Muttersprache Vierteljahresschrift für deutsche Sprache Herausgegeben von der Gesellschaft für deutsche Sprache durch Armin Burkhardt, Rudolf Hoberg, Peter Schlobinski, Eva Teubert, Alfred Warner Redaktion Nicola Frank in Zusammenarbeit mit den wissenschaftlichen Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen der GfdS Jahrgang 119 (2009) Gesellschaft für deutsche Sprache [GfdS ISSN 0027-514 Χ Sämtliche Urheberrechte vorbehalten © Gesellschaft für deutsche Sprache, Wiesbaden Druck: Dinges & Frick Medientechnik, Drucktechnik & Verlag GmbH, Wiesbaden INHALTSVERZEICHNIS Aufsätze Braselmann, Petra Das Paradox der französischen Sprachpolitik. Vorbild für Europa? 98 Busse, Ulrich Welche Rolle spielen Anglizismen in europäischen Sprachen? 137 Elsen, Hilke Morphologie und Kognitive Grammatik 259 Engberg, Jan Durchschaubarkeit durch Vielfalt - Vorteile eines mehrsprachigen Rechtssystems und ihre linguistische Beschreibung 181 Hatipoglu, Seving Sprachkompetenz als elementare Dimension der Ausbildung von Fremdsprachenlehrern: Selbstbewertungen der Lehramtsanwärter fur Deutsch 33 Hinrichs, Uwe Sprachwandel oder Sprachverfall? Zur aktuellen Forschungssituation im Deutschen 47 Iluk, Jan Probleme der Vermittlung der deutschen Rechtssprache 222 Kellermeier-Rehbein, Birte Dressiersack, Bärendreck und Topfenkolatsche Wortbildungsvarianten in den Standardvarietäten Deutschlands, Österreichs und der Schweiz 1 Kolb, Angela Grußwort 179 Kostrzewa, Frank/Cheon-Kostrzewa, Bok Ja Kausalitätsmarkierungen im Deutschen und im Koreanischen 278 Lochtman, Katja Deutsch als Fremdsprache und andere Zielsprachen in Brüssel 126 Missaglia, Federica Linguistische und sprachdidaktische Aspekte des Faches »Deutsch als Fremdsprache nach Englisch« und seine sprachpolitischen Implikationen 151 Moraldo, Sandro M. Hat Deutsch in Italien eine Zukunft? 112 Muhr, Rudolf Die Unterschiede in der Rechtsterminologie Österreichs und Deutschlands und die Folgen für die Rechtssprache Deutsch im Rahmen der Europäischen Union 199 Roth, Marita Transkulturelle Identitätskonstruktion durch Sprache. »Mix-language« als kultureller Code des Emotionsausdrucks in Texten türkisch-deutscher Autoren und Sprecher 287 V Sanchez Hernandez, Paloma Über die suffixoidale Funktion bestimmter Personennamen 66 Schade, Elke Vertragen sich europäische und deutsche Rechtssprache? - Leidensdruck bei der Umsetzung von EU-Recht 192 Vanden Boer, Anneleen Die Position der deutschsprachigen Minderheit im belgischen gemeinschaftlichen Rahmen - erste Befunde 13 Von der Lühe, Barbara Spracherwerb im Pro und Contra studentischer Talkshows: Medienwissenschaft und Germanistik in China 299 Vural-Kara, Sergül Deutsch-türkischer Sprach- und Übersetzungsvergleich von stilistischen Elementen 305 West, Rebecca English only? - Nicht im Europaparlament! 217 Wimmer, Rainer Zur Verflechtung von Spracharbeit und Rechtsarbeit in der EU 234 Zengin, Dursun Geschlechtsspezifik von deutschen und türkischen Vornamen 58 Zhu, Jia/Schlobinski, Peter Web-Forum-Kommunikation: Sprachliche Aspekte im Deutschen und Chinesischen 249 Rezensionen Bäk, Pawel: Die Metapher in der Übersetzung. Studien zum Transfer der Aphorismen von Stanislaw Jerzy Lee und der Gedichte von Wislawa Szymborska Waldemar Czachur/Kinga Zielinska 242 Beißwenger, Michael: Sprachhandlungskoordination in der Chat-Kommunikation Netaya Lotze 79 Czachur, Waldemar: Textmuster im Wandel. Ein Beitrag zur textlinguistischen Erforschung der Vereinssatzungen im 19. Jahrhundert Edyta Grotek 317 Deutsches Fremdwörterbuch. Begonnen von Hans Schulz, fortgeführt von Otto Basler. 2. Auflage, völlig neu bearbeitet im Institut für Deutsche Sprache. Band 6: Gag -Gynäkologie Gerhard Müller 95 Graefen, Gabriele/Liedke, Martina: Germanistische Sprachwissenschaft. Deutsch als Erst-. Zweit- oder Fremdsprache Wellmann, Hans: Deutsche Grammatik. Laut. Wort. Satz. Text Philippi, Jule: Einführung in die generative Grammatik Kürschner, Wilfried: Grammatisches Kompendium. Systematisches Verzeichnis grammatischer Grundbegriffe Eberhard Ockel 321 VI Hambsch, Björn: »... ganz andere Beredsamkeit«. Transformationen antiker und moderner Rhetorik bei Johann Gottfried Herder Eberhard Ockel 316 Hellmann, Manfred W./Schröder, Marianne (Hgg.): Sprache und Kommunikation in Deutschland Ost und West Hellmann, Manfred W.: Das einigende Band? Beiträge zum sprachlichen Ost-West-Problem im geteilten und im wiedervereinigten Deutschland Burkhard Schaeder 85 Hiller, Marion: »Harmonisch entgegengesetzt«. Zur Darstellung und Darstellbarkeit in Hölderlins Poetik um 1800 Eberhard Ockel 245 Jost, Jörg: Topos und Metapher. Zur Pragmatik und Rhetorik des Verständlichmachens Eberhard Ockel 315 Kämper, Heidrun/Eichinger, Ludwig M. (Hgg.): Sprach-Perspektiven. Germanistische Linguistik und das Institut für Deutsche Sprache Eberhard Ockel 325 Lewandowska, Anna: Sprichwortgebrauch heute. Ein interkulturell-kontrastiver Vergleich von Sprichwörtern anhand polnischer und deutscher Printmedien Eberhard Ockel 170 Mieder, Wolfgang: »Sein oder Nichtsein«. Das Hamlet-Zitat in Literatur, Übersetzungen, Medien und Karikaturen Ders.: »Geben Sie Zitatenfreiheit«. Friedrich Schillers gestutzte Worte in Literatur, Medien und Karikaturen Eberhard Ockel 240 Moraldo, Sandro M. (Hg.): Sprachkontakt und Mehrsprachigkeit. Zur Anglizismendiskussion in Deutschland, Österreich, der Schweiz und Italien Jürgen Spitzmüller 76 Neuland, Eva: Jugendsprache. Eine Einführung Margot Heinemann 82 Niemeier, Susanne/Diekmannshenke, Hajo (Hgg.): Profession und Kommunikation Eberhard Ockel 243 Proverbium. Yearbook of International Proverb Scholarship. Bd. 25. Hg. v. Wolfgang Mieder Hans-Manfred Militz 171 Rues, Beate/Redecker, Beate/Koch, Evelyn/Wallraff, Uta/Simpson, Adrian P.: Phonetische Transkription des Deutschen. Ein Arbeitsbuch Eberhard Ockel 319 Skirl, Helge/Schwarz-Friesel, Monika: Metapher Rothstein, Björn: Tempus Musan, Renate: Satzgliedanalyse Eberhard Ockel 172 VII Vollmar, Hartmut: Einheitliche Theorie des Verses Eberhard Ockel 174 Vom Wort zum Text. Studien zur deutschen Sprache und Kultur. Festschrift für Professor Jozef Wiktorowicz zum 65. Geburtstag. Herausgegeben von Waldemar Czachur und Marta Czyzewska Danuta Frqczyk 94 Stichwörterverzeichnis des Jahrgangs 2009 329 VIII Morphologie und Kognitive Grammatik* Von HILKE ELSEN Abstract Warum sind Komposita so überaus zahlreich? Warum kommt es aktuell in einigen Bereichen des Deutschen zu immer mehr Zusammenbildungen, während wir die implizite Derivation aufgegeben haben? Warum heißen Schmerzmittel Benuron, Buscopan, Aspirin oder Eudorlin, aber nie Schlupseli? Nach einem kurzen Abriss zur Geschichte der Morphologie werden in diesem Artikel Beobachtungen und Erkenntnisse aus neurobiologisch orientierten und prototypischen Ansätzen mit Prinzipien der Kognitiven Grammatik vereint und anhand aktueller morphologischer Erscheinungen demonstriert. Auf diese Weise sollen Erklärungen für periphere und neue Entwicklungen im Deutschen gesucht werden. Why are compounds so numerous? Why do w e coin more and more synthetic compounds, but only in certain varieties? Why did w e give up implicit derivation? Why do w e call pain-killers Benuron, Buscopan, Aspirin or Eudorlin, but never Schlupseli? To answer these questions, the article presents a short summary of the history of morphology, followed by several observations and findings stimulated by neurological and prototypical approaches. It is shown how they lead to the conception of Cognitive Grammar. Various rare and new trends in the creation and use of German complex words might better be understood in the light of CG. I Anfänge, Strukturalismus, generative Grammatik Die frühen Grammatiken der Griechen und Römer beschäftigten sich mit Flexion und stellten die verschiedenen Wortformen in übersichtlichen Gruppen tabellarisch zusammen, den sogenannten Paradigmen. Ein Paradigma ergab sich aus den syntaktischen Erfordernissen. Die kleinste Einheit war das Wort, und interne Regelmäßigkeiten und Unterschiede wurden durch die Gegenüberstellung in den Paradigmen und zwischen Paradigmen deutlich. Dieses klassische Modell nannte Charles Hockett (1954) Word Sc Paradigm-MoazW, um es von den beiden nächsten abzugrenzen. Nach den traditionellen Untersuchungen entwickelte sich nämlich langsam der Strukturalismus, der mit Ferdinand de Saussure seinen offiziellen Anfang fand. Sprache wurde nun als ein System von Relationen gesehen, kleinere Einheiten wurden aufgrund von Regeln verbunden, einerseits linear (syntagmatisch), andererseits auf Austausch beruhend (paradigmatisch). Die kleinste bedeutungstragende Einheit war nicht mehr das Wort, sondern das Morphem. In den Vereinigten Staaten etablierte Leonard Bloomfield die amerikanische Variante des Strukturalismus, auch Deskriptive Linguistik genannt, die Bedeutungsaspekte mied, was aber natürlich nicht immer realistisch war. Die Strukturalisten zergliederten eine Einheit (einen Sa:z, ein Wort) mithilfe der Konstituentenanalyse über Austausch- und Kombinationsmöglichkeiten einzelner Einheiten, bis die unterste Ebene aller Einheiten erreicht war. Die Schrtte mussten binär sein. Segmentierung, Substitution und Distributionsanalyse * Die Arbeit entstand im Rahmen des Projekts Deutsche Wortbildung, LMU München, das dankenswerterweise gefördert wird durch Seidl Vermessung und die DFG. Morphologie und Kognitive Grammatik Muttersprache 4/2009 259 waren die Grundpfeiler für die Analyse aller sprachlichen Aspekte. Die relevanten Einheiten, also die Morphe, wurden sukzessive isoliert, dann in größere Gruppen geordnet und klassifiziert anhand gemeinsamer Eigenschaften. Das Vorgehen liegt auch heute noch den meisten Ansätzen, wenn auch implizit, zugrunde. Nach der Klassifikation eines Morphs verwendet die strukturalistische Grammatik den Begriff Morphem. Morpheme sind diskrete Einheiten, gewissermaßen Bausteine, die auf eine bestimmte Art und Weise kombinierbar sind. Sowohl die Einheiten als auch die Kombinationsmöglichkeiten werden durch die strukturalistischen Verfahren Segmentierung, Identifizierung und Klassifizierung erfasst. Wörter wie leit+O+e, leit+0-est, leit+et+e bestehen aus einer ganz bestimmten linearen Anordnung von ganz bestimmten Morphemen. Ein Modell, das diese Fakten beschreibt, heißt Item & Arrangement-ModeW. Aber schon bald wurden die Grenzen solch einer Darstellung deutlich. Wie werden Ablaut (rief), wie die Konversion (Ruf) repräsentiert? Eine Weiterentwicklung berücksichtigte Zusammenhänge, die nicht nur auf einer einfachen Verkettung beruhen, sondern auch auf Veränderungen von Einheiten. Diese Zusammenhänge wurden als Regeln beschrieben, die die Ursprungseinheit in die Zieleinheit überführen. Die Veränderungen hießen Transformationen. Das Item & Process-ModcW verstand die Konstruktion von Wörtern als Prozess. Eine Form des Präteritums wie ging wird durch einen Prozess vom Verbstamm abgeleitet. Ein komplexes Wort ist das Ergebnis der Anwendung von Regeln, die die Ausgangsform schrittweise verändern und in die Endform überführen, vergleichbar mit einem Computer: Sie geben die Ausgangsform ein, der Computer wendet die Regeln an und Sie erhalten die Endform. Dies alles steckt hinter dem Begriff Prozess. Das Modell stellte nicht einfach nur Strukturen dar, sondern wollte anhand von Regeln neue Formen erzeugen - damit führte es fort von der statischen Beschreibung im Strukturalismus hin zu einer dynamischen Generierung von Wörtern - dieser ganz neue Anspruch, u. a., liegt den generativen Grammatiken zugrunde. Es handelt sich dabei um eine Sammelbezeichnung verschiedener Modelle, von der Transformationsgrammatik über u. a. Government and Binding, dem Minimalist Program bis hin zu der entfernter verwandten Optimalitätstheorie, die Sprache mit Grammatik gleichsetzen, sie in einzelne, unabhängige Module zergliedern und von einem detaillierten angeborenen Regelsystem ausgehen, ohne das Sprache nicht erlernt werden kann. Die Grammatiker gingen im letzten Jahrhundert von der ursprünglichen Zusammenstellung strukturell verwandter Wörter über zur Beschreibung morphologischer Bauweisen. Es folgte die Vorstellung, sprachliche Strukturen, entstanden anhand realer Regelanwendungen, seien kognitiv zu begründen. Zwar waren nun Einheiten und Regeln mentale Fakten, die Handhabung blieb jedoch aristotelisch-analytisch. Aber so funktioniert das menschliche Gehirn nicht immer. Mittlerweile wächst der Graben zwischen den generativen Vorstellungen über den Bau der Sprache und neurobiologischen Fakten bis hin zur Unvereinbarkeit. Und noch ein weiteres Problem resultierte aus dieser Entwicklungslinie. Nachdem das klassische Modell die morphologische Struktur von Wortformen nicht explizit machte und sehr redundant war, sollten die Folgemodelle die interne Bauweise beschreiben und die innere Ordnung der Wörter aufzeigen. Je nach Sprache und Bedarf wurden unterschiedliche Modelle bevorzugt. Für agglutinierende Sprachen eignete sich das I&A-Modell durchaus, für die flektierenden aber eher die anderen beiden. Doch gerade die generativen Gramma- 260 Muttersprache 4/2009 Hilke Elsen tiken entwickelten wegen ihres Anspruchs, möglichst viele Zusammenhänge für möglichst viele Sprachen aufzuzeigen, eine solch extreme Komplexität und Abstraktheit der Darstellung, dass Verständnis und Praktikabilität verloren gingen. Gerade auch wegen der Behauptung, derartige Regelkomplexe seien angeboren, verloren die generativen Grammatiken mehr und mehr an Plausibilität, denn die Versuche, dies experimentell zu untermauern, blieben erfolglos. Wolfgang Wildgen formuliert es als »Inkongruenz des Algebraisierungsprogramms [...] und des Anspruchs einer psycholinguistischen Realität der angesetzten Ebenen, Einheiten, Algorithmen, Operationen [...]« (Wildgen 2008: 19). Die grundsätzliche Streitfrage lautet auch heute noch, ob die verschiedenen Darstellungsmethoden als kognitive Tatsachen gesehen werden dürfen. Rein als Beschreibungsinstrumentarien sind die strukturalistischen Modelle natürlich durchaus angemessen und zur Gewinnung neuer Erkenntnisse über sprachliche Strukturen effektiv einsetzbar. Wesentlich also ist die Trennung von Beschreibung und Erklärung. Und hier haben sich mittlerweile Alternativen entwickelt. 2 Der Netzwerkgedanke Schon mit Rumelhart/McClelland (1986) fanden sich Gegner der generativen Richtung, die vor allem die dort postulierte Nichterlernbarkeit von Grammatik in Frage stellten. Sie entwickelten Computermodelle in Anlehnung an die neuronalen Fakten im Gehirn, die rein anhand von Daten die »Regeln« aus dem dargebotenen Sprach input ermitteln und selbständig anwenden sollten. Gegeben ist ein neuronales Netzwerk, das an biologischen Konstellationen orientiert ist und das ein bestimmtes Problem zu lösen hat, beispielsweise den Erwerb der Flexion starker und schwacher Verben. Die Debatte konzentrierte sich u. a. auf die One-or-two-mechanism-Fmge: Aus generativer Sicht steht für reguläre Bildungen ein angeborener Regelapparat zur Verfügung. Unregelmäßige Formen werden auswendig gelernt. Natürlich sind die Regelsysteme modular und lassen sich nicht grundlegend von anderen sprachlichen Modulen beeinflussen. Außerdem müssen die Regeln konsequent angewendet werden. Regelgeleitetes und Auswendiglernen schließen sich gegenseitig aus. Der netzwerkorientierte (konnektionistische) Ansatz nimmt hingegen nur einen assoziativ arbeitenden Erwerbsmechanismus an, der auch für andere kognitive Fähigkeiten gilt und der sowohl zum Auswendiglernen als auch zu regelhaften Formen führt. Eine Einheit kann aufgrund von Verallgemeinerung einer erkannten Struktur als auch durch Erinnern des Ganzen verwendet werden. In den folgenden Simulationen konnten die Netzwerke nicht nur aufgrund der ihnen dargebotenen Daten Regularitäten erkennen und auf neue Wörter anwenden, auch manche Unregelmäßigkeit ließe sich mit dem Verarbeitungsmechanismus erklären - das Auftreten von Übergeneralisierungen wie *gehte, aber auch die nach Zwei-Mechanismen-Vorstellung angeblich nicht existenten plötzlichen Zunahmen im Verblexikon und Irreguiarisierungen wie geschmockt. Vergleiche mit kontinuierlich erhobenen Kinderdaten zeigten die gleichen Ergebnisse wie die Computersimulationen (vgl. ausführlich Elsen 1998, 1999). Offenbar sind angeborene Regeln für reguläre Bildungen nicht nötig. Sowohl regelmäßige wie auch unregelmäßige Formen sind anhand eines einzigen Mechanismus erlernbar - dies ist sowieso die ökonomischste Lösung und der komplizierteren These mit zwei verschiedenen Strategien vorzuziehen. Morphologie und Kognitive Grammatik Muttersprache 4/2009 261 Folgende Grundannahmen begleiten die auf Computersimulationen basierenden Vorstellungen: Grundlage ist das aktuelle Sprechen, und es werden keine Tiefenstrukturen angenommen. Sprachwissen ändert sich mit zunehmender Auseinandersetzung mit Sprache, es ist dynamisch und anpassungsfähig. Verarbeitungsmechanismen gelten für alle sprachlichen Bereiche. »Fehler« lassen sich durch bestimmte Verarbeitungsschritte des Systems erklären und sind daher keine Fehler, sondern Anzeichen für neue, aber noch nicht ausgereifte VerarbeitungsVorgänge. Sprachebenen interagieren, und zwar nicht nur oberflächlich. So kann eine bestimmte Lautstruktur ein bestimmtes morphologisches Verhalten bedingen oder lexikalische Aspekte haben Auswirkungen, ja Triggerwirkung auf das Flexionsverhalten. Die Wissensverarbeitung ist den biologischen neuronalen Netzen nachempfunden (vgl. u. a. Elman et al. 1996, Lamb 1998, Elsen 1999, Spitzer 2000, Pulvermüller 2002, Wildgen 2008). Aufgabenspezifische Bereiche sind nicht streng voneinander abgegrenzt, sondern weisen Übergangsbereiche und Interaktionen auf. Spezialisierte Bereiche entstehen mit der Zeit durch ständige Informationsverarbeitung. Information ist nicht symbolisch, sondern in Neuronen und ihren Verbindungen, also als Bündel aktivierter Netzknoten bzw. Neuronen, kodiert. Solche Komplexe repräsentieren Laute, Wörter, Konzepte etc. Eine unaktivierte Einheit verfügt über eine gewisse Grundaktivierung, die das Ergebnis vorausgehender Aktivierung ist, beispielsweise das Hören oder das Sprechen eines Wortes. Je höher dieses Aktivierungsniveau, desto schneller und zuverlässiger ist der Zugriff auf diese Einheit, je häufiger auf sie zugegriffen wird, desto höher ist die Grundaktivierung. Bei der Verarbeitung von Information fließt der Aktivierungsstrom kaskadenartig durch das System und Nachbareinheit aktivierter Knoten werden immer teilweise mitaktiviert - damit sind sie beim nächsten Mal leichter verfügbar. Häufige Anwendung erhöht die Grundaktivierung, sie wird gezielter, die Fehleranfälligkeit sinkt. Auch die Verbindungsstärke zwischen Knoten wächst mit der Zeit, es entstehen immer festere Gruppierungen, die den Status einer Einheit entwickeln können und immer auch mehr oder weniger starke Verbindungen mit anderen Bereichen aufweisen, denn alles ist prinzipiell in einem Netzwerk verknüpft. Wenn eine richtige Aussprache, eine richtige Form immer häufiger gewählt wird, verselbständigen sich irgendwann die zugehörigen Netzwerkbereiche, Abweichungen, also Fehler, werden extrem selten. So können sich auch einzelne Beispiele zu Gruppen formieren - Laute zu Phonemen, Wörter zu Wortklassen. Wird eine Einheit nicht mehr benutzt, schwächen sich die Pfade und Knoten ab. Häufige Aktivation des Verarbeitungssystems verfestigt Wege/Muster, unbenutzte Aktivationswege verblassen: Wir vergessen. Struktur entsteht als Folge von Selbstorganisation und Interaktion zwischen Subsystemen, ohne dass fertige Segmente und Pläne (»Regeln«) zur Verfügung stehen. Es kommt zu Übergangserscheinungen zwischen ζ. B. richtigen und »falschen« Produktionen. Kleinere Knotengruppen ziehen sich zu größeren zusammen, die sich verselbständigen und als großes Knotenbündel neuen Einheitsstatus erlangen. Mit der Zeit entstehen Ordnung bzw. strukturierte Formen ohne angeborene Regeln. Beim Spracherwerb greift das Kind auf die an es gerichtete Sprache, also auf Oberflächeninformationen, zurück. Merkmalsknotenkonfigurationen müssen sich erst entwickeln. Da das kindliche Gehirn zunächst falsche Muster (mit)aktiviert, die jeweils richtigen Pfade aber immer häufiger für den Aktivierungsfluss benutzt, ist Varianz im Outputverhalten und langsames Lernen verständlich. Dabei treten umso mehr Fehler auf, je komplexer die Zieleinheit ist. Aus der Bandbreite der Alternativen ergibt sich, dass Einheiten eher prototypisch als kategorial aufzufassen sind, es entstehen Abweichungen, die, wenn sie stärker 262 Muttersprache 4/2009 Hilke Elsen sind, auch seltener auftreten. Der Zentralbereich des Knotenbündels, das sich als Repräsentation einer Einheit langsam stabilisiert, wird meistens aktiviert, zusammen mit dem einen oder anderen Randbereich. Um die Komplexität einer Konstruktion zu meistern, vielleicht einen langen Satz, einen Satz mit schwer aussprechbaren Wörtern, kommt es als Übergangslösung zu Schemata, eine Art Generalisierung, deren Untereinheiten noch nicht sauber versprachlicht bzw. analysiert sind - als Beispiel mag eine Fragekonstruktion wie »wosder« dienen, die mit allen gesuchten Dingen verknüpft wird, also auch »wosder mama«. Für erwachsene Sprecher stehen entsprechend Routineformeln, Idiome, sprachlich vorgeprägte Konstruktionen zur Verfügung, über deren interne Struktur sie sich keine Gedanken machen und die sie holistisch verwenden. Ein wichtiges Konzept für die weitere Diskussion ist die Ähnlichkeit, die auf lautlichen oder anderen strukturellen Aspekten und auf Inhalten beruht. Ähnliche Einheiten teilen gemeinsame Knotenbereiche, also überlappen sich die aktivierten Bereiche bei links und rechts sehr, bei links und Gartentür kaum. Dann werden aber auch die ähnlichen Einheiten bei jedem Gebrauch mitaktiviert, sie verstärken sich dadurch, insgesamt spielt die Häufigkeit der Aktivation nämlich eine große Rolle, um bestimmte Einheiten für das System greifbar zu halten. Außerdem ziehen sich ähnliche Einheiten eher an als unähnliche - links wird häufiger mit rechts verwechselt als mit Gartentür. Insgesamt gehören verschiedene Wechselwirkungen zur Funktionsweise des Systems, auch langsame Veränderungen, gleitende Übergänge, Prototypeneffekte sowie die Möglichkeit von Gestaltrepräsentationen, die im Netzwerk als noch nicht weiter analysierte Einheiten, als Aktivationskomplexe »liegen«. Sie werden erst mit wiederholter Verwendung der Einheit analytisch aufbereitet. Untereinheiten, die für neue Strukturen bzw. »regelhafte« Formen nötig sind, können dann später erkannt und eingesetzt werden. Eine Veränderung bzw. eine neue Struktur tritt in wenigen, dann in immer zahlreicheren und allgemeineren Fällen auf, so dass Ausnahmen und regelhafte Formen zeitgleich existieren können. Fließende Grenzen und langsame Veränderungen sind durch Bau- und Arbeitsweise des Systems bedingt und nicht als Besonderheiten zu sehen. Genauso aber sind plötzliche Veränderungen verständlich, denn hat das System eine bestimmte Menge an Grunddaten erhalten, ist also eine kritische Masse erreicht, kann es Muster verallgemeinern und auf neue Formen anwenden (critical mass hypothesis, vgl. u. a. Plunkett/Marchman 1993). Damit sind im Gegensatz zu strukturalistischen und generativen Ansätzen hier folgende Aspekte relevant bzw. durch den Ansatz verständlich, ja erwartbar: fließende Übergänge, Interaktionen, Varianz, Entwicklungssprünge, Prototypen- und Frequenzeffekte. Basis für Sprachstruktur ist die Oberfläche, die parole. Regeln sind als Regularitäten zu verstehen, die mit der Zeit erkannt werden. Ausnahmen sind zugelassen. Sprachverarbeitung geschieht nicht linear, in binären Schritten und mit diskreten Einheiten, wie es eine Verkettung von Symbolen zu komplexen Strukturen nahelegt. Faktoren wie Gebrauchshäufigkeit und Ökonomie gewinnen an Brisanz, denn Informationskomplexe, die häufig genug gebraucht sind, automatisieren sich und benötigen weniger Aktivationsenergie. Genauso verringern Kategorisierungen und Protoypen den Verarbeitungsaufwand (Müller/Weiss 2000) als »kognitive Abkürzung« (Mangasser-Wahl 2000: 26). Morphologie und Kognitive Grammatik Muttersprache 4/2009 263 3 Die Prototypentheorie Die Prototypentheorie basiert auf den Arbeiten von Eleanor Rosch und befasste sich ursprünglich mit kognitiven Denkprozessen, und zwar mit dem Problem der Kategorisierung, anhand von Sprecherbefragungen. Diese ergaben gute und schlechte Beispiele einer Kategorie - Stuhl ist ein besseres Beispiel fur die Kategorie Möbel als Telefon. Manche Beispiele sind so schlecht, dass sie schon wieder einer anderen Kategorie angehören - eine große, ganz flache Tasse ist fast schon ein Teller, eine hohe Tasse ohne Henkel ist eigentlich ein Becher. Daraus folgt, dass Kategorien intern strukturiert sind und dass es keine klaren Grenzen zwischen ihnen geben muss. Das kann auf sprachliche Klassen übertragen werden, für die dann Merkmale und ihre unterschiedliche Gewichtung gesucht werden. Ein Unterschied zu den traditionellen Merkmalsanalysen ist überdies, dass erstens nicht alle Merkmale gleich gewichtig sind und per entweder/oder zutreffen und dass zweitens kein einziges notwendig sein muss - ein Vögel, der nicht fliegen kann, ist trotzdem ein Vogel. Dies alles steht im Widerspruch zu den aristotelischen Anschauungen und damit auch zu strukturalistischen und generativen Grundannahmen über den Aufbau von Kategorien und den Stellenwert von Symbolen, die sich nach absolut wirkender Regelanwendung in binären Schritten zu komplexen Strukturen zusammenschließen. Poitou (2004 a, b) wendet einige Grundgedanken der Prototypentheorie auf diachrone Veränderungen der deutschen Flexion und verschiedene Ausnahmen an und weist auf die Verbindung von Flexionsformen mit Lautstruktur, syntaktischen Merkmalen und Inhalt hin, die zu Ähnlichkeiten führt und dadurch bestimmte Richtungen des Sprachwandels, speziell den Wechsel einer Deklinationsklasse, mitbestimmt. »Grundbedingung für die Annahme einer neuen Flexionsform für ein bestimmtes Wort ist, dass es [...] einem anderen ähnlich ist, das diese Flexionsform bereits aufweist» (Poitou 2004 a: 86). Ein Prototyp kann als Anziehungspol fungieren, und zwar je eher, je mehr Ähnlichkeiten zwischen ihm und den anderen Elementen bestehen. Daneben stellt die Gebrauchshäufigkeit einen Einflussfaktor dar, denn je öfter ein Prototyp aktiviert wird, desto leichter steht er für weitere Kategorisierungsaspekte zur Verfügung. Und natürlich stabilisieren und verstärken Neuzugänge bereits bestehende Kategorien (Poitou 2004 a: 87 f.). Um die Verteilung von Flexionsmustern zu verstehen, müssen oft diachrone Aspekte herangezogen werden: »Ein typisches Beispiel ist im Rahmen der Flexionsmorphologie die Ausdehnung der Klasse der sogenannten schwachen Maskulina. Galt sie im frühen Mittelhochdeutschen vornehmlich für zweisilbige Maskulina auf-e, die Lebewesen bezeichneten (herre), so wurde dieser Flexionstyp nach und nach für längere Wörter verwendet, die zwar nicht mehr zweisilbig waren, aber die beiden Merkmale >belebt< und >Endung auf -e< aufwiesen (evangeliste) und außerdem Fremdwörter waren. Die Apokopierung dieser Wörter machte dieses zweite Merkmal überflüssig (> Evangelist), was die Ausdehnung der schwachen Flexion auf andere Fremdwörter, die Lebewesen bezeichneten, bewirkt, und von da aus auf andere Fremdwörter mit der selben Endung (vgl. Poet, Planet; Konkurrent, Koeffizient, usw.). In all diesen Fällen handelt es sich um Substantive, die auf der vorletzten Silbe der flektierten Form betont sind. Dass dieses Merkmal aber nicht notwendig ist, beweisen schwach flektierte (bzw. flektierbare) Substantive wie >Ungar< oder >Augur<, die wie die meisten schwachen Maskulina Lebewesen bezeichnen« (Poitou 2004 b: 13 f.). Im Laufe der Zeit ändern die verschiedenen Faktoren ihren Stellenwert. Das heißt, dass früher andere Aspekte bei Neuzugängen ausschlaggebend waren als heute. Das heißt aber auch, dass phonologische, morphologische und semantische Faktoren interagieren - wie es im Netzwerkansatz über die grundsätzliche Verbindung von Knotenschwerpunkten erklärbar ist. Ein Netzwerk erklärt aber nicht nur Effekte, die auf Interaktion beruhen, sondern 264 Muttersprache 4/2009 Hilke Elsen auch solche, die sich durch Ähnlichkeiten und Häufigkeiten ergeben, sowie die Möglichkeit von Stabilisierungen und Verstärkungen - und damit Dynamik. Überträgen auf sprachwissenschaftliche Kategorien im Bereich der Wortbildung gibt es gute Beispiele fur eine Derivation (Springer) und schlechte (Gang, Dickhäuter). Es gibt gute Beispiele für ein Kunstwort (Gorx, Sainu) und es gibt so schlechte Beispiele, dass sie fast schon Derivationen sind (Erosan, Somnalin) (vgl. Elsen 2006, 2008 a). Wenn heute die vielen als Vorbild dienenden Radiosprecher Zusammenbildungen wie Rücfavärtseinparker, Frauenversteher oder Warmduscher produzieren, kann diese Art der Wortbildung nun mit wichtigen stilistischen Merkmalen verknüpft sein und es entstehen neue Zusammenbildungen, die die stilistischen Merkmale mit transportieren - in bestimmten Zekungen, weiteren Radiosendungen, bei Sprechergruppen, die sich mit den ursprünglichen Schöpfern identifizieren, aber eben nicht in seriösen Situationen, in Fachsprachen. Je häufiger solch eine Einheit in wiederkehrenden Gebrauchszusammenhängen gehört oder gesprochen wird, desto eher kommt es zu neuen Formen. Auf Netzwerkebene entsteht eine recht feste Knotenverbindung zwischen morphologischer und stilistisch-assoziativer Struk­ tur. 4 Kognitive Grammatik Die psychologisch fundierten Erkenntnisse im Zusammenhang mit Prototypen und gradueller Zentralität bedeuteten einen der stärksten Einflüsse auf die Kognitive Grammatik (Croft/Cruse 2007: 3). Als kognitive Grammatiken im weitesten Sinne verstehen sich alle Ansätze, die grammatisches Wissen als mentales Wissen begreifen, also auch die generativen Richtungen. Die Kognitive Grammatik im engeren Sinne allerdings (vgl. auch Taylor 2002) sieht Sprache bzw. Sprechen als Teil allgemeiner Fähigkeiten der Wissensverarbeitung und nicht als autonomes Sondermodul. Sprache entsteht durch die Sprecher, die mit ihrer Hilfe ihre Gedanken weitergeben. Ein angeborenes Regelsystem ist unnötig. »A language, namely, is understood as a set of resources that are available to language users for the symbolization of thought, and for the communication of these symbolizations« (Taylor 2002: 30). Zunächst beschäftigten sich die Arbeiten mit Metaphern, die Denken und Sprechen verbinden (Lakoff/Johnson 1980, Lakoff 1987, aktuell Lakoff/Weh ling 2008), unter anderem auch deshalb, weil die generativen Modelle sich auf grammatische Aspekte konzentrierten. Und auch die wichtigste Zeitschrift, Cognitive Linguistics, veröffentlicht vorwiegend zu diesem Thema. Mit grammatischen Problemen befasst sich hingegen der Zweig der Konstruktionsgrammatik, vertreten durch beispielsweise Adele Goldberg, William Croft und Alan Cruse. John Taylor (2002: 26 ff.) nennt einige Grundannahmen der Kognitiven Grammatik, die nun schon etwas bekannt klingen. Sie basieren im Wesentlichen auf Langacker (1987, 1991): Die Grammatik ist gebrauchs- und oberflächenorientiert, es gibt im Gegensatz zu generativen Annahmen keine Tiefenstrukturen. Komplexe Strukturen lassen sich aus vielen Einzelbeispielen abstrahieren. Sprachwissen ist dynamisch. Eine Struktur verfestigt bzw. verselbständigt sich (entrenchment) durch häufigen Gebrauch. Komplexe Strukturen, wenn verselbständigt, erhalten den Status von Einheiten, dieser kann nur graduell, nicht diskret, verstanden sein. Wissen kann verblassen. Syntaktische und morphologische Strukturen unMorphologie und Kognitive Grammatik Muttersprache 4/2009 265 terliegen den gleichen Operationen (vgl. auch Croft/Cruse 2007). Zwischen Lexikon und Syntax/Morphologie gibt es keine eindeutigen Grenzen. Sprache existiert nicht unabhängig von Sprechern und Sprechsituationen. Damit ist die Interaktion zwischen Sprache und anderen Kenntnisbereichen erlaubt, neuronale Fakten stehen in Verbindung mit Sprachstrukturen, und statt einer rein formalen Beschreibung von Struktur möglichst unter Ausschluss von Bedeutung, wie bei strukturalistischen und generativen Modellen, streben die Kognitiven Grammatiken Erklärungsansätze an. Dass ein System erst dann erklärt werden kann, wenn es von einem anderen System aus betrachtet wird, galt schon den alten Griechen als Einsicht. Darum bilden neuropsychologische, biologische und psychologische Fakten die nötige sprachexterne Basis für neue Erklärungsansätze von Sprechen, Spracherwerb und Sprachwandel. Dadurch ändert sich der mathematisch orientierte Regelbegriff. Zur analytischen Hierarchisierung sind nicht mehr bloß binäre Schritte möglich, und die beteiligten Einheiten haben keinen Symbolstatus mehr. Die gesamte aristotelisch begründete Vorstellung von diskreten Kategorien, die sich durch eine Gruppe von Merkmalen charakterisieren lassen, über die alle Mitglieder in gleicher Weise verfugen, wird aufgegeben. Stattdessen können Eigenschaften mehr oder weniger treffend bzw. gut sein. Kriterienbündel dürfen statt lediglich isolierter Merkmale eine distinktive Relevanz entwickeln. Gestaltverarbeitung, Schemata, vermeintliche Entwicklungssprünge, Analogien und andere Beobachtungen des tatsächlichen Sprachverhaltens finden neurologische Erklärungen. Ein anderes wichtiges grundlegendes Unterscheidungsmerkmal zwischen generativen kognitiven Vorstellungen und der Kognitiven Grammatik ist das Problem des Spracherwerbs. Nach Chomsky und seinen Anhängern ist sprachliches (gleich grammatisches) Wissen so komplex, dass es nicht erworben werden kann, es ist im Wesentlichen angeboren. Demgegenüber sind aus kognitiv-grammatischer Sicht Kinder ohne Weiteres dazu in der Lage, aus der sie umgebenden Sprachfülle aufgrund allgemeiner Lernstrategien die nötigen Regularitäten für den Aufbau von Sprachstruktur zu ziehen und zu abstrahieren. Statistisch relevante Einheiten oder Muster aus der das Kind umgebenden Sprache werden eher reproduziert, dann mehr und mehr variiert (Elsen 1999, Tomasello 2003, Dabrowska 2004). Außerdem beeinflussen sich die sprachlichen Ebenen, so interagieren Flexion und Lexikerwerb (Elsen 1998) bzw. die Kinder fokussieren sie zu unterschiedlichen Zeiten - gibt es Fortschritte beim Erwerb der Flexion, stagniert die Entwicklung der NP-Strukturen und umgekehrt (Schlipphak 2008). Im Rahmen der Kognitiven Grammatik entstehen komplexe Wörter, um damit etwas Bestimmtes auszudrücken. Sprache ist Teil der allgemeinen kognitiven Fähigkeiten. Das Wirken von Analogie, Frequenz, guten und schlechten Beispielen fuhrt zu regelhaften oder weniger regelhaften Formen und Übergängen. Wie gerade erwähnt spielt nämlich die Gebrauchshäufigkeit einer Form durchaus eine Rolle, zum Beispiel, um Systematik in der Sprache zu erkennen. 4.1 Regeln Für die generativen Grammatiken ist ihr Regelbegriff zentral und gleichzeitig charakteristisch - die Regel bildet den Erzeugungsprozess ab, nach dem Einheiten, für die Symbole stehen, zu komplexeren Einheiten zusammengefasst werden. Sie ist eine Anweisung, die unter den gegebenen Bedingungen angewendet werden muss, vergleichbar mit mathema- 266 Muttersprache 4/2009 Hilke Elsen tischen Formeln. Sie beschreibt nicht nur, sondern generiert komplexe Strukturen. Die Regel ist bindend, mental existent und angeboren. Aus Netzwerksicht jedoch ermitteln die Sprachbenutzer aus einer Menge an Daten Regularitäten, die sie dann auf weitere Daten übertragen. Auch die Kognitive Grammatik geht von der Oberfläche der Sprache als Basis aus. Die Sprecher werden zunächst mit einzelnen Beispielen konfrontiert, dann abstrahieren sie die Gemeinsamkeiten (Taylor 2002: 160). Ein Satz oder eine Wortform ist nicht das Ergebnis von Regelanwendung, sondern ein Beispiel für ein Schema (Croft/Cruse 2007: 313). »A schema is the commonality that emerges from distinct structures when one abstracts away from their points of difference by portraying them with lesser precision and specificity« (Langacker 2000: 93). Ein Schema kann aber aus einer anderen Blickrichtung heraus auch ein teilweises Lösen aus einem unanalysierten Ganzen bezeichnen (Elsen 1999), das als grobes Muster (Tuggy 2005: 235), als ökonomische, (teil-)automatisierte Einheit das Verarbeitungssystem weniger belastet und somit äußerst effektiv die frühe sprachliche Produktivität erleichtert (Schlipphak 2008). Kinder beginnen den Erwerb komplexer Struktur bisweilen mit Holophrasen wie wosderpapa? Im Laufe der Entwicklung kommt es zu einem ersten Abstraktionsschritt, Schemata wie wosder + X als Frage nach X, ge-t für die Vergangenheit. Schemata sind keine angeborenen Regeln, sondern Verallgemeinerungen, die oft erst noch analysiert und aufgespalten werden müssen. Ein Schema wird zunächst einmal falsch, einmal richtig verwendet - wosder Philipp, wosder Garfield, gepieselt, gekauft - *wosder Mama, *wosder Auto, *gegeht, *getrinkt. Die Kinder entdecken mit der Zeit die interne Struktur komplexer Bildungen und die semantischen, lautlichen und/oder syntaktischen Bedingungen, nach denen sie gefüllt werden. Häufigere Schemata und einfachere Schemata werden früher erlernt, beispielsweise das Muster für schwache Verben vor denen der starken Verben. Die s-Plurale im Englischen gehören zu dominanten, leicht durchschaubaren Schemata. Hier kommt es früh zu einer Verallgemeinerung der abstrahierten Form-Inhalt-Kombinationen, also zu korrekten Pluralformen. Das Deutsche hingegen hat viele Vorgaben für die Plurale mit einer schwer durchschaubaren Mischung an lautlichen und semantischen Bedingungen, so dass lange Zeit nur Singular-Plural-Paare gelernt werden können. Von ihnen gibt es aber nicht genügend klare Beispiele, aufgrund derer eine Assoziation zwischen einer Form und der Pluralbedeutung zustande käme, sondern nur viele verschiedene: Kopf - Köpfe, Schuh - Schuhe, Rad - Räder, Kind - Kinder, Vater - Väter, Laster - Laster, Flasche - Flaschen, Auto - Autos. Es ist unmöglich für das Kind, da früh ein System zu erkennen, außer dass meistens etwas angehängt wird. Ein Unterschema wie ζ. B. »auf Nomen mit -er wird kein Pluralmorphem angewendet« wird spät erkannt, weil es nur wenige Beispiele für das Schema gibt. Für das Schema »s nach Vollvokal« weist der Wortschatz der Kinder mehr Vorbilder auf. Die Kognitive Grammatik trennt zwischen der Häufigkeit einzelner Beispiele (instances, vgl. Token-Frequenz) und Anwendungen auf Schemata (Taylor 2002, Croft/Cruse 2007). Häufiges Lexika führt zum Erwerb dieses einen Plurals für dieses eine Wort, aber weil es das Einzige bleibt, entsteht kein Schema. Unregelmäßige Formen bleiben bei häufigem Gebrauch gespeichert. Denn ein Beispiel, das wir oft hören, lernen wir auswendig, ohne dass wir eine interne Struktur erkennen müssen. Der en-P\um\ ist im Deutschen relativ verbreitet, er wird auf viele Beispiele angewendet, darum erwerben ihn die Kinder eher früher und ohne Bedingungen. Außerdem wirken die anderen homonymen Morpheme verstärkend insgesamt ist finales en eine sehr verbreitete Silbe im Deutschen. Viele Formen wie Omas, Morphologie und Kognitive Grammatik Muttersprache 4/2009 267 Opas, Babys, Legos, Teddys, Buggys, Duplos fuhren zur Verstärkung des Plural-s und zum Erkennen der Bedingung »nach Vollvokal«. Wie schwer ein Schema für ein Kind wiegt, zeigt sich daran, dass eine Singularform auf en, die damit wie ein Plural aussieht, nicht mit einer Pluralendung verwendet wird (Ewers 1999) oder an den Übergeneralisierungen, also der Verwendung eines Schemas auf Beispiele, auf die es nicht angewendet werden sollte: viele *Negern, * Vogels oder auch *Leutes (vgl. Elsen 2002). Unregelmäßige Formen können nur aufgrund ihres ständigen Gebrauchs bestehen bleiben, sonst würden sie regulär gebeugt, vgl. molk, drosch, wob, heute melkte, dreschte, webte. Die früher verbreiteten Tätigkeiten in der Landwirtschaft verrichten heute nur noch wenige Personen, und mit der selten gewordenen Handlung geht der Gebrauch der Verben zurück. Die einst als Ganze gespeicherten unregelmäßigen Formen verblassen. Die Sprecher sind verunsichert und bilden sie jetzt regelmäßig. Die nächsten Kandidaten könnten vielleicht reiten oder scheren sein, während war und tat wohl nie eine Chance auf Regularisierung bekommen werden. Neben der Häufigkeit ist die Transparenz ein wichtiger Faktor - ein en für den Plural anzuhängen ist deutlicher erkennbar als einen Vokal auszutauschen wie bei Väter. Dazu kommt das auch von der Natürlichen Morphologie angenommene Prinzip der Ikonizität, beispielsweise weist ein Mehr an Substanz auf ein Mehr an Inhalt hin, also ist Kind'- Kinder besser als Laster - Laster. Inwiefern Kategorienhäufigkeit stärkere Erklärungskraft als Ikonizität besitzt für verschiedene sprachliche Erscheinungen, ist allerdings umstritten (vgl. Croft 2008, Haiman 2008, Haspelmath 2008). Schließlich verstärkt die Freiheit der Anwendbarkeit die Produktivität.1 Komposita können wir mit allen Wurzeln bilden, ^/-Ableitungen aber nur unter bestimmten Voraussetzungen, nämlich mit Zahlwörtern {Fünftel, Siebzehntel). Bezogen auf die Wortbildung ist Komposition häufiger, transparenter und dazu auch mit viel mehr verschiedenen Wörtern durchführbar als beispielsweise die er-Ableitung. Diese ist häufiger und transparenter und weniger beschränkt anwendbar als die /wg-Ableitung. Deswegen beginnen deutsche Kinder mit Kompositionen, dann folgen er-Ableitungen und spät und selten ling-Beispiele (vgl. Elsen 1999). Entsprechendes gilt für die Bezeichnung neuer Gedanken oder Dinge und für Veränderungen im System der Wortbildungsmuster. Komposita haben einen breiten Anwendungsbereich, sind sehr häufig, sehr durchsichtig und werden entsprechend viel für Neologismen genutzt. Konversionen sind seltener, da mit der Bedeutungsveränderung keine Formveränderung einhergeht. Diese Aspekte interagieren und beeinflussen auch die Erwerbsreihenfolge, denn ein in den semitischen Sprachen sehr verbreitetes Wortbildungsmuster wie die Transflgierung wird sehr zögernd und spät erworben, weil es nicht gut durchschaubar ist (Clark 1993). Die verschiedenen Faktoren können ein Schema stärken, es zum Prototyp werden lassen - der Plural auf s ist für das Englische der typische. Ein starkes Schema neigt dazu, seinen Anwendungsbereich auszudehnen, also für neue Beispiele attraktiv zu sein. Das müsste eigentlich dazu führen, dass starke Schemata/Muster wie die Komposition immer stärker werden, seltenere dagegen irgendwann aussterben, wie tatsächlich bei der impliziten Ableitung geschehen. Denn der Lautwechsel ist für die Versprachlichung einer semantischen Veränderung weder ikonisch interessant, noch ist er transparent, häufig war er sowieso nie. Aber gerade hier sind außersprachliche Faktoren nicht zu unterschätzen. Sowohl Vertre- 1 Produktivität bezieht sich auf die Verwendung bei neuen Formen, Frequenz rein auf Gebrauchs­ vorkommen. 268 Muttersprache 4/2009 Hilke Elsen ter des Netzwerkgedankens als auch diejenigen der Prototypentheorie sehen sprachexterne Einflüsse als integralen Bestandteil der Ansätze. Die Sprachbenutzer verknüpfen durchaus stilistische bzw. assoziative Informationen mit einem schwachen Muster - und das steigert seinen Wert, wie bereits am Beispiel der Zusammenbildungen erläutert. Dies führt zu einer zeitweiligen Produktivität, die wieder nachlassen kann. Wichtig in jedem Falle, sowohl aus Netzwerk- als auch aus kognitiv-grammatischer Sicht ist, dass »Regeln« aus dem Sprachfluss gewonnen werden und mit der Zeit entstehen, sie sind nicht von Anfang an da. Sowohl sprachinterne als auch -externe Informationen wirken beim Sprechen und beim Entstehen sprachlicher Struktur zusammen. Die Regel in diesem Sinne ist ein Muster, ein Schema bzw. eine Regularität. 4.2 Ähnlichkeit Im Netzwerkansatz sind sich zwei Einheiten umso ähnlicher, je mehr aktivierte Knotenbereiche, für formale wie auch für inhaltliche Information, sie gemeinsam haben. Das ergibt gleichzeitig graduelle Ähnlichkeitsunterschiede. Beim Prototypenansatz werden zunächst durch Sprecherbefragungen ermittelte ähnliche Objekte bzw. Kategorien sortiert und anschließend die verantwortlichen Merkmale gesucht. Ausschlaggebend ist, dass dafür verschiedene sprachinterne als auch -externe Faktoren erlaubt sind. Natürlich ist Ähnlichkeit relativ: ein Apfel und eine Birne sind sich zwischen Büchern ähnlicher als in einem Korb voller Äpfel. Für die Kognitive Grammatik ist ein Merkmal ein Parameter der Ähnlichkeit, den die Sprachbenutzer durch den Vergleich mehrerer Beispiele ermitteln (Taylor 2002: 160). Kinder erkennen oft bei der Kategorisierung der Tiere nur einige (für sie) wichtige Eigenschaften. So hat ein Hund vier Füße, ein Fell und einen Schwanz. Deswegen können Hunde, Katzen und Pferde erst einmal zusammensortiert sein, was an der Benennung von Pferden durch Hund deutlich wird (vgl. u. a. Elsen 1995, 2003). Auch erwachsene Sprecher kennen nicht immer alle Kriterien, denn oft verwechseln sie Enten und Gänse - das dürfte den Stadtbewohnern eher passieren als Menschen vom Bauernhof. Fehlende, falsche oder falsch gewichtete Informationen aus dem täglichen Leben führen zu Fehlkategorisierungen (»das ist keine Kuh, weil sie nicht lila ist«). Eine einzelne Unterrichtsstunde kann das aber berichtigen. Inhaltliche Ähnlichkeiten sind stärker als lautliche (Croft/Cruse 2007: 318), aber es kommt durchaus zu klanglich motivierten Verwechslungen wie den Malapropismen. »Die Sanitäter haben mir sofort eine Invasion gelegt« (Fritz Walter, VFB Stuttgart). »Ich habe ihn nur leicht retouchiert« (Olaf Thon, FC Schalke 04). »Wir sind eine gut intrigierte Truppe« (Lothar Matthäus). »Das wird alles von den Medien hochsterilisiert« (Bruno Labbadia). 4.3 GestalVerarbeitung Als ich als Studentin einmal in ein englisches Pub kam und begrüßt wurde mit »Nice weather today, isn't it?«, antwortete ich wahrheitsgemäß »But it's raining«. Ein entsetzlicher faux pas, wie ich an den Blicken merkte, denn ein Brite verwendet nice weather today als Routineformel zur Begrüßung, unabhängig von den Wetterverhältnissen, während ich den Satz als Kombination seiner Wörter aufgefasst hatte. Auf diese Weise benutzen bzw. interpretieren wir oft eigentlich komplexe Strukturen, auch Gesichter, Klänge, als nicht weiter Morphologie und Kognitive Grammatik Muttersprache 4/2009 269 zerlegte Ganzheiten - wie das Gehirn zwei Dinge zu einem Muster mit neuer Bedeutung verbindet, ist dabei noch nicht klar (vgl. Wildgen 2008: 202 ff.). Die Arbeitsweise der Sprachwissenschaftler ist traditionell analytisch. Sie zergliedern Einheiten in Einzelelemente. Dann suchen sie nach den Regeln, nach denen sich die kleineren Einheiten zu größeren zusammensetzen. Demzufolge ist alles, was wir wahrnehmen, eigentlich eine Summe der Teile. Bei der Betrachtung kreativer Sprachverwendung zeigt sich jedoch, dass eine holistische Ebene neben der analytischen anzusetzen ist, weil das Lautbild eines Wortes als Gesamteindruck, als Gestalt wirken kann und damit eine neue Ganzheit bildet, die mehr ist als eine Aneinanderreihung der Laute oder der Morpheme (vgl. Elsen 2008 a, im Druck b). Ein kognitiv-grammatischer Ansatz erklärt nicht nur die Existenz von idiomatisierten komplexen Wörtern und Phraseologismen, sondern auch so manche aktuellen Phänomene der Wortbildung im Sprachgebrauch - in einigen Randbereichen des Deutschen gibt es Kunstwörter, die für viele keine Kandidaten für die Wortbildung sind. Bemerkenswerterweise werden sie aber nicht willkürlich gesetzt, ergänzen darüber hinaus die reguläre Morphologie und wirken als Ganzes, um vage stilistische und expressive Bedeutungsaspekte zu vermitteln. Nicht nur in der Werbesprache werden vielfach neue Wurzeln gefunden wie Aspirin, Odol oder Twingo, sondern auch in der Fachsprache der Chemie, ζ. B. Alfospas, Acevip, Bindol, in Kinderbüchern, ζ. B. byllen, Drexe, asdrubal, Flepp, und anderen literarischen Texten (Elsen 2004, 2005 a). Bei einer Untersuchung von vielen tausend Namen in Science Fiction- und Fantasy-Romanen (ausführlich Elsen 2008 a) stellte es sich heraus, dass sie nicht willkürlich gebildet werden. Allgemein richtete sich die Wahl der Wortbildungsart bei den Namen nach der Referentengruppe. Die Gestaltung realistischer, gegenwartsnaher im Gegensatz zu irrealen, wirklichkeitsfernen Schauplätzen schlug sich in der Namengebung der Menschen nieder. Die Namen waren umso bekannter, je menschenähnlicher die Wesen waren. Die Verteilung von Kunstwörtern gegenüber bekannten bzw. morphologisch durchsichtigen Namen war nicht zufällig. Aber die Autoren nutzen nicht nur je nach Referentengruppe die standardsprachlichen Muster in der Namengebung in unterschiedlicher Intensität. Gerade bei den Individuennamen dokumentieren die Ergebnisse auch systematische Beziehungen zwischen klanglichen Eigenschaften der Namen und der Referentengruppe. Die phonetisch-phonotaktische Struktur eines Namens steht in einem wiederkehrenden, systematischen Zusammenhang mit äußerlichen und charakterlichen Merkmalen des Trägers, vgl. Chrekt-Orn, Brazoragh, Ch'tuon, Ghuzdan für grausame, böse Gestalten wie Dämonen oder Monster, Salamir, Kalakaman, Galdalyn für gute, mächtige Magier, Ceena, Valliessa, Agwira für Mädchen, Krillri, Cir oder Gwrgi für kleine, harmlose Wesen. Das Unbekannte, Mysteriöse drückt sich in fremdartig wirkenden, nicht-sprechenden Namen aus. Die Lautstruktur korrespondiert in dem behandelten Wortschatzbereich tendenziell mit bestimmten Assoziationskomplexen wie Geschlecht, Fremdartigkeit, kleiner Körpergröße bzw. Harmlosigkeit, Macht oder Bösartigkeit. Anhand von Befragungen wurde deutlich, dass dieser Zusammenhang nicht nur für die Schöpfer der Namen besteht, sondern auch für die Rezipienten. Die morphologisch unstrukturierten Beispiele wirken als Ganzes, als Gestalt. Sie lösen lautsymbolische Effekte, und zwar wiederkehrende Assoziationskomplexe aus, damit steht das Lautgerüst, die Gestalt des gebildeten Wortes im Vordergrund. Dies wird aber nicht nur durch die Sprecherbefragung zu den phantastischen Namen belegt. Denn für andere Referentenbereiche kommt es zu einer anderen Art von Gestaltwirkung. Bei den fiktiven 270 Muttersprache 4/2009 Hilke Elsen Namen fur Substanzen in der o. g. Untersuchung, bei Neologismen in der Fachsprache der Chemie und bei bestimmten Produktbereichen in der Werbebranche entstehen über verschiedene Wortbildungsmöglichkeiten klangähnliche Wörter. Kunstwortbildung, Kontamination, Kürzung und Ableitung ergeben vergleichbare Lautgestalten (Elsen 2004,2006). So treten einerseits Kontaminationen auf: Aflatrem (tremorgenes Toxin mit Aspergillus flavus. Bastadin besteht u. a. aus Ianthella basta und Ryanodin-abhängigem Calcium). Der Name Acesil setzt sich aus Fragmenten der Wörter aceo und Silicat zusammen, Calcipotriol aus Teilen von Calciferol und ...Cyclopwpyl...triol. Andere Lexeme sind auf Kontraktion, eine Form der Kürzung, zurückzuführen. Für die Kontraktion wird ein Wort zusammengezogen. Bei den Chemiewörtern tritt die Besonderheit auf, dass die Reihenfolge der Silben bzw. Laut- oder Buchstabengruppen nicht erhalten bleiben muss (Elsen 2004: 36, 59). So entstand Cefetamet aus einer Strukturformel mit dem Element... methoxyimino]acetamido}-3methyl-3-cephem-4-carboxylat. Aclonifen ist eine Kontraktion von 2-Chlor-6-nitro-3- phenoxyanilin. Vor allem aber werden auch Silben, die wie Wortbildungselemente klingen, benutzt, Lautkombinationen ohne stabile Bedeutungskomponente wie -on, -ol, -in (Acerbon, Bindol, Agopton, vgl. Elsen 2004: 170 f.). Solche Formen ergänzen die Derivationen von Lexemen und Wortfragmenten für chemische Verbindungen (Adhäs-in, Protein, Alendron-at, Mononatriumsalz-Trihydrat der Alendronsäure), Ableitungen von Kontraktionen (Acampros-at, Salz als Arzneimittelbestandteil, Alfuzos-in, Antihypertonikum), von Kontaminationen (Acitret-in, Säure gegen Psoriasis, Calcineur-in, Protein) und von Kunstwurzeln (Afwill-it, Mineral, Bikaver-in, Antibiotikum). Hier entsteht folglich ein breitgefächerter Übergangsbereich zwischen Wortschöpfung und Wortbildung. Gleichzeitig kommt es bis auf geringfügige Ausnahmen stets zu Mehrsilblern mit Vollvokalen und präferiert geschlossenen Endsilben. Wenn das Ziel eine fremdsprachliche wissenschaftliche Lautgestalt ist, dann führen verschiedene Wege dorthin, und die Kunstwortbildung ist nur einer von ihnen (vgl. Elsen 2004). Das heißt dann aber auch, dass Bildungen aus heimischen Lauten und Lautkombinationen und verniedlichenden Elementen wie bei Schlupseli für solche Wortschatzbereiche ausgeschlossen sind. Das Verhältnis zwischen dem Lautkörper eines sprachlichen Zeichens und seiner Bedeutung ist arbiträr - de Saussures Diktum gilt für die allermeisten Wortschatzbereiche, aber es gibt eindeutig auch Ausnahmen (vgl. auch Ungerer/Schmid 2006: 305 ff, Podhorodecka 2007, Masuda 2007). 4.4 Grenzfälle - Übergangsbereiche 4.4.1 Kunstwörter: von der Gestalt zum Morphem Der überwiegende Teil der Namen für Substanzen in den Science Fiction- und Fantasy-Romanen sind Formen wie Molvedin, Psycho-Stimulin, Ansintan, Crescentin, Valoron, Glysantin, Bulit, Erosan. In diesem Wortschatzbereich dominieren bestimmte Wortausgänge, die wie Endungen in den Beispielen der Chemie-Fachsprache klingen (vgl. Elsen 2006). In der Regel wird ein Kunstwort definiert als neue Wurzel, also morphologisch nicht komplex (ausführlich Elsen 2005 a). Das hindert manche Autoren jedoch nicht daran, die bei einigen der gerade erwähnten Beispielen beteiligten Einheiten wie -al, -on oder -in als Morphem zu bezeichnen (ζ. B. Voigt 1985, Stoll 1999). Problematisch ist dann, ob Aspirin, Togal, Saridon, Biskin morphologisch komplex zu nennen sind oder etwa Weizenin, Backin. Morphologie und Kognitive Grammatik Muttersprache 4/2009 271 Hier ist immerhin eindeutig ein freies Lexem erkennbar. Auch Beispiele für chemische Verbindungen, vgl. Acerbon, Bindol, Acetocaustin, Bayboran, weisen Endungen auf, die wie Morpheme aussehen, allerdings keine stabile Bedeutung tragen und nur zur Klangwirkung des Wortes beitragen - im Gegensatz zu echten Derivationen: Adhäsin (Protein), Alendronat (Salz), Afwillit (Mineral). Bildungen wie Erosan sind morphologisch nicht so einfach interpretierbar. Sie sind keine reinen Simplizia, da Wortteile oder Wurzeln erkennbar sind, diese eine Interpretation der Wirkungsweise zulassen, das Wort aber gleichzeitig nicht ausschließlich aus Morphemen besteht. Bezeichnungen wie Bulit oder Molvedin lassen noch nicht einmal Schlüsse auf Inhalt oder Wirkung zu, sondern weisen nur für Substanzen typische Endsilben auf. Die mehrfach erwähnten Endungen wie -it, -ol, -on, -in führen zu Problemen bei der morphologischen Analyse. Sie erinnern an Derivationsmorpheme, können aufgrund der fehlenden stabilen Form-Inhalts-Relation aber nicht als solche bezeichnet werden. Es kommt zu einem wortbildungsexternen Übergangsbereich, dem zwischen Wortbildung und Phonologie. 4.4.2 Kontaminationen: von der Fehlsegmentierung zum Morphem Das amerikanische Englisch ist unser Vorbild. Dort finden wir zu Watergate, terminator, entertainment, hamburger, alcoholic, magazine, cafeteria, marathon neue Wörter auf -gate, -minator, -tainment etc. wie fanzine, Irangate, Westlandgate, saladburger, cheeseburger, workaholic, spendaholic, shopaholic, infotainment, wintertainment, candyteria, fruiteria, walkathon (u. a. Hansen 1963, Lehrer 1996, Fradin 2000, Szymanek 2005, Lehrer 2007). Zwar sind sie zunächst als Kontaminationen zu verstehen und meist spielerisch gemeint, sie finden aber schnell Nachahmer und die durch Fehlsegmentierung gewonnenen Einheiten gewinnen, begünstigt durch die eine oder andere lexikalisch-morphologische Lücke, langsam Morphemstatus als Derivationsmorphem (vgl. u.a. Hansen 1963, Dirven/Verspoor 1998, Fradin 2000: 37, Szymanek 2005, Taylor 2003). Solchen Fremdwortübernahmen stellen manche Varietäten des Deutschen Neubildungen zur Seite wie Teerminator, Kahnminator, Sperminator, Sparminator, frauen-e-zine, Weintainment, Warschau-Gate (vgl. Peschel 2002, Michel 2006, Elsen/Michel 2007). Im Englischen scheint der Morphemstatus von holic et al. gesichert, auch wenn zuweilen Uneinigkeit herrscht, inwiefern es sich bei solchen Beispielen um Derivationsaffixe oder combiningforms handelt (Lehrer 2007), letztere Interpretation ist zumindest in den Fällen fragwürdig, die einmal als »word part« bzw. »splinter« (Lehrer 2007: 116), einmal als »bound bases« (Lehrer 2007: 124) bezeichnet sind, dies ist wohl nur über den Zwischenstatus eines Kurzwortes (marothon - thon) möglich. Die Interpretation als Suffix erfordert einen kürzeren Sprachwandelweg und ist somit ökonomischer. In jedem Falle aber sind Bildungen mit holic, thon und gate etc. im Englischen derart häufig geworden, dass ihr Morphemstatus gar nicht mehr in Frage gestellt wird. Das Deutsche ist da wesentlich konservativer, entsprechende heimische Bildungen klingen immer noch auffällig und minator oder tainment können (noch) nicht als morphologische Einheiten bezeichnet werden. Hier zeigt sich aber die Flexibilität der Sprache in Abhängigkeit von Eigenheiten der Sprecher und Sprecherinnen. In beiden Sprachen treten die Beispiele bevorzugt in Presse- und Werbetexten auf, unterscheiden sich aber stark in Vorkommen und Produktivität, was den Entwicklungscharakter zum Morphem im Englischen fördert, im Deutschen hemmt. 272 Muttersprache 4/2009 Hilke Elsen 4.4.3 Affixoide: der Prototyp als Magnet Im Gegensatz zu Zusammenbildungen wie Frauenversteher durchleben Präfixoidbildungen wie Riesenhunger oder Affenhitze in einigen Bereichen des Deutschen einen regelrechten Boom. An ihrem Beispiel lässt sich veranschaulichen, wie sich ein Muster, das ausgeprägtes stilistisches Potenzial besitzt, zudem aber auch eine lexikalisch-morphologische Lücke schließt, verselbständigt und ausdehnt. In ihrer Arbeit zu aktuellen Bildungen auf -frei, -arm, -voll etc. verwerfen Brdar-Szabo/ Brdar (2000) eine dritte Kategorie zwischen Derivation und Komposition zugunsten einer Übergangszone, weil das sonst im Endeffekt zur Annahme von mehr und mehr Prototypen und immer mehr und kleineren Kategorien führe, eine »infinitesimalization of the phenomenon« (Brdar-Szabo/Brdar 2000: 147). Das ist grundsätzlich auch einer der Vorwürfe, der den Verfechtern der Kategorie Affixoid gemacht wird und dann zur Ablehnung des Begriffs fuhrt. Bei dieser Argumentation werden aber charakteristische Prototypeneffekte, die Anziehungskraft eines offenbar guten Beispiels auf mehr und mehr ähnliche Wörter und damit Verstärkung und Verselbständigung des Schemas, übersehen. Denn die Verteilung der Beispiele zwischen dem Kompositum-Prototypen und dem Derivationsprototypen ist nicht gleichmäßig, vielmehr siedeln sich um Formen ä la Riesenhunger immer mehr Bildungen erstens mit riesen in dieser speziellen Funktion und zweitens weiterer solcher Einheiten in vergleichbarer Bedeutung an. Dies zeigen Untersuchungen verschiedener umgangssprachlich orientierter Varietäten, aus der Jugendsprache beispielsweise Unterhalterschiene, Liebesschiene, Funschiene, Tekkno-Zeugs, Amizeugs, flammwarm, flammneu, Killerband, Killerfolge, Killersound, endcool, endgeil, endstark, Klipptussi, Klippschule, Klipp-Job, oberdoll, Oberanturner, oheraff engeil, Oberklemmi, frustmäßig, spacemäßig, gorillamäßig (Elsen im Druck a). Die Jugendlichen benutzen das Muster, ein Lexem lediglich zur Verstärkung vor ein näher zu bestimmendes Wort zu setzen - eine aktive Wortbildungsmethode, die gerade auch im Alltag üblich ist. In umgangssprachlichen, provokativ-kritisch belletristischen Werken gibt es Affixoidbildungen in bisher noch nicht untersuchter Breite und Intensität, ζ. B. arschfreundlich, saudoof Riesenhallo, Riesenunterhaltung, Riesenspaß, Riesenauswahl, Riesenärger, scheiß-echt, scheißtoupiert, Scheiß-Farbe, Sche iß-Teleskop, faschomäßig, asimaß ig, grundfreundlich, sündteuer, hochdramatisch, vollgültig, struntzbieder, strotzdumm, Schweinerock, Schweinegitarre, Hauptpreis bei von Stuckrad-Barre, Doktor Oberlustig, Oberklemmi, Oberabgreifer, Obertempel, Oberhaifisch, karrieremäßig, mutterkomplexmäßig, satteltaschenmäßig, gesundheitstechnisch, aktualtechnisch, schwerreich, hochzivilisiert, Aids-profilaxe-technisch bei Lindenberg (vgl. Elsen im Druck a). Das Schema Präfixoidbildung zieht mittlerweile auch neue Formen an, die nicht, wie ursprünglich zumeist, auf einem metaphorisch verwendeten Kompositum beruhen, sondern gleich mit eigener Bedeutung des ersten Glieds gebildet werden (endcool, endstark bzw. endgeil). Die Einheiten tragen ihre neue Bedeutung in Abhängigkeit von dieser Bildungsweise. Dies weist auf die Selbständigkeit des Schemas hin. Seine starke Anziehungskraft dürfte im Wesentlichen durch das stilistische Potenzial, sehr emphatisch, ja drastisch Dinge besonders gut oder schlecht erscheinen zu lassen, bedingt sein. Das ist bei den Zusammenbildungen anders, die »nur« auffällig wirken und ein Flair des Lockeren, Lässigen verbreiten. Darüber hinaus schließen gerade die Präfixoidbildungen als synthetische Elativformen eine morphologische Lücke im Deutschen, vgl. groß, größer, am größten, riesengroß. So kommt es zu einem Cluster, das die Annahme einer eigenen Kategorie durchaus verdient. Dies schließt ganz im Sinne der Kognitiven Grammatik Übergangszonen und schwer einzuordnende Beispiele nicht aus. Sie sind aber erstens im Falle der Präfixoidbildungen nicht so Morphologie und Kognitive Grammatik Muttersprache 4/2009 273 häufig im Vergleich zu den typischen Beispielen. Zweitens kann sich ein Problembeispiel bei genügend Nachahmern vom Prototyp weiter anziehen lassen. Die Sprecher entscheiden selbst, ob es bei wenig metaphorisch begründbaren Komposita Literaturpapst und Modepapst bleibt oder ob das Muster ausgeweitet wird. Unterschiede zwischen Prä- und Suffixoidbildungen dürften dabei semantisch motiviert sein. Während die Präfixoidbildung, präferiert mit Spenderlexemen mit emotionalen Konnotationsmöglichkeiten, sehr aktiv ist, treten Suffixoide weniger häufig auf, da sich die Zweitglieder in Komposita als semantische Träger des Gesamtausdrucks weniger leicht desemantisieren lassen als die Erstglieder, die als Zusatzinformation inhaltlich flexibler sein dürfen und sich bei häufigerem Gebrauch leichter »abnutzen«. Damit wird der metaphorische Charakter der Zweitglieder in möglichen Suffixoidbildungen, der zu einer Interpretation als Komposition fuhrt, bewahrt und die inhaltliche Verselbständigung der Einheit bleibt aus. 5 Schluss Die zunehmende Konzentration auf Phänomene des Sprachgebrauchs offenbart bisher vernachlässigte Zusammenhänge. So sind klangsymbolische Effekte als Ergänzung zu morphologischer Information oder lautlich-phonotaktische Einflüsse auf die morpho-lexikalische Ebene nicht zu unterschätzen. Auch die Abhängigkeit der Wortbildung von Sprecherintentionen, Sprechsituation und neuronalen Fakten gewinnt an Relevanz. Leider sind jedoch Computersimulationen von komplexen sprachlichen Vorgängen momentan kaum möglich, und neurokognitive Projekte gestalten sich aufwendig. Eine integrative Sicht auf Grammatik, die die Erkenntnisse aus der Neurolinguistik und der Biologie mit sprachwissenschaftlichen Tatsachen vereint, so aussichtsreich dieses Vorhaben auch scheinen mag, ist in nächster Zukunft wohl noch nicht zu erwarten. Die neuen Erkenntnisse im Bereich der Morphologie rücken etablierte Regeln und Kategorien in ein anderes Licht - sie erfordern eine zeitgemäße Sicht von Grammatik, die flexibel genug sein muss, um alle Ausnahmen und Besonderheiten berücksichtigen zu können. Hier bieten Ansätze aus dem Bereich der Kognitiven Grammatik aussichtsreiche Erklärungsmöglichkeiten. 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