Österreich – ein Wintermärchen Es gab einmal ein fernes Land, das man gleich hinterm Zaune fand. Dies änderte sich im Winter, im Jahre 1989, liebe Kinder. Gleich ward ein Ausflug dorthin geplant, als Menschen von Welt war man getarnt. Familie Novák geht auf Reise, nach Wien, selbstverständlicher weise! Vater Karel steigt ein in die Limousine, Skoda 120, eine Kraftmaschine! Mutter Eva, Tochter Hana Und die Zwillinge, Honza und Stanislava. Abfahrt! Liebe lange Nacht, applaudiert und lacht! Rollen und Requisiten Der berühmte Pavel P. in der Rolle des Vaters Karel - Trompete. Vlaďka: Mutter Eva – Schnitzel Katka: Tochter Hana – Jugendmagazin Frederik: Honza (Klugscheißer) – Stadtplan Monika: Stanislava – Puppe, oder Schokoriegel Andrea: Erzählerin, Verkäuferin und Regisseurin dieses Meisterwerks Zdeněk M.: Polizeibeamter – taková tá plácačka, jak s ní staví auta, z jedné strany zelená/červená -Hüte zum Geldeinsammeln Es geht los… Szene 1 - Abfahrt Pavel: „Kinder! Kommt, es ist bereits 6 Uhr in der Früh, wir wollen nicht zu spät ankommen! Eva, hast du die Pässe? Das Essen?“ Vlaďka: „ Ja natürlich! Wozu hast du die Tröte mit? “ Pavel: Um sieben haben wir die Probe für die Weihnachtsmesse. Frederik: „ Vater, Mutter, ich habe natürlich zwei Landkarten und einen aktuellen Stadtplan mit. Zunächst fahren wir nach Nikolsburg…“ (wird unterbrochen) Katka: „Fahren wir endlich? Ich brauche neue Jeans! So wie die von Samantha Fox“.“ Monika: „Wird es auch genug zu essen geben? Was zu trinken? Haben die genug davon in Wien?“ Pavel: „Ja ja, fahren wir, die Fahrt wird ungefähr drei Stunden dauern, wenn wir Glück haben.“ Szene 2 – Ankunft in Wien Frederik: „Wien! Wien im Herzen Europas! Wien war jahrhundertelang kaiserliche Reichshaupt- und Residenzstadt der Habsburger und damit als Hauptstadt des Heiligen Römischen Reiches, dann des Kaisertums Österreich und als eine der beiden Hauptstädte Österreich-Ungarns ein kulturelles und politisches Zentrum Europas.“ Monika: „ Wien, Wien! Die Hauptstadt der Sachertorte, des Tafelspitz, Käsekrainer? Ja bitte! Wiener Schnitzel, Leberkäse….“ Pavel: „Ruhe jetzt! Ich suche einen Parkplatz.“ Vlaďka: „Kannst du nicht dort parken, schau, wieviel Platz!“ Pavel: „Was steht da auf dem Schild? Ho-Ho-Hofburg?“ Frederik: „Hofburg, Baubeginn 1279 unter dem Habsburgerkönig Rudolf I., zurzeit Amtssitz des Präsidenten – hier darfst du nicht parken!“- Eine verzweifelte Stunde später Vlaďka: „So, da, Schnitzel, jeder hat zwei, nimm Brot dazu, Gurken, Dosensaft“ Katka: : „Schnitzel? Nein, ich nehme nur eine Gurke, in Scheiben geschnitten, danke!“ Monika: „Mhhh, Essen…lecker“ Frederik: „Das Wiener Schnitzel, auch goldenes Fleisch genannt, aus Kalbsfleisch, garniert mit einer kleinen Zitronenscheibe.“ Vlaďka: „Ja ja Honza. Oh Karel! Siehst du was ich sehe! Was ist das für ein Geschäft? Billa? Das ist ein Lebensmittelgeschäft!“ (aufgeregt) Szene 3 – Im Geschäft Vlaďka: „Karel, siehst du die Regale? So voll, so bunt, so luxuriös. Mandarinen, Orangen, Bananen, für jedermann, keine Schlange vor und im Geschäft. So muss der Himmel aller Hausfrauen aussehen!“ Pavel: „Hör auf! Ist ja fast so wie bei uns.“ Monika: „ Ich sehe mir mal die Schokoladenabteilung an…nur ansehen…wirklich.“ Katka: „Könnt ihr bitte schneller machen? Ich will noch auf die Mariahilferstraße!“ Frederik: „Mariahilferstraße, sechster Bezirk, Einkaufsstraße – uninteressant.“ Pavel: „Wir kaufen nur schnell eine Nussschokolade für die Schwiegereltern.“ Vlaďka: „Meine Mutter ist Diabetikerin und mein Vater allergisch auf Nüsse!“ Pavel: „Ausgezeichnet.“ Erzähler: Während sich alle in die Süßigkeiten-Abteilung machen, verschwindet Eva kurz um sich Waschmittel, Weichspüler usw. anzusehen. Das Budget wurde genau berechnet, es ist knapp, sie kann jedoch dem bunten Fläschchen, mit dem sympathischen Bären darauf nicht wiederstehen und kauft gleich zwei. Und siehe da, Meister Proper, den nimmt Eva auch mit, man gönnt sich ja sonst nichts. Szene 4 – Elektrofachhandel Pavel: „Kinder, jetzt gehen wir in den Elektrofachhandel, das war ja das Ziel dieser Reise.“ Frederik: „Ja, aber ich möchte mit der Straßenbahn hinfahren! Wien hat so eine traumhafte Innenstadt!“ Vlaďka: „Wir haben nicht genug Geld um Fahrkarten für jeden zu kaufen, deswegen setzen wir dich in die Straßenbahn, rund um den Ring. In einer Stunde steigst du beim Rathaus aus, verstanden?“ Frederik: „Ja doch“ Im Elektrofachhandel Pavel: „Grüß Gott! Wir hätten gerne einen neuen elektronischen Farbröhrenfernseherapparat von Sony.“ Verkäuferin (Andrea): „Wos wuist du?“ Pavel: „FernseHHHer.“ Verkäuferin: „Ah, i versteh scho. Sicha, ka Problem, der neuche koscht 6000 Schilling.“ Pavel: „Was? Wie bitte? Das ist ein Skandal! …Können wir verhandeln?“ Verkäuferin: „Na.“ Vlaďka: „Karel, wir haben aber nur 5900.“ Pavel: „Uns fehlen 100 Schilling? Wie ist das möglich? Wir haben alles genau berechnet!“ Monika: „Na Mama hat noch so Sachen fürs Waschen und Saubermachen gekauft!“ Pavel: „ Du hast also mehr Geld als geplant ausgegeben? Schäm dich Weib!“ Katka: „Was? Keine Jeans und jetzt auch kein Fernseher?“ Eva: „Es tut mir leid. Kommt, wir müssen Frederik abholen.“ (traurig) Szene 5 – Vor dem Rathaus Frederik: „Ich kann vor Begeisterung kaum sprechen. Wo ist der Fernseher?“ Vlaďka: „Schatz, es haben uns 100 Schilling gefehlt.“ Monika: „Mama, Mama, was macht der Mann mit der komischen Flöte da? Und schau, die Leute geben ihm Geld dafür!“ Katka: „Vater, das kannst du auch. Geh und spiel!“ Pavel:Ich werde hier mit Sicherheit nicht spielen. Ich bin doch Brünner Philharmoniker, die Goldene Trompete der Tschechoslowakei und kein Straßenmusikant! Katka: Ohne Fernseher fahren wir nicht zurück. Los, spiel jetzt! Wenigstens hast du dann deine Trompete nicht umsonst mitgeschleppt. Pavel: In Ordnung. Hoffentlich ist unser Dirigent heute nicht in Wien unterwegs. Karel fängt an zu spielen und tatsächlich, die Passanten geben ihm Geld. Die Kinder sammeln Geld in eine Kappe ein. Nach einer Stunde haben Sie mehr als 200 Schilling eingesammelt, doch da kommt ein Polizist ums Eck. Zdeněk: „Halt! Stopp! Revierinspektor Mareček. Wo ist Ihre Genehmigung?“ Pavel: „Entschuldigung Sie? Ich nicht weiß“ Frederik: „Vater, ich regele das schon. Herr Polizeioberkommissar, was kann ich für Sie tun?“ Zdeněk: „Als Straßenmusikant brauchen Sie eine Genehmigung über einen genauen Ort, ein genaues Datum und eine präzise Stelle. Haben Sie so etwas?“ Pavel: „Nein. Ich habe nix gegen Nehmigung.“ Frederik: Herr Polizeioberkomissar, wir wurden hier beraubt! Und das am hellichten Tage in Österreich! Wenn wir nicht das Geld für die Rückreise auf diese Weise erworben hätten, müssten wir schwarz fahren. Zdeněk: „Ich zitiere Goethe wenn ich sage: Es ist nichts schrecklicher als eine tätige Unwissenheit! Ich beschlagnahme jetzt sofort Ihre Trompete, Schluss mit der Blaserei!“ Szene 6 – Wieder zuhause Erzähler: Familie Novák ist wieder zuhause, zwar ohne Trompete, aber mit dem neuen Sony Farbröhrenfernseherapparat. Es war der spannendste Ausflug, denn die Familie je unternommen und auch noch unternehmen wird. Das neue Gerät wurde angeschlossen und wie wild verfolgte die Familie die vier zur Verfügung stehenden Sender. Doch Karel mochte nur eine Sendung, Musikantenstadl, eben wegen der schönen Blasmusik.