Anmerkungen zur Phonologie und Graphematik Menschen können im Prinzip unendlich viele Phone (Laute) produzieren. Aber nur wenige Phone, je nach Sprache ungefähr 30-50, sind bedeutungsunterscheidend – diese Phone nennt man Phoneme. Ob ein Phon auch ein Phonem ist, kann man anhand von Wörtern feststellen, die sich nur in einem Laut unterscheiden – die sogenannten Minimalpaare. Phone (reine Laute) werden mit eckigen Klammern markiert: [p], Phoneme (Laute mit ihren bedeutungsunterscheidenden Merkmalen) werden mit Schrägstrichen markiert: /p/. Beispiel: [vant] und [vɪnt], [ˈmasə] und [ˈtasə] → die Phone [a] und [ɪ] sind gleichzeitig auch die Phoneme /a/ und /ɪ/. Betrachten wir jedoch das Wort ich, stellen wir fest, dass die zwei möglichen Realisierungen des Phonems /χ/ – [χ] und [ç] – keine bedeutungsunterscheidende Funktion haben. Die Bedeutung des Worts ich verändert sich nicht, egal ob es [ɪç] oder [ɪχ] ausgesprochen wird. → Phone [χ] und [ç] sind zwar zwei phonetisch unterschiedliche (velar vs. palatal) Realisierungen des Phonems /χ/, haben aber keine bedeutungsunterscheidende Funktion – sie sind Allophone des Phonems /χ/. Genauso sind auch die zwei Phone [ʁ], wie in [bɛʁk] (uvular), und [ʀ], wie in [ʀɛst] (alveolar), Allophone des Phonems /r/. Deutsch verwendet eine Alphabetschrift, d.h. Phoneme werden durch Buchstaben abgebildet. Im Kontrast dazu stehen Silbenschriften, denen schriftliche Zeichen Lautsegmente bis zur Größe von Silben abbilden, und logographische Schriften, die Symbole für ganze semantische Einheiten (Wörter, Wortgruppen) verwenden. In Alphabetschriften, sind Grapheme schriftliche Symbole für Phoneme. Grapheme werden mit spitzen Klammern markiert: ‹g›, ‹Ä›. Idealerweise würden einem Phonem genau ein Graphem entsprechen, und umgekehrt. Das ist aber in natürlichen Sprachen nie der Fall: → Im Deutschen entspricht das Graphem ‹s› je nach seiner Position mehreren Phonemen: dem Phonem /ʃ/ wie in [ˈʃpiːlən] oder [ˈʃteːən], dem Phonem /z/ wie in [ˈzuːpɐ] oder [ˈzɪçɐhaɪ̯t] und dem Phonem /s/ wie in [ˈsɔftwɛːɐ̯] und [ʀaɪ̯s]. → das Graphem ‹h› ist besonders interessant: im Anlaut entspricht es im Deutschen dem Phonem /h/ wie in [haʊ̯s] oder [ˈhaːbən]. Postvokalisch (nach einem Vokal) wird es aber lautlich nicht realisiert – es markiert die Vokallänge, wie in [laːm] oder [ˈkeːʀən]. Diese zwei Varianten werden manchmal sogar in einem einzigen Wort realisiert: [ˈhøːə]. Die Zuordnung von Graphemen und Phonemen folgt zwar nicht dem Prinzip ein Phonem ↔ ein Graphem, sie richtet sich aber nach festen innersprachlichen Regeln. Quellen: · Frank Liedtke, Beat Siebenhaar. System der deutschen Sprache. Phonologie und Graphematik. 2009. Eine Präsentation. Verfügbar unter: http://home.uni-leipzig.de/siebenh/kurse/WS0910/v_system/v_sprachsystem04.pdf · Siebenhaar, Beat. Einführung in die Phonetik und Phonologie. Prozessphonologie, Autosegmentale Phonologie. 2009. Eine Präsentation. Verfügbar unter: http://home.uni-leipzig.de/siebenh/kurse/WS0809/v_phonetik_phonologie/PhonetikPhonologie13.pdf · Wiktionary, Das freie Wörterbuch. 13. Okt. 2016. Verfügbar unter: https://de.wiktionary.org/wiki/Wiktionary:Hauptseite