpfen sich neue; man ist stolz darauf, vor nichts zurückzuschrecken, auch vor heillosen Übergriffen nicht; alles soll die Kunst wieder gut machen, auch wo man menschlich sich vergangen hat, als ob das möglich wäre. Ich hatte einmal, in den Zigeunerjahren, einen Ehrenhandel mit einem Schauspieler, einem ganz famosen Mann, den ich in einer leichtsinnig hingeschriebenen Geschichte als komischen Hahnrei geschildert und dem Gelächter einer literarischen Kaffeehausgesellschaft preisgegeben hatte. Schnitzler über den beneideten Grossverdiener Kritik an Wassermanns Neigung zu Weitläufigkeit und Disproportion, die aus Schnitzlers Sicht die Einheit eines Kunstwerkes unterminieren können. Lorenzo Bellettini: Der Seismograf und der Grosserzähler die Wirksamkeit von Spannung und Überraschungs-effekten – und zwar derart, dass die zeitgenössische Kritik viele seiner Werke als «Sensationsliteratur» und gar «Filmromane» ansah. Der Weg ins Freie als Antwort auf Die Juden von Zirndorf Ernst von Wolzogen 1894 wurde JW in München Sekretär von Ernst von Wolzogen, der JWs literarische Begabung erkannte und ihn dem Verleger Albert Langen empfahl. Mit Melusine. Ein Liebesroman (Mchn. 1896) erschien das erste Buch Wassermanns. Melusine Aber sie ist ein Rätsel, ein Geheimnis. Nicht umsonst heißt sie Melusine. Aber er wollte diese Gedanken ersticken, darum küßte er sie auf die Augenbrauen, in das Haar, auf den Hals, auf die Stirn, auf die Lider, auf die Wangen, küßte ihre Thränen fort und dann wieder auf die Lippen, daß sie sich öffneten wie Kelche und er die Zähne küßte. Als ob sie sich hätte wehren wollen, hielt sie sein Handgelenk fest und bäumte sich bisweilen auf, bevor sie sich seinen Küssen ganz hingab. Dann umarmte sie ihn, und aufschluchzend und immerfort weinend, klammerte sie sich fest an ihn. „ Es ist vergeblich, für sie zu leben und für sie zu sterben. Sie sagen: er ist ein Jude.“ Adéla Miklasová: Wassermanns Hassliebe zum Judentum. Bestseller Während seiner dreijährigen Tätigkeit als Lektor beim "Simplicissimus" lernt er Thomas Mann, Rainer Maria Rilke und Hugo von Hofmannsthal kennen. Später war er Theaterkorrespondent in Wien. 1908 Caspar Hauser oder die Trägheit des Herzens 1915 Das Gänsemännchen 1928 Der Fall Maurizius Gänsemännchen Dorothea Nothafft, geborene Döderlein. Daniels dritte Ehefrau. Philippine Schimmelweis, Daniels Cousine ,die sich um Dorotheas Sohn kümmert. Schließlich sieht Daniel im Traum das Gänsemännchen: er sieht seine Fehler ein. Frauen haben ihn geliebt. Er hat die Liebe nicht erwidert, sondern nur seiner Musik gelebt. Der Fall Mauritius Der zu lebenslänglicher Haft Verurteilte Mauritius sitzt seit mehr als 18 Jahren im Zuchthaus, weil er seine Ehefrau erschossen haben soll. Etzel ist nach dem Studium der ihm vom alten Maurizius übergebenen Zeitungsartikel über den Prozess von der Unschuld Maurizius' überzeugt. Da er „über einen auffallenden Scharfsinn oder Spürsinn, eine Art Indianerinstinkt [verfügt], wenn es gilt, verborgene Dinge oder Umstände ans Licht zu bringen“. Klaus Mann in seinem Lebensbericht Der Wendepunkt andere machten von ihrem Weg von Wien nach Berlin bei uns Station – Jakob Wassermann zum Beispiel, zugleich schalkhaft und finster, voll sinnender Würde, plump, gravitätisch. (101) Im Zusammenhang mit Selbstmord von Tucholsky und Max Alsberg Jakob Wasermann starb eines natürlichen Todes, der ihm aber nicht so sehr unwillkommen gewesen sein dürfte. Der gewaltig fleißige alte Geschichtenerzähler und innig bemühte Denker, er hatte sich seinen Weg als Deutscher und Jude gar sauer werden lassen. Gegen Ende erschien seine Miene, die niemals heiter gewesen war, zerfurcht, zerwühlt von Gram und Müdigkeit. Er wollte seine Ruhe. (357) Der Literat :oder Mythos und Persönlichkeit Insel-Verlag, 1910 Der Jude als Europäer, als Kosmopolit ist ein Literat; der Jude als Orientale, nicht im ethnographischen, sondern im mythischen Sinne, als welcher die verwandelnde Kraft zur Gegenwart schon zur Bedingung macht kann Schöpfer sein. Worin besteht das Trennende? fragte ich. Im Glauben? Ich habe nicht den jüdischen Glauben, du hast nicht den christlichen. Im Blut? Wer will sich anmaßen, Blutart von Blutart zu scheiden? Gibt es blutreine Deutsche? Haben sich Deutsche nicht mit französischen Emigranten vermischt? Die Juden von Zirndorf, 1897 Als ich im Alter von dreiundzwanzig Jahren die »Juden von Zirndorf« schrieb, griff ich einerseits zurück in Urbestände, Ahnenbestände, in Mythos und Legende eines Volkes, als dessen Sprößling ich mich zu betrachten hatte, und wollte andrerseits auch das gegenwärtige, das werdende Leben dieses Volkes in einem mythischen, sehr vereinfachten, sehr zusammenfassenden Sinn gestalten. Realen Boden für beides gab mir die Landschaft, die mich hervorgebracht, die fränkische Heimat. Die Juden von Zirndorf, 1885 in Mittelfranken: Der junge Agathon in Zirndorf, Fürth und Nürnberg Es war Aussprache, Bekenntnis, Befreiung von einem Alp, der meine Jugend zermalmt hatte. Für viele in Verwandlung Begriffene war es Mitbefreiung, und sie fühlten sich bestätigt. /.../ Andere lästerten; ich galt ihnen als Abtrünniger, sie liebten in diesem Bezug keinerlei Öffentlichkeit des Verfahrens und fanden jede Politik außer der des Schweigens töricht und schädlich. Die deutsche Welt verhielt sich gleichgültig oder ablehnend bis auf einige unbürgerliche Gruppen, die für die Dichtung als solche und ihre Gestalten empfänglich waren; im allgemeinen begnügte man sich damit, das Buch einzuordnen und es im Museum der Literatur einstweilen bestehen zu lassen. Den Aufsichtsbeamten der Kunst und des Geschmacks war ich ein Greuel. Agathon „Er empfand eine eherne Zusammengehörigkeit zwischen sich und seinem Volk, und doch haßte er dies Volk – jetzt mehr als je.“ Agathon als jüdischer Antisemit, der mit Juden nichts mehr haben will. Stefan Gudstikker: „Ich bin der Ansicht, er läßt sich auch gar nicht leugnen, daß unsere ganze Kulturkrankheit Judentum heißt“. Agathons Aufsatz über die Zustände im Schulwesen. „ Wenn wir sie (die Schule) verlassen, wissen wir vielleicht, was wir werden sollen, aber das ist kein Beruf [...] Warum fürchtet man den Lehrer oder verachtet ihn, statt ihn zu lieben? [...]Jeder, der ins Leben tritt, muß erst euch und eure Schule und eure Lieblosigkeit vergessen; vielleicht kann er dann Festigkeit erlangen. Aber glücklich wird er nie.“ MWaDt u J Genau betrachtet war man Jude nur dem Namen nach und durch die Feindseligkeit, Fremdheit oder Ablehnung der christlichen Umwelt. Max Frischs Andorra Kap. 9 Ich fühlte mich als Mitglied einer Nation, gleichgeordnet als Mensch, gleichberechtigt als Bürger; da mich aber ein Beliebiger ohne zureichenden Grund […] als untergeordnetes Wesen behandeln dürfte, so beruhe entweder mein Gefühl auf einem Irrtum, oder die Übereinkunft, von der es gestützt gewesen, sei Lüge und Betrug. Theodor Lessing * 1872 Hannover, † 30. 8. 1933, Marienbad „Der jüdische Selbsthaß“ entstand 1930 und berücksichtigt Jakob Wassermanns Werke aus den jahren 1897 bzw. 1921. Fragen zu MWaJuF Wann begann nach JW die Blütezeit der Fürther Gemeinde? Was versteht er unter Matikelgesetz? Welche Umstände trugen zur größeren Toleranz bei? Warum musste er nach dem Tode meiner Mutter, als neunjähriger Knabe, jeden Morgen mit Sonnenaufgang, jeden Abend mit Sonenuntergang, am Sabbath und an Feiertagen auch nachmittags ein Jahr hindurch gehen ? Was meint er mit einem orientalischer Trieb in seinem Blute? Antworten aus MWaDtuJ Vermehrung und Blüte trat wahrscheinlich erst zu Ende des 15. Jhs ein, als die Juden aus dem benachbarten Nürnberg vertrieben wurden. das Verfahren der Scheheresade ins Kleinbürgerliche übertragen;