Liebe Studierende, lesen Sie bitte bis Freitag diesen Text und bearbeiten Sie dazu die folgenden Aufgaben: 1) Schreiben Sie eine kurze Zusammenfassung der Situation. 2) Beschreiben Sie, was die jungen Spanier fühlen (oder was Sie denken, dass sie fühlen) – Bezug zu Deutschland, dem eigenem Land und zu Europa. 3) Welche Institutionen oder Organisationen werden erwähnt. Schreiben Sie eine kurze Charakteristik zu ihnen. Gibt es solche auch in Ihrem Heimatland? - welche kenne Sie, was sind ihre Aufgaben? (bereiten Sie diesen Punkt nur in Stichpunkten vor) 4) Schreiben Sie die Stellen im Text, an denen direkte Rede vorkommt, mit indirekter Rede um. 5) Schlagen Sie die unterstrichenen Wörter im Text in einem Wörterbuch nach und erklären Sie die Begriffe, z.B. durch den Gebrauch von Synonymen oder Antonymen. Gestrandet in Erfurt Arbeitsvermittler haben 120 Spaniern eine Lehrstelle und festes Gehalt in Thüringen versprochen. Als die jungen Leute ankamen, wurde nichts davon wahr. von Anne Fromm Ivan Almarza Fernandez versteht noch nicht viel Deutsch, aber ein Wort macht ihn richtig wütend: morgen. Zu oft hat der Spanier es seit seiner Ankunft in Erfurt vor vier Wochen gehört, zu oft ist nichts passiert. "Morgen melden wir euch bei der Stadtverwaltung an." "Morgen bekommt ihr einen Ausbildungsvertrag." "Morgen bekommt ihr eure Reisekosten erstattet." Nichts von dem, was Kerstin S. – die Arbeitsvermittlerin, die Almarza und weitere rund 120 Spanier nach Erfurt geholt hat – versprochen hat, ist bisher geschehen. Für Almarza ist klar: "S. ist eine Betrügerin, die mit uns Geld machen wollte." Während der junge Spanier das sagt, sitzt er mit eingezogenem Kopf auf dem unteren Teil eines Hochbetts aus weißem Metall. Mit elf anderen Spaniern teilt er sich das Zimmer im Keller einer ehemaligen SED-Parteischule. Die Betten stehen eng nebeneinander, dazwischen Gepäck, Klamotten, dreckiges Geschirr. Es gibt nur eine Dusche für 30 Leute, seit wenigen Tagen auch eine kleine Küche für alle. Es stinkt nach Toilette, Schweiß und dem Muff der letzten 50 Jahre. "Das Gebäude hat eine lange Geschichte", sagt Almarza und lacht. Seine eigene Geschichte gibt ihm zur Zeit weniger Grund zum Lachen: Zwölf Jahre lang hat der 28-Jährige in Madrid als Elektriker gearbeitet. Das Geschäft lief gut, Anfang 2000 erlebte Spanien einen Bauboom – Elektriker waren gefragt. Aber seit vier, fünf Jahren gehen die Aufträge zurück, seit einem Jahr ist Almarza arbeitslos, wie die meisten seiner spanischen Freunde. Große Versprechungen Almarza wollte weg und stieß bei der Suche auf Sven K., einen Deutschen, der in Madrid die Arbeitsvermittlungsagentur Sphinx Consulting betreibt. K. arbeitet zusammen mit Kerstin S. von der Erfurter Vermittlungsagentur X-Job. Über die beiden erfuhr Almarza von The job of my life, einem Programm des Bundesarbeitsministeriums und der Bundesagentur für Arbeit, mit dem Auszubildende und Fachkräfte aus dem europäischen Ausland Fördermittel für Praktika und Lehrstellen sowie Sprachkurse in Deutschland bekommen können. Private Arbeitsvermittler wie K. und S. suchen im Rahmen des Programms Arbeitslose im Ausland und bringen sie in Kontakt mit deutschen Firmen. Was K. und S. Almarza versprachen, klang rosig: Eine Lehrstelle in Thüringen, monatlich 818 Euro – bezahlt von der Ausbildungsstätte und mit Geldern aus dem Förderprogramm, 300 Euro Willkommensgeld und die Rückerstattung der Flugkosten, denn bisher hat Almarza den kompletten Umzug von seinen Ersparnissen bezahlt. Andere Spanier haben zusätzlich zu den Umzugskosten für den Sprachkurs in Spanien 150 Euro vorgestreckt, auch die sollten sie in Deutschland wiederkriegen. Obwohl er Geld vorlegen musste, überlegte Almarza nicht lange. Deutschland ist für ihn das perfekte Land: seriös, gut organisiert und höchst vertrauenswürdig. "Was die Deutschen anfangen, machen sie hundertprozentig", sagt Almarza. An dem Angebot von K. und S. habe er daher keine Zweifel gehabt. Der junge Mann begann einen Deutschkurs und saß sechs Wochen später im Flieger nach Deutschland. Almarza war kaum in Erfurt, da erfuhr er die erste große Ernüchterung: Vermittlerin S. brachte ihn und 20 andere Spanier in eine Industriebaracke am Rand der Stadt. Dort gab es keine Heizung und der Bus in die Stadt fuhr nicht einmal jede Stunde. Sie sollten ein bisschen Geduld haben, sagte S. den jungen Spaniern. "Morgen" bringe sie die Ausbildungsverträge. "Inakzeptable" Arbeitsweise Nach zwei Wochen Warten reichte es den Spaniern. Sie drehten in ihrer Unterkunft ein Video und schickten es an spanische Medien. Die Nachricht der in Deutschland gestrandeten Arbeitslosen verbreitete sich rasend schnell, seitdem waren viele spanische Journalisten in Erfurt. Die jungen Arbeitslosen wandten sich auch an das Welcome Center, einer neu eröffneten Anlaufstelle für ausländische Arbeitskräfte in der Erfurter Innenstadt. Dort war man überrascht: Weder die Wirtschaftsverbände, noch das Landeswirtschaftsministerium wussten von den Ausbildungssuchenden. Mittlerweile hat sich das Ministerium der Spanier angenommen. Der zuständige Minister, Matthias Machning (SPD), nannte die Arbeitsweise der beiden Arbeitsvermittler "inakzeptabel und wenig verantwortlich". Kerstin S. hingegen ist sich keiner Schuld bewusst. Die Fehler, sagt sie, seien bereits in Spanien passiert: Dort hab ihr Kollege Sven K. die jungen Leute nicht richtig auf Deutschland vorbereitet, habe ihnen verschwiegen, dass es dauern wird, bis sie ihr Geld zurückbekommen. Damit habe sie nichts zu tun gehabt. Sie sei lediglich für die Vermittlung in Erfurt zuständig und hier liege der Fehler bei den Ausbildungsbetrieben, die S. mehr Stellen gemeldet hätten, als sie am Ende tatsächlich zur Verfügung stellen konnten. Marion Irmer, Ausbildungskoordinatorin bei der Erfurter Handwerkskammer sieht das ein bisschen anders. Sie sagt, Kerstin S. habe sich Anfang dieses Jahres an die Kammer gewandt und gefragt, ob Erfurter Betriebe Bedarf an ausländischen Auszubildenden gäbe. Die Handwerkskammer bejahte. "Eine Kooperation oder gar ein konkreter Auftrag mit der Firma X-Job ist daraus nicht entstanden", sagt Irmer. Erst Mitte September habe sich Kerstin S. dann wieder bei der Handwerkskammer gemeldet und von den 120 Spaniern erzählt, die jetzt ankämen und auf Ausbildungsplätze warteten. "Wir waren die ganzen Monate nicht in die Arbeit der Firma involviert, wussten also gar nicht, um welche Probleme es konkret geht und waren dementsprechend überrascht", sagt Irmer. Ein einziges Gespräch gab es zwischen Irmer und Kerstin S. darüber, was nun mit den Lehrlingen aus Spanien geschehen soll. Seitdem erreicht die Koordinatorin der Handwerkskammer die private Arbeitsvermittlerin nicht mehr. Auch die Förderanträge wurden nicht gestellt Haben Kerstin S. und Sven K. die Spanier nun bewusst getäuscht oder sich einfach maßlos übernommen? Im Wirtschaftsministerium will man sich dazu nicht äußern. Dort setzt man den Vorrang auf die Vermittlung der jungen Arbeitslosen. Erst dann will das Ministerium prüfen, ob den Arbeitsvermittlern Konsequenzen drohen könnten. Marion Irmer von der Handwerkskammer glaubt nicht an vorsätzlichen Betrug. Vielmehr habe Kerstin S. die komplizierten Strukturen der Dualen Ausbildung in Deutschland ebenso unterschätzt wie die bürokratischen Abläufe in den geförderten Projekten, glaubt Irmer. Nur die jungen Spanier halten Sven K. und Kerstin S. für Betrüger, die für jeden abgeschlossenen Ausbildungsvertrag eine Pauschale von den Betrieben kassieren wollten. Das Thüringer Wirtschaftsministerium hat jetzt Treffen zwischen Betrieben und den jungen Spaniern organisiert. Nachdem die Thüringer Allgemeine berichtete, meldeten sich einige Firmen, die Ausbildungsplätze zu vergeben haben. Rund 50 der 120 haben nun eine Lehrstelle oder einen Praktikumsplatz, viele von ihnen im Raum Erfurt. Im Ministerium ist man optimistisch, dass auch die restlichen Spanier eine Arbeit finden werden. Sind sie so weit, müssen sie allerdings noch die Anträge für das Förderprogramm stellen, auch das hatten die Arbeitsvermittler nämlich nicht gemacht. Härtefallfonds eingerichtet Zwölf Tage bleiben Almarza noch, dann ist sein Geld aufgebraucht. 3,50 Euro zahlt er täglich für die Übernachtung in der ehemaligen Parteischule, mit Flug und Verpflegung kommt er auf 1.000 Euro, die er bisher für seinen Umzug ausgegeben hat – Geld, das er eigentlich für Notfälle gespart hatte. Das Wirtschaftsministerium hat einen Härtefallfonds eingerichtet, finanziert von Thüringer Unternehmen und Wirtschaftsverbänden, um Leuten wie Almarza schnell helfen zu können. Er selbst hofft, dass er das Geld vom Ministerium nicht brauchen wird. Mittlerweile würde der 28-Jährige jeden Job annehmen. Jemand hat ihm erzählt, dass besonders Hotelfachkräfte und Altenpfleger gesucht werden – Almarza würde sofort anfangen, wenn er ein Angebot hätte. Nur eines ist klar: Auf keinen Fall will er zurück nach Spanien. "Die Hoffnungslosigkeit und Bitterkeit der Leute, die dort geblieben sind, macht dich fertig. Hier hab ich wenigstens die Aussicht darauf, dass etwas passiert." Quelle: http://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2013-10/auszubildende-spanien-arbeitsvermittler