Anmerkungen: Mit Hilfe einiger Artikelwörter ist eine Graduierung der Anzahl, des Maßes, der Menge bzw. der Intensität möglich: (1) bei Gegenständen und Personen im Singular: kein — ein — mancher—jeder (2) bei Stoffbezeichnungen und bei Abstrakta mit unterschiedlichem, aber am Gegenstand nicht meßbarem Intensitätsgrad: kein — (weniger)1 — einiger — etlicher— (viel) — aller (3) bei Gegenständen und Personen im Plural: keine — (wenige) — manche — einige / mehrere — etliche — (viele) — alle (15) irgendein Einzelne Einheit als beliebige oder nicht bekannte Nicht-Gesamtheit (unbestimmtes Einzelexemplar einer Gruppe): Ich werde ihm irgendein Buch schenken. (16) ein solcher / solche Durch Bezug auf ein kontextuell genanntes Exemplar qualitativ bestimmte Einheit (bzw. auf vorher genannte Exemplare qualitativ bestimmte Einheiten) aus einer gliederbaren Gesamtheit qualitativ gleicher Elemente: Er wünscht sich auch einen solchen Freund. Ich möchte auch solche Schuhe haben. (16a) Variante: solch ein(e) Eine durch Bezug auf ein vorher genanntes Exemplar qualitativ bestimmte Einheit aus einer gliederbaren Gesamtheit qualitativ gleicher Elemente: Er wünscht sich auch so ich einen Freund. 5.4. Gebrauch des bestimmten, des unbestimmten und des Nullartikels Im Unterschied zu den anderen Artikelwörtern (vgl. 5.3.) haben der bestimmte, der unbestimmte und der Nullartikel keine klar abgrenzbare Bedeutung. Ihr Gebrauch ist von verschiedenen — syntaktischen und semantischen — Bedingungen abhängig. Bestimmter Artikel 5.4.1. Der bestimmte Artikel signalisiert vor allem die Identifizierung (= die Eindeutig-Machung) von Objekten der außersprachlichen Realität. Diese Identifizierung ist auf verschiedenem Wege möglich: Die Objekte der Realität werden eindeutig durch Individualisierung, durch den Situationskontext, durch den sprachlichen Kontext oder durch Generalisierung. Identifizierung durch Individualisierung 5.4.1.1. Der bestimmte Artikel signalisiert die Identifizierung von Objekten der Realität durch Individualisierung. Dabei handelt es sich um Objekte, die in der Welt nur einmal oder zumindest immer in der gleichen charakteristischen Qualität existieren, vor allem um geographische Objekte und um Personen. Die entsprechenden Bezeichnungen — geographische Eigennamen und Personennamen — sind auf eine Numerusform (zumeist Singular) festgelegt. die Elbe 1. Der bestimmte Artikel steht vor den Namen von Gebirgen, Bergen, Meeren, Seen, Flüssen und Gestirnen:1 die Alpen, der Elbrus, der Atlantik, der Baikal(see), die Elbe, die Venus, die Erde 2. Der bestimmte Artikel steht vor den Namen einiger Länder und Landschaften (1) bei den pluralischen Namen: die Vereinigten Staaten von Amerika die Niederlande (2) bei den mit Republik, Union, Staat, Königreich u. a. gebildeten Namen und den entsprechenden Abkürzungen: die Vereinigten Staaten von Amerika — die USA das Königreich Schweden die Republik Österreich (3) bei den Namen auf -ei: die Slowakei die Türkei 366" 1 wenigund tňeí sind keine Artikelwörter. Vgl. dazu 5.1.3.3. 1 Vor diesen Eigennamen werden die Präpositionen in und an immer mit dem zusammengezogen: am Bodensee, im Mittelmeer 367 (4) bei einigen anderen Ländernamen:1 die Schweiz, der Sudan, der Libanon (5) bei den Landschaftsnamen auf -ie, -e und -a: die Normandie, die Bretagne, die Riviera, die Dobrudscha (6) bei den Landschaftsnamen mit einem Adjektiv:1 der Ferne Osten, der Hohe Norden (7) bei einigen anderen geographischen Namen (Landschaften, Inseln u. ä.):2 der Darß, der Balkan, der Peloponnes, der Bosporus, die Lausitz, die Pfalz, die Krim, das Elsaß, das Engadin, die Dardanellen Anmerkungen: (1) Die meisten Länder- und viele Landschaftsnamen stehen mit Nullartikel (vgl. 5.4.3.4.2. unter 2. und 3.): Polen, Schweden, Sachsen, Sibirien (2) Bei einigen Ländernamen schwankt der Gebrauch zwischen bestimmtem Artikel und Nullartikel: (der) Irak, (der) Iran, (der) Jemen (3) Ortsnamen stehen mit Nullartikel (vgl. 5.4.3.4.2. unter 4.), erhalten jedoch bei Attribuierung den bestimmten Artikel: Er besuchte das alte Prag. (4) Innerhalb der geographischen Namen lassen sich folglich drei Gruppen unterscheiden: (a) solche mit bestimmtem Artikel (Gebirge, Berge, Meere, Seen, Flüsse, Gestirne), (b) solche mit Nullartikel (Ortsnamen), (c) solche mit Nullartikel und bestimmtem Artikel (Länder- und Landschaftsnamen). (5) Namen für Inseln haben in der Regel den Nullartikel, wenn sie in der Singularform auftreten (z. B. Rügen, Sachalin), jedoch den bestimmten Artikel, wenn sie in einer Pluralform lexikalisiert sind (z. B. die Kurilen). 3. Der bestimmte Artikel steht bei Namen von Straßen, Gebäuden, Einrichtungen, Schiffen die Talstraße, die Thomaskirche, das (Hotel) „Berolina", die „Rostock" 368 1 Vor diesen Eigennamen wird die Präposition in immer mit dem zusammengezogen: im Libanon, im Fernen Osten 2 Vor diesen Eigennamen werden die Präpositionen in und an immer mit dem zusammengezogen im Elsaß, am Bosporus Anmerkung: Wird der Name als Vertreter einer Klasse gebraucht, steht der unbestimmte Artikel (vgl. 5.4.1.4.): In Dresden gibt es auch eine Talstraße. 4. Der bestimmte Artikel steht zur Identifizierung bei Personennamen (1) (a) bei Schauspielerrollen und Kunstwerken Er spielte den Egmont ausgezeichnet. Er hat die Sixtinische Madonna gesehen. Anmerkung: Bei Titeln von Bühnenwerken ist auch der Nullartikel möglich (vgl. 5.4.3.4.1.4.): Heute wird „Egmont" gespielt ,i (b) Der bestimmte Artikel wird zuweilen auch vor weiblichen Namen (Familiennamen) verwendet, teils mit aufwertender Funktion (vor allem bei Künstlerinnen), teils (nur ugs.) in abwertender Funktion: Die (Gisela) May hat die Gäste tief beeindruckt. Die Schmidt hat unberechtigterweise ein fremdes Auto benutzt. (2) vor Berufs- oder Tätigkeitsbezeichnungen und vor Titeln mit Attribut (dem N^men voran- oder nachgestellt): der Schriftsteller Strittmatter Der langjährige Premierminister Großbritanniens, Churchill, war zugleich Schriftsteller. Hans Müller, der Direktor, eröffnete die Versammlung. Anmerkungen: 1. Wenn der Titel zum Namen gehört und kein Attribut hat, steht der Nullartikel (vgl. 5.4.3.4.1.2.): Direktor Müller Doktor Braun In einigen Fällen wird nicht deutlich, ob die Tätigkeitsbezeichnung als Titel oder als reine Tätigkeitsbezeichnung gebraucht ist; deshalb stehen nebeneinander: der Bürgermeister Schlegel Bürgermeister Schlegel 2. Wenn nachgestellte Titel noch ein substantivisches Attribut bei sich haben, kann der bestimmte oder der Nullartikel stehen: Karl Meyer, (der) Direktor des Betriebes, eröffnete die Beratung. Peter Sänger, (der) Leiter des Projektierungsbüros, unterbreitete einen neuen Vorschlag. 5. Der bestimmte Artikel steht bei Namen von Zeitungen und Zeitschriften: 369 Er hat die „Frankfurter Rundschau" von heute gelesen. Er will den „Eulenspiegel" kaufen. Anmerkung: Im Nominativ tritt bei fremdsprachigen und vereinzelt bei deutschsprachigen Zeitungstiteln auch der Nullartikel auf (vgl. dazu 5.4.3.4.4. unter Anm. 3): „Liberation" kündigte eine neue Artikelserie an. „Welt am Sonntag" berichtete von dieser Konferenz. 5.4.12. Identifizierung durch Situationskontext Der bestimmte Artikel steht vor Substantiven, wenn die ihnen entsprechenden Objekte der Realität durch den Situationskontext identifiziert sind. Obwohl diese Objekte nicht nur einmal in der Welt vorkommen, werden sie eindeutig durch eine einheitliche Vorstellung innerhalb einer (kleineren oder größeren) Sprachgemeinschaft: die Schule Situation 370 1. Der bestimmte Artikel steht bei nicht pluralfähigen Abstrakta: Er kämpft für die Gerechtigkeit. Alle Menschen wollen im Frieden leben. Anmerkung: Solche Abstrakta sind jedoch auch mit Nullartikel möglich: Er kämpft für Gerechtigkeit. Vgl. dazu genauer 5.4.3.2.3. 2. Der bestimmte Artikel steht bei nicht pluralfähigen Zeitangaben (Jahreszeiten, Monaten, Tageszeiten, Mahlzeiten): Der Frühling beginnt im März. Der Mai ist ein schöner Monat. Das Frühstück wird um 7 Uhr eingenommen. Anmerkungen: (1) Wird das nicht pluralfähige Abstraktum oder die nicht pluralfähige Zeitangabe durch ein Attribut als Vertreter einer Klasse angesehen, steht der unbestimmte Artikel (vgl. 5.4.1.4.): Er führt ein angenehmes Leben. Im vergangenen Jahr hatten wir einen langen Winter. (2) Bei Zeitbegriffen ohne Präposition kann auch der Nullartikel stehen, wenn vor dem Stubstantiv ein Adjektiv steht, bei Wochentagen auch ohne Adjektiv (vgl. 5.4.3.2.4.): Der Kurs beginnt nächstes Frühjahr. Die Feier findet Dienstag abend statt. (3) Bei Zeitbegriffen in sein-Sätzen vom Typ „es + sein + Nominativ" steht der Nullartikel (vgl. 5.4.3.3.9.): Es ist schon Abend. Es wird Frühling. 3. Der bestimmte Artikel steht bei Substantiven, wenn die ihnen entsprechenden Objekte der Realität durch die Situation eindeutig für Sprecher und Hörer identifiziert sind: Ein Mann kommt in eine Dorfgaststätte und ruft: „Die Kirche brennt." (Es kann sich dabei nur um die Kirche des betreffenden Dorfes handeln). 4. Der bestimmte Artikel steht bei Kollektiva, die für die Sprecherge-meinschaft identisch sind: Die Bevölkerung wurde zu einer Spende aufgerufen. Die Schulleitung hat gestern den Termin für die Zeugnisausgabe festgelegt. Anmerkung: Wird jedoch das Substantiv durch ein Attribut als Vertreter einer Klasse betrachtet, steht der unbestimmte Artikel (vgl. 5.4.2.1.4.): Dieses Land hat schon lange eine demokratische Regierung. Wir haben eine Schulleitung, auf die wir stolz sein können. 5. Der bestimmte Artikel steht bei Marken oder Typen von Industrieerzeugnissen, wenn sie einem Kriterium der Identität entsprechen. Der Ford Sierra ist ein moderner Mittelklassewagen. Wir fliegen mit der Concorde. Anmerkungen: (1) Bei Bezeichnungen von Produkten in unbestimmter Menge steht der Nullartikel (vgl. 5.4.3.2.): Die Mutter wäscht mit Rewa. (= unbestimmte Menge) Gebt mir doch bitte das Rewa! (= Identifizierung) Wir trinken gern Rotwein. (= unbestimmte Menge) Herr Ober, bringen Sie uns den Rotwein'. (= Identifizierung) (2) Der unbestimmte Artikel steht, wenn ein beliebiges Exemplar des Typs gemeint ist (vgl. 5.4.2.1.): Er kauft sich einen Volvo. Identifizierung durch sprachlichen Kontext 5.4.1.3. Der bestimmte Artikel steht vor Substantiven, wenn das ihnen entsprechende Objekt der Realität durch den sprachlichen Kontext identifiziert wird. Es kann sich dabei um kontextuelle, um syntakti- 371 sehe, um morphologische oder intonatorische Mittel handeln, die das betreffende Objekt für Sprecher und Hörer eindeutig machen. 1. Der bestimmte Artikel steht vor einem Substantiv, das im Kontext vorher erwähnt wurde und unter kommunikativem Aspekt nun nicht mehr das Neue, sondern das schon Identifizierte und Bekannte in der Mitteilung darstellt: Dort steht ein Haus. Das Haus gehört meinem Freund. L Vgl. im Gegensatz dazu den Gebrauch des unbestimmten Artikels unter 5.4.2.1.1. • 2. Der bestimmte Artikel steht vor einem Substantiv, wenn das ihm entsprechende Objekt der Realität durch ein Attribut näher identifiziert ist: Das Geld, das er ihm geliehen hat, ist schon aufgebraucht. J Anmerkungen: (1) Ist das Attribut ein vorangestelltes Genitivattribut, so steht der Nullartikel [vgl. 5.4.3.3.11.(1)]: Karls Anzug ist modern. (2) Wird das Substantiv durch das Attribut zum Vertreter einer Klasse, steht der unbestimmte Artikel (vgl. 5.4.2.1.4.): Sein Sieg war ein bedeutendes Ereignis dieses Winters. 3. Der bestimmte Artikel steht vor einem Substantiv, das durch den Superlativ die Bedeutung der Einmaligkeit bekommt: Goethe ist der bedeutendste Dichter der deutschen Klassik. J 4. Der bestimmte Artikel steht vor einem Substantiv, das durch die Betonung die Bedeutung der Einmaligkeit bekommt: Sein Sieg war das Ereignis dieses Winters. u 5.4.1.4. Identifizierung durch Generalisierung Der bestimmte Artikel steht vor Substantiven, wenn die ihnen entsprechenden Objekte der Realität durch Generalisierung identifiziert sind. Dabei nennt das Substantiv das Element einer Klasse, das 372 stellvertretend für die gesamte Klasse steht: Das Auto ist ein Verkehrsmittel J Anmerkungen: 1. In derselben Funktion können auch der unbestimmte Artikel (+ Singular) und der Nullartikel (+ Plural) stehen: Ein Auto ist ein Verkehrsmittel. Autos sind Verkehrsmittel. Vgl. dazu auch 5.4.2.3. und 5.4.3.15. 2. Auch Eigennamen (sonst mit Nullartikel verwendet) erhalten den bestimmten Artikel, wenn sie Klassenbezeichnungen sind: Bayreuth ist das Mekka der Wagnerfreunde. Der Duden ist ei n bewährtes Nachschlagewerk. Besondere Verwendungsweisen des bestimmten Artikels 5.4.1.5. Außer bei den verschiedenen Arten der Identifizierung tritt der bestimmte Artikel in einigen besonderen Verwendungsweisen auf. 1. Der bestimmte Artikel steht bei distributivem Gebrauch von Maßbezeichnungen (= pro, je; vgl. 7.3.3.): Die Zwiebeln kosten 1,80 DM das Kilo. Wir sind 110 Kilometer die Stunde gefahren. Anmerkung: Bei Mengenangaben steht der Nominativ, bei Zeitangaben der Akkusativ: Dieses Band kostet 90 Pfennig der Meter. Er kommt zweimal den Monat zu uns. 2. Der bestimmte Artikel steht in der Konstruktion zu + Substantiv (+ Verb), die oft zur festen Wendung geworden ist: Der Lehrer führt einige Sätze zur Illustration an. Er stellt das Problem zur Diskussion. Ebenso: zur Sprache bringen / kommen, zur Aufführung bringen / kommen, zum Schluß bringen / kommen, zur Vernunft bringen / kommen, zum Halten bringen / kommen, etwas zum Spaß machen, jemanden zum Narren halten, jemandem zur Seite stehen Meist handelt es sich dabei um Funktionsverbgefüge (vgl. 1.4.3.). 3. Der bestimmte Artikel steht manchmal ohne inhaltliche Notwendigkeit zur Kennzeichnung der grammatischen Form, die sonst — etwa bei Dativ oder Genitiv — nicht als solche erkennbar wäre: Er zieht Kaffee dem Tee vor. Dem Peter gab Inge das Buch. Der Patient bedarf der Ruhe. 373 5.4.2. Unbestimmter Artikel Der unbestimmte Artikel signalisiert vor allem die Indeterminiertheit der bezeichneten Objekte der Realität: diese Objekte werden unbestimmt gelassen und nicht näher identifiziert. Die Indeterminiertheit kann sich auf verschiedene Weise ausprägen: Der unbestimmte Artikel bezeichnet ein Objekt der Realität 1. als beliebiges Objekt einer Klasse 2. als Klasse 3. als Stellvertreter einer Klasse ' 5.4.2.1. Objekt der Realität als beliebiges Objekt einer Klasse 1. Der unbestimmte Artikel steht vor einem Substantiv, das erstmalig genannt, im Kontext vorher nicht erwähnt wird und unter kommunikativem Aspekt das Neue in der Mitteilung darstellt (im Gegensatz zum bestimmten Artikel, vgl. 5.4.1.3.1.): Dort steht ein Mann. Der(dieser) Mann trägt Arbeitskleidung. Ich möchte mir ein Buch kaufen. Das (dieses) Buch darf aber nicht zu teuer sein. Es wird ein gebrauchtes Auto zum Verkauf angeboten. Das (dieses) Auto hat einen neuen Motor. 2. Der unbestimmte Artikel steht bei nicht näherer Beschreibung eines Objekts der Realität aus einer Klasse, auch wenn dieses nicht zum erstenmal genannt wird: Wir haben auch ein Auto. Ich werde ihm zum Geburtstag ein Buch schenken. Sie bemüht sich um eine Antwort auf diese Frage. Wir suchten lange nach einem Grund für sein Verhalten. 3. Der unbestimmte Artikel steht verstärkend an Stelle des bestimmten Artikels; dieser Effekt wird erreicht, indem eine identifizierte Person oder Nicht-Person formal als beliebig gesetzt wird: Der Ausländer braucht gerade auch eine semantische Erläuterung der Synonyme. Eine erfolgreiche Realisierung des Projekts erfordert die Mitarbeit aller. 4. Der unbestimmte Artikel steht bei Substantiven, die durch ein Attribut als Vertreter einer Klasse betrachtet werden, die aber ohne Attribut mit bestimmtem oder Nullartikel stehen: Er führt ein angenehmes Leben. — Das Leben ist angenehm. Wir haben eine sehr einsatzfreudige Schulleitung. — Ein Besucher fragte nach dem Zimmer der Schulleitung. Er trägt jetzt eine größere Verantwortung als bisher. — Er ist es ge-374 wohnt, Verantwortung zu tragen. Anmerkungen: (1) Ist das Attribut ein Nebensatz, kann der bestimmte Artikel stehen. Damit wird die Einmaligkeit hervorgehoben: Heute ist der Tag, auf den ich mich schon lange gefreut habe. (= Ich habe mich auf diesen einen Tag gefreut; = Identifizierung des Tages) Heute ist ein Tag, auf den ich mich schon lange gefreut habe. (= Ich habe mich auf mehrere Tage dieser Art gefreut; einer davon ist heute; = Indeterminiertheit des Tages) (2) Ist das Attribut eine Ordinalzahl, steht der bestimmte Artikel: Heute ist der fünfte Tag unseres Urlaubs. (3) Ist das Attribut ein Superlativ, steht der bestimmte Artikel: Heute war der schönste Tag unseres Urlaubs. Vgl. dazu 5.4.1.3.3. I Objekt der Realität als Klasse 5.4.2.2. Der unbestimmte Artikel steht vor Substantiven, die eine Klasse bezeichnen, in die ein einzelnes Objekt eingeordnet wird (in einem Satz vom Typ Nominativ + sein + Nominativ): Das Auto ist ein Verkehrsmittel. Die Tanne ist ein Nadelbaum. Anmerkung: Der unbestimmte Artikel steht auch bei Eigennamen, die eine Klasse bezeichnen: Dieses Bild ist ein Rembrandt Vgl. dazu 5.4.1.4. unter Anm. 2. Objekt der Realität als Stellvertreter einer Klasse 5.4.2.3. Der unbestimmte Artikel wird gebraucht, wenn ein Substantiv ein Objekt der Realität bezeichnet, das stellvertretend für seine Klasse steht: Ein Haus kostet viel Geld. (= Jedes Haus kostet viel Geld.) Ein Facharbeiter muß eine gute Allgemeinbildung haben. Ein Sonnenuntergang am Meer ist ein großes Erlebnis. Anmerkung: In dieser generalisierenden Funktion können auch der bestimmte Artikel (+ Singular oder Plural) und der Nullartikel (+ Plural) stehen: Der Facharbeitervnuß eine gute Allgemeinbildung haben. Facharbeiter müssen eine gute Allgemeinbildung haben. Vgl. dazu 5.4.1.4. unter Anm. 1. und 5.4.3.1.2. 375 In der generalisierenden Funktion ist sowohl der bestimmte als auch der unbestimmte Artikel möglich, weil das dem Substantiv entsprechende Objekt der Realität als indeterminierter Begriff identifiziert ist. Identifizierung und Indeterminiertheit fallen bei der Generalisierung zusammen; denn identifiziert wird nicht ein bestimmtes Exemplar einer Klasse, sondern ein beliebiges (indeterminiertes) Exemplar stellvertretend für die gesamte Klasse. 5.1.2.4. Besondere Verwendungsweisen des unbestimmten Artikels Außer bei diesen verschiedenen Arten der Indeterminiertheit tritt der unbestimmte Artikel in einigen besonderen Verwendungsweisen auf. 1. Der unbestimmte Artikel steht vor Substantiven im Akkusativ in Sätzen vom Typ Nominativ + haben + Akkusativ: Er hat einen Sohn / Neffen / Freund / Lehrer. Er hat ein Auto / eine Wohnung / einen Wartburg. Anmerkung: Ebenso tritt der unbestimmte Artikel vor Substantiven im Akkusativ bei Verben wie bekommen, sich wünschen, suchen in u. a. auf: Er bekam einen ausgezeichneten Lehrer. Er sucht in ihm eine Hilfe. 2. Der unbestimmte Artikel steht vor Maßangaben im Akkusativ in Sätzen vom Typ Nominativ + haben + Akkusativ, die meist verwandelt werden können in Sätze vom Typ Nominativ + sein + Adjektiv: Frankreich hat eine Ost-West-Ausdehnung von 938 km (= ist ausgedehnt). Der Berg hat eine Höhe von 1244 m (= ist hoch). Anmerkung: Wird das Maß nicht in Zahlen, sondern mit Hilfe eines identifizierenden Attributs angegeben, steht der bestimmte Artikel: Das Schiff hat die Größe eines mehrstöckigen Hauses. Klaus hat die Größe seines älteren Brudörs erreicht. 5.4.3. Nullartikel Der Nullartikel wird in vielfältiger Weise verwendet. Teils dient er als Ersatzform für den unbestimmten oder bestimmten Artikel, teils ist er durch semantische Gruppen von Substantiven, teils durch bestimmte syntaktische Konstruktionen bedingt. Außerdem steht er bei Eigennamen (vor allem Personennamen und geographischen Namen). 376 Der Nullartikel als Ersatzform für den bestimmten und unbestimmten Artikel 1. Der Nullartikel steht im Plural, wenn im Singular der unbestimmte Artikel steht (weil es keinen Plural des unbestimmten Artikels im Deutschen gibt): Wir werden ihm zum Geburtstag Bücher schenken. Hat er Brüder? Die Abteilung hat junge Mitarbeiter. 2. Der Nullartikel steht zur Bezeichnung einer Klasse im Plural: Facharbeiter brauchen eine gute Allgemeinbildung. Autos sind wichtige Verkehrsmittel. 5.4.3.1. Anmerkung: In dieser generalisierenden Funktion sind auch der bestimmte Artikel (+ Singular oder Plural) und der unbestimmte Artikel (+ Singular) möglich: Der Facharbeiter braucht eine gute Allgemeinbildung. Die Facharbeiter brauchen eine gute Allgemeinbildung. Ein Facharbeiter braucht eine gute Allgemeinbildung. Vgl. dazu 5.4.1.4. und 5.4.2.3. Der Nnllartikel vor bestimmten 5.4.3.2. semantischen Gruppen von Substantiven 1. Der Nullartikel steht vor Stoffbezeichnungen im Singular, wenn die unbestimmte Menge eines Stoffes bezeichnet wird: Er trinkt gern Bier. Zum Bau eines Hauses braucht man Zement und Sand. Anmerkungen: (1) Nach der gleichen Regel steht der Nullartikel auch bei Substantiven auf -zeug, -werk u. a. Das Kind wünscht sich immer Spielzeug (neues Schuhwerk). (2) Ist jedoch nicht eine unbestimmte Menge des Stoffes gemeint und der Stoff (durch Beziehung auf eine bestimmte, bekannte Menge oder durch Beziehung auf die Gesamtheit) identifiziert, muß bzw. kann der bestimmte Artikel [vgl. 5.4.1.2.5. unter (1)] stehen: Der Ober bringt ihm den Wein. Das kalte Wasser (kaltes Wasser) dient der Abhärtung des Körpers. 2. Der Nullartikel steht bei Bezeichnungen des Berufs, der Funktion, der Nationalität und der Weltanschauung in Sätzen vom Typ Nominativ + sei7i/u;erdeTi + Nominativ oder Nominativ + Verb + als + Nominativ: Er ist Bürgermeister. 377 378 Er wird Lehrer. Sie arbeitet als Kontrolleurin. Er wird als Vorsitzender bestätigt. Anmerkungen: (1) Wenn das Substantiv ein Attribut hat, steht der bestimmte oder unbestimmte Artikel: Das ist der Bürgermeister von Dresden. Er ist der neue / ein neuer Lehrer. (2) Nach den Verben mit als kann beim Substantiv mit Attribut auch der Nullartikel bleiben: Sie fühlt sich als (eine) verantwortungsbewußte / (die) fleißigste Kontrolleurin. (3) Bei anderen Substantiven (die nicht Beruf, Nationalität, Funktion oder Weltanschauung bezeichnen) nach einem Verb mit als steht der Nullartikel oder der unbestimmte Artikel: Ich sage dir das als (ein) Freund. Sie spricht als (eine) Vertreterin des Elternbeirats. (4) Wird mit dem Substantiv im Prädikativ kein Beruf, sondern eine allgemeine Eigenschaft bezeichnet, steht der unbestimmte Artikel: Er ist Schauspieler. (Er ist Schauspieler von Beruf.) Er ist ein Schauspieler. (Er verhält sich wie ein Schauspieler.) 3. Der Nullartikel steht bei Abstrakta, die ganz allgemein eine Eigenschaft, einen Zustand bzw. einen Vorgang bezeichnen: Sie hatte Geduld. Arbeit ist die Grundlage des Erfolges. Er zeichnet sich durch Fleiß aus. Anmerkungen: (1) Wird das Substantiv jedoch durch die Beziehung auf die Gesamtheit identifiziert, so kann der bestimmte Artikel stehen; wird es durch Kontext oder Situation identifiziert, so muß der bestimmte Artikel stehen [vgl. auch 5.4.3.2.1. unter Anm. (2)]: Die Arbeit (Arbeit) ist die Grundlage seines Erfolges. Die Geduld ist ihm gerissen. Die Arbeit macht ihm viel Spaß. (2) Wird das Substantiv durch ein Adjektiv im Positiv erläutert, steht der unbestimmte Artikel, beim Adjektiv im Superlativ steht der bestimmte Artikel: Sie hatte eine bewundernswerte Geduld. Sie hatte die größte Geduld, die man sich vorstellen kann. (3) Wird das Substantiv durch einen Nebensatz erläutert, steht ein oder der: Sie hatte eine Geduld, die von allen bewundert wurde. Sie hatte die Geduld, die zu seiner Pflege nötig war. (4) Bei einem substantivierten Infinitiv steht der Nullartikel oder der bestimmte Artikel: (Das) Lernen bereitet ihm Schwierigkeiten. Konsequentes Arbeiten / das konsequente Arbeiten ist die Grundlage des Erfolges. 4. Der Nullartikel steht bei Zeitbegriffen ohne Präposition mit adjektivischem Attribut, bei Wochentagen auch ohne Adjektiv: Ein neuer Kurs beginnt nächstes Frühjahr. Er sollte seine Arbeit vorige Woche abgeben. Der Unterricht beginnt erst Montag. Vgl. aber 5.4.1.2.2. Der Nullartikel in bestimmten syntaktischen 5.4.3.3. Konstruktionen und syntaktischen Umgebungen 1. Der Nullartikel steht vor einem Substantiv im Akkusativ, wenn es zusammen mit dem Verb eine enge Einheit bildet und durch ein Verb ersetzt werden kann. Es handelt sich um Abstrakta, die nicht identifiziert und auch nicht indeterminiert gebraucht werden können und nicht pluralfähig sind: Er holt Atem. (= Er atmet.) Sie schöpft Verdacht gegen ihn. (= Sie verdächtigt ihn.) Sie faßt Vertrauen zu ihm. (- Sie vertraut ihm.) Sie hat Angst. (- Sie ängstigt sich.) Sie erteilt Unterricht in Geschichte. (= Sie unterrichtet in Geschichte.) Er leistet ihr Hilfe. (= Er hilft ihr.) Anmerkungen: (1) Manchmal können auch Nullartikel, bestimmter und unbestimmter Artikel mit Bedeutungsunterschied wechseln (wenn das Substantiv identifiziert bzw. indeterminiert gebraucht werden kann): Das Kind macht ihr Freude. Das Kind macht ihr die Freude Das Kind macht ihr eine Freude. (= Das Kind erfreut sie.) (die sie sich gewünscht hat.) (mit irgendeiner konkreten Handlung.) (2) In anderen festen Verbindungen steht der bestimmte oder unbestimmte Artikel (vgl. dazu auch 1.4.3.4.7.): Sie faßten den / einen Beschluß. (= Sie beschlossen ...) Er stellte den / einen Antrag. (= Er beantragte ...) (3) Folgt nach der festen Verbindung ein Nebensatz, dann steht häufig der bestimmte Artikel: Er faßte den Entschluß, regelmäßig Lotterie zu spielen. (4) Ist der Nebensatz ein Relativsatz, kann auch der unbestimmte Artikel stehen (— ein solcher): Sie faßten einen Beschluß, den sie kaum verwirklichen können. Sie faßten den Beschluß, den sie schon lange vorbereitet hatten. 379 2. Der Nullartikel steht vor einem Substantiv im Akkusativ in einem Satz vom Typ Nominativ + haben + Akkusativ, der durch einen Satz vom Typ Nominativ + sein + Adjektiv ersetzt werden kann: Er hat Hunger. (= Er ist hungrig.) Er hat Mut. (= Er ist mutig.) Anmerkung: Wird die feste Verbindung von Verb und Akkusativ durch ein Attribut gelöst, steht der bestimmte oder unbestimmte Artikel: Ich habe (einen) großen Hunger. Er hat immer den größten Hunger. 3. Der Nullartikel steht vor einem Substantiv in einem nachgestellten präpositionalen Attribut, das durch ein Adjektiv ersetzt werden kann: Das ist ein Problem von großer Bedeutung. (= Das ist ein bedeutsames Problem.) Es wurde keine Frage von Wichtigkeit gestellt. (= Es wurde keine wichtige Frage gestellt.) Anmerkung: Bei Betonung des Attributs kann der unbestimmte Artikel stehen, wenn das substantivische Attribut selbst wieder ein Attribut hat: Das ist ein Problem von einer weitreichenden Bedeutung. Das ist ein Problem von einer Bedeutung, die man noch gar nicht richtig einschätzen kann. 4. Der Nullartikel steht vor einem Substantiv in einer präpositionalen Adverbialbestimmung, die durch ein Adverb ersetzt werden kann: Sie wendeten sich in freundlicher Weise an uns. (= Sie wendeten sich freundlich an uns.) Er lachte vor Freude. (= Er lachte erfreut.) Er schaffte es nur mit Mühe. {= Er schaffte es nur mühsam.) Er las den Aufsatz ohne Aufmerksamkeit. (= Er las den Aufsatz unaufmerksam.) Die Menschheit will in Frieden leben. (= Die Menschheit will friedlich leben.) 380 Anmerkung: Genauso verhalten sich verschiedene präpositionale Adverbialbestimmungen, die nicht in ein Adverb umgeformt werden können: Er sagte es aus /vor Freude. Finale Adverbialbestimmungen (ohne entsprechendes Adverb) haben dagegen den bestimmten Artikel: Er machte es zum Spaß. 5. Der Nullartikel steht in einer präpositionalen Adverbialbestim- mung aus Partizip und nicht pluralfähigem Substantiv, die durch einen Nebensatz ersetzt werden können: Das Feuerwerk beginnt bei eintretender Dunkelheit. (= wenn die Dunkelheit eintritt) Das Feuerwerk beginnt bei angebrochener Dunkelheit. (= wenn die Dunkelheit angebrochen ist) Anmerkungen: (1) Bei pluralfähigen Substantiven steht der bestimmte oder unbestimmte Artikel: Er rückte durch den / einen überraschenden Erfolg einen Platz nach vorn. Nach der/ einer beendeten Untersuchung wurde das Ergebnis sofort ausgewertet (2) Wenn das pluralfähige Substantiv identifiziert ist, kann auch der Nullartikel stehen: Nach der / einer bestandenen Prüfung / nach bestandener Prüfung treffen sich die Studenten in .Auerbachs Keller". 6. Der Nullartikel steht in einer syntaktischen Konstruktion aus Adjektiv bzw. Partizip + Substantiv im Genitiv, die dem Satzgliedstatus nach Adverbialbestimmung oder prädikatives Attribut ist und zumeist durch eine Präpositionalgruppe (eingeleitet durch mit) ersetzt werden kann: Er verließ erhobenen Hauptes das Zimmer. (= mit erhobenem Haupt) Er ging schnellen Schrittes über die Straße. (= mit schnellem Schritt) Sie blickte ihn gesenkten Kopfes an. (= mit gesenktem Kopf) 7. Der Nullartikel steht vor präpositionalen Lokalbestimmungen (bzw. Prädikativa), bei Verben der Fortbewegung, bei sein und bleiben; das dem Substantiv entsprechende Objekt der Realität ist dabei weder identifiziert noch indeterminiert: zu Bett gehen, in See stechen, auf See sein / bleiben, nach Hause kommen / gehen, zu Hause sein / bleiben, zu Fall kommen Anmerkung: Bei freien Verbindungen steht der bestimmte oder unbestimmte Artikel (das Substantiv ist identifiziert bzw. indeterminiert): zum Bahnhof gehen, auf die See hinausfahren, an die See fahren, im Hause sein / bleiben, im/ in einem Betrieb sein / arbeiten 8. Der Nullartikel steht in festen Zwillingsformeln: Ebbe und Flut, Haus und Hof, durch Wald und Flur, Mann und Frau, Sonn- und Feiertage; Satz für Satz, Seite um Seite, von Haus zu Haus; weder Baum noch Strauch, weder Mensch noch Tier, weder Fisch noch Fleisch 381 9. Der Nullartikel steht bei einigen Substantiven (meist Jahreszeiten, Monate, Wochentage) in Sätzen vom Typ es + sein / werden + Nominativ: Es ist schon Sommer. Im Oktober wird es langsam Winter. 10. Der Nullartikel steht bei bloßer Nennung des Substantivs außerhalb des Satzzusammenhangs (1) beim Anruf und bei der Anrede von Personen: Karl! — Hallo, Gisela! — Lieber Klaus! — Verehrter Herr Professor! (2) bei Gruß- und Wunschformeln: Guten Tag! — Auf Wiedersehen! - Glückliche Reise! — Frohe Feiertage! (3) bei einigen Ausrufen in Gefahrensituationen oder Befehlen: Achtung! — Feuer! — Vorsicht! — Hilfe! Anmerkung: Bei anderen Ausrufen (Hinweis, Aufforderung, Ausdruck des Erstaunens u. a.) steht der bestimmte oder unbestimmte Artikel: Das Auto! (= Schau dir mal das Auto an!) Die Jungen! (= Sieh mal, was die Jungen schon wieder treiben!) Eine Schere? (= Wozu brauchst du denn eine Schere?) 11. Der Nullartikel steht, wenn die Position vor dem Substantiv durch ein anderes Glied besetzt ist (vgl. dazu 5.1.3.4.). (1) obligatorisch bei vorangestelltem Genitiv: Dort kommt Karls Mutter. Das ist meines Vaters Mantel. 382 Anmerkung: Bei nachgestelltem Genitiv bzw. Umschreibung mit von steht der bestimmte oder unbestimmte Artikel: Das ist der/ ein Mantel meines Vaters. Dort kommt die Mutter von Karl. (2) obligatorisch bei anderen Artikelwörtern (deren, dessen, wessen): Wir besuchen unsere frühere Lehrerin, deren Sohn seit mehreren Jahren im Ausland studiert. Da kommt der Arzt, dessen Auto an der Ecke steht (3a) obligatorisch bei den indefiniten Zahladjektiven viel, wenig, etwas, allerlei, wenn diese vor substantivisch gebrauchten Adjektiven/ Partizipien, vor Abstrakta und Stoffbezeichnungen stehen: Er hat viel Interessantes erzählt. Die Kinder haben allerlei Dummheiten gemacht. (3b) obligatorisch bei den indefiniten substantivischen Pronomina jemand, niemand, nichts, wenn diese vor substantivisch gebrauchten Adjektiven/Partizipien stehen: Er konnte nichts Entscheidendes berichten. Er hat jemand Fremdes angesprochen. (4) fakultativ bei Zahladjektiven (Kardinalzahlen; viele, wenige, beide, sämtliche): Er hat schon drei (viele, wenige, beide, sämtliche) Prüfungen bestanden. Anmerkung: Vor diese Zahladjektive tritt der bestimmte Artikel, wenn die folgenden Substantive bereits identifiziert und dem Sprecher wie Hörer unter kommunikativem Aspekt bekannt sind: Er hat schon die drei (vielen, wenigen, beiden, sämtlichen) Prüfungen bestanden. 12. Der Nullartikel steht bisweilen vor dem Elativ: Der Betrieb verfügt über modernste Maschinen. Der Chemiker hat beste Bedingungen für seine aufwendigen Experimente. Anmerkung: Der Elativ steht jedoch auch mit dem bestimmten Artikel: Der Betrieb verfügt über die modernsten Maschinen. Der Nullartikel bei Eigennamen 5.4.3.4. Eigennamen sind identifiziert; sie tragen jedoch das Identifizierungsmerkmal in sich, so daß sie vielfach keines bestimmten Artikels bedürfen. Der Nullartikel bei Personennamen 5.4.3.4.1. 1. bei Personennamen ohne Attribut: Peter wohnt in Dresden. Müllers fahren im Urlaub an die See. Anmerkung: Steht vor dem Namen ein Attribut, muß der bestimmte oder der unbestimmte Artikel stehen: Der bekannte Peter Müller wohnt in Dresden. Er ist ein richtiger Goethe. 2. bei Personennamen mit Titel, wenn dieser unmittelbar zum Na- 383 384 men gehört und als vorangestellte Apposition aufgefaßt wird (vgl dazu 15.2.6.1.2.): Direktor Müller Doktor Lehmann Professor Schulze Ebenso bei Personennamen mit Anredeform: Herr Vogel hält diesen Vortrag. Frau Buschmann hat uns besucht. Anmerkungen: (1) Bei Titeln mit Attribut steht der bestimmte Artikel (in diesem Falle erscheint der Name als Apposition) [vgl. 5.4.1.1.4. (2)j: der Sportler des Jahres Hartwig (2) Bei Berufs- und Tätigkeitsbezeichnungen steht der bestimmte Artikel: der Schriftsteller Strittmatter (3) Bei nachgestellter einfacher Apposition steht der bestimmte Artikel: Karl Müller, der Direktor, eröffnete die Beratung. (4) Bei Kollege schwankt der Gebrauch zwischen Nullartikel und bestimmtem Artikel: (Der) Kollege Fiebig trat von seiner Funktion zurück. 3. Umgangssprachlich werden zuweilen die Verwandtschaftsnamen Mutter, Vater, Großvater, Großmutter wie Eigennamen behandelt und mit Nullartikel verwendet, die Verwandtschaftsnamen Tante und Onkel nur dann, wenn ihnen der Eigenname folgt: Er hat schon mit (dem) Vater darüber gesprochen. Er hat (dem) Großvater ein schönes Geschenk gekauft. Er muß (die) Mutter Schulze no«h anrufen. Du mußt einen Brief an (die) Tante Lotte schreiben. 4. bei Personennamen, die als Titel von Bühnenwerken stehen: Heute wird „Egmont" gespielt Haben Sie schon die Neuinszenierung von „Romeo und Julia" gesehen? Anmerkungen: (1) Während bei Titeln aus zwei Namen (= zwei Personen) nur der Nullartikel stehen kann, ist bei Titeln aus einem Namen auch der bestimmte Artikel möglich [vgl. 5.4.1.1.4. (l)(a)]: Mir gefällt die erste Szene aus „Romeo und Julia". Mir gefällt die erste Szene aus (dem) „Don Carlos". 12) Steht vor dem Eigennamen ein Attribut, dann muß der bestimmte Artikel stehen: Kennst du Brechts Werk „Die heilige Johanna der Schlachthöfe"? (3) Werke der bildenden Kunst stehen mit bestimmtem Artikel: Wie gefällt dir die Saskia von Rembrandt? 5.4.3.4.2. Der Nullartikel bei geographischen Namen 1. bei den Namen der fünf Kontinente Afrika, Amerika, Asien, Australien und Europa: Alle Studenten dieser Gruppe kommen aus Afrika. Der Forscher unternimmt eine Reise nach Südamerika. Anmerkung: Arktis und Antarktis stehen mit bestimmtem Artikel: Er hat an einer Expedition in die Antarktis teilgenommen. 2. bei den Namen der meisten Länder: Frankreich, Polen, Rumänien, Ungarn, Ägypten, Syrien, Israel, Nigeria, Mali, Brasilien," Chile, Indonesien, China u. a. Anmerkung: Einige Ländernamen stehen mit dem bestimmten Artikel (vgl. 5.4.1.1.2.). 3. bei den Namen vieler Landschaften und Inseln: Thüringen, Sachsen, Kreta, Mesopotamien, Transbaikalien, Kalifornien, Hawaii, Borneo, Rügen, Sachalin, Sibirien u. a. Anmerkung: Einige Landschaftsnamen stehen mit dem bestimmten Artikel; vgl. 5.4.1.1.2. unter (5), (6) und (7). 4. bei den Ortsnamen ohne Attribut: Er wohnt in Berlin. Der Zug kommt aus Prag. Anmerkungen: (1) Wird der Name durch ein Attribut erläutert, steht der bestimmte oder der unbestimmte Artikel (vgl. 5.4.1.1.2. unter Anm 3.): Aus den Trümmern entstand ein neues Dresden. Er besuchte das alte Prag. (2) Wird der Name als Vertreter einer Gattung betrachtet, steht der unbestimmte Artikel: In Thüringen gibt es auch ein Neuhaus. 5. Bei zwei oder mehr geographischen Namen steht der Nullartikel oder der bestimmte Artikel: (Die) Werra und (die) Fulda vereinigen sich zur Weser. Folgende Länder nehmen an der Meisterschaft teil: (die) Schweiz, (die) Niederlande, (die) USA, (die) Türkei. 385 5.4.3.4.3. Der Nullartikel bei Namen von Festen Der Nullartikel bei Namen von Einrichtungen 5.4.3.4.5. Der Nullartikel steht bei den Namen einiger Feste religiöser Herkunft (Weihnachten, Ostern, Pfingsten): Was wünschst du dir zu Weihnachten? Ostern verbringen wir im Harz. Anmerkungen: 1. Stehen diese Namen als Bestimmungswort in Zusammensetzungen, dann steht der bestimmte oder der unbestimmte Artikel: Wir verbringen die Osterfeiertäge im Harz. Ich wünsche Ihnen ein angenehmes Weihnachtsfest. 2. Die Namen für andere Feste und Feiertage stehen immer mit dem bestimmten oder unbestimmten Artikel: das Neue Jahr, das Neujahr(sfest), der 1. Mai, der Karfreitag 5.4.3.4.4. Der Nullartikel bei Buchtiteln und Uberschriften Der Nullartikel steht häufig in Buchtiteln und Überschriften. Buchtitel: Russisch-deutsches Wörterbuch Lehrbuch der englischen Sprache Überschriften: Paris an London Hoher Besuch in Berlin Anmerkungen: 1. In diesen Fällen können auch der bestimmte und der unbestimmte Artikel stehen. Buchtitel: Deutsch. Ein Lehrbuch für Ausländer Die Abenteuer des Werner Holt Überschriften: ■ Der Mensch verändert die Natur. Ein hoher Gast in Berlin 2. Bei den deutschsprachigen Titeln von Zeitungen und Zeitschriften steht meistens der bestimmte Artikel (vgl. 5.4.1.1.5.): die „Frankfurter Allgemeine" der „Eulenspiegel" 3. Bei fremdsprachigen Titeln von Zeitungen und Zeitschriften wird der bestimmte oder der Nullartikel verwendet: (Die) „World" schreibt... (Der) „Figaro" meldet... Der Nullartikel steht in einigen Namen von Einrichtungen, die mit Präpositionen gebildet sind: die Hochschule für Grafik die Gesellschaft für Sprachwissenschaft das Büro für Patentwesen Der Nullartikel bei Namen von Unterrichts- und Studienfächern 5.4.3.4.6. Er hat eine Eins in Deutsch bekommen. Sie hat keine Schwierigkeiten in Mathematik. Er beschäftigt sich gern mit Kybernetik. Anmerkung: , Ist jedoch das Wissenschaftsgebiet gemeint, steht meistens der bestimmte Artikel: Er beschäftigt sich gern mit der Logik. Er hat neue Untersuchungsmethoden in die Physik eingeführt. Als Student hat sich der Nobelpreisträger noch nicht so sehr für die Mathematik interessiert. Besonderheiten beim Gebrauch der Artikelwörter 5.5. Zusammenziehung des bestimmten Artikels mit der 5.5.1. Präposition Wenn die singularischen Artikelformen dem, der, das und den nur schwach betont sind, können sie mit manchen Präpositionen zu einem Wort verschmelzen: am Sonnabend, beim Essen, zur Erholung, aufs herzlichste Formale Möglichkeiten der Zusammenziehung 5.5.1.1. 1. dem + Präposition: am, beim, hinterm, im, überm, unterm, vorm, vom, zum Die Formen am, beim, im, vom und zum sind völlig normalsprachlich, die übrigen Formen werden in der Regel nur in der Umgangssprache verwendet. 2. der + Präposition: zur Die Form zur ist völlig normalsprachlich. 387