Cr wiwo.de/finanzen 71 Kassieren auf Umwegen MAKLERPROVISION w sjrs^ss/s/sss&w s/ss/s/ssss/rssss/& sss/r/. \ Makler suchen Lücken im Bestellerprinzip, sodass Mieter weiter Kosten tragen müssen. Die Tricks - und wie Mieter sich wehren. ler auch beauftragt hat - in der Regel der Vermieter. Dies gelte auch für sonstige Gebühren, so Greus. 570 Millionen Euro pro Jahr sollen den ohnehin durch hohe Mieten belasteten Verbrauchern so erspart werden, hofft Bundesjustizminister Heiko Maas. M arcel Köhler* war früh dran, 20 Minuten vor dem Besichtigungstermin. Dennoch warteten bereits einige Wohnungssuchende vor dem Mietshaus am Schweizer Platz in Frankfurt. Als die Mäklerin die Tür aufschloss, drängten etwa 20 Mietinteressenten in die 30 Quadratmeter große Dachgeschosswohnung. Eng, warm und stickig war es unter dem Dach. Ins Schwitzen kam Köhler jedoch erst, als die Mäklerin von Accepta-Immobilien „Reservierungsbestätigungen“ austeilte. Wer die Wohnung haben wollte, sollte sich per Unterschrift verpflichten, sie anzumieten. Acht Tage lang sollte sich Köhler binden. Falls er einen Mietvertrag angeboten bekäme und ihn nicht annähme, wären 250 Euro fällig als Auslagen für den Makler. „Ich fragte, ob das illegal sei“, sagt Köhler, „die Mäklerin antwortet nur, dass sie mich nicht zwinge, den Vertrag zu unterzeichnen.“ Köhler verzichtete aufdie Unterschrift. Auch mit Unterschrift hätte er nicht zahlen müssen, so Anwalt RalfGreus von der Kanzlei Greus Schneider: „Der Makler war beim Vermitteln der Wohnung nicht ausschließlich für diesen Kunden tätig.“ Nach dem seit 1. Juni geltenden Gesetz, zahlt bei Mietwohnungen nur der die Provision, der den Mak* Name geändert Angst vor Auftragsflaute Wer den Makler beauftragt, der zahlt: Vielen Maklern schmeckt dieses Bestellerprinzip nicht. Sie fürchten, ihnen könnten Aufträge wegbrechen, weil Vermieter die Kosten scheuen. Nach einer Umfrage des Immobilienportals Immowelt wollen 15Prozent der Makler wegen des Bestellerprinzips ihr Geschäft aufgeben. Großmakler werden nicht aussteigen, denn sie verdienen ihr Geld vor allem mit dem Verkauf von Wohnungen (siehe Grafik Seite 72). Beim Immobilienkaufgreift das neue Gesetz nicht. Wer als Makler weiter Mietwohnungen vermitteln will, muss sich ans Gesetz halten, anyssssffssjYjYsssssssysss/sssssssjm ysssssss* Mehr Umsatz pro Kopf Gezahlte Maklerprovision1und Zahl der Immobilienvermittler (indexiert, 2010 =100) Inur Wohnimmobilien; 2die fünfgrößten Makler, ohne Banken und Sparkassen; 3 sozialversicherungspflichtig beschäftigt; Quelle: Bundesagentur für Arbeit, Immobilienmanager derenfalls riskiert er bis zu 25 000 Euro Bußgeld. „Wir raten dringend von Versuchen ab, das Gesetz zu umgehen“, sagt Jürgen Michael Schick, Vizepräsident des Maklerverbands IVD. Bei Reservierungsbestätigungen wie im Fall der Frankfurter Dachwohnung müssen Makler jedoch keine Strafe fürchten. Gertraude Uhlmann vom Amt für Wohnungswesen in Frankfurt bestätigt, dass „das Gesetz für diese ungerechtfertigte Forderung keinen Bußgeldtatbestand vorsieht“. Dem Amt seien damit die Hände gebunden. Auch das Frankfurter Ordnungsamt, Berufsaufsichtsbehörde für Makler, sieht keinen Handlungsbedarf: Ein Missbrauch oder ein anderer Rechtsverstoß könne nicht rechtskräftig festgestellt werden. Accepta geht davon aus, dass die Reservierungsbestätigung nicht in Zusammenhang mit dem Bestellerprinzip stehe und legt Wert darauf, dass die Erklärung auch schon vor der Gesetzesänderung vom 1. Juni genutzt worden sei. Tricks der Makler Auch andere Makler versuchen, Kosten auf die Mieter abzuwälzen. Zu den gängigsten Ausweichstrategien zählen: ■ Lockangebote Auf Immobilienportalen stoßen Mietinteressenten immer wieder auf Schein-Annoncen. Auf den ersten Blick scheint alles perfekt: Lage, Ausstattung und Miete. Auf Nachfrage ist die Traumwohnung dann weg, der Makler, der als Vermittler hinter dem Angebot steht, bietet jedoch eine vergleichbare Wohnung - gegen Provision versteht sich. So suchte Sven Böhm* Anfang Juli im Internet-Portal Immoscout24 eine Drei-ZimmerWohnung in Berlin. Dabei stieß er auf ein Angebot eines Berliner Maklers: 95 Quadratmeter in Berlin-Wilmersdorf mit 20 Quadratmeter Terrasse für 1000 Euro Kaltmiete im Monat. Eine Adresse fehlte. Auf seine Anfrage teilt ihm der Makler per E-Mail mit, dass die Wohnung nicht mehr zu mieten sei, da der Eigentümer Eigenbedarfangemeldet habe. Falls gewünscht, könne er gegen Provision jedoch eine vergleichbare Wohnung anbieten. Dazu müsse Böhm ihm jedoch einen Suchauftrag erteilen. Böhm suchte lieber auf eigene Faust weiter. Einige Tage später stieß er bei Immoscout24 zufällig wieder auf die Drei-Zimmer-Wohnung aus Wilmersdorf. Die WirtschaftsWoche fragte beim Makler nach, wenige Stunden später wurde die Annonce gelöscht. Der Makler widerspricht dem Verdacht, es handele sich um ein Lockangebot. Er sei im Urlaub gewesen und habe nicht umgehend auf © 24.7.2015/WirtschaftsWoche 31 72 GELD den Eigenbedarfdes Eigentümers reagieren können. Ohnehin sei die Anzeige nur wenige Tage im Netz gewesen, erklärt der Makler. Laut Immoscout24 wurde die Anzeige am 3. Juli aufgegeben und am 8. Juli vom Anbieter gelöscht. Immoscout selbst könne nicht nachvollziehen, ob es sich bei diesem Einzelfall um ein real existierendes Angebot gehandelt habe oder nicht. Generell seien Mietangebote umgehend zu löschen, wenn Objekte vergeben oder reserviert seien. ■ Makler-Plattformen Eigentümer bieten ihre Wohnungen nicht mehr in für Mieter provisionsfreien Internet-Portalen an, sondern über eine eigene Homepage, die im Netz gut versteckt ist. Einen direkten Zugriff I auf die Mietangebote haben nur Makler. Wer als Mieter an eine solche Wohnung kommen will, muss sich bei den von Maklern betriebenen Portalen registrieren und einen Suchauftrag aufgeben. Kommt ein Mietvertrag zustande, muss der Mieter zahlen. „Seit 1. Juni werden mir immer wieder Log-in-Daten zu solchen Portalen angeboten, ich lehne sie jedoch ab“, sagt die Berliner Mäklerin Marina Buchmann. Der Trick mit der Plattform ist nicht legal, denn er funktioniert nur, wenn Makler und Vermieter sich dazu absprechen. Damit käme ein Auftrag zustande, der Vermieter wäre provisionspflichtig. ■ Kooperationen Zwei Makler, einer mit ZugriffaufMietangebote des Eigentümers und einer, der für einen Mieter nach Wohnungen sucht, sprechen sich ab. Beide kassieren die volle Provision, einervom Vermieter, der andere vom Mieter. „Wenn sich, wie in diesem Fall, zwei Parteien zum Schaden Dritter verabreden, ist das rechtswidrig“, sagt Roland Schäfer, Anwalt für Bau- und Immobilienrecht in der Düsseldorfer Kanzlei GTW. ■ Vertragsgebühr Unverblümt verlangen Makler in Online-Mietangeboten eine Gebühr bei Abschluss eines Mietvertrages. Beispiel: Im Portal Immonet wurde bis zum 21. Juli eine Drei-Zimmer-Wohnung in Hamburg-Eimsbüttel mit 76Quadratmetern für 910 Euro kalt pro Monat angeboten. Unter Punkt Sonstiges findet sich in der Annonce ein Hinweis auf eine Vertragsgebühr von 238 Euro. Das ist unzulässig, weil ein Mietvertrag zu den Dienstleistungen gehört, die der Auftraggeber des Maklers, also der Vermieter, bezahlt. Die WirtschaftsWoche fragte bei Immonet nach, kurz danach wurde das Angebot aus Eimsbüttel gelöscht. Konkrete Aussagen zu den umstrittenen Vertragsgebühren macht Immonet nicht. „Bei offensichtlichen, gewichtigen Rechtsverstößen“handele man umgehend. Mieter sollten nicht zahlen Haben Mieter Belege, dass sie Opfer einer illegalen Ausweichstrategie sind, sollten sie mit Verweis auf das geltende Recht die Provision verweigern, rät Anwalt Schäfer. Verstöße lassen sich jedoch nur schwer beweisen. Vermieter haben legale Möglichkeiten, Maklerprovisionen auf den Mieter abzuwälzen. Wirtschaftlich sinnvoll sind sie selten. ■ Abstandszahlungen Vermieter verlangen für die Einbauküche oder andere Extras vom neuen Mieter Geld. Vorteil: Der Betrag ist nicht Teil der Miete, fällt damit nicht unter die Mietpreisbremse. Nachteil: Diese Strategie lässt sich nur einmal durchführen, weil mit der Abstandszahlung der neue Mieter Eigentümer der Küche wird. ■ Mieterhöhung Vermieter schlagen die Maklerprovision auf die Miete um. Wegen der Mietpreisbremse ist jedoch kaum noch Luft nach oben. Viele Vermieter dürften daher ihre Immobilien selbstvermitteln - oder das einem Hausverwalter überlassen. Alternativen aus dem Netz Im Internet bringen Dienstleister wie die Berliner Smmove Vermieter und Mieter zusammen, ohne dass Maklerprovisionen flieVerkaufen bringt deutlich mehr Makler-Provisionen (in Millionen Euro)1 Volkers2 Immo- kamp bilien ‘ohne Banken und Sparkassen;2Franchise-Unternehmen; 3Maklerverbund; Quelle: Immobilienmanager ßen. In Online-Auktionen können Mieter bei Smmove Gebote für eine Wohnung abgeben. Vermieter können unter den Bietern ihre Favoriten wählen. Für die Mieter sind die Online-Auktionen kostenlos, Vermieter zahlen 25 Prozent einer Kaltmiete. Bisher vermarktet Smmove vor allem Mietangebote von großen Unternehmen, beispielsweise der Deutschen Annington. Viele davon finden sich aber auch auf den Internet-Seiten der Vermieter, exklusiv sind sie also nicht. Auffällig ist auch, dass bei vielen Annoncen Fotos der Mietwohnungen fehlen. „Das liegt daran, dass IT-Schnittstellen der Vermieter noch nicht mit unserer Software kompatibel sind“, sagt Smmove-Geschäftsführer Alexander Kanellopulos. Dass bei den Online-Auktionen keine Wuchermieten zustande kommen, dafür sei der Vermieter verantwortlich, so Kanellopulos. Der Vermieter lege eine Maximalmiete fest, die sich an den geltenden Gesetzen orientieren müsse. Das Höchstgebot einer Auktion sei für Mieter und Vermieter jedoch nicht verbindlich. Insofern ist Smmove nicht mit der Auktionsplattform Ebay vergleichbar. Beim Portal Moovin zahlen Vermieter eine Pauschale von 199 Euro je Annonce. Dafür wird das Mietangebot über Internet-Portale vermarktet. Bewerber werden gefiltert und Besichtigungstermine koordiniert. Weitere 79 Euro werden pro Besichtigung mit den Top-Bewerbern fällig, die Moovin dem Eigentümer abnimmt. „Ohne neues Gesetz hätte sich dieses Dienstleistungsmodell schwer durchsetzen können, das Bestellerprinzip gibt uns jedoch den nötigen Rückenwind“,sagt Geschäftsführer Fabian Mellin. Durch das Ausfiltern der Mietinteressenten will Moovin sowohl die Zahl der Besichtigungen als auch die Größe der Gruppen, die durch die Wohnung geschleust werden müssen, verringern. Mieter zahlen nichts, müssen aber persönliche Daten angeben, darunter das Haushaltseinkommen, um sich für eine Wohnungbewerben zu können. Beide Portale mit jeweils 5000 Mietangeboten stecken momentan in den Kinderschuhen. Noch sind sie keine echte Alternative zum Makler. Mieter Köhler fand schließlich sein Zimmer in einer Frankfurter Wohngemeinschaft, ganz ohne Makler. Geholfen hat dabei ein bereits etablierter Player im Netz: Er fand das Zimmer dank eines Tipps über Facebook. ■ martin.gerth a wiwo.de, annina reimann I Frankfurt WirtschaftsWoche 31/24.7.2015 ICON:VIKTORFEDYUK