Mit seiner Forderung nach Zuverdienstfreiheit für Frühpensionisten hat Wirtschaftskammer-Präsident Christoph Leitl eine kontroversielle Diskussion ausgelöst In Österreich fordert Leitl die Gleichstellung von ASVG[1]-Pensionisten mit Beamten. Letztere dürfen in der Frühpension unbegrenzt dazu verdienen, während ASVG-Frühpensionisten auf die Geringfügigkeitsgrenze von 376 Euro im Monat beschränkt sind. Erst wenn Männer das 65. und Frauen das 60. Lebensjahr vollendet haben, dürfen sie in der Pension unbegrenzt dazuverdienen, ohne ihre Rente zu verlieren. Der Hintergrund für die unterschiedliche Behandlung von Beamten und ASVG-Versicherten (aber auch Beamten und Bauern) liegt in der unterschiedlichen rechtlichen Betrachtungsweise der Pensionszahlung. Denn die Beamten haben nach Ansicht des Verfassungsgerichtshofes (Erkenntnis aus dem Jahr 2005) ein lebenslanges Dienstverhältnis zum Staat. Daher sei die Pension streng genommen ein Verdienst auf Lebenszeit, konkret: ein Ruhegenuss. Und neben einem solchen kann unbeschränkt dazuverdient werden. Daher dürfen 62-jährige pensionierte Finanzbeamte auch bei einem Steuerberater unbeschränkt tätig sein, während etwa ein pensionierter 63-jähriger Buchhalter aus der Privatwirtschaft das nicht dürfte oder bestenfalls ein paar Stunden, bis die Grenze von 376 Euro erreicht ist. Wenig von Leitls Idee hält Reinhard Resch, Professor für Arbeits- und Sozialrecht an der Johannes Kepler Universität (JKU) Linz. „Indem man den unbegrenzten Zuverdienst in der Frühpension erlaubt, zerstört man die Idee des Regelpensionsalters. Die Regelung bei den Beamten ist schon falsch. Dass man diese falsche Regelung auf alle anderen übertragen will, macht sie nicht besser“, sagt Resch im Gespräch mit den OÖNachrichten. Mit Leitl stimmt Resch darin überein, dass es zu wenig Anreize in Österreich gibt, länger zu arbeiten. Leitl indes beharrt auf seiner Forderung. „Wir haben zu wenige Fachkräfte. Mit dem Zuzug ausländischer Kräfte über die Rot-Weiß-Rot-Card allein wird es nicht getan sein. Jeder soll so lange arbeiten, wie es ihm Spaß macht.“ Warum dann die Arbeitnehmer nicht gleich länger im Erwerbsleben bleiben und nicht in Pension gehen? „Weil es in Österreich zur Kultur geworden ist, möglichst früh in Pension zu gehen“, sagt Leitl. Die Ungleichbehandlung sei eine Diskriminierung und würde viele Menschen über 60 dann auch noch in den Pfusch abdrängen“, sagt der WKO-Präsident. Pensionssystem Frauen sind derzeit im Normalfall mit 60 Jahren pensionsberechtigt, Männer mit 65 Jahren. Der Normalfall ist allerdings selten normal. Derzeit liegt das durchschnittliche Pensionsantrittsalter bei 58,2 Jahren. 1970 lag dies deutlich höher, trotz deutlich niedrigerer Lebenserwartung. § Dem Beamten, der anspruchsbegründende Nebengebühren bezogen hat, gebührt eine monatliche Nebengebührenzulage zum Ruhegenuss. ________________________________ [1] [1] Dieses Bundesgesetz regelt die Allgemeine Sozialversicherung im Inland beschäftigter Personen einschließlich der den Dienstnehmern nach Maßgabe dieses Bundesgesetzes gleichgestellten selbständig Erwerbstätigen und die Krankenversicherung der Pensionisten aus der Allgemeinen Sozialversicherung.