Michael Storch Aufgaben aufgrund der Vorlesung „Die literarische Moderne“ vom 21.11. 2018. 1. Wenn Sie unseren Text im IS MUNI aufmerksam gelesen haben (https://is.muni.cz/el/1421/podzim2005/NJI_17/um/859576/HOFMANNSTHAL_Gabriele_d_Annunzio.pdf?lang=c s), muss Ihnen das einleitende Zitat von Dr. Storch bekannt sein: Heute scheinen zwei Dinge modern zu sein: die Analyse des Lebens und die Flucht aus dem Leben. Gering ist die Freude an Handlung, am Zusammspiel der äußeren und inneren Lebensmächte, am Wilhelm Meisterlichen Lebenlernen und am Shakespearischen Weltlauf. Man treibt Anatomie des eigenen Seelenlebens, oder man träumt. Reflexion oder Phantasie, Spiegelbild oder Traumbild. Modern sind alte Möbel und junge Nervositäten. Modern ist das psychologische Graswachsenhören und das Plätschern in der reinphantastischen Wunderwelt. Modern ist Paul Bourget und Buddha; das Zerschneiden von Atomen und das Ballspielen mit dem All; modern ist die Zergliederung einer Laune, eines Seufzers, eines Skrupels; und modern ist die instinktmäßige, fast somnambule Hingabe an jede Offenbarung des Schönen, an einen Farbenakkord, eine funkelnde Metapher, eine wundervolle Allegorie. Seine Zuordnung der Analyse dem naturalistischen bzw. sozialhistorischen Pol geht aus der Fortsetzung des Zitats nicht unbedingt hervor. Welche Beispiele einer Analyse des Lebens fallen Ihnen ein? Nennen Sie Beispiele und begründen Sie sie. 2. Welche drei Solitäre der deutschsprachigen literarischen Moderne, die einer Zuordnung zu einem Ismus entziehen, nannte Dr. Storch? 3. An die Tafel schrieb Dr. Storch den Namen des Darwin-Übersetzers ins Deutsche und Gründers des Deutschen Monistenbundes 1906 in Jena. Wie heißt er? Mit Darwin teilte er die Meinung, unsere Welt sei ein Ergebnis einer nicht zielgerichteten, nicht vorauszubestimmenden Entwicklung. 4. Als Vertreter des Ästhetik des Wilhelminismus nannte Dr. Storch Autoren wie Gustav Freytag oder Emanuel Geibel. Mit Geibel und seinem Gedicht verband er die wilhelminische Sexualmoral. 5. Den auratischen Dichterbegriff wurde von Stefan George geprägt. Georgs Gedichte enthalten keine empirische Referenz, wollen mit einer Weltverbesserung nichts gemein haben und verkörpern eine Flucht aus dem Leben, wie sie Hofmannsthal im d´Annunzio-Text als ein Merkmal der Moderne postulierte. Was weist in den künstlichen Welten Algabals auf die Flucht aus dem Leben? Was versinnbildlicht die grosse schwarze blume? ALGABAL (II., 96) Mein garten bedarf nicht luft und nicht wärme. Der garten den ich mir selber erbaut Und seiner vögel leblose schwärme Haben noch nie einen frühling geschaut. Von kohle die stämme, von kohle die äste Und düstere felder am düsteren rain, Der früchte nimmer gebrochene läste Glänzen wie lava im pinien-hain. Ein grauer schein aus verborgener höhle Verrät nicht wann morgen wann abend naht Und staubige dünste der mandel-öle Schweben auf beeten und anger und saat. Wie zeug ich dich aber im heiligtume — So fragt ich wenn ich es sinnend durchmass in kühnen gespinsten der sorge vergass— Dunkle grosse schwarze blume? 6. Vom Soziologen Max Weber stammt der Begriff Entzauberung der Welt. „Die zunehmende Intellektualisierung und Rationalisierung bedeutet also nicht eine zunehmende allgemeine Kenntnis der Lebensbedingungen, unter denen man steht. Sondern sie bedeutet etwas anderes: das Wissen davon oder den Glauben daran: daß man, wenn man nur wollte, es jederzeit erfahren könnte, daß es also prinzipiell keine geheimnisvollen unberechenbaren Mächte gebe, die da hineinspielen, daß man vielmehr alle Dinge – im Prinzip – durch Berechnen beherrschen könne. Das aber bedeutet: die Entzauberung der Welt. Nicht mehr, wie der Wilde, für den es solche Mächte gab, muss man zu magischen Mitteln greifen, um die Geister zu beherrschen oder zu erbitten. Sondern technische Mittel und Berechnung leisten das. Dies vor allem bedeutet die Intellektualisierung als solche.“ Max Weber sprach davon in seinem Vortrag Wissenschaft als Beruf, (erschienen 1919). Kann man auch Hofmansthals Chandos-Brief als eine Dichtung der Entzauberung und einer neuen Verzauberung lesen? Warum? 7. Der Satz Das ich ist unrettbar geht auf einen Physiker zurück. In welcher Eigenschaft ist es unrettbar? Wie heiß der autor von Beitröge zur Analyse der Empfindungen und warum erklärte später Hermann Bahr dieses Buch zur Philosophie des Impressionismus? 8. Manche Gedichte von Rilke werden als Dingedichte bezeichnet. Welches Ding z. B. wird in folgenden Versen thematisiert? Mit einem Dach und seinem Schatten dreht sich eine kleine Weile der Bestand von bunten Pferden, alle aus dem Land, das lange zögert, eh es untergeht. Zwar manche sind an Wagen angespannt, doch alle haben Mut in ihren Mienen; ein böser roter Löwe geht mit ihnen und dann und wann ein weißer Elefant. Man sollte vom Dinggedichte als von einer lyrischen Inszenierung von Wahnrnehmungsinhalten sprechen, nicht von den Gegenständen selbst. 9. Von wem stammt der Satz Das Ich ist nicht Herr im eigenen Haus? Erklären Sie ihn mit den Begriffen Über-Ich und Lustprinzip.