Stilpluralismus um 1900 Reaktionen auf den Naturalismus? Lyrik um 1900 Stilpluralismus um 1900 ➲Größte Städte der Welt um das Jahr 1910 ➲1. London 7.160.441 (1911) ➲2. New York City 4.766.883 (1910) ➲3. Paris 2.888.110 (1911) ➲4. Chicago 2.185.283 (1910) ➲5. Wien 2.083.630 (1910) ➲6. Berlin 2.071.257 (1910) ➲7. Tokio 2.050.100 (1914) ➲8. Sankt Petersburg 1.962.000 (1910) ➲9. Moskau 1.617.157 (1912) ➲10. Buenos Aires 1.582.884 (1914) Gröte Städte Europas 2010 ➲1 Moskau 10.470.318 ➲2 London 7.556.900 ➲3 Istanbul (eur. Teil) 6.486.993 ➲4 Sankt Petersburg 4.600.276 ➲5 Berlin 3.443.735 ➲6 Madrid 3.255.944 ➲7 Kiew 2.740.233 ➲8 Rom 2.708.395 ➲9 Paris 2.181.371 ➲10 Bukarest 1.931.838 ➲11 Minsk 1.832.800 ➲12 Hamburg 1.773.218 ➲13 Budapest 1.721.556 ➲14 Warschau 1.714.446 ➲15 Wien 1.704.195 Wie groß ist Prag? ➲19 Sofia 1.402.227 ➲20 München 1.326.807 ➲21 Mailand 1.304.183 ➲22 Nischni Nowgorod 1.278.300 ➲23 Prag 1.223.368 Wien um 1900 ➲1850er Jahre .......... 0,5 Mill. Einwohner, ➲1890er Jahre .......... 1,5 Mill. ➲Ab 1862 wurde an der Außenseite des Walls eine Straße geplant, die 1873 eröffnete Gürtelstraße.Der Linienwall wurde ab März 1894 abgetragen, der Gürtel stark ausgebaut und 1895 mit dem Bau der Gürtellinie der Stadtbahn begonnen. ➲Nach der Eingemeindung der Vororte 1892 zählte Groß-Wien nach der Jahrhundertwende rund zwei Millionen Einwohner. Wien um 1900 ➲Die Hauptstadt eines Vielvölkerstaates war ein „Schmelztiegel“ von Menschen unterschiedlicher Herkunft, Kultur und Religion.Beträchtlich war vor allem der prozentuelle Anteil der Tschechen. Im Jahre 1890 bekannten sich 102.974 Personen dazu, Tschechisch als Umgangssprache zu verwenden. Da der Begriff „Umgangssprache“ aber unklar definiert war, schätzt man die wahre Zahl der Tschechen auf etwa 250.000 bis 300.000. Die Volkszählungen wurden immer zu Jahresende durchgeführt, wenn sichSaisonarbeiter in ihrer Heimat befanden (und somit in Wien statistisch nicht erfasst wurden). ➲Nach dem Ersten Weltkrieg hatte Wien rund 200.000 Einwohner weniger als zuvor. Stilpluralismus um 1900 ➲Die Zahl jüdischer Bürger betrug 1914 etwa ➲9 %.Die vorwiegend liberal gesinnten jüdischen Intellektuellen und Kaufleute waren weitgehend assimiliert. Die »Judenfrage« wurde vom Zerrbild der Juden als Sündenböcke des Kapitalismus geprägt. Hermann Bahr veröffentlichte 1894 die Umfrage "Der Antisemitismus. Ein internationales Interview". Er spottet hier über die Antisemiten: »Die Reichen halten sich an Morphium und Haschisch. Wer sich das nicht leisten kann, wird Antisemit. Der Antisemitismus ist der Morphinismus der kleinen Leute.« Stilpluralismus um 1900 ➲Anfällig für ideologische Klischees war man auch in sozialer Frage. Die Arbeiterfeier zum 1. Mai 1890 regte den sechzehnjährigen Hofmannsthal zu folgenden Versen an: ➲»Tobt der Pöbel in den Gassen, ei, mein Kind, so laß ihn schrei'n. ➲ Denn sein Lieben und sein Hassen ist verächtlich und gemein! ➲ Während sie uns Zeit noch lassen, wollen wir uns Schönerm weih'n.« ➲Anfällig für ideolo Hofmannsthal ➲An Edgar Karg von Bebenburg, 18.6.1895: ➲Das ›Volk‹ kenne ich nicht. Es gibt, glaub ich, kein Volk, sondern, bei uns wenigstens, nur Leut, und zwar sehr verschiedene Leut, auch unter den Armen sehr verschiedene, mit ganz verschiedenen inneren Welten. ... Ein bettelarmer jüdischer Student, ein verdorben-coquetter Wiener Strizzi, ein melancholischer böhmischer Dragoner, ein heruntergekommener deutschschmährischer Handwerker und . . . und . . . und . . . das wird dann zu fünfzigtausenden summiert und heißt ›Proletarier‹. ➲ Hofmannsthals Tagebuchaufzeichnung vom September 1905 ➲ »Weltzustand. – Während ich hier in Lueg am Rande des Waldes über dem leuchtenden See sitze und schreibe, ereignet sich in der Welt dieses: In Venezuela läßt der Diktator Castro in den überfüllten Gefängnissen erwürgen und zu Tode martern [. . .] In Baku schießen seit acht Tagen die Armenier und Tartaren aufeinander, werfen Frauen und Kinder in die Flammen der Häuser [. . .] und die Armenviertel von London und New York . . .« Zeitschriften in Wien ➲In Wien gab es nach nach dem gescheiterten Versuch von Eduard Michael Kafka keine ausschließlich literarischen Zeitschiften. ➲Sie galten entweder der bildenden Kunst (das Organ der Wiener Sezession, »Ver Sacrum«, 1898-1900) oder allgemein kulturellen und gesellschaftlichen Fragen (»Wiener Rundschau«, 1896-1901; »Neue Revue«, 1893-1898; »Die Zeit«, 1894-1904, später »Österreichische Rundschau«, 1904-1924). Ver Sacrum, Die Zeit ➲Hermann Bahr war literarischer Beirat von Ver sacrum, es publizierten hier u. a. Rilke, Hofmanssthal, Salus und Schaukal. Adolfs Loos veröffentlichte hier 1898 seine Anklage des Elektizismus der älteren Architektengeneration "Die Potemkinische Stadt". Bahr war Mitherausgeber der Wochenschrift Die Zeit, die auch Dichtungen von Altenberg, Schaukal, Schnitzler, aber auch Masaryk, Przybyszewski oder Rosegger enthält. Hofmannsthal veröffentlichte hier seine Prosa "Märchen der 672. Nacht". ornament und verbrechen, 1908 ➲»Evolution der kultur ist gleichbedeutend mit dem entfernen des ornaments aus dem gebrauchsgegenstande.« ➲»der mann des zwanzigsten jahrhunderts kann seine bedürfnisse mit einem viel geringeren kapital decken und daher ersparnisse machen. das gemüse, das ihm mundet,ist einfach in wasser gekocht und mit etwas butter übergossen. dem anderen mann schmeckt es erst dann gleich gut, wenn honig und nüsse dabei sind und wenn ein mensch stundenlang daran gekocht hat. ornamentierte teller sind sehr teuer, während das weiße geschirr, aus dem es dem modernen menschen schmeckt, billig ist. der eine macht ersparnisse, der andere schulden. Sezession ➲Bildende Künstler traten 1897 als »Sezession« vor die Öffentlichkeit traten (Klimt, Moser, Olbrich, Roller u. a.), die Schriftsteller blieben nur eine lose Kaffehausgesellschaft. Sezession, 1897 Impressionismus, nach Žmegač ➲Eine subtile Wahrnehmungskultur, die gleichsam Wahrnehmung um der Wahrnehmung willen pflegt. ➲Ernst Mach definiert Körper (Gegenstände) als relativ beständige Komplexe von Farben, Tönen, Drücken usw., wobei dem Wort »relativ« entscheidende Bedeutung zukommt. »Mein Tisch ist bald heller, bald dunkler beleuchtet, kann wärmer und kälter sein ... Mein Freund kann einen anderen Rock anziehen. Sein Gesicht kann ernst und heiter werden. Seine Gesichtsfarbe kann durch Beleuchtung oder Affecte sich ändern« (Mach, 2). Auch das menschliche »Ich« ist nach Mach ein Komplex, dem nur relative Beständigkeit zukommt, ein Komplex von Erinnerungen, Stimmungen, Gefühlen. Was man als Einheit der Persönlichkeit empfindet, ist nur eine scheinbare Einheit, eine durch Kontinuität der langsamen Änderung hervorgerufene Täuschung. Johannes Schlaf ➲Die Stimmung kann eher im Einakter, in der Prosaskizze bzw. im Gedichtals in Großformen festgehalten werden. Die Stimmung hebt den Unterschied zwischen Innen und Außen auf, am konsequnetesten im Inneren Monolog. ➲Der Berliner Johannes Schlaf neigt in seiner Prosadichtung Frühling zum Pathos: ➲»Innen und außen: kaum sind sie zu scheiden. Ich bin die lichtgewölbte Weite da oben mit ihren zahllosen Welten. Ich bin das tiefe, süße Dämmern der Breiten, der Duft des Roggens und der tiefbraunen Erdschollen. Ich bin der Ruf der Rebhühner, leises Laubrascheln und hundert feine Geräusche; ich bin das Gekläff des Hofhundes vom Gehöft drüben; bin der zarte Sternschimmer auf seiner Scheunenmauer; bin die tiefen, schwarzen Schatten.« Bahrs Impressionismus ➲Frei von der Machart konventioneller Rhetorik, reich an Zwischentönen. In Bahrs Selbstdarstellung von 1894 gilt als Ziel die Kunst des Geringen: ➲»leise, kleine, kaum vernehmliche Gefühle, schwanke Stimmungen der Nerven, die entwischen, feine, flüchtige und rasche Noten, die verhuschen.« Bahrs impressionismus Gewiß: der Impressionismus ist zunächst nur eine Technik. Statt unmittelbar die Farbe aufzutragen, welche erblickt werden soll, teilt sie der Impressionist und löst die Erscheinung, die er darstellen will, in viele bunte Flecken oder Punkte auf, die in einer gewissen Entfernung erst auf einmal seltsam zusammenschießen und, eben noch wirr, flackernd, unförmlich, sich nun plötzlich zur schönsten Gestalt gefunden haben. Ist man nahe, so weiß man's nicht zu deuten.