Tschechen in der Monarchie Von Johann von Hormayer bis Viktor Dyk Josef Freiherr von Hormayr 2.11.2013 (1781-1848) Wegen des Tiroler Aufstandes wurde er zur Festungshaft verurteilt, 1816 aber zum Historiographen des Reiches ernannt. Nach Konflikten mit Metternich ging er 1828 nach Bayern. Anfangs feierte er Österreich, nach 1828 schrieb er gegen Österreich und vor allem gegen Metternich. 2.11.2013 Bohemismus Bernhard Bolzano (siehe Vormärz) propagierte einen Landespatriotismus des zweisprachigen Böhmen. Es war aufklärerisch, utopisch und von seinem ehtischen Programm der Kultuvierung durch Erziehung und bildung nicht zu trennen. Jungmanns Programm ging auf den realen sozialen Zustand ein, in dem Tschechisch zu einem Relikt zu werden drohte wie der damals politisch schon überholten Landespatriotismus. 2.11.2013 Wendepunkte Im Februarpatent wird 1861 eine mehr zentralistische Verfassung erlassen. Gründung des tschech. Turnverbandes „Sokol“. Das Prager Polytechnikum wird 1869 in eine deutsche und eine tschechische technische Hochschule geteilt. Der böhmische Landtag nimmt 1871 Fundamentalartikel an, in denen für Böhmen volle Selbständigkeit innerhalb der cisleithanischen Gebiete verlangt wird. Der Kaiser verweigert diesen Artikeln seine Anerkennung. Wendepunkte 1880: Eine Sprachenverordnung von Stremayr sieht Zweisprachigkeit für politische und gerichtliche Angelegenheiten vor. Die Prager Universität wird 1882 in eine deutsche und tschechische geteilt. Ausgleichsverhandlungen 1890 zwischen Tschechen und Deutschen bleiben erfolglos (Punktationen). In demselben Jahr Stiftung einer „Tschechischen Akademie der Wissenschaften und Künste“ in Prag durch Kaiser Franz Josef I. František Palacký •Franz Palacký: Oesterreichs Staatsidee, Prag 1866, S. 79-86 •Der ausgesprochene Zweck ihrer Versammlung ist, einen deutschen V o l k s b u n d an die Stelle des bisherigen Fürstenbundes zu setzen, die deutsche Nation zu wirklicher Einheit zu bringen, das deutsche Nationalgefühl zu kräftigen und Deutschlands Macht dadurch nach Innen und Außen zu erhöhen. So sehr ich auch dieses Bestreben und das ihm zu Grunde liegende Gefühl achte, und eben weil ich es achte, darf ich mich daran nicht betheiligen. František Palacký Ich bin kein Deutscher, fühle mich wenigstens nicht als solcher, – und als bloßen meinungs- und willenlosen Ja-Herren haben Sie mich doch gewiß nicht zu sich berufen wollen, folglich müsste ich in Frankfurt entweder meine Gefühle verläugnen und heucheln, oder bei sich ergebender Gelegenheit laut widersprechen. ... Ich bin ein Böhme slavischen Stammes, und habe ich mit all dem Wenigen, was ich besitze und was ich kann, mich dem Dienst meines Volkes ganz und für immer gewidmet. Dieses Volk ist zwar ein kleines, aber von jeher ein eigenthümliches und für sich bestehendes; Palacký, Fortsetzung •Der zweite Grund, der mir verbietet, an Ihren Berathungen Theil zu nehmen, ist der Umstand, daß nach Allem, was über Ihre Zwecke und Ansichten bisher öffentlich verlautet hat, Sie nothwendiger Weise darauf ausgehen wollen und werden, Österreich als selbständigen Kaiserstaat unheilbar zu schwächen, ja ihn unmöglich zu machen, – einen Staat, dessen Erhaltung, Integrität und Kräftigung eine hohe und wichtige Angelegenheit nicht meines Volkes allein, sondern ganz Europa’s, ja der Humanität und Civilisation selbst ist und sein muß. Schenken Sie mir auch darüber ein kurzes und geneigtes Gehör. Palacký Sie wissen, welche Macht den ganzen großen Osten unseres Welttheils inne hat; Sie wissen, daß diese Macht, schon jetzt zu kolossaler Größe herangewachsen, von Innen heraus mit jedem Jahrzehent in größerem Maße sich stärkt und hebt, als solches in den westlichen Ländern der Fall ist und sein kann; daß sie, im Innern fast unangreifbar und unzugänglich, längst eine drohende Stellung nach Außen angenommen hat, und wenn gleich auch im Norden aggressiv, dennoch, vom natürlichen Instinct getrieben, vorzugsweise nach dem Süden zu sich auszubreiten sucht und suchen wird; daß jeder Schritt, den sie auf dieser Bahn noch weiter vorwärts machen könnte, in beschleunigtem Lauf eine neue U n i v e r s a l monarchie Palacký zu erzeugen und herbeizuführen droht, d.i. ein unabsehbares und unnennbares Übel, eine Calamität ohne Maß und Ende, welche ich, ein Slave an Leib und Seele, im Interesse der Humanität deshalb nicht weniger beklagen würde, wenn sie sich auch als eine vorzugsweise slavische ankündigen wollte. Mit demselben Unrecht, wie in Deutschland als Deutschfeind, werde ich in Rußland von Vielen als Russenfeind bezeichnet und angesehen. … da ich jedoch, bei aller heißen Liebe zu meinem Volke, die Interessen der Humanität und Wissenschaft von jeher noch über die der Nationalität stelle, so findet schon die bloße Möglichkeit einer russischen Universalmonarchie keinen entschiedeneren Gegner und Bekämpfer, als mich; nicht weil sie russisch, sondern weil sie eine Universalmonarchie wäre. Palacký, Fortsetzung l(er warnt vor Russland und seiner Expansion:) ein unabsehbares und unnennbares Übel, eine Calamität ohne Maß und Ende, welche ich, ein Slave an Leib und Seele, im Interesse der Humanität deshalb nicht weniger beklagen würde, wenn sie sich auch als eine vorzugsweise slavische ankündigen wollte. Mit demselben Unrecht, wie in Deutschland als Deutschfeind, werde ich in Rußland von Vielen als Russenfeind bezeichnet und angesehen. … da ich jedoch, bei aller heißen Liebe zu meinem Volke, die Interessen der Humanität und Wissenschaft von jeher noch über die der Nationalität stelle, so findet schon die bloße Möglichkeit einer russischen Universalmonarchie keinen entschiedeneren Gegner und Bekämpfer, als mich; nicht weil sie russisch, sondern weil sie eine Universalmonarchie wäre. 1865: Idea státu rakouského von Fr. Palacký (1798 - 1876) Pozorujeme pohříchu, kterak za dnův poledních národní egoismus kmenův panujících před i za Litavou objevuje se čím dále tím nazeji a bezohledněji; čteme o umlouvání se politikářův německých i maďarských a o podělování se o zprávu říše na spůsob, jakoby Slovanstva v Rakousku ani nebylo; doslýcháme již s obou stran řeči radostné zástupův hotových hrnouti se do domnělého ráje dualistického: a naděje naše, jakkoli oprávněné, - rozumný a stálý odpor vlády proti směrům takovým, mohly by (čehož bůh nedej!) konečně zůstati předce skutkem neospravedlněny. V takovém případě nezbude nám říci nežli jedno a poslední slovo: Idea státu rakouského, Fortsetzung, sein Selbstbewusstsein ging z. B. darauf zurück, dass Prag seit 1861 einen tschechischen Bürgermeister hatte když proveden bude opak idey moderního státu Rakouského, a když říše ta různorodá i jediná svého spůsobu na světě přiřkne, ne stejnou všem spravedlivost, ale nadvládu a moc jedněm nad druhými; když Slované skutkem prohlášeni budou za plémě podřízené a, jakož již řečeno, za material vlády pro jiné dva národy: tu vejde také příroda ve své právo, a odpor její nevyhnutelný promění domácí pokoj v nepokoj, obrátí naději v zoufalství, a zbudí konečně třenice a zápasy, jichžto směru, objemu ani konce předvídati nelze. ... Co následovati bude, domyslí se každý čtenář sám. My Slované budeme tomu hleděti s upřímnou bolestí vstříc, ale bez bázně. Byli sme před Rakouskem, budeme i po něm! Fundamentalartikel Im Februar 1871 wurde an die Spitze des Kabinetts der kleirikale und konservative Hohenwart, der Erfahrungen mit einer Lösung nationaler konflikte in Krain, Fiume/Rijeka und Trient hatte. Seine Minister war auch zwei Tschechen: der JUstizminister Karl Habietinek und der Kulturminister Josef Jirecek befanden. Die Verhandlungen wurden nur zwischen der tschechischen Repräsentation und der Regierung, ohne die Deutschen geführt, weil sie gerade im Februar 1867 und dann vom August 1870 bis März 1872 die Mehrheit im Böhmischen Landtag einbüßten und die Verhandlungen boykottierten. Fundamentalartikel, Fortsetzung Die Deutschen forderten daher statt des Ausgleiches eine administrative Teilung Böhmens in einen deutschen und einen tschechischen Teil. Verwaltungs- und Gerichtsbezirke sowie Wahlbezirke sollten möglichst einsprachig sein. In der Selbstverwaltung war die zweite Landessprache bei Behörden und beim Gericht zugelassen, wenn dort mindestens 20% der Wähler zu der Minderheit zählten oder wenigstens eine Gemeinde andersprachig sei. Prag sollte zweisprachig bleiben. Der Landtag sollte in zwei Kurien nach dem nationalen Prinzip geteilt werden und so auch die Finanzierung des Schulwesens geregelt werden. Der Schipkapass Es folgte der bulgarische Aufstand 1876, der die Fürstentümer Serbien und Montenegro zu einer Kriegserklärung gegen ihre nominellen osmanischen Herrscher ermutigte. Die deutsche-tschechische Gegnerschaft in Prag wirkte sich auf geteilte Sympathien im Krieg um Bulgarien aus. Karl Hans Strobl berichtet im seinem Prager Studentenroman „Der Schipkapaß“ (später: "Die Flamänder von Prag") über ein Lokal am heutigen Stadtrand von Prag-Dejvice oberhalb des Šarka-Tales, dass deutsche Sympathien bei den Türken lagen. Nach dem türkischen Verteidiger von Plewen Osman Pascha nannten sie dann den ihnen freundlichen Wirt. Der Schipkapass war der größte und wichtigste Zugang nach Südbulgarien und weiter zum Bosporus. Pražák Die Funktion des Landsmannministers in der konservativen Regierung Taafes bekleidete in den Jahren 1879-84 Alois Freiherr von Pražák (1820-1901). Wir Brünner verdanken ihm das Pražák-Palais (1871–73). Geb. 21. Febr. 1820 zu Ungarisch-Hradisch studierte das Gymnasium in Kremsier und die philosophische Vorbereitungsklasse in Brünn, wo der Augustiner František Matouš Klácel a der Benediktiner Řehoř Volný seine Lehrer waren. In Olmütz studierte er dann Jus und seit 1844 betrieb er eine Rechtsanwaltskanzlei in Brünn. 1848 wurde er von seiner Vaterstadt in den mährischen Landtag und in den Reichstag gewählt und gehörte im Reichstag zur Partei der slawischen Rechten. 1861 gründete er die altböhmisch (konservativ) orientierte Nationalpartei Mährens. Eduard Graf Taafe: 1888 über die „obligate Arbeiterkrankenversicherung“, 1889 über die „obligate Arbeiterunfallversicherung 1882 setzte er die Zensusgrenze (Mindeststeuerleistung) für die Wahlbeteiligung von zehn auf fünf Gulden herab, wodurch der gewerbliche Mittelstand das Wahlrecht erhielt. Dadurch schuf er die Voraussetzungen für die Verabschiedung einer wirksamen Sozialgesetzgebung. 1884 ließ die Regierung Gewerbeinspektorate einrichten, um die Gesetze zu überwachen (die Arbeitsräume, den maximal elfstündigen Arbeitstag, die Sonntagsruhe, den Lohn- und Kündigungsschutz, die Jugend- und Frauenbeschäftigung). Taafe Von den radikalen Nationalparteien heftig bekämpft, scheiterte er am Versuch, ein (beinahe) allgemeines nur an Bildung gebundenes Wahlrecht einzuführen. Seine Regierungsjahre (fast 14 Jahre) zählen zu den stabilsten Jahren der Monarchie, die auch den Tschechen einen wirtschaftlichen und kulturellen Aufschwung brachten. Mit typischem Wiener Charme sprach Taaffe vom Fortfretten und Fortwursteln, einer mühsamen Suche nach pragmatischen Entscheidungen über die politischen Lager hinweg, manchmal nur gestützt auf das Vertrauen des Kaisers bzw. den Notparagraphen der Verfassung, der ihm erlaubte, auch ohne Parlament zu regieren. Massenparteien in der 80er Jahren, nationale Spannungen, die Christlich-sozialen angeführt von Dr. Karl Lueger (1887), und die Sozialdemokraten angeführt von Victor Adler und Karl Kautsky. Georg von Schönerer hatte 1882 den Deutschnationalen Verein gegründet. Schönerianer, auch Alldeutsche genannt, orientierten sich an Bismarck und den Hohenzollern, nicht am Haus Habsburg. Schönerers Antisemitismus prägte später den jungen Adolf Hitler. 1904 entstand in Böhmen Deutsche Arbeiterpartei, aus der dannn Deutsche nationalsozialistische Arbeiterpartei hervorging. Schutzvereine: der Schulverein (1880) oder Matice školská, Národní jednota severočeská (1885)und Národní jednota pošumavská (1884). „Bund der Deutschen in Böhmen“ (1884, Gründer der Kreditanstalt der Deutschen, 1911). Punktationen 1899/1890 Die wichtigste Forderung der Tschechen – die innere Verkehrssprache wenigstens in den Behörden in einsprachigen tschechischen Gebieten – konnte Rieger allerdings nicht durchsetzen, es gelang ihm nur noch, die deutsche Forderung, Deutsch als die einzige Amtssprache einzuführen, abzuwehren. Obwohl die Tschechen zahlenmäßig die Polen in Zisleithanien übertrafen, konnten sie keine vergleichbare Stellung des Tschechischen erreichen, wie sie das Polnische in Galizien hatte. Für die Alttschechen als Koalitionspartner bedeutete das Verhandlungsergebnis eine Katastrophe bei der nächsten Wahl. Badeni-Krise Der ehemalige Statthalter in Galizien Graf Kazimierz Badeni ging einen Schritt weiter als die Punktationen und erließ im April 1897 Sprachenverordnungen für Böhmen und Mähren, die die Zweisprachigkeit im inneren und im äußeren Amtsverkehr garantierten. Die deutschnationale Obstruktionspolitik brachte schließlich die Regierung im Parlament zu Fall, im November 1897 musste Badeni zurücktreten, seine Nachfolger nahmen die Sprachverordnungen schrittweise zurück. Der mährische Ausgleich vier Gesetze: eine neue Landtagswahlordnung mit getrennten Wählerkatastern, den garantierten Schutz der nationalen Minderheiten, die Sprachenordnung bei den Gemeinden und das Gesetzt über das Schulwesen. In der jeweiligen Volksschule durften nur Kinder aufgenommen werden, die der Unterrichtssprache mächtig waren. Damit versuchte man einem beliebten Mittel im Nationalitätenkampf, dem sogenannten "Kinderfang", ein Ende zu setzen. 1905, der mährische Ausgleich Der mährische Landtag hatte nunmehr 151 Sitze, die sich aus 71 tschechischen, 40 deutschen, 30 Großgrundbesitzer- und 8 Handelskammermandaten zusammensetzten. Für die deutsche Minderheit war bei der Änderung wichtiger Gesetze praktisch eine Sperrminorität gesichert. Die Landesregierung bestand aus vier Tschechen, zwei Deutschen und zwei Großgrundbesitzern zusammen. Der nationale Proporz galt in allen Landesinstitutionen.