Gérard Genette: Die Erzählung (hg. von Jochen Vogt) 1994 discours : Abfolge von Zeichen, Text , das Wie der Darstellung histoire : Abfolge von Ereignissen, eine Geschichte, das Was der Darstellung discours = récit (´Erzählung´: narrativer Text) = narration (´Narration´: Akt des Erzählens) Günter Steffens Roman »Der Platz« (1965) Ohne durchgehende Handlung und ohne die Fiktion eines Erzählers werden zufällige Wahrnehmungen rund um einen Tennisplatz protokollartig aneinandergereiht: Er ging in das Café. Das glas, das die Wirtin mir brachte, war schadhaft, ich musste es mit Vorsicht an den Mund setze, um mir nicht in die Lippe zu schneiden. Sie sagte, er wartet vergebens. Wartete er denn? Er blickte hinunter, můglich, daß er den Baumstupf sah, den Baumstumpf,der immer von ameisen wimmelte, rechts von ihm, am Rande der Böschung, kaum mehr als einen halben Meter von der Spitze seiner Schuje entfernt. Man sieht ihn gleich in dem hohen Gras. Sie glaube nicht, daß sie spielen würden. Ich machte mir nichts draus, ob sie soielen oder nicht. Modus, Stimme, Zeit lModus: l - Fokalisierungstypen : die Frage "Wer nimmt wahr?" lStimme des Erzählers: ldie Frage "Wer spricht?" lZeit: lchronologisch-linear vs. 'Anachronien'. Fokalisierungstypen Erzähler als eine Vermittlungsinstanz, die Informationsregulierung erfolgt also durch die Wahl oder auch Nicht-Wahl eines einschränkenden Blickwinkels oder 'Fokus'. Verhältnis zwischen dem Wissensstand des Erzählers und dem seiner Figuren l'unfokalisierten' Erzählung: Der Erzähler mehr, als alle seine Figuren wissen können. linterne Fokalisierung: genau so viel wie seine Figur weiß l'externe Fokalisierung: weniger sagt als die Figur weiß, die Figur von außen beobachtet, ihre Gedanken oder Gefühle ausgeklammert. Erzähler ´narrative Ebene´ eine Diegese: ein räumlich-zeitliches Universum zwei oder mehrere Diegesen ´Person´ Erste oder dritte, homo- oder heterodiegetisch Fokalisierung Fokalisierung/ Person unfokalisiert intern extern heterodiegetisch Thomas Mann: Der Zauberberg Franz Kafka: Die Verwandlung Dashiell Hammett: Der Malteser Falke homodiegetisch Thomas Mann: Bekenntnisse des Hochstaplers Felix Krull Johann Wolfgang von Goethe: Die Leiden des jungen Werthers [Albert Camus: Der Fremde] Zeit Ordnung chronologisch vs. mit Anachronien, d. h. Analepse und Prolepse Analepse: externe Analepse erzählt Ereignisse, die vor Beginn der ´Basiserzählung´ liegen interne Analepse´ füllt hingegen Lücken innerhalb der ´Basiserzählung´ auf komplette Analepse ein ´analeptischer´ Nachtrag reicht bis zu dem Zeitpunkt in der Basiserzählung heran, an dem die Erzählung unterbrochen worden war, flash-back partielle Analepse Frequnz und Dauer ´Frequenz´ ´singulatives´ Erzählen (was einmal geschieht, wird einmal erzählt), ´repetitives´ Erzählen (was einmal geschieht, wird n-mal erzählt) und ´iteratives´ Erzählen (was n- mal geschieht, wird einmal erzählt) Dauer summary ´ (1) viel ´histoire´ (Geschichte) bei relativ wenig Text erzählt. verschiedene Raffungsintensitäten. ´Szene´ (2) bezeichnet er zeitdeckendes Erzählen, wie man es in Dialogen, tendenziell im Drama vorfindet. Die Zeit der ´histoire´ (Geschichte) entspricht in etwa der Länge des ´récit´ (Erzählung). Ellipse Ellipse ´ (3): unendlich viel Geschichte in unendlich wenig Erzählung ´bestimmt´ (die ausgelassene Zeitspanne wird angegeben, z.B. "drei Jahre später") ´unbestimmt´ (es wird keine genaue Zeitangabe geliefert, z.B. "lange Jahre vergingen") ´explizit ´ sein, d.h. angekündigt werden (z.B. "Hier bitten wir um Erlaubnis, einen Zeitraum von drei Jahren überspringen zu dürfen, ohne ein Wort darüber zu verlieren ...") ´implizit´, ohne Ankündigung stehen. Das ist typischerweise der Fall bei Kapitelübergängen, Absätzen oder auch der Leerzeile, dem sogenannten ´blanc´. Hier wird Zeit übersprungen, ohne daß es dem Leser ausdrücklich mitgeteilt wird.